Rede von
Dr.
Wilhelm
Niklas
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Abgeordneten Mauk und Genossen wird wie folgt beantwortet.
Im deutsch-italienischen Handelsabkommen vom 19. April 1951 waren für Äpfel folgende Einfuhrschonfristen vereinbart worden: Tafeläpfel: 1. September bis 15. Oktober, Mostäpfel: 16. September bis 31. Oktober. Diese mit Italien vereinbarten Sperrfristen sind bei sämtlichen Ländern angewandt worden, mit denen die Lieferung von Äpfeln verabredet ist. Eine Ausnahme bildet Holland, bei dessen Einfuhren an Stelle der Einfuhrschonfristen seit Jahren das System der Exportminimumpreise gilt. Diese Maßnahmen erschienen der Bundesregierung, aber auch den Sachverständigen der Wirtschaft, zunächst ausreichend, da man auf Grund der anhaltenden Trockenheit im Sommer bis in den September hinein der Ansicht war, daß die deutsche Apfelernte wesentlich geringer sein werde als 1951. Erst im Laufe des September stellte sich heraus, daß die Apfelernte auf Grund des krassen Witterungsumschlags im September doch größer geworden war als die Ernte des Jahres 1951.
Bei dieser Sachlage hatte der deutschniederländische Sachverständigenausschuß, in dem die Erzeugerverbände maßgeblich vertreten sind, Ende August die Exportminimumpreise für Äpfel auf 20 holländische Gulden je 100 kg festgesetzt. Nachdem infolge der größeren deutschen Ernte Absatzschwierigkeiten für deutsche Tafeläpfel zu erwarten waren, nahm die deutsche Regierung erneut Verhandlungen mit der niederländischen Regierung auf mit dem Ergebnis, daß die Exportminimumpreise für die Zeit vom 15. Oktober bis zunächst 15. November von 20 auf 30 holländische Gulden heraufgesetzt wurden. Dadurch wurde erreicht, daß Holland mit Rücksicht auf die hohen Exportminimumpreise nur Äpfel allererster Qualität liefern konnte, die den deutschen Markt nicht wesentlich beeinflußten.
Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung bemüht, gegenüber Italien und damit automatisch wirkend gegenüber allen anderen Äpfel liefernden Ländern mit Ausnahme von Holland eine Verlängerung der im deutsch-italienischen Handelsvertrag vorgesehenen Schonfristen für Tafeläpfel über den 15. Oktober hinaus bis zum 15. November zu erwirken. Diese Bemühungen der deutschen Bundesregierung stießen auf entschiedenen Widerstand der italienischen Regierung und zogen sich zeitlich so lange hin, daß sich eine Verlängerung der Sperrfrist in unmittelbarem Anschluß an die im Vertrag vorgesehene Sperrfrist nicht ermöglichen ließ. Eine einseitige Verlängerung der Einfuhrschonfrist seitens der deutschen Regierung hätte einen Bruch der handelsvertraglichen Verpflichtungen bedeutet. Auch die Anwendung der Gefahrenklausel war gegenüber Italien nicht durchsetzbar, da diese nur Platz greifen konnte, wenn zuvor mit der italienischen Regierung hierüber verhandelt wurde. Diese Verhandlungen kamen aber wegen der ablehnenden Haltung der italienischen Regierung nicht zustande. Die Bundesregierung hat indessen, wenn auch zunächst eine Verlängerung der Sperrfrist über den 15. Oktober hinaus nicht erzielt werden konnte, nachdrücklich mit der italienischen Regierung über die Einräumung einer neuen Sperrfrist verhandelt. Bei diesen Verhandlungen, die sich außerordentlich schwierig gestalteten, wurde erreicht, daß eine neue Sperrfrist für Tafeläpfel vom 4. November 1952 bis zum 30. November 1952 eingeführt wurde.
Mit der holländischen Regierung wurde sodann vereinbart, daß die Geltungsdauer der Exportminimumpreise von 30 Gulden je 100 kg bis zum 30. November verlängert wurde. Schon mit diesen Maßnahmen hat die Bundesregierung weitgehende Erleichterungen für den Absatz der deutschen Tafeläpfel geschaffen.
Auf die Anwendung der im Handelsvertrag mit Italien vorgesehenen Einfuhrschonfristen für Mostobst wurde seitens der Bundesregierung verzichtet. Dies geschah auf besonderes Drängen der süddeutschen Landwirtschaft, die befürchtete, daß die für die Bereitung des traditionellen Haustrunks erforderlichen Mengen an Mostobst ohne Einfuhren nicht beschafft werden könnten. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, daß von den in der Zeit vom 1. September bis zum 31. Dezember eingeführten 110 000 t Äpfeln allein 60 000 t auf Mostobst entfielen. Von diesen Mostäpfeln hatten die Niederlande über 20 000 t geliefert, und zwar in der Erkenntnis, daß die in Europa allgemein gute Apfelernte des Jahres 1952 nur dann reibungslos untergebracht werden konnte, wenn
durch radikale Auslese nur beste Qualitäten auf
den Frischmarkt gelangten, alle anderen Qualitäten aber weitestgehend zur Verarbeitung kamen.
Diese richtige Grundeinstellung hat sich in Deutschland noch nicht genügend durchgesetzt. Wenn sich der Absatz der deutschen Tapfeläpfel trotz der geschilderten weitgehenden Regierungsmaßnahmen äußerst schwierig gestaltete, so dürfte dies zu einem erheblichen Teil darauf zurückzuführen sein, daß das Angebot an Äpfeln, die qualitätsmäßig den Anforderungen an Tafelobst nicht entsprachen, die Aufnahmefähigkeit des Marktes überstieg. Dadurch wurde naturgemäß auch der Absatz der qualitativ guten Ware beeinträchtigt.
Da der Bundesregierung bei dieser Sachlage Verhandlungen mit Italien über die Einführung einer neuen Sperrfrist, wie sie aus Kreisen der Erzeuger verlangt wurde, im Februar aussichtslos erschienen, hat sie sich bemüht, den Absatz der Bestände an Lagerobst, die noch im Alten Lande vorhanden waren, auf andere Weise zu fördern. In eingehenden Besprechugen mit den niederelbischen Erzeugern und dem Hamburger und Bremer Großhandel wurde eine Gemeinschaftsaktion vereinbart, von der eine Belebung des Absatzes erwartet wurde. Diese Belebung des Absatzes und die Rückführung der Bestände auf einen normalen Stand sind dann auch eingetreten, nachdem sich die niederländische Regierung in entgegenkommender Weise bereiterklärt hatte, die Minimumpreise entsprechend zu regulieren und nurmehr Äpfel mit einem Durchmesser über 70 mm zur Ausfuhr nach Deutschland zuzulassen.
In weiterer Beantwortung der Großen Anfrage wird folgendes ausgeführt. Die Einfuhr von Zitrusfruchten und Tafeltrauben ist liberalisiert, d. h. sie unterliegt keinen mengen- und wertmäßigen Beschränkungen. Die Bundesregierung war auf Grund ihrer Mitgliedschaft in der OEEC und in der Europäischen Zahlungsunion verpflichtet, auch auf dem landwirtschaftlichen Sektor eine Liberalisierung durchzuführen, die nach mehreren Etappen einen Prozentsatz von rund 72 erreicht hat. Wenn von einer Liberalisierung der Zitrusfrüchte und der Weintrauben Abstand genommen worden wäre, hätten andere Waren des landwirtschaftlichen Sektors in die Liberalisierung einbezogen werden müssen. Es wäre dann unerläßlich gewesen, landwirtschaftliche Veredelungsprodukte in die Liberalisierung aufzunehmen, was aus allgemeinen agrarpolitischen Gesichtspunkten noch weniger hätte verantwortet werden können. Die Liberalisierung der Zitrusfrüchte ist im übrigen unter Würdigung vorstehender Gesichtspunkte auch im Ernährungsausschuß des Bundestages gebilligt worden.
Bei den kontingentierten Einfuhren von frischem Obst, Gemüse und Frühkartoffeln hat es sich die Bundesregierung entsprechend der Rhöndorfer Erklärung des Herrn Bundeskanzlers stets angelegen sein lassen, die Einfuhren dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Die zu Anfang geschilderten Regierungsmaßnahmen zeigen den klaren Willen der Bundesregierung in dieser Richtung deutlich an. Darüber hinaus hat die Bundesregierung in die Handelsverträge das System der Besserungsklausel eingebaut, die beinhaltet, daß zunächst nur diejenigen Einfuhrkontingente zugestanden werden, die aller Voraussicht nach zumindest dem tatsächlichen Bedarf entsprechen, und daß darüber hinaus Bereitwilligkeit besteht, weitere Einfuhren zuzulassen, falls die deutsche Marktlage dies gestattet
Auch bei den künftigen Handelsverträgen wird die Bundesregierung bemüht sein, das System der Besserungsklausel zu festigen und damit weitere Sicherungen dafür zu schaffen, daß die Einfuhren dem tatsächlichen Bedarf angepaßt werden. Es soll in diesem Zusammenhang nicht verschwiegen werden, daß es wohl auf keinem anderen Gebiete des Ernährungssektors so schwer ist, den tatsächlichen Einfuhrbedarf vorausschauend festzulegen, da die Ernteergebnisse und insbesondere auch die Entwicklung des Verbrauchs nicht vorhersehbar sind. Der Bundesregierung sind keine Tatsachen übermittelt worden, die auf Dumpingmaßnahmen anderer Staaten auf dem Gebiet der Lieferung von Obst und Gemüse schließen lassen. Bei den liberalisierten Einfuhren ist eine Unterbindung von Kommissionslieferungen nicht möglich, da dies im Widerspruch zu den Bestimmungen des Liberalisierungskodex stehen würde. Die Beschwerden über schädliche Auswirkungen auf dem kontingentierten Gartenbausektor betreffen im wesentlichen den Münchener Markt. Bis Anfang Dezember vergangenen Jahres hat die italienische Regierung Kommissionslieferungen ihrerseits untersagt, dieses Verbot indessen inzwischen aufgehoben. Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob eine Unterbindung von Kommissionskäufen auf Grund deutscher Bestimmungen möglich ist. Darüber hinaus wird sie bei den kommenden deutsch-italienischen Handelsvertragsverhandlungen bemüht sein, ein erneutes Verbot der Kommissionslieferungen durch die italienische Regierung zu erwirken.