Rede von
Dr.
Karl
Atzenroth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Auch wir begrüßen die Vorlage, die dazu bestimmt ist, endlich die Lücke auszufüllen, die sich seit 1945 in unserer Sozialgerichtsbarkeit ergeben hat und die bisher gedroht hat, zu einer Rechtszersplitterung zu führen, insbesondere durch die verschiedenartigen Maßnahmen, die von seiten der Länder auf diesem Gebiet getroffen worden sind. Wir begrüßen auch die Tendenz der Regierungsvorlage. Wir sind eigentlich überrascht von den Anträgen, die der Bundesrat gestellt hat und die man sich nur aus der etwas einseitigen Zusammensetzung des zuständigen Fachausschusses erklären kann.
Wir setzen uns auch für die Trennung der Rechtsprechung von der Sozialverwaltung ein, wie sie ja das Grundgesetz fordert. Aber gerade diese Trennung verlangt eine klare Regelung nach den Grundsätzen des Rechtsstaates, und diese ist im ersten Abschnitt des Gesetzentwurfs durchaus gegeben, wenn vielleicht auch die zusätzlich geschaffene Instanz manchmal einige Erschwerungen bringen wird.
Die Änderungsvorschläge des Bundesrats enthalten aber eine ganz andere Tendenz, und ich bin überrascht, daß sich auch der Herr Kollege Arndgen mit solcher Entschiedenheit dafür einsetzt. Das kommt besonders in der Forderung zum Ausdruck, daß auch andere als Berufsrichter mit der Leitung der Gerichte betraut werden können. Das würde doch bedeuten, daß wir Gerichte bekämen, die nur aus Laien zusammengesetzt wären, denen jede Berufsbefähigung fehlt. Die Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Beisitzern berücksichtigt das Laienelement in ausreichendem Maße. Es gibt ihm sogar gegenüber dem Berufsrichter ein Übergewicht. Wir halten den Berufsrichter für unbedingt erforderlich. Hier sind — und darin stimme ich mit dem Herrn Bundesarbeitsminister überein — keine schiedsrichterlichen Entscheidungen zu treffen, sondern
hier ist auf Grund der bestehenden Gesetze Recht zu sprechen, und das erfordert eine umfassende Kenntnis nicht nur der Gesetze auf dem sozialen Gebiet, sondern auch der Gesetze auf dem weiteren Gebiet des allgemeinen Rechts, des Handelsrechts usw.;
und dazu ist eine ausreichende Vorbildung erforderlich. Zweifellos haben Sie recht, Herr Kollege Arndgen, wenn Sie sagen, daß ein Teil der Richter, der nur in der allgemeinen Rechtsprechung tätig ist, hierfür nicht die geeignete Vorbildung hat. Aber es sind genügend Personen vorhanden, die die Voraussetzungen, die ich eben skizziert habe, voll und ganz erfüllen.
Das Laienelement kann in den beiden Beisitzern voll und ganz zum Zuge kommen.
Wir haben zu dem Gesetz noch eine Reihe von Wünschen und vielleicht auch Änderungsanträgen vorzutragen, die aber nicht die grundsätzliche Tendenz berühren und die wir dann im Ausschuß vorbringen werden. Wir setzen uns ebenso wie Sie für eine schnelle Bearbeitung im Ausschuß ein. Wir stimmen aber dem Antrag der Fraktion der Deutschen Partei zu, diesen Gesetzentwurf außer den beiden Ausschüssen, die hier schon genannt worden sind, auch dem Rechtsausschuß zu überweisen.