Rede von
Dr.
Hermann
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Damit ist die Rednerliste erschöpft. Dann können wir also zur Abstimmung kommen. Es bestehen einige widerspruchsvolle Auffassungen wegen der Überweisung. Ich glaube, übereinstimmend war die Auffassung: Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik als federführenden Ausschuß.
Jetzt ist noch die Frage der Mitbeteiligung anderer Ausschüsse zu entscheiden. Da ist der Antrag gekommen, den Rechtsausschuß mitzubeteiligen.
— Der Antrag ist gekommen.
Darm war noch der Antrag gestellt, den Kriegsopferausschuß zu beteiligen. Besteht da Übereinstimmung?
— Die scheint vorhanden zu sein; also Mitbeteiligung des Kriegsopferausschusses.
Jetzt müssen wir wohl über die Frage der Mitbeteiligung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht abstimmen. Ich bitte diejenigen, die für die Mitbeteiligung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht sind, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung — —
— Nein, nein, es ist gesagt worden: halb eins. Wir haben noch eine Viertelstunde Zeit, da können wir noch einiges erledigen.
— An sich war vorgesehen, Punkt 1 nach 12 Uhr zu behandeln.
— Also dann rufe ich auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Ehren, Arnholz, Stegner, Löfflad, Mayerhofer und Genossen betreffend Vorlage eines Heilpraktikergesetzes .
Wer begründet diese Anfrage? — Das Wort hat Herr Abgeordneter Ehren.
Ehren , Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 108. Sitzung des Bundestags vom 5. Dezember 1950 erklärte der Abgeordnete Pohle als Berichterstatter, daß der Gesundheitsausschuß sich seit dem Monat Mai des Jahres 1950 intensiv mit der Frage der Schaffung eines Heilpraktikergesetzes befaßt habe. Er schilderte Einzelheiten dieser Bemühungen, Anhörung von Sachverständigen usw. Abschließend gab er der einstimmigen Meinung des Ausschusses Ausdruck, daß ohne eine Ordnung in der Heilpraktikerfrage eine vernünftige Regelung nicht kommen könne. Es sei im Interesse des Volkes notwendig, daß diese Regelung erfolge. Es sei nicht beabsichtigt, für einen Stand ein neues Privileg zu schaffen. Er empfahl dem Hause die Annahme der Drucksache Nr. 1503. Diese Drucksache hat folgenden Wortlaut:
Die Bundesregierung wird ersucht, beschleunigt den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, welches das Heilpraktikergesetz vom 17. Februar 1939 ablösen und den gegenwärtigen verfassungsrechtlichen und gewerberechtlichen Bestimmungen entsprechen soll.
Dieser Beschluß wurde vorn Bundestag einstimmig gefaßt.
Seit dieser Zeit sind mehr als zweieinhalb Jahre vergangen, ohne daß die Bundesregierung dem Ersuchen des Bundestags nachgekommen wäre. Ich glaube, niemand kann und will dem Herrn Bundeskanzler oder dem Gesamtkabinett die Schuld für dieses Versagen zuschieben. Wir alle kennen den Werdegang einer Gesetzesvorlage. Wir wissen, daß die vorbereitenden Arbeiten von den Ressorts der zuständigen Ministerien getroffen werden. Ich habe den Eindruck — und ich bin sehr vorsichtig bei meiner Formulierung —, daß die für diese Aufgabe zuständige Gesundheitsabteilung des Innenministeriums nicht das Notwendige getan hat, um dem einstimmigen Wunsch des Bundestags Rechnung zu tragen.
An Erinnerungen, aber auch an Versprechungen, diesem Wunsche nachzukommen, hat es nicht gefehlt. Was die Versprechungen anlangt, kann ich folgendes Beispiel anführen. Ein Vertreter des in Frage kommenden Berufsstandes hat sich, sich auf sein Recht als Demokrat berufend,
direkt an den Herrn Bundeskanzler gewandt,
und zwar mit Datum vom 8. September 1951. Dieser Interpellant erhielt nun folgende Antwort:
Auf Ihr Schreiben vom 8. September 1951 an den Herrn Bundeskanzler teile ich Ihnen folgendes mit. Die Arbeiten am Entwurf eines neuen Heilpraktikergesetzes sind im wesentlichen abgeschlossen. Der Entwurf wird demnächst im Kabinett behandelt und anschließend den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden. Ich habe die im Bundesministerium zu leistenden Vorarbeiten laufend verfolgt und kann daher Ihre Befürchtungen zerstreuen, daß es dort am guten Willen gefehlt habe und daß die Fertigstellung des Gesetzentwurfs absichtlich verzögert worden sei.
Etwas später hat sich in einer Fragestunde der Herr Kollege Arnholz nach dem Stand der Dinge erkundigt, und Herr Minister Lehr gab in dieser Fragestunde — das war im Juni vorigen Jahres — folgende Antwort:
Von der Bundesregierung aus, insbesondere im Hinblick auf den erreichten Stand der Bearbeitung der Angelegenheit in meinem Hause, könnte ich Ihnen diesen Entwurf ohne weiteres noch vor den Ferien zuleiten.
Auf Grund dieser Erklärung wurde in einer Kleinen Anfrage vom 8. Oktober 1952 die Regierung gefragt, warum bis dato noch immer nichts erfolgt sei.
Im Auftrag unseres Hauses stelle ich diese Frage hier erneut. Ich habe nicht die Absicht und nicht die Aufgabe, zu dem materiellen Inhalt des von uns verlangten Gesetzes Stellung zu nehmen. Es ist auch nicht meine Aufgabe, die Wünsche des Heilpraktikerstandes hier darzulegen oder herauszustellen. Diese Aufgabe wird erst mit der Vorlage des Gesetzes an uns alle herantreten. Ich habe heute nur zu sagen, daß auch der Beruf der Heilpraktiker ein Recht darauf hat, vor klare Rechtsverhältnisse gestellt zu werden, und daß die Heilpraktiker verlangen können, daß das vom „Dritten Reich" geschaffene Ausnahmerecht beseitigt wird.
Die Schaffung neuen Rechtes ist im Interesse der Gesundheit unseres Volkes unbedingt notwendig. Gestalten wie Gröning und Genossen konnten nur auf dem Boden der jetzigen Rechtsunsicherheit ihr Unwesen treiben. Die einzelnen Länder haben bereits von sich aus versucht, verfassungsmäßige Verhältnisse herzustellen. Die Ärztekammern — und ich bin dieser Körperschaft ob dieses Tatbestandes nicht einmal böse — haben die Rechtlichkeit der Bemühungen und der Erlasse angefochten. Das Ergebnis ist, daß wir in einzelnen Ländern tagaus tagein lustig Verwaltungszivilprozesse haben, daß in einem Lande so, in dem andern so entschieden wird. Ich glaube, es wird die allerhöchste Zeit, daß dem Wunsch des Bundestags, der vor mehr als zweieinhalb Jahren geäußert wurde, nun endlich Rechnung getragen wird. Es handelt sich doch nicht um ein Gesetz mit 50 und mehr Paragraphen, sondern 14 Paragraphen umfaßt die ganze Angelegenheit. Ich glaube — ich spreche das einmal mit aller Deutlichkeit aus —, daß nicht irgendeine Abteilung in einem Ministerium den Gang der Dinge zu entscheiden hat, sondern daß in jedem Ministerium der Wunsch des Bundestags für den Verlauf der Verhandlungen entscheidend ist.
Es wäre dringend zu wünschen, daß diesem Wunsch nun endlich entsprochen würde.