Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Nun zu der Drucksache Nr. 3959 und zu der Drucksache Nr. 4208, die dieselbe Materie betrifft. Worum geht es? Die sozialdemokratische Fraktion hat in den beiden Anträgen gefordert, daß der § 21 Abs. 5 Satz 2 des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes eine Änderung dahin erfährt, daß auch den Frauen, die vor dem 1. Juni 1949 Witwen geworden sind, die Vorteile des § 2 dieses Gesetzes zugute kommen.
Nun ist heute gesagt worden, daß, was die Sozialversicherung angeht, im damaligen Wirtschaftsrat die Regelung deshalb so erfolgt sei, weil keine Mittel vorhanden gewesen seien. Heute hat die Sprecherin der sozialdemokratischen Fraktion zu Recht darauf hingewiesen, daß sich die Kassenlage der Sozialversicherungsträger erheblich verbessert hat, so daß von der Seite aus — sie hat sich ausdrücklich auf Ostermayer berufen — einer derartigen Regelung keine Schwierigkeiten gemacht würden. Die Beseitigung des Unrechts an diesem Personenkreis scheitert also einmal mehr ausschließlich an der Bundesregierung selber. Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß die Bundesregierung ja an der, wie sie sagt, „schlechten" Kassenlage der Versicherungsträger ursächlich dadurch beteiligt ist, daß sie, wie wir das alle wissen, durchgedrückt hat, die Zuschüsse, die der Bund anteilmäßig in einer Höhe von 555 Millionen DM zu zahlen hat, für die Dauer von drei Jahren nicht in barem Geld. sondern in Bundesschuldverschreibungen abführen zu können.
— Das stimmt schon, leider stimmt es. Wenn das aber so ist, verehrte Sprecherin von der SPD, daß die Kassenlage der Sozialversicherungsträger eine derart wünschenswerte und gerechtfertigte Regelung absolut zuläßt, dann verstehe ich nicht den zweiten Umfall, den Sie heute mit den Änderungsanträgen Umdruck Nr. . 869 bzw. 870 vornehmen. Da kommt mir ein Wort in Erinnerung, das Ihr Kollege Schellenberg am 11. Dezember zur Frage der Grundbeträge der Invalidenversicherung gesprochen hat, als er sagte: Wir waren ja damals gar nicht so stur, wir haben j a im Ausschuß bereits einen Kompromißantrag gestellt.
Was hier von der SPD gefordert wird, ist etwas, worauf dieser Personenkreis einen absoluten Rechtsanspruch hat. Es ist zudem auch die Forderung der Gewerkschaften. Wo wollen Sie denn mit Ihrer ewigen Kompromißpolitik hinkommen? Wenn Sie die Stärke, die hinter Ihnen steht, tatsächlich mobil machten, wäre der Herr Finanzminister nicht in der Lage, eine derartige berechtigte Forderung abzuweisen. Deshalb bedaure ich es, daß Sie Ihrem ersten Kompromiß diesen zweiten Kompromiß haben folgen lassen. Ich bedaure das aufrichtig. Wir sind angesichts der Lage natürlich gezwungen, für Ihren zweiten Kompromiß zu stimmen, da Sie Ihren ersten selber heute gar nicht mehr zum Antrag erhoben haben.
Das ist unsere Auffassung zu diesen beiden Punkten der Tagesordnung.