Rede:
ID0127106800

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Herr: 1
    2. Abgeordneter: 1
    3. Merten: 1
    4. zur: 1
    5. Begründung: 1
    6. des: 1
    7. Gesetzentwurfs: 1
    8. Drucksache: 1
    9. Nr.: 1
    10. 4318.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 271. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953 13397 271. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953. Geschäftliche Mitteilungen 13398C, 13405A, 13414D Ergänzungen der Tagesordnung: Aufsetzung des Antrags betr. Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Dr. Brill 13398C, 13440A Antrag auf Überweisung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (Nr. 4423 der Drucksachen) an den Haushaltsausschuß 13398D, 13444C Dr. Horlacher (CSU) 13398D Schoettle (SPD) 13398D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nr. 4345 der Drucksachen) 13399A Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht 13399A Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abg. Frau Dr. Steinbiß, Pohle, Dr. Hammer, Frau Kalinke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Fragen des Hebammenwesens (Nr. 4351 der Drucksachen) . . . 13399A Frau Dr. Mulert (FDP), Antragstellerin 13399B Beschlußfassung 13400A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung und Ergänzung fürsorgerechtlicher Bestimmungen (Nr. 3440 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (Nr. 4371 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 956) 13400B Frau Niggemeyer (CDU), Berichterstatterin 13400B Renner (KPD) 13405B, 13407A, 13409B, 13411D Frau Döhring (SPD) 13408D Junglas (CDU) 13409B, 13411A Funcke (FDP) 13410A Striebeck (SPD) 13410A Abstimmungen . 13406D, 13408C, 13410A, 13412D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken (Nr. 4299 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Nr. 4377 der Drucksachen, Umdruck Nr. 946) 13413B Dr. Hammer (FDP) 13413B Abstimmungen 13413B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Bundesevakuiertengesetzes (Nr. 4180 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (Nr. 4380 der Druck- sachen, Umdrucke Nrn. 963, 965, 966) . 13413C Frau Nadig (SPD), Berichterstatterin 13413D Freiherr von Aretin (FU) 13414D Frau Strobel (SPD) . . . . 13415B, 13415C Gundelach (KPD) 13416B Huth (CDU) . . . 13415B, 13416C, 13418A Dr. Hammer (FDP) . . . 13417B, C, 13418D Frau Dr. Steinbiß (CDU) 13418D Abstimmungen 13415C, 13419A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (Nr. 3232 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Nr. 4397 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 955) 13419B Frau Dr. Steinbiß (CDU), Berichterstatterin 13419B Abstimmungen 13421A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Abg. Günther, Frau Dr. Weber (Essen) u. Gen. betr. Schußwaffengebrauch im Zolldienst (Nrn. 4254, 3914 der Drucksachen) 13421B Gleisner (SPD), Berichterstatter . 13421C Günther (CDU) 13421D Jacobs (SPD) 13422A, 13424C Dr. Schillinger, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finan- zen 13423B Dr. Mende (FDP) 13424A Beschlußfassung 13425B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungen an ehemalige deutsche Kriegsgefangene (Zweites Heimkehrergesetz) (Nr. 4316 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der SPD, FU, den Abg. Merten, Frau Hütter u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4318 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der FDP, DP u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4446 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Nr. 4426 der Drucksachen) 13425B Frau Dr. Probst (CDU), Antragstellerin 13425C, 13431A Merten (SPD), Antragsteller 13427A, 13436A Storch, Bundesminister für Arbeit 13428C Frau Hütter (FDP) 13428D Löfflad (DP) 13430B Euler (FDP) 13433D, 1343913 Müller (Frankfurt) (KPD) 13434B Ribbeheger (FU) 13435C Müller-Hermann (CDU) 13438D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen und an den Haushaltsausschuß 13439D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Dr. Brill (Nr. 4453 der Drucksachen) . . . 13398C, 13440A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 13440A Beschlußfassung 13440B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Abg. Kuntscher, Schütz, Dr. Götz u. Gen. betr. Verbilligte Bahnfahrten für Heimatvertriebene und Flüchtlinge (Nrn. 4350, 3963 der Drucksachen) 13440B Dr. Mücke (SPD), Berichterstatter 13440B Beschlußfassung 13440C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 945) 13440C Beschlußfassung 13440C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU betr. berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nm. 4366, 4328 der Drucksachen) 13440C Kemmer (CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 13445 Frau Thiele (KPD) 13440D Priebe (SPD) 13442A ( Frau Dr. Brökelschen (CDU) . . 13443D Beschlußfassung 13444C Nächste Sitzung 13444D Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU betr. berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nr. 4366 der Drucksachen) 13445 Die Sitzung wird um 9 Uhr 6 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 271. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, FU (BP-Z) betreffend Berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Nrn. 4366, zu 4366, 4328 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Kemmer Die Ausschüsse für Fragen der Jugendfürsorge und für gesamtdeutsche Fragen haben in einer gemeinsamen Sitzung den interfraktionellen Antrag über die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der Jugendlichen, die aus der Sowjetzone geflohen sind, in der Form einstimmig angenommen, wie sie der Mündliche Bericht wiedergibt. Um das Problem zu kennzeichnen und schärfer zu umreißen, erscheinen einige Vorbemerkungen allgemeiner Art angebracht. In diesem Jahre sind im Januar über 2000, im Februar 2257, im März 4738, im April 4551, im Mai 3011 und vom 1. bis zum 7. Juni 972 Jugendliche von Berlin ausgeflogen worden. Seit Mitte Mai standen weniger Flugzeuge für diesen Zweck zur Verfügung. Daher geben die beiden letztgenannten Ziffern kein genaues Bild über die Gesamtzahl, da noch nicht alle Jugendlichen von Berlin ausgeflogen werden konnten. Schon rein zahlenmäßig steht man hier vor einer Aufgabe, die mit den üblichen Hilfsmaßnahmen nicht mehr gemeistert werden kann. Dazu kommt, daß diese Jugendlichen, geprägt durch das Sowjetsystem, nach nachhaltigen Erlebnissen unter diesem Regime, einsam und unerfahren, Opfer vieler Enttäuschungen, die auf überspannte Erwartungen folgten, einer besonderen Betreuung bedürfen, die geeignet ist, ihre menschliche, berufliche und gesellschaftliche Eingliederung zu bewirken und zu gewährleisten. In diesen Jugendlichen darf nicht das Gefühl entstehen, als ginge es ihnen heute besser, wenn sie bessere FDJler gewesen wären. Um eine gute Eingliederung zu erreichen, schlägt der Ausschuß zwar keine Patentlösung vor; wohl aber bietet der Antrag eine Fülle von Möglichkeiten dar, die je nach Art der Jugendlichen, nach den örtlichen Gegebenheiten und nach den Möglichkeiten der verschiedenen Trägergruppen ausgeschöpft werden können. Nur die wichtigsten Gesichtspunkte sollen erläutert werden. Zunächst waren die Ausschüsse sich einig in der Forderung, den Aufenthalt der Jugendlichen in Berlin so kurz wie irgend möglich zu halten. Unverzüglich soll ein zentrales Jugendlager eingerichtet werden, um es den Jugendlichen zu ersparen, von Stelle zu Stelle quer durch Berlin fahren und die verschiedenen Punkte passieren zu müssen, die zur Abwicklung des Aufnahmeverfahrens vorgesehen sind. Bis zur Schaffung eines zentralen Jugendlagers soll sich das ganze Notaufnahmeverfahren in den vorhandenen Jugendlagern abwickeln. In den Berliner Lagern sowohl wie in den Jugendauffanglagern Sandbostel und Westertimke ist die Zahl erfahrener Jugendbetreuer auf 1 : 15 zu erhöhen; desgleichen ist für eine ausreichende Zahl von Berufsberatern und Jugendvermittlern Sorge zu tragen. Zu diesem Zweck sind die in allen Lagern tätigen Lagerdienste der Jugendverbände, die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, die den Jugendlichen im Lager eine große Hilfe bedeuten, zu unterstützen und zu fördern. Auch in den Auffanglagern der Bundesrepublik soll der Aufenthalt möglichst kurz sein. Der Ausschuß warnt mit Nachdruck und mit allem Ernst vor der Täuschung, als ob mit der Vermittlung der Jugendlichen in irgendeine Arbeit das Problem gelöst sei. Man weiß, daß der weitaus größte Teil der Jugendlichen berufsfremd in die Landwirtschaft und den Bergbau vermittelt wird, wo sehr bald, oft schon nach den ersten Tagen die Fluktuation einsetzt und die Hälfte der Jugendlichen davonläuft. Weiter ist bekannt, daß mit der Vermittlung in den Beruf nach allen, was diese jungen Menschen an Leiden und Enttäuschungen erlebt haben, noch keineswegs eine gesellschaftliche oder gar staatspolitische Eingliederung vollzogen ist. Daher schlägt der Ausschuß nach dem Lageraufenthalt für solche Jugendliche, die nicht sofort den normalen und naturgegebenen Weg der Familienzusammenführung und der echten Vermittlung in den erlernten oder gewünschten Beruf unter gleichzeitiger Unterbringung in einem Jugendwohnheim oder bei einer guten Familie gehen können, in Gestalt einer Zwischenstufe verschiedene Lösungen bis zur endgültigen Eingliederung vor. Die Reihenfolge der Aufzählung dieser Hilfen bedeutet nun, wie ausdrücklich betont sei, nicht etwa eine Rangfolge oder einen verschiedenen Grad der Wertung; vielmehr handelt es sich um Möglichkeiten, die je nach der Art der Jugendlichen, nach den örtlichen Verhältnissen und nach den Bedingungen bei den verschiedenen Trägergruppen ausgeschöpft werden (Kemmer) können. Auch dazu nur einige kurze Erläuterungen. Den Jugendgemeinschaftswerken, von denen in Punkt 1 und 2 die Rede ist, obliegt eine doppelte Aufgabe: sie sollen einmal die geistige Akklimatisierung an die Arbeits- und Lebensbedingungen der westlichen Welt erleichtern, sie sollen zum zweiten die Eingliederung in den Arbeitsprozeß und in eine möglichst passende Arbeitsstelle, also eine individuelle Berufsvermittlung gewährleisten, die oft erst durchführbar ist, wenn man einen Jugendlichen schon länger kennt. Für Jugendliche, die in die Landwirtschaft vermittelt werden können, wohlgemerkt: in freie Stellen, da uns ja nicht damit gedient ist, künstlich Arbeit zu schaffen, ist die Einrichtung von Jugendgemeinschaftswerken von besonderer Bedeutung. Zwei Möglichkeiten haben sich hierbei bewährt: Zunächst da, wo es notwendig erscheint, die Unterbringung kleiner Gruppen in Heimen, von denen aus die Jugendlichen beim Bauern arbeiten; ferner dort, wo es möglich ist, die Unterbringung von Jugendlichen in Familien. In beiden Fällen ist entscheidend, daß sozialpädagogisch geschulte Betreuer den einzelnen Jugendlichen in allen einschlägigen Fragen beraten und überhaupt die Vermittlerrolle zwischen Jugendlichen und Bauern und zwischen Jugendlichen und den Behörden übernehmen. Für die in Jugendgemeinschaftswerken untergebrachten Jugendlichen übernimmt diese Funktion der Heimleiter, für die in Familien Untergebrachten, die ein offenes Gemeinschaftswerk bilden sollen, sollte auf etwa 25 bis 30 Jugendliche ein sozialpädagogisch geschulter Betreuer kommen, der diese Aufgaben wahrnimmt. Nach den gleichen Grundsätzen sollte auch die in die Hauswirtschaft vermittelte weibliche Jugend betreut werden. Nur so kann es gelingen, die verhängnisvolle und unerträgliche Fluktuation vor allem der berufsfremd in die Landwirtschaft und Hauswirtschaft vermittelten Jugendlichen zu verhüten und sie etwa nach einem halben Jahr in den erlernten, gewünschten oder zumindest zumutbaren Beruf zu vermitteln. Um aber die zweckmäßige und endgültige Unterbringung zu fördern und zu erleichtern, ist es unerläßlich, bei allen Landesarbeitsämtern eine zentrale Kartei einzurichten und durch eigene Berufsberater und Jugendvermittler den Jugendlichen mit Hilfe der verschiedenen Überbrückungsmaßnahmen eine zuverlässige Berufsvermittlung zu gewährleisten. Manche Sonderprobleme entstehen für Schüler und Studenten, für Jugendliche mit abgebrochener Lehrausbildung, für die weibliche Jugend und für reine Sozialfälle. Für diese Gruppen müssen die Richtlinien weiter gefaßt werden; es gilt, die Ausbildung zu sichern. Schülern höherer Lehranstalten muß in Internatsoberschulen die Möglichkeit zum Abitur gegeben werden, da in den meisten Fällen kein Schulsystem und kein Lehrplan anwendbar ist. Abiturienten, die die Reifeprüfung nach 1951 bestanden haben und deren Abitur nicht anerkannt wird, soll durch besondere Einrichtungen Gelegenheit zur Erlangung der Universitätsreife geboten werden. Für Studierende muß ein Weg zur Finanzierung der ersten beiden Semester gefunden werden, da nach dem bisherigen System erst dann Stipendien gewährt werden können. Für Jugendliche am Ort der endgültigen Eingliederung sind im Antrag eine Reihe von Hilfen vorgesehen, die die Eingliederung erleichtern sollen. Von besonderer Bedeutung ist Punkt 4. Darin wird die Bundesregierung ersucht, einen Aufruf an den Bundesjugendring und die Jugendverbände zur Aufnahme aller Jugendlichen aus der sowjetischen Besatzungszone in Jugendgruppen und an die Bevölkerung zur Übernahme von Patenschaften durch einheimische Familien zu erlassen. Die Gelassen- heit und Teilnahmslosigkeit weitester Kreise der Bevölkerung und der Öffentlichkeit am Schicksal dieser Jugend ist eine ebenso große Gefahr wie die Verkennung der Probleme und die irrtümliche Meinung, es sei ja schon alles getan. Der Bundesjugendring hat bereits einen Aufruf an die ihm angehörenden Verbände erlassen. Es bedarf aber noch eines Appells an die gesamte Öffentlichkeit, der das große Anliegen an alle Schichten des Volkes heranträgt. Weiter wird die Bundesregierung ersucht, zur Finanzierung aller vorgeschlagenen Maßnahmen die Möglichkeiten des AVAVG und des Gesetzes zur Änderung des AVAVG sowie andere finanzielle Hilfen wie Lastenausgleich, Sondermittel zur Eingliederung von Sowjetzonenflüchtlingen, sozialer Wohnungsbau usw. voll auszuschöpfen und durch geeignete Maßnahmen für eine zweckmäßige Koordinierung der Mittel zu sorgen. In diesem Zusammenhang hat man es im Ausschuß sehr beklagt — und alle Praktiker haben es bestätigt —, daß das Labyrinth von Verordnungen und Zuständigkeiten nachgerade undurchdringlich und die Beherrschung der Materie zu einer Wissenschaft besonderer Art geworden ist. Daher wird die Bundesregierung besonders eindringlich gebeten, zu allen im Antrag verlangten Maßnahmen Erlasse und Richtlinien herauszugeben, die es den Trägern und den Heimleitern erlauben, ohne Zuziehung von Spezialgelehrten ihre Anträge wenn irgend möglich an nicht allzu viele Instanzen zu stellen. Die Schwierigkeit liegt in den verschiedenen Sozialgesetzen, durch die eben verschiedenartige Gleise gelegt werden. Aber vielleicht gelingt durch eine richtige Weichenstellung auf dem Verwaltungswege doch eine Koordinierung. Der Ausschuß richtet an die Bundesregierung schließlich die dringende Bitte, sich bei der Ausarbeitung der Richtlinien der Erfahrungen der Trägergruppen zu bedienen, die bisher diese Arbeit geleistet haben, und angesichts der Dringlichkeit des Problems dem Bundestag Planung und Richtlinien bis zum 30. Juni vorzulegen. Bonn, den 12. Juni 1953 Kemmer Berichterstatter
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    Rede von Dr. Maria Probst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Ich beschränke mich in diesem Augenblick gemäß der Geschäftsordnung auf die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs, während ich den größeren Zusammenhang, in den dieser Gesetzentwurf hineingestellt werden muß, im Laufe der Aussprache darlegen darf.
    Die Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP haben unter dem 6. Mai 1953 in eigener Initiative den Entwurf eines Gesetzes über Leistungen an ehemalige deutsche Kriegsgefangene — Zweites Heimkehrergesetz — dem Hohen Hause vorgelegt, überzeugt von der Dringlichkeit und der Priorität des Rechtsanspruchs jedes einzelnen Heimkehrers auf gesetzlich verankerte individuelle umfassende Leistungen, die in individueller Anpassung der Schwere und Besonderheit des Einzelschicksals gerecht zu werden imstande sind. Es geht darum, die Heimkehrer durch individuell gestaltete, fortwirkende und ausbaufähige gesetzgeberische Maßnahmen in den Stand zu setzen, die Schwere des Schicksals und seine Folgen zu überwinden. Das Ziel muß sein, ihnen in persönlicher Weise die Gewißheit zu geben, heimgekehrt zu sein.
    Meine politischen Freunde und ich sind überzeugt, daß das Heimkehrergesetz in seiner bisherigen Fassung der inzwischen eingetretenen Entwicklung nicht mehr angepaßt ist und einer wesentlichen Fortentwicklung und Erweiterung bedarf. Dabei müssen Lücken geschlossen und Härten beseitigt werden. Dies ist um s6 unerläßlicher, als mit dem Ersten Heimkehrergesetz vom 19. Juni 1950 gesetzgeberisches Neuland betreten worden ist. Darum ergibt sich in besonderer Weise die Notwendigkeit, die Auswirkung dieses Ersten Heimkehrergesetzes laufend zu beobachten und an seiner Fortentwicklung und Ausgestaltung zu arbeiten. Die Maßnahmen müssen in ihrer gesetzlichen Regelung auf die fortgeschrittene Rechts- und Sozialentwicklung abgestimmt und ihr angepaßt werden.


    (Frau Dr. Probst)

    Nach dem Außerkrafttreten des Soforthilfegesetzes und dem damit verbundenen Fortfall der Existenzaufbaudarlehen hat sich eine Lücke ergeben, die durch eine Regelung im Zweiten Heimkehrergesetz zu schließen ist. Nach § 2 der Zweiten Verordnung über Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz können zwar Existenzaufbauhilfen im Härteausgleich an einen Spätheimkehrer geleistet werden, aber nur bis eine entsprechende Regelung durch das neue Heimkehrergesetz erfolgt ist.
    Wir sind also als Gesetzgeber gehalten, das Heimkehrerrecht neu zu fassen. Die Verpflichtung dazu ist aber eine tiefere. Ich darf mich beziehen auf das Wort des Herrn Bundespräsidenten Heuss, der gesagt hat, daß die Verpflichtung den Heimkehrern gegenüber ein Humanum sei, also zutiefst eine menschliche Verpflichtung, eine Sache des Herzens.
    Es geht uns zunächst um die Erweiterung des Personenkreises. Das Zweite Heimkehrergesetz nimmt in den Personenkreis mit auf die Zivilverschleppten, die nach dem Zusammenbruch in großer Zahl von den Besatzungsmächten bzw. von den ehemaligen Feindmächten zu Arbeitsleistungen in das Ausland gebracht worden waren. Sie waren vielfach nicht interniert, sondern nur freiheitsbeschränkt. Ihre Arbeitsbedingungen ähnelten aber denen der Kriegsgefangenen und Internierten.
    Wir haben ferner diejenigen einbezogen, die in der östlichen Besatzungszone und in Berlin interniert gewesen waren, und zwar dann, wenn sie als Sowjetzonenflüchtlinge im Sinne des § 3 des Vertriebenengesetzes nach dem 30. November 1949 entlassen worden sind und mehr als 12 Monate interniert waren. Wir haben den Personenkreis weiterhin auf Ausländer und Staatenlose ausgedehnt, die auf deutscher Seite gekämpft haben.
    Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Personenkreises ist wesentlich die Verbesserung der Härtebestimmungen, die es jetzt ermöglicht, sämtliche Leistungen des Gesetzes, einschließlich Existenzaufbauhilfe, Hausrat und Wohnraum, auch in Härtefällen zu gewähren.
    Wir haben die Krankenhilfe des Ersten Heimkehrergesetzes nunmehr auch auf Selbständige ausgedehnt, die die Kosten nicht selbst tragen können und die nicht sozialversichert und damit krankenversichert sind. Wir haben so auf diese Weise auch die Heimkehrer aus dem Mittelstand berücksichtigt. Die Leistungen der Krankenhilfe müssen durch einen entsprechenden Ausbau der Maßnahmen ergänzt werden, die der Erholung des Heimkehrers dienen. Diese Maßnahmen sind nunmehr bundeseinheitlich geregelt und sollen vom Bund aus den Mitteln der Kriegsfolgenhilfe dotiert werden.
    Es hat sich herausgestellt, daß die Bestimmungen des Ersten Heimkehrergesetzes, nach denen dem Heimkehrer ein Vorrang bei der Wohnraumzuteilung zu geben ist, nicht genügen. Der Heimkehrer muß an der Neuschaffung von Wohnraum beteiligt sein. Deswegen sieht das Zweite Heimkehrergesetz die Gewährung von Wohnraumbeschaffungsdarlehen vor, die neben den Mitteln des Sozialen Wohnungsbaues zu geben sind, entweder als Eigenkapital, als Baukostenzuschuß oder in welcher Form auch immer. Es ist wesentlich, daß der Anspruch auf Wohnraum für den Heimkehrer und seine Familie auch auf die neu gegründete
    Familie ausgedehnt wird. Der Heimkehrer hatte ja in den Jahren, in denen er abwesend war, nicht die Möglichkeit zur Eheschließung. Der zusätzliche Bedarf an Wohnraum muß berücksichtigt werden.
    Vor allem ist auch die Gewährung von Beihilfen zur Anschaffung von Hausrat unerläßlich. Bisher waren ja nur Entlassungsgelder und Übergangsbeihilfen vorgesehen; aber dem Heimkehrer kann nicht zugemutet werden, den notwendigen Hausrat aus diesen Mitteln zu beschaffen.
    Wir haben außerdem aufgenommen die Bestimmung über die Gewährung von Existenzaufbauhilfe, die bis zu einer Höhe von 35 000 DM gewährt werden soll, und zwar zinslos mit zwei Freijahren, dann tilgbar in zehn Jahren. Diese Möglichkeit soll auch den Frauen der Kriegsgefangenen, die sich noch immer in fremdem Gewahrsam befinden, zur Sicherung der Existenz des noch abwesenden Kriegsgefangenen gegeben werden.
    Vor allem eines erscheint uns wesentlich: Wir haben in diesem Gesetzentwurf die Arbeitsämter angewiesen, in freie Arbeitsstellen bevorzugt Heimkehrer zu vermitteln, die seit dem 1. Januar 1948 entlassen worden sind, die aber ohne ihr Verschulden eine ständige Tätigkeit in dem bisherigen oder angestrebten Beruf noch nicht wieder aufgenommen haben und haben aufnehmen können. Das ist also der fortwirkende Anspruch auf den rechten Arbeitsplatz in der Berücksichtigung des bisherigen, aber auch des angestrebten Berufs. Wir haben folgerichtig den Kündigungsschutz auf dieses endgültige neue Arbeitsverhältnis ausgedehnt. Bisher bezog es sich nur auf die erste Arbeitsvermittlung nach der Heimkehr.
    Weiterhin hat der Gesetzentwurf die Rentenversicherung für die Heimkehrer insoweit erweitert, als bei der Anwartschaft und bei den Steigerungsbeträgen die Zeit der Arbeitslosigkeit angerechnet wird, zu der der Heimkehrer nach seiner Rückkehr zuerst gezwungen war.
    Wir haben bei den bevorzugten Berufseingliederungsmöglichkeiten vor allem auch die freien Berufe einbezogen und die Vorschriften über die bevorzugte Zulassung auf alle genehmigungs- und zulassungspflichtigen gewerblichen Tätigkeiten ausgedehnt. Wir versprechen uns davon eine kräftige Hilfe für die Heimkehrer aus dem gewerblichen Mittelstand.
    Der Entwurf enthält wirksame Bestimmungen für den älteren Heimkehrer-Arzt. Für ihn ist es notwendig, die Zeit der Gefangenschaft auf die Vorbereitungszeit für die Kassenzulassung anzurechnen.
    Ebenso haben wir die Heimkehrer im öffentlichen Dienst besonders berücksichtigt. Wir werden die Richtlinien des Bundesinnenministeriums über die Prioritätenverteilung nicht abwarten, sondern in diesem Gesetz dem Heimkehrer eine Priorität zur Einstellung im öffentlichen Dienst geben.
    Ich darf abschließen, indem ich erkläre, daß die Koalitionsparteien entschlossen sind, noch in dieser Legislaturperiode das Zweite Heimkehrergesetz zur Verabschiedung zu bringen, da es darum geht, durchgreifende und rasche Hilfe zu bieten. Ich beantrage Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Merten zur Begründung des Gesetzentwurfs Drucksache Nr. 4318.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Merten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zu dem Ihnen vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Die Ausarbeitung dieses Entwurfs und seine Vorlage durch meine Fraktion und die Fraktion der FU ergab sich aus dem Beschluß dieses Hohen Hauses vom 27. November 1952. Die Bundesregierung ist dem durch diesen Beschluß an sie gerichteten Ersuchen, ein Gesetz über die Entschädigung an deutsche Kriegsgefangene vorzulegen, nicht nachgekommen. Erst vor wenigen Tagen, am 3. Juni 1953, hat der Herr Bundesminister für Arbeit auf eine Anfrage des Herrn Kollegen Parzinger erklärt, daß die Vorlage dieses Gesetzes im Sinne des Beschlusses vom 27. November 1952 wegen der sich ergebenden erheblichen Schwierigkeiten in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich sein werde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Nur neun Wochen vorher aber, am 25. März 1953, hat der Herr Bundesminister für Vertriebene erklärt, daß der Referentenentwurf dieses Gesetzes fertiggestellt sei, daß er die Ressortbesprechungen mit allen Mitteln beschleunigen und alles tun werde, um den Gesetzentwurf so bald als möglich dem Bundestag vorzulegen. Wir haben uns natürlich Gedanken darüber gemacht, was in der Zwischenzeit geschehen sein könnte. Wir haben festgestellt, daß der Herr Bundesminister Lukaschek inzwischen in Urlaub gegangen ist und der Herr Bundesminister Storch ihn während dieser Zeit vertreten hat. Wir haben daraus den Schluß gezogen, daß das vielleicht der Grund dafür sein könnte, daß inzwischen ein Stopp in der weiteren Bearbeitung des Entwurfes eines entsprechenden Gesetzes eingetreten ist, dessen Vorlage dieses Haus fast einstimmig gefordert hat.
    In derselben Sache hat meine eigene Fraktion bereits am 18. März 1952 und am 28. März 1953 Kleine Anfragen an die Bundesregierung gerichtet. Noch am 11. April dieses Jahres hat die Bundesregierung durch den Bundesminister für Vertriebene mitgeteilt, daß er mit der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs betraut sei und daß Verhandlungen über die Deckung der zu erwartenden Ausgaben geführt würden.
    Aber am 20. Juni 1951 schon stand diese Frage hier zur Debatte, als wir über die Gebührnisansprüche deutscher Minenräumer in Norwegen sprachen. Damals ist dieser Antrag nicht abgelehnt, sondern der Bundesregierung als Material für eine künftige allgemeine Gesetzgebung über die Entschädigung für alle ehemaligen Kriegsgefangenen überwiesen worden. Das heißt mit anderen Worten, die Bundesregierung hat zwei Jahre Zeit gehabt, sich, veranlaßt durch die Beschlüsse dieses Hauses, mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen, wenn sie es schon nicht von sich aus als eine Selbstverständlichkeit angesehen hat, diese Dinge einer Regelung zuzuführen. Die vom Herrn Bundesarbeitsminister am 3. Juni 1953 angedeuteten erheblichen Schwierigkeiten hätten in diesen zwei Jahren längst überwunden werden können. Bei der Antwort auf frühere Anfragen ist von diesen Schwierigkeiten auch niemals die Rede gewesen.
    Meine Fraktion hat, wie ich bereits am 9. Oktober 1952 hier ausführen konnte, sehr stark den Eindruck, daß die Bundesregierung bzw. der für diese Angelegenheit verantwortliche Ressortminister den Fragen, die sich aus der Kriegsgefangenschaft nicht nur für die hilfsbedürftigen, sondern für alle Kriegsgefangenen ergeben, nicht die Aufmerksamkeit geschenkt hat, die vielleicht notwendig gewesen wäre, und nicht die Energie aufgebracht hat, die zur Klärung dieser Fragen angebracht gewesen wäre. Ich erinnere daran, daß bis heute noch keine Erhebungen über den Umfang der Kriegsgefangenschaft und darüber angestellt worden sind, wann und in welchem Umfang die Entlassungen durchgeführt worden sind. Die Heimkehrerbefragung des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes hätte eine ausgezeichnete Gelegenheit geboten, diese Erhebungen gleich mit zu erledigen. Damit wären Zeit und Kosten gespart worden. Diese Gelegenheit wurde aber nicht wahrgenommen. Auch zur Klärung der Frage des abgenommenen Privateigentums der Kriegsgefangenen und vieler anderer Dinge ist nichts geschehen. Es ist nicht Sache des einzelnen Kriegsgefangenen, sich über die Einhaltung der völkerrechtlichen Vorschriften mit seinem Gewahrsamsstaat auseinanderzusetzen. Dies ist und bleibt während des Krieges Sache der Schutzmacht; nach dem Kriege ist es selbstverständlich Sache seines Heimatstaates.
    Die Kriegsgefangenen bzw. die ehemaligen Kriegsgefangenen haben nach der Behandlung ihres Entschädigungsanspruchs hier im Bundestag — und das bitte ich Sie ernst zu nehmen — auf dieses Parlament ihr Vertrauen gesetzt, und zwar auf das ganze Parlament, daß es nicht bei den bisherigen Verhandlungen bleibt, sondern daß sich nach diesen Verhandlungen ihr Inhalt in einem konkreten Gesetzentwurf niederschlägt. Meine Fraktion glaubte, ebenso wie die Fraktion der Föderalistischen Union, es nicht zulassen zu können, daß dieses Vertrauen der Kriegsgefangenen in das Parlament dadurch erschüttert wird, daß es nicht zur Verabschiedung dieses Gesetzes kommt. Wir haben idem Hohen Hause aus diesem Grunde einen Gesetzentwurf vorgelegt, der, soweit er grundsätzliche Dinge betrifft, in seinem Inhalt der bisherigen Haltung unserer Fraktion entspricht.
    Die im vorliegenden Entwurf vorgesehene Entschädigung von 1 DM pro Tag der Kriegsgefangenschaft vom 1. Januar 1947 ab und von 2 DM vorn 1. Januar 1949 ab ist nur als eine Mindestentschädigung anzusehen, und zwar sowohl was die Fristen als auch die Höhe der Beträge angeht. Wir betrachten diese Entschädigung vor allen Dingen nicht als so etwas wie eine Haftentschädigung, sondern sind der Auffassung, daß man den Kriegsgefangenen für das Unrecht, das sie in der Kriegsgefangenschaft und durch diese erlitten haben, für die seelischen und körperlichen Nöte, die sie und ihre Familien durchgemacht haben, nicht mit Geld etwas geben kann, was das alles aufwiegen könnte. Die Entschädigung kann man nicht ansehen als eine Entschädigung für Erlittenes, sondern muß sie als eine Entschädigung für Geleistetes betrachten, nämlich für das, was die Kriegsgefangenen stellvertretend für das ganze deutsche Volk vollbracht haben. Sie sind ja die ersten und zweifellos nicht die schlechtesten Botschafter gewesen, die Deutschland nach dem Zusammenbruch bei den früheren Feindmächten gehabt hat. Die Anerkennung dieser Leistungen ist gleichsam eine Ehrensache des ganzen Volkes gegenüber diesen seinen Gliedern. Sie ist eine Sache von eminenter politischer Bedeutung; denn von ihr wird es abhängen, ob diese Generation der Kriegsgefangenen zu den Einrichtungen unseres demokratischen Staates Vertrauen gewinnen unid aus diesem Vertrauen zu der erforder-


    (Merten)

    lichen aktiven und freudigen Mitarbeit an unserem Staat bereit sein kann. Man darf daher dieses Gesetz nicht lediglich vom fiskalischen Standpunkt her sehen; sonst geht man an dem Kern des Problems restlos vorbei.
    Über die Einzelheiten dieses Gesetzes will ich jetzt nicht sprechen. Unser Entwurf deckt sich weitgehend mit den Entwürfen der Freien Demokratischen Partei und der Deutschen Partei. In einem Punkt unterscheiden sich die Entwürfe. In dem Entwurf meiner Fraktion und der FU sind auch die Fragen der Existenzaufbauhilfe, der Wohnraumhilfe und der Hausrathilfe angesprochen. Da nämlich Entschädigungszahlungen auf diese Hilfen angerechnet werden sollen, gehören beide Dinge unserer Auffassung nach zusammen in dasselbe Gesetz. Die Notwendigkeit einer Regelung dieser drei Fragen bedarf keiner Begründung. Auch Frau Dr. Probst hat sie in ihren Ausführungen eben klar herausgestellt. Allerdings muß bei dieser Gelegenheit von vornherein gesagt werden, daß die 10 Millionen DM, von denen der Herr Bundesarbeitsminister am 3. Juni 1953 gesprochen hat, nur ein Tropfen auf einen heißen Stein sein werden; denn sie stehen in gar keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Notständen, unter denen die Heimkehrer leiden.
    Das vorliegende Gesetz wird keine hundertprozentige Lösung aller Fragen bedeuten; aber es ist eine Mindestvorstellung von dem, was getan werden muß, und bedeutet einen ersten Schritt zur Lösung der Fragen.
    Wir legen Wert darauf, daß diese ganze Hilfe nicht nur den Kriegsgefangenen im Sinne des Völkerrechts, sondern auch denjenigen, die praktisch in derselben Situation gewesen sind, nämlich den Zivilinternierten und den Zivilverschleppten, zugute kommt; denn sie haben genau das gleiche durchmachen müssen. Ferner soll sie auch den Frauen, den Familien derjenigen Kriegsgefangenen gewährt werden, die wider alles Recht und wider jede Menschlichkeit heute noch von den Gewahrsamsstaaten festgehalten werden.
    Wir glauben, daß die bereits in die Einzelheiten gehende Ausarbeitung des Entwurfs eine beschleunigte Verabschiedung im Ausschuß ermöglichen wird, und geben der Hoffnung und Erwartung Ausdruck, daß wir in kurzer Zeit zur zweiten und dritten Lesung dieses Gesetzes kommen können. Das wird um so mehr möglich sein, als die Feststellung der Ansprüche im einzelnen die Zeit bis zum Ende dieses Haushaltsjahrs in Anspruch nehmen wird, weil auf diesem Gebiet bedauerlicherweise keine Vorarbeiten geleistet worden sind. Mit größter Beschleunigung muß an die Erledigung dieser Vorarbeiten gegangen werden. Das ist eine unumgängliche Voraussetzung für die Durchführung des Gesetzes. Diese Tatsache hat zur Folge, daß im laufenden Haushaltsjahr wahrscheinlich kaum noch Mittel für die Leistungen dieses Gesetzes zur Verfügung gestellt werden müssen, da sich der Gesamtumfang der Kasten erst übersehen läßt, wenn das Feststellungsverfahren durchgeführt ist. Darüber wird im Ausschuß noch des näheren zu sprechen sein. Meine Fraktion wünscht, daß wenigstens für die sozial dringlichen Leistungen, also insbesondere die Leistungen für den Existenzaufbau, für die Wohnraum- und Hausratbeschaffung, schon im laufenden Haushaltsjahr Zahlungen ermöglicht werden.
    Ich beantrage namens meiner Fraktion die Überweisung der Drucksache Nr. 4318 an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen.

    (Beifall bei der SPD und FU.)