Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Bedenken, die hier von unserem Kollegen Nöll von der Nahmer vorgebracht worden sind, nicht Rechnung zu tragen, sondern sich dem einstimmigen Beschluß ihres Ausschusses für Geld und Kredit anzuschließen. Ich darf ganz kurz die Gründe zusammenfassen, die nach den Ausführungen unseres Kollegen Nöll von der Nahmer hier noch einmal unterstrichen werden müssen.
Erstens. Was das Problem der Verzinsung oder Nichtverzinsung von Ausgleichsforderungen betrifft, so hat dieser § 1a damit im Grunde genommen gar nichts zu tun. Denn die Ausgleichsforderungen, von deren Verzinsung oder Nichtverzinsung Herr Kollege Nöll von der Nahmer in diesem Hause gesprochen hat, waren die Ausgleichsforderungen, die den Notenbanken, d. h. der Bank deutscher Länder und den Landeszentralbanken, im Zuge der Währungsreform gegeben worden sind. Die Ausgleichsforderungen aber, um die es sich hier in dem § 1 a handelt, sind die Ausgleichsforderungen, die im Zuge der Währungsreform den Banken, Sparkassen, Bausparkassen und Versicherungsunternehmen in einem Gesamtbetrag von rund 10,7 Milliarden DM ausgehändigt worden sind. Wollte man hier etwa das Problem der Nichtverzinsung anschneiden,
dann würde damit das gesamte Problem der Kreditgewährung, der Wirtschaftlichkeit und der Kreditkosten für den Mittelstand, das Gewerbe und die Industrie geradezu ins Unmögliche erschwert. Das hat aber auch unser Kollege Nöll von der Nahmer
niemals beabsichtigt.
Aber andererseits muß er auch zugeben, daß in § 1a von seinen Ausgleichsforderungen gegen die Notenbanken überhaupt nicht die Rede ist, sondern ausschließlich von den seinerzeit den privaten
Banken, Sparkassen und sonstigen Versicherungs-
und Kreditorganisationen ausgehändigten Ausgleichsforderungen.
Zum zweiten. Wenn Herr Kollege Nöll von der Nahmer sagt, daß bei einer Notenbank normalerweise doch Verluste gar nicht zu erwarten seien, so möchte ich dazu grundsätzlich sagen: Herr Kollege Nöll von der Nahmer, eine Notenbank kann und soll, wenn sie ihre Aufgabe so erfüllen soll, wie es jeder von ihr erwartet, nicht ihre Politik nach Rentabilitätsgesichtspunkten wie ein privates Unternehmen betreiben.
Denn das bedeutet doch, daß etwa die Diskontsenkung, die wir zugunsten unserer gesamten Volkswirtschaft im vergangenen Jahr von 6 auf nunmehr 3 1/2 % durchgeführt haben, dann nicht möglich gewesen wäre, wenn die Notenbank restlos darauf angewiesen wäre, ihre Politik nur nach reinen Rentabilitätsgesichtspunkten zu betreiben, und das darf auch für die Zukunft nicht so sein.
Andererseits ist es nach unseren Untersuchungen im Ausschuß für Geld und Kredit völlig unbestreitbar, daß die Notenbank, wenn sie etwa unter ein Niveau von 4 bis 4 1/2 % beim Diskont heruntergehen will, nicht mehr in der Lage wäre, auf die Verzinsung der ihr doch ohne ihren eigenen Willen im Zuge der Währungsreform zugefallenen Ausgleichsforderungen zu verzichten. Die Verzinsung der Ausgleichsforderung ist notwendig, um die unabhängige Notenbankpolitik zu gewährleisten. Es ist eine zweite Frage, ob und wie später einmal das Problem dieser Ausgleichsforderungen, die bei dem Notenbanksystem ruhen, gelöst werden kann.
Ich möchte auch darauf hinweisen, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, daß Verluste, und zwar außerordentlicher Art, die eine erhebliche Reservebildung erforderlich machen, für das Notenbanksystem gar nicht so außerhalb des Bereichs der Möglichkeit liegen, nicht aus unserem innerwirtschaftlichen Bereich. Ich erinnere Sie an den Fall Brasilien des vergangenen Jahres, und ich möchte darauf hinweisen, daß uns wahrscheinlich, wenn wir einmal etwas nach Westen blicken, in absehbarer Zeit auch noch Verluste aus einem anderen großen Land, das dauernd mit einer inflationistischen Politik zu kämpfen hat, bevorstehen können, die dann ebenfalls von der deutschen Volkswirtschaft ferngehalten werden müssen.
Nun lassen Sie mich noch etwas zu der Frage sagen, ob durch die vorgesehene Errichtung eines Tilgungsfonds für die Ausgleichsforderungen — wohlgemerkt nicht des Bundesnotenbanksystems, sondern für die Ausgleichsforderungen, die sich bei den Banken, Sparkassen, Bausparkassen und Versicherungen befinden — in irgendeiner Weise die Frage des Fiananzausgleichs zwischen Bund und Ländern präjudiziert wird. Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat darauf hingewiesen, daß der Finanzausschuß des Bundesrats gewisse Bedenken geltend gemacht hat. Ich darf dem Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer nur sagen, daß der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates auch § 1a dieser Vorlage bereits in vollem Umfange gebilligt hat,
— und das Initiativgesetz unter c) obendrein —,
weil er nämlich davon überzeugt ist, daß nun ein-
mal die Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber den liquidierenden Instituten, gegenüber der Wertpapierbereinigung, in allen diesen Fällen, in denen Ausgleichsforderungen eingelöst werden müssen, eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist, um die sich niemand herumdrücken kann, sollen nicht schwere Schäden für das gesamte Kreditwesen unserer Volkswirtschaft entstehen.
Aber nun etwas Weiteres. Gerade dieses Initiativgesetz, das unter Punkt c vom Kollegen Seuffert schon begründet und das im Ausschuß für Geld und Kredit einstimmig angenommen worden ist, verpflichtet praktisch die Länder dazu, von den 30 Millionen DM, die in den Tilgungsfonds jährlich eingestellt werden sollen weil sie in diesem Ausmaß notwendig sind, einen Betrag von 20 Millionen DM aufzubringen, d. h. zwei Drittel der gesamten Reservierung für diese notwendigen Zwecke kommen ohnehin aus dem Sektor der Landeszentralbanken. Damit ist die überwiegende Mitverantwortlichkeit dieses Teiles unseres Notenbanksystems in vollem Umfange hergestellt worden.
Zum zweiten Punkt. Es ist kein Wort darüber gesagt, wie Bund und Länder gedenken, mit diesem Problem fertig zu werden. Das bleibt nach wie vor Aufgabe des endgültigen Finanzausgleichs. Dem Bund wachsen unter Umständen jetzt Forderungen gegen die Länder zu, die er dann in irgendeiner Weise regeln und geltend machen muß. Zum zweiten ist es eine Frage, wie unser Bundesnotenbanksystem endgültig aussehen wird. Beide Fragen haben wir in diesem Bundestag nicht lösen können. Ich will jetzt niemandem deswegen eine Verantwortung oder eine Schuld zuschreiben; ich stelle nur die Tatsache fest, daß es so ist. Aber weil das nun im gesetzgeberischen Bereich nicht gelöst werden konnte, deshalb können darunter nicht zwingende Notwendigkeiten der gesamten Wirtschaft notleiden. Eine Lösung mußte gefunden werden. Im letzten handelt es sich hier um öffentliche Verpflichtungen von Bund und Ländern. Diesen Verpflichtungen wird in dem notwendigen wirtschaftlichen Ausmaß durch eine Verminderung des Gewinnanteils von Bund und Ländern an der Bundesnotenbank und an den Landeszentralbanken zunächst einmal Rechnung getragen. Ich glaube, daß diese Lösung, die hier in völliger Übereinstimmung unseres gesamten Ausschusses, in völliger Übereinstimmung auch mit der Bank deutscher Länder gefunden worden ist und die uns im übrigen gestattet, im nächsten Bundestag das Problem der Finanzauseinandersetzung zwischen Bund und Ländern zú lösen, das Beste ist, was aus dieser Situation im Augenblick herausgeholt werden konnte. Ich bin deshalb nach wie vor der Meinung, daß das ganze Haus allen Anlaß hätte, dieser notwendigen Zwischenlösung zuzustimmen.