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    Vokabeln: 5
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Abgeordneter: 1
    5. Peters.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 259. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. April 1953 12573 259. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. April 1953. Geschäftliche Mitteilungen 12575A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Pferdmenges, Dr. Pünder, Storch, Frau Schroeder (Berlin), Dr. Glasmeyer, Ewers, Dr. Schäfer, Schmitt (Mainz), Böhm, Eberhard, Ritzel, Henßler, Schuler, Hoecker, Horn 12575B Änderungen der Tagesordnung . . 12575C, 12627A Berichtigung zur Beschlußfassung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen 12575D Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für die Einreichung von Fragen 12575D Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl 12575D Gesetz über die Erstreckung des Tarifvertragsgesetzes 12576A Gesetz über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte (Personalvertretungen) in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts . . 12576A Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) 12576A Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 12576A Gesetz zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens 12576A Gesetz zur Änderung des Zolltarifs aus Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl . . . 12576A Kleine Anfrage Nr. 261 der Fraktion der SPD betr. Beschaffung von Lehrstellen für Jugendliche und von Dauerarbeitsplätzen für ältere Angestellte und Arbeiter (Nrn. 3306, 4245 der Drucksachen) 12576A Kleine Anfrage Nr. 324 der Abg. Strauß u. Gen. betr. Stornierung von Exportaufträgen (Nrn. 4153, 4238 der Drucksachen) 12576A Kleine Anfrage Nr. 325 der Fraktion der SPD betr. Weihnachtszuwendungen an den früheren Postminister Ohnesorge (Nrn. 4195, 4262 der Drucksachen) . . . 12576B Kleine Anfrage Nr. 326 der Fraktion der SPD betr. Schuldenanerkenntnis (Nrn. 4206, 4252 der Drucksachen) 12576B Kleine Anfrage Nr. 327 der Fraktion der FDP betr. Unterbringung der Personen nach Art. 131 des Grundgesetzes (Nrn. 4207, 4251 der Drucksachen) 12576B Kleine Anfrage Nr. 330 der Fraktion der SPD betr. Bevollmächtigter für die Filmwirtschaft (Nm. 4233, 4261 der Drucksachen) 12576B Kleine Anfrage Nr. 331 der Fraktion der SPD betr. Entschädigungsgesetz für Kriegsgefangene, Zivilinternierte und Zivilverschleppte (Nrn. 4234, 4253 der Drucksachen) 12576B Bericht des Bundesministers der Justiz über die Frage der Auslieferung des Frantisek Kroupa aus Norwegen nach Deutschland (Nr. 4244 der Drucksachen) 12576C Vorlage des Geschäftsberichts der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1951/52 (Nr. 4263 der Drucksachen) 12576C Dritte Beratung des Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes (Nrn. 4182, 3861 der Drucksachen); Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung (Umdrucke Nm. 844, 849, 860 bis 868) 12576C Peters (SPD): als Berichterstatter 12576C als Abgeordneter . . . . 12578B, 12586B, 12588A, 12589A, D Brönner (CDU) 125'76D Dr. Bertram (Soest) (FU) . . 12579C, 12589B Dr. Hammer (FDP) 12580B, 12582B, 12583C Niebes (KPD) 12581A Bausch (CDU) 12581C, 12583A Schoettle (SPD) . 12582C Behrisch (SPD) 12583C Dr. Wellhausen (FDP) 12584C Eickhoff (DP) 12585B Neuburger (CDU) 12585D, 12587D, 12588C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 12586C Gengler (CDU) 12587B Dr. Kather (CDU) 12590B Seuffert (SPD) 12590B Abstimmungen 12585C, D, 12588C, 12589C, D, 12590D Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Nr. 4199 der Drucksachen) . . . . 12591A Neuburger (CDU), Antragsteller . 12591A Überweisung an die Ausschüsse für Geld und Kredit, für Finanz- und Steuerfragen und für Wirtschaftspolitik . . 12592A Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft (Nr. 4247 der Drucksachen) 12592B Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Geld und Kredit 12592B Erste Beratung des von den Abg. Dr. Vogel, Dr. Mende, Walter u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben auf dem Gebiet des Rundfunks (Nr. 4198 der Drucksachen) 12592B Dr. Vogel (CDU), Antragsteller . 12592C, 12613B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 12595B Dr.-Ing. e. h. Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 12599A Eichler (SPD) 12599D Maerkl (FU) 12603A de Vries (FDP) 12603C Renner (KPD) 12604C Brookmann (CDU) 12605D Dr. Jaeger (Bayern) (CSU) . . . 12609A Walter (DP) 12611B Marx (SPD) 12612A Überweisung an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films und an den Rechtsausschuß . . 12614B Erste Beratung des Entwurfs eines Bundesevakuiertengesetzes (Nr. 4180 der Drucksachen) 12614D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 12614D Morgenthaler (CDU) 12616B Frau Strobel (SPD) . . . . 12617B, 12622C Kunze (CDU) 12619C Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 12620C Freiherr von Aretin (FU) 12621B Gundelach (KPD) 12621D Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 12622D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Hilfe für die sittlich gefährdete Jugend in den Räumen Baumholder, Kaiserslautern, Bitburg und Worms (Nrn.4191, 3691 der Drucksachen) 12622D Hübner (FDP), Berichterstatter . 12622D Jacobs (SPD) 12624A Frau Strohbach (KPD) 12625B Frau Dietz (CDU) 12626A Beschlußfassung 12626D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung der Ableistung des Offenbarungseides gegen den Abgeordneten Freiherrn von Aretin (Nr. 4219 der Drucksachen) . . 12626D Für erledigt erklärt 12627A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich (Nr. 4243 der Drucksachen) . . 12627A Abgesetzt 12627A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Subventionen für das bundeseigene Kupferschieferbergwerk in Sontra sowie kommunale Erstausstattung für die Gemeinden Sontra, Nentershausen, Rockensüß und Solz (Nr. 4196 der Drucksachen) 12627A Dr. Arndt (SPD), Antragsteller 12627A, 12630B, 12632A Sabel (CDU): zur Sache 12628C, 12631C zur Abstimmung 12632A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 12629D Überweisung an den Haushaltsausschuß, den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und den Ausschuß für Kommunalpolitik 12632C Nächste Sitzung 12632C Die Sitzung wird um 13 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Josef Brönner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist aufgebaut auf steuerlichen und wirtschaftlichen Erwägungen. Das Gesetz kann aber auch im Hinblick auf seine gesundheitliche und sittliche Seite betrachtet werden. Ich glaube, es ist angebracht, daß wir in der dritten Lesung dieses Gesetzes auf diese Gesichtspunkte hinweisen.
    Das Ziel des Gesetzes ist, die 200 Millionen DM gestundeter Tabaksteuern zu bereinigen, den schlechtbezahlten Zigarrenarbeitern, den Tabakbauern und der Tabakindustrie zu helfen und dem Herrn Bundesfinanzminister möglichst den


    (Dr. Brönner)

    gleichen Ertrag an Tabaksteuern zu sichern. Die Tabakindustrie soll nämlich seit eineinhalb Jahren finanziell notleidend sein. Daher hat der Herr Bundesfinanzminister Tabaksteuern in Höhe von etwa 200 Millionen DM gestundet.
    Wie ist nun diese Maßnahme zu beurteilen? Die Tabakindustrie hat diese Steuern von den Konsumenten erhoben, hat sie aber nicht abgeführt, sondern für eine Riesenreklame ausgegeben, um den Umsatz zu steigern.

    (Abg. Bausch: Sehr gut!)

    Trotz des gestiegenen Umsatzes hat sie die eingenommenen Steuern nicht abgeführt. Die Großbetriebe haben vielmehr mit diesen Steuern ihr Geschäft umgetrieben und haben sie als Betriebsmittel verwendet.
    Was sollen wir einem kleinen Gewerbetreibenden sagen, der mit einem Gesuch um Stundung seiner Einkommensteuer oder seiner Umsatzsteuer an das Finanzamt herantritt, wenn diese nicht genehmigt wird? Dann wird er uns auf die Stundungen von 200 Millionen DM für diese Großbetriebe hinweisen. Und wie stehen wir als Abgeordnete da, wenn wir uns verteidigen wollen?

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Gleiches Recht für alle! wird der kleine Mann sagen, wenn es sich um Steuerstundungen handelt. Je höher die gestundeten Steuerbeträge geworden sind, desto größer ist das Geschenk an die Großindustrie, besonders auch an Zinsen. Außerdem werden nach dem Gesetzentwurf nicht mehr alle gestundeten Beträge, sondern nur etwa 85 % beigetrieben. Wenn übermorgen ein anderer Gewerbezweig der Genußmittelindustrie kommt und über mangelnde Rentabilität klagt, — werden ihm dann auch 200 Millionen an Steuern gestundet? Wir werden als Abgeordnete keinen leichten Stand haben, wenn wir in der Öffentlichkeit wegen dieses Gesetzes angegriffen werden.
    Als zweite Begründung für das Gesetz wird die Bekämpfung des Zigarettenschmuggels angegeben. Die Produktion und der Verbrauch an Zigaretten beliefen sich im Jahre 1952 auf etwa 30 Milliarden Stück. Der Verbrauch ist in einem Jahr von etwa 22 Milliarden auf 30 Milliarden Stück gestiegen. Daneben kamen 4 bis 5 Milliarden Stück durch Schmuggel herein, die nicht versteuert wurden. Dabei wurde der Herr Finanzminister um etwa 3- bis 400 Millionen DM an Steuern gebracht. Er hofft, daß die Verbilligung der Zigaretten den Schmuggel erheblich verringern und daß er einige 100 Millionen DM an Tabaksteuern mehr einnehmen wird.
    Die Annahme, durch eine verhältnismäßig geringe Steuersenkung den Großschmuggel beseitigen zu können, erscheint reichlich optimistisch. Es ist mindestens zweifelhaft, ob diese Rechnung stimmt.
    Drittens rechnet der Herr Bundesfinanzminister damit, daß bei gesenkten Steuern etwa derselbe Ertrag an Tabaksteuer eingeht. Er kann in seinem Bundeshaushalt keine größeren Steuerausfälle hinnehmen und hofft daher bei einer Verbilligung der Zigaretten auf einen steigenden Konsum. Statt 30 Milliarden Stück sollen nach der Steuersenkung etwa 36 Milliarden Zigaretten im Jahr versteuert und verraucht werden. Die Zigarettenindustrie rechnet sogar mit 37 bis 38 Milliarden Stück. Diese Steigerung um ein Fünftel läßt sich daraus errechnen, daß nach der Steuersenkung die Packungen ein Fünftel mehr Zigaretten enthalten als vorher und den gleichen Preis kosten. Statt der Fünferpackung zu 50 Pf. gibt es dann eine Sechserpackung zu 50 Pf., statt der Zehnerpackung zu 1 DM eine Zwölferpackung zu 1 DM. Ähnlich wird sich die Verbilligung beim Stückverkauf auswirken. Die Raucher werden den gleichen Teil ihres Einkommens für Zigaretten ausgeben wie bisher. Es muß also damit gerechnet werden, daß im kommenden Jahr etwa 6 Milliarden Stück mehr geraucht werden als bisher.
    Welches sind nun die Folgen dieses verstärkten Konsums? Die finanziellen Folgen werden für den Herrn Bundesfinanzminister vielleicht befriedigend sein, weil um so mehr geraucht wird. Er wird alsbald bei den verringerten Steuersätzen ebenso viel Tabaksteuer einnehmen wie bei den erhöhten Sätzen. Die wirtschaftlichen Folgen werden günstig sein für die Tabakbauern und für die Tabakindustrie. Wir gönnen es den Tabakbauern und den Zigarrenarbeitern wie auch den Klein- und Mittelbetrieben. Dagegen werden die Großbetriebe ein ausgezeichnetes Geschäft machen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Diesen Folgen stehen aber die gesundheitlichen und sittlichen Gefahren besonders bei der Jugend gegenüber. Das obere Ziel der Gesetzgebung sollte ein gesundes und sittlich gefestigtes Volk sein. Der Mensch muß im Mittelpunkt unserer Politik stehen.

    (Abg. Sabel: Sehr gut!)

    Wir geben Milliarden aus für die Gesundung der kranken Menschen, Millionen für die Ertüchtigung der Jugend. Die Innere Mission, der Caritasverband, die Jugendorganisationen geben sich alle erdenkliche Mühe, den anfälligen Menschen und besonders der Jugend zu helfen. Diese Arbeit wird durch den steigenden Tabakkonsum ganz erheblich gefährdet.
    Daneben führt das übermäßige Rauchen auch zu sinkenden Leistungen. Unsere heutige Jugend ist gesundheitlich und charakterlich sehr labil. Das verstärkte Rauchen wird leicht zu einem steigenden Bedürfnis und bei der Jugend zu einer gesundheitlichen und sittlichen Gefahr. Die deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren in Hamm hat den Abgeordneten unter dem 6. Dezember 1952 ein Schreiben zugehen lassen, aus dem ich Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten ein paar Sätze vorlesen darf. Es heißt darin u. a.:
    Kein Steuergesetz zum Schaden der Volksgesundheit und der Jugend! Hervorragende Wissenschaftler und führende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wenden sich gegen die geplante Senkung der Zigarettensteuer. Diese Stimmen können und dürfen nicht überhört werden. Sie geben, da alle Richtungen vertreten sind, die Auffassung der Volksmeinung in dieser Frage wieder. Im Interesse der Volksgesundheit und der Jugend bitten wir Sie dringend, unter allen Umständen eine Erhöhung des Zigarettenverbrauchs zu verhindern und deshalb jede steuerliche Begünstigung der Zigarette gegenüber dem übrigen Lebensbedarf abzulehnen.
    Fragen wir einmal die verantwortlichen Führer der Jungsozialisten, der Jungdemokraten oder der Jungen Union, was sie von diesem Gesetz halten! Sie werden höchstwahrscheinlich sagen, daß ihnen ihre Arbeit nunmehr erheblich erschwert wird. Sehr viele Väter und Mütter und sehr viele Jungen und Mädchen werden nicht verstehen, was


    (Dr. Bremner)

    hier geschieht. Sie stehen auf dem Standpunkt, daß die gesundheitlichen, die geistigen und die charakterlichen Auswirkungen eines Gesetzes wichtiger sind als die wirtschafts- und finanzpolitischen Erwägungen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, man kann gegen alle diese Bedenken einwenden, daß in anderen Ländern, in den USA, in Frankreich usw. noch mehr Zigaretten auf den Kopf der Bevölkerung kommen als bei uns. Dennoch kann man unseren verstärkten Konsum nicht rechtfertigen, wenn er so gut wie sicher eine gesundheitliche und erzieherische Gefahr bedeutet. Außerdem sind die Folgen des übermäßigen Rauchens erst später bemerkbar. Wir stehen hier vor einem echten Konflikt. Die Tabakbetriebe bemühen sich um eine Ausweitung ihrer Produktion und um höhere Gewinne. Die gesundheitliche und sittliche Seite des steigenden Tabakkonsums ist ihnen vollständig gleichgültig. Auf der anderen Seite stehen die sozialhygienischen Verbände, die Innere Mission, der Caritasverband, die Jugendverbände, die sich gegen eine Ausweitung des Zigarettenkonsums wenden. Das Gesetz bereitet ihnen große Sorgen, weil es ihre Bemühungen erheblich erschwert.
    Bei der zweiten Lesung haben meine Freunde und ich einen Antrag auf Rücküberweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und zur Mitberatung an den Ausschuß für Jugendfürsorge eingebracht. Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Daher sehen meine Freunde und ich heute von einem weiteren Antrag ab. Die Öffentlichkeit soll aber wissen, daß im Bundestag neben den finanziellen und wirtschaftlichen Erwägungen auch sittliche Überlegungen angestellt werden und daß der Mensch, der gesunde Mensch, die gesunde Familie und vor allem eine gesunde und charaktervolle Jugend ein wichtiges Ziel unserer Politik ist und bleiben muß.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Lösung all dieser Fragen hätte durch Herabsetzung der Zigarettensteuer ohne Senkung des Zigarettenpreises erreicht werden können. Dann brauchte kein steigender Konsum befürchtet zu werden. Der Herr Bundesfinanzminister hätte dann allerdings mit einem geringeren Ertrag der Tabaksteuer zu rechnen. Nun werden aber gesundheitliche und sittliche Bedenken gegen Steuererträge ausgehandelt. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn man einen anderen Ausweg aus den Schwierigkeiten gefunden hätte, und zwar ohne Ausweitung des Zigarettenkonsums. Da dies nicht geschehen ist, können meine Freunde und ich dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Abgeordneter Peters.

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    Rede von Georg Peters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und das Hohe Haus haben bei ihren Beratungen wesentliche Änderungen an dem urspünglichen Entwurf eines Tabaksteuergesetzes vorgenommen. Das Gesetz wird besser sein als der Entwurf. Die Fraktion der SPD begrüßt besonders die Erkenntnis, daß die einzelnen Tabakwarenerzeugnisse in der Preisrelation und nicht in der Belastungsrelation zueinander gesehen werden müssen. Aus dieser Sicht heraus wurde die im Regierungsentwurf enthaltene einseitige Bevorzugung der Zigarettenindustrie aufgehoben und eine entsprechende Preissenkung für die verschiedenen Tabakerzeugnisse, vor allem für den Feinschnitt mit Beimischungszwang, beschlossen. Die vom Herrn Finanzminister vorgeschlagene Senkung des Preises von 1,60 auf 1,50 DM für ein Päckchen Feinschnitt mit Beimischung konnte keinesfalls gegenüber einer Senkung des Zigarettenpreises von 10 auf 8 1/3 bzw. 7 1/2 Pf. in der Vorschaltpreisklasse als gerecht empfunden werden. Der 1950 gestellte Antrag der SPD-Fraktion sah eine Senkung auf 26 DM für ein Kilo und damit auf 1,30 DM für ein Päckchen in der regulären Preislage vor. Das wäre die richtige Relation zu der Zigarette gewesen. Wir haben dieses Ziel zwar nicht voll erreicht, können jedoch diesem Kompromiß zustimmen.
    Die in den Vorschaltpreisklassen bei der Zigarette und bei dem Tabak gefundenen Lösungen bezüglich der Herstellungsmengen finden in allen Teilen unsere Zustimmung.
    Die Beseitigung der progressiven Steuersätze bei Rauchtabak ermöglicht es, in den verschiedenen Preisklassen auch wirklich verschiedene Qualitäten anzubieten. Die prozentual gleichbleibenden Steuersätze sichern damit erfreulicherweise auch dem Tabakanbauer für seine Qualitätstabake entsprechende Erlöse bei der Industrie. Ich glaube, das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.
    Durch dieses Gesetz werden die Preise für Zigarren nicht geändert. Wenn die steuerliche Belastung jedoch von bisher 28 % des Verkaufspreises auf 23 % herabgesetzt wurde — der Herr Finanzminister wollte auf 25% herabgehen —, so soll damit neben der notwendigen Erlösberichtigung für die Industrie vor allem auch der Weg für eine dringend notwendige Lohnerhöhung freigegeben werden. Darüber liegen bereits bindende Abmachungen mit der Zigarrenindustrie vor. Die Tabakindustrie wird ebenfalls die Möglichkeit zu Lohnerhöhungen haben und dahingehende Abmachungen verwirklichen.
    Eine Diskussion im Ausschuß über die Frage, ob über Verbrauchsteuergesetze Lohnpolitik betrieben werden soll, war insofern müßig, als über die Steuersätze und die festgesetzten Kleinverkaufspreise für Tabakwaren so oder so Lohnpolitik betrieben wird. Es ist erfreulich, daß aus dieser Zwangslage die rechtliche Konsequenz gezogen und der Weg für eine Lohnerhöhung freigegeben wurde.
    Einen breiten Raum nahm im Ausschuß die Frage der Besteuerung von Zigarettenpapier ein. Sosehr wir es bedauerten, daß man es bei der jetzigen hohen Steuer von 24 Pf für 50 Zigarettenblättchen belassen wollte, so sehr begrüßen wir es, daß das Hohe Haus in der zweiten Lesung unserem Antrag gefolgt ist, die Steuer auf 5 Pf herabzusetzen, und damit zum mindesten steuerlich gerechter wird. Die Besteuerung von Zigarettenpapier ist an sich ungerecht, wenn man nicht sagen will: unmoralisch. Man besteuert den darin eingewickelten Tabak ja schon über alle Maßen. Unser Antrag auf Herabsetzung der Steuer von 24 auf 5 Pf für 50 Blättchen war schon aus diesem Gesichtspunkt heraus ein Kompromiß. Wir hoffen stark, daß das Hohe Haus es bei dem Beschluß der zweiten Lesung beläßt und den heute vorliegenden Gegenantrag ablehnt.


    (Peters)

    Eine grundsätzliche Erwägung fand im Ausschuß auch die Frage der Steuererleichterungen für die kleinen Betriebe. Diese Vergünstigungen, die bei der Besteuerung von Tabakwaren bereits eine Tradition darstellen, wurden beibehalten und durch neue Staffeln gerechter gestaltet. Sie finden grundsätzlich unsere Zustimmung, da sie der Erhaltung der kleinen und mittleren Betriebe dienen.
    Der Vollstreckungsaufschub, der seit dem 31. Oktober 1951 für Teile der Banderolensteuer gewährt wurde, umfaßt bis Ende März etwa den Betrag von 215 bis 220 Millionen DM. Für die Rückzahlung dieser Beträge fand der Ausschuß eine nach verschiedener Richtung hin bessere Lösung, als sie vom Herrn Bundesfinanzminister vorgeschlagen war. Der Rückzahlungsbetrag insgesamt wurde erhöht unter stärkerer Heranziehung der größeren und großen Betriebe. Die kleineren Betriebe bleiben dafür von der Rückzahlung verschont.
    Insgesamt ist durch die Verzögerung des Gesetzes der Zeitraum für den Vollstreckungsaufschub viel zu lang geworden. Wenngleich feststeht, daß die großen Betriebe 85 % der Beträge zurückzahlen müssen, geben die hängenbleibenden Beträge in der Öffentlichkeit oft zu einer falschen Beurteilung Anlaß. Insgesamt ist es ja so, daß der Vollstreckungsaufschub nur einen Teil dieses Gesetzes, nämlich die Erlösberichtigung, vorweggenommen hat. Wir stimmen der hier gefundenen Regelung zu, hätten jedoch mehr Sympathie für eine kürzere Rückzahlungsfrist gehabt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Für Beträge, von denen die Industrie wußte, daß sie zurückzuzahlen sind, eine Rückzahlungsfrist von fünf Jahren festzusetzen, erscheint uns nach keiner Richtung hin gerechtfertigt.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Insgesamt gesehen entspricht die jetzige Vorlage in vielen Punkten unseren Bestrebungen. Durch die Beachtung der Preisrelation zwischen Zigarette und Tabak wurden sowohl die berechtigten Interessen der Tabakanbauer wie auch die der Konsumenten berücksichtigt. Die Regierungsvorlage hätte durch die einseitige Bevorzugung der Zigarette nicht nur die gesamte Rauchtabakindustrie zurückgedrängt, sondern auch den Pfeifenraucher und den Raucher der selbstgedrehten Zigarette steuerlich ungerecht behandelt. Mit dem Rückgang des Feinschnitts wäre wiederum der Tabakanbauer in Mitleidenschaft gezogen worden.
    Das Tabaksteuergesetz bringt eine gute Zusammenfassung aller bisherigen Steuerbestimmungen. Es bringt neue Steuersätze, neue Preise, eine Erlösberichtigung für die Industrie und eine Preissenkung für den Konsumenten bei Tabak, Zigaretten und Zigarettenpapier. Die vorgeschalteten Preisklassen bei Zigaretten und Tabak geben den kleineren Firmen eine echte Chance. Diese Hilfe für die Kleinen bedingt auf der andern Seite jedoch eine weise Beschränkung. Jede sogenannte Großzügigkeit in dieser Frage macht das gewollte Ziel illusorisch. Dies sollte auch in der dritten Lesung berücksichtigt werden. Wir stimmen dem Gesetz zu.
    Meine Damen und Herren, nach Verabschiedung dieses Gesetzes und der beschlossenen Verbilligung von Tabak, Zigaretten und Zigarettenpapier legt die Fraktion der SPD nunmehr größten Wert auf die baldige fühlbare Senkung der Tee- und Kaffeesteuer.

    (Beifall bei der SPD.)

    Bereits 1950 hat der Bundestag auf unseren Antrag hin entsprechende Gesetzentwürfe von der Regierung gefordert. Daß nach der endlos verzögerten Vorlage dieser Gesetzentwürfe beim Bundesrat wiederum Monate verstrichen sind, ohne daß von seiten des Herrn Bundesfinanzministers oder des Kabinetts etwas geschieht, ist nach unserer Meinung nicht mehr tragbar.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir werden deshalb Initiativanträge vorlegen und alles für eine baldige Verabschiedung tun.

    (Beifall bei der SPD.)