Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Meine Freunde hatten Ihnen bereits am 13. Juni 1950 als Drucksache Nr. 1040 einen Antrag vorgelegt, der sich mit den Ausgleichsforderungen der Bank deutscher Länder beschäftigte. Der Sinn unseres damaligen Antrags war, den Herrn Bundesfinanzminister bei seinen Bemühungen zu unterstützen, von der Bank deutscher Länder eine Gewinnausschüttung zu erreichen. Das ist dann auch geschehen. Der Bundestag hat das bekannte Gesetz über die Gewinnverteilung der Bank deutscher Länder angenommen. Damals bestand die Hoffnung, daß die Angelegenheit nunmehr bis zur Verabschiedung eines endgültigen Bundesnotenbankgesetzes ruhen könnte. Inzwischen haben sich aber Entwicklungen ergeben, die es sowohl dem Herrn Bundesfinanzminister wie zahlreichen Freunden meiner Fraktion wünschenswert erscheinen lassen, die Frage der Ausgleichsforderungen zu einer erneuten, und zwar möglichst schnellen Entscheidung zu bringen.
Veranlassung dazu gab vor allen Dingen die Tatsache, daß der Entwurf des Bundeshaushalts 1953 im Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung nur noch eine Gewinnausschüttung der Bank deutscher Länder von 80 Millionen DM vorsieht gegenüber 118,4 Millionen DM im vorhergehenden Jahr. Das heißt also, daß rund 39 Millionen DM weniger vereinnahmt würden, was für den Bundeshaushalt sehr schmerzlich ist.
Als weiteres Moment kommt die Lage der Post und Eisenbahn hinzu. Sie wissen alle, daß wir bisher im Haushaltsgesetz eine Bestimmung hatten, die Post und Eisenbahn verpflichtete, ein Drittel der Zinsverpflichtungen für diese Ausgleichsforderungen von sich aus aufzubringen. Das macht bei der Post einen Betrag von 21,8 Millionen DM pro Jahr und bei der Eisenbahn einen solchen von 32,7 Millionen DM aus, also insgesamt rund 54,5 Millionen DM.
Nun geht ja eines nicht: wir können nicht immer Ausgaben beschließen und zusätzliche Leistungen fordern, wenn wir auf der anderen Seite nicht auch dafür sorgen, daß eine entsprechende Deckung geschaffen wird.
Wir haben verlangt, daß auch bei Post und Eisenbahn die 20%ige Gehaltserhöhung durchgeführt wird. Wenn man die Finanzlage bei diesen beiden großen Verkehrsverwaltungen prüft, so stellt man fest, daß sie außerordentlich angespannt ist und daß hier unbedingt eine Entlastung durchgeführt werden muß.
Natürlich liegt zunächst die Frage nahe: Weshalb dann nicht einfach die Belastung von Post und Eisenbahn streichen und den Bund in voller Höhe für die Ausgleichsforderungen belasten? Das geht leider nicht, weil wir dann im Bundeshaushalt ein weiteres Loch in Höhe dieser 55 Millionen DM haben würden und nicht ersichtlich ist, wie ein solcher Betrag in dem schon übermäßig beanspruchten Bundeshaushalt gedeckt werden könnte. Dieser Weg ist also nicht gangbar.
Wir müssen deswegen prüfen, ob die Bank deutscher Länder zur Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit tatsächlich noch darauf angewiesen ist, daß die Ausgleichsforderungen im bisherigen Umfang verzinst werden und sie dann von diesen Ausgleichsforderungen nur einen kleineren Teilbetrag als Gewinn an den Bund abführt. Dabei entsteht aber eben das Problem, daß Post und Eisenbahn trotzdem belastet bleiben, weil ja die Einnahmen, die der Herr Bundesfinanzminister bekommt, auf seinen Zinsanteil angerechnet werden, aber Post und Eisenbahn dabei leer ausgehen.
Nun hat sich ein sehr unerfreulicher Zustand herausgebildet. Die Bundesbahn ist seit Jahren nicht mehr in der Lage, ihre Zinsverpflichtungen tatsächlich zu erfüllen. Wir haben augenblicklich einen Zinsrückstand der Bundesbahn bei der Bank deutscher Länder von rund 125 Millionen DM. Das
ist im Interesse der Festigung des öffentlichen Kredits alles eher denn wünschenswert. Wir stehen hier doch wohl alle auf dem Standpunkt, daß die alte Regel die richtige ist, daß Schulden, die einmal da sind, auch bezahlt werden müssen. Wenn man zu dem Ergebnis kommt, daß die Bundesbahn diesen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, dann dürfte es im Interesse der Förderung des öffentlichen Kredits liegen, entsprechende Maßnahmen zur Änderung dieses unhaltbaren Zustandes zu ergreifen.
Wir haben zusammen mit der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums sehr eingehend die Frage geprüft, ob durch eine Aufhebung der Verzinsungspflicht der Ausgleichsforderungen irgendwie eine Schwächung der Bank deutscher Länder eintreten und ob darin irgendeine Gefährdung der Aufgaben der Bank deutscher Länder zu erblicken wäre, den variablen Geldbedarf unserer Volkswirtschaft zu decken. Über diese Frage hat sich ja eine sehr lebhafte literarische Kontroverse entsponnen. Von einem so versierten und angesehenen Wirtschaftsjournalisten wie Herrn Dr. Muthesius ist die Ansicht geäußert worden, bei Fortfall der Verzinsung der Ausgleichsforderungen entstünde in ihren Bilanzen ein entsetzliches Loch von 5,4 Milliarden DM, das sei doch unmöglich. Nun, meine Damen und Herren, ich brauche demgegenüber nicht nur auf meinen eigenen Aufsatz in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", „Das nicht vorhandene Loch", zu verweisen. Ich kann mich hier auf die sehr interessanten Ausführungen in der letzten Nummer des „Volkswirt" stützen wo dies Problem ebenfalls zutreffend behandelt worden ist, und zwar unter der bezeichnenden Überschrift „Eingebildete Bilanzlöcher". Ich darf insbesondere auch darauf hinweisen, daß ja zur Durchführung der Berliner Geldversorgung auch Ausgleichsforderungen in Höhe von 620 Millionen DM geschaffen wurden, die von Anfang an zinslos waren und auch nicht getilgt werden. Es ist der Bank deutscher Länder oder irgendeinem anderen ernst zu nehmenden Geld- und Währungspolitiker bisher niemals eingefallen, in dieser Tatsache, daß da immerhin 620 Millionen DM zinslose Ausgleichsforderungen bestehen, irgendwelche Gefahren für die Notenbank zu erblicken. Ich wäre der letzte, der seine Hand zu einem Gesetzentwurf bieten würde, der irgendwie eine Gefährdung für unsere Währung oder für unsere Notenbank darstellt. Wir sind alle daran interessiert, daß unsere Notenbank leistungsfähig bleibt und unsere Währung intakt. Aber derartige Gefahren beinhaltet der vorliegende Entwurf bestimmt nicht. In den Presseverlautbarungen ist die Auffassung vertreten worden, hinsichtlich der Notwendigkeit der Reservenbildung wäre eine Notenbank nicht anders zu behandeln als irgendeine andere Bank. Das ist eine unhaltbare Auffassung; denn die Notenbank hat selbstverständlich aus ihren Kreditgeschäften nicht im entferntesten die Risiken, die irgendeine andere Bank läuft, weil sie ja nur Papiere von anderen Banken hereinnimmt. Sie kann sich also auf die Haftung der Vorgiranten stützen.
Und nun noch eine abschließende Bemerkung. In der öffentlichen Diskussion ist gelegentlich behauptet worden, der heute eingebrachte Entwurf widerspreche doch unserem Gesetzentwurf über die Bundesnotenbank, dem bekannten Erhardschen Entwurf, den dann meine Fraktionsfreunde als Drucksache 3929 eingebracht haben. Meine Damen und Herren, das ist tatsächlich nicht der Fall. Wir sehen uns schon unsere eigenen Vorlagen gründlich an. In § 24 dieses Entwurfes ist unter Ziffer 4 vorgesehen, daß die Aufwendungen für die Ausgleichsforderungen aus dem Reingewinn der Bank deutscher Länder an den Bund zurückzuerstatten sind, wobei allerdings die Schwierigkeit besteht, daß Post und Eisenbahn nicht ohne weiteres an dieser Rückvergütung partizipieren würden, was mir allerdings im Interesse der beiden Verkehrsverwaltungen unbedingt notwendig zu sein scheint. Es ist auch nicht richtig, wenn gesagt worden ist, der vorliegende Gesetzentwurf zerstöre die Aussicht, die gerade unser Bundesnotenbankgesetzentwurf in Ziffer 5 des § 24 eröffnet habe, daß nämlich aus dem nach Rückerstattung der Aufwendungen für die Verzinsung der Ausgleichsforderungen noch verbleibenden Reingewinn der Bank deutscher Länder. ein Sonderfonds zur Tilgung der Ausgleichsforderungen gebildet werden könnte, dazu bestimmt, die Ausgleichsforderungen der übrigen Banken, die ja durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht berührt werden, allmählich zu tilgen bzw. höher zu verzinsen. Meine Damen und Herren, eine solche Möglichkeit wäre praktisch wohl kaum gegeben! Es ist ein Widerspruch, wenn auf der einen Seite gesagt wird: Der vorliegende Gesetzentwurf zehrt den Reingewinn der Bank deutscher Länder auf, und wenn dann nachher behauptet wird: Aber obgleich die FDP in ihrem Bundesnotenbankgesetzentwurf diese 2 1/2 prozentige Zinsrückvergütung vorgesehen hat, bleibt dann doch immer noch soviel übrig, um einen solchen Tilgungsfonds zu bilden. — Wenn wirklich Überschüsse in derartiger Höhe erzielt werden, so verhindert dieser Gesetzentwurf keineswegs eine solche Verwendung des Überschusses zur
Bildung eines Tilgungsfonds. Das Nähere könnte später im Notenbankgesetz geregelt werden. Heute geht es vor allen Dingen darum: Wir brauchen für die Haushaltsaufstellung des Bundes klare Verhältnisse. Wir können uns nicht auf die Dauer damit abfinden, daß es letztlich die Präsidenten der Landeszentralbanken sind, die im Zentralbankrat darüber entscheiden, was als Gewinn ausgewiesen wird. In einem Zeitungsaufsatz glaubt der Verfasser, daß der Gewinn, der jeweils ausgewiesen wird, dem wirklichen Gewinn entspräche!! Der Verfasser weiß noch gar nicht,
— ja natürlich! —, daß das, was unten herauskommen soll, das ist, was der Zentralbankrat jeweils herauskommen lassen will und was er für richtig hält, als Reingewinn auszuweisen. Diese Technik wird ja nicht nur bei der Bank deutscher Länder, sondern bei allen Bilanzen heute praktiziert.
Meine Freunde beantragen, daß dieser Gesetzentwurf, der wegen unserer Haushaltsberatungen dringlich ist — wir kommen bei der Beratung des Haushaltsgesetzes zu der Frage, wie Post und Eisenbahn in Zukunft hinsichtlich der Verzinsungspflicht behandelt werden sollen —, federführend dem Haushaltsausschuß überwiesen wird — wie auch neulich das Gesetz über die Verteilung des Reingewinns der Bank deutscher Länder —, mitberichterstattend dann selbstverständlich der Ausschuß für Geld und Kredit. Eine Hinzuziehung der Ausschüsse für Verkehrswesen und für Post- und Fernmeldewesen dürfte nicht mehr notwendig sein, weil diese beiden Ausschüsse wohl grundsätzlich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einverstanden sein werden.
Ich bitte namens meiner Freunde, in diesem Sinne zu beschließen und unseren Gesetzentwurf den beiden Ausschüssen zur baldmöglichsten Berichterstattung zu überweisen.