Rede von
Dr.
Ludwig
Preller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich höre eben, daß ich nur wenige Minuten zur Verfügung habe. Sie gestatten, daß ich nur einige Hauptpunkte herausgreife. Zu dem, was Frau Abgeordnete Kalinke gesagt hat, ist nicht viel zu bemerken. Sie sagt, die DP habe seit langer Zeit Anträge gestellt. Dann hätte sie j a im Ausschuß Gelegenheit gehabt, diese Anträge mit Hilfe der Regierungsmehrheit auch durchzubringen!
Ich darf aber auf das eingehen, was der Herr Bundesarbeitsminister hier ausgeführt hat. Er hat gesagt, sein Verhältnis zum Bundesfinanzminister sei außerordentlich gut, und wir haben ja vorhin den demonstrativen Händedruck auf dieser Tribüne erlebt.
Wenn das so ist — und der Anschein hat es ja nun offensichtlich gemacht —, dann, sage ich, ist dieses Verhältnis allzu gut, und es ist die societas leonina, die hier offenbar obwaltet; d. h. der Herr Bundesfinanzminister ist eben der stärkere der beiden Brüder.
Ich habe von der Schwäche des Bundesarbeitsministers gesprochen und erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß er sich, wie wir wissen, gegenüber dem Justizminister in der Frage des Arbeitsgerichts nicht hat durchsetzen können; denn die an sich durchaus richtigen Gegankengänge des Herrn Bundesarbeitsministers sind eben vom Herrn Justizminister überrundet worden. Das gehört noch zu meinen vorigen Ausführungen.
Zweitens: 'Wenn dieses Verhältnis zwischen den beiden Ministern so gut ist, dann möchte ich den Herrn Bundesfinanzminister fragen, was an den Ausführungen seiner Referenten wahr ist, die da sagen, daß das Fürsorgeprinzip vom Bundesfinanzminister für das entscheidende und richtige gehalten wird. Der Herr Bundesarbeitsminister hat mit Recht gesagt: Der Rechtsanspruch muß in der Versicherung Geltung haben. Der Referent des Bundesfinanzministers hat etwas anderes ausgeführt, und wir sind sehr daran interessiert, endlich einmal zu erfahren, ob der Arbeitsminister oder der Finanzminister die Grundlagen der Sozialpolitik in diesem Kabinett bestimmt.
Wenn nun der Herr Bundesarbeitsminister auf Grund dieses guten Verhältnisses gemeint hat, daß seine Politik doch die Sozialversicherung gestützt habe, so müssen wir ihm sagen, daß er dann an den Gedankengängen der Wissenschaft der letzten zehn Jahre einfach vorbeigegangen ist.
Denn alle entscheidenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen haben dargelegt, daß das Kapitaldeckungsprinzip, von dem er indirekt wieder gesprochen hat, keine Gültigkeit mehr haben kann.
Ich bedaure, daß der Herr Bundesarbeitsminister nicht das getan hat, was der Finanzminister und der Wirtschaftsminister getan haben, sich nämlich einen wissenschaftlichen Beirat zu bilden. Wenn er das getan hätte, könnte er nicht so wie eben gesprochen haben.
Wir möchten endlich noch darauf hinweisen, daß wir durchaus die Arbeit der Beamten des Bundesarbeitsministeriums anerkennen.
Wir sind nicht immer mit allem einverstanden gewesen, was auf Ihre Veranlassung die Herren haben ausarbeiten müssen.
Aber, meine Herren, daß Sie dann die Arbeit dieser Beamten selbst noch im Ausschuß wieder verwässert und verschlechtert haben, ist nicht die Schuld der Beamtenschaft des Arbeitsministeriums, sondern daran ist die mangelhafte Führung des Arbeitsministeriums durch seinen Minister schuld!