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ID0124802300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 248. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953 11805 248. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1953. Geschäftliche Mitteilungen 11806B Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Paul Hans Jaeger (Essen) 11806C Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Neber 11806C Nächste Fragestunde, — Sperrfrist für eingehende Fragen 11806C Nachwahl des Abg. Dr. Schäfer zur Beratenden Versammlung des Europarats . 11806C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes (Nrn. 4025, 2158, 3822, 3984 der Drucksachen) 11806C Hoogen (CDU), Berichterstatter . 11806D Dr. Schäfer (FDP), (zur Geschäftsordnung) 11807D Abstimmung vertagt 11807D Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 107 des Grundgesetzes (Nrn. 4026, 3769, 3950, 3985 der Drucksachen) 11806D, 11807D Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Berichterstatter 11808D Beschlußfassung 11808C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 (Haushaltsgesetz 1953) (Nr. 4000 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1953 (Nr. 4006 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin (Nr. 4004 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955 (Nr. 4005 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes (Nr. 4007 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Abg. Dr. Bertram, Hagge, Juncker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investitionshilfegesetzes (Nr. 3863 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 3923 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Dienstbezüge um 20 v. H. (Nr. 3941 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage des Gesetzentwurfs über die Gewährung einer ruhegehaltfähigen Zulage an Richter (Nr. 3942 der Drucksachen) 11808C Neuburger (CDU) 11809A Dr. Gülich (SPD) . . . . 11812D, 11853A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11820D Jaffé (DP) 11822C Freiherr von Aretin (FU) . . . 1182613 Renner (KPD) 11827C, 11854A Hoffmann (Lindlar) (FU) . . . . 11832A Funcke (FDP) 11833C Horn (CDU) 11835B Richter (Frankfurt) (SPD) . . . 11838D Storch, Bundesminister für Arbeit 11842A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11843A Arndgen (CDU) 11845A Dr. Wuermeling (CDU) 11846C Loritz (Fraktionslos) 11850D Dr. Schellenberg (SPD) 11854D Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4000 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß 11855B Überweisung der Gesetzentwürfe Nrn. 4006 und 4004 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und den Ausschuß für Berlin 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4005 der Drucksachen an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 11855C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 4007 der Drucksachen an den Ausschuß für Arbeit und an den Haushaltsausschuß 11855D Annahme des Antrags des 13. Ausschusses Nr. 3923 der Drucksachen und Ablehnung des Antrags Nr. 3863 der Drucksachen 11855D Überweisung der Anträge Nrn. 3941 und 3942 an den Beamtenrechts- und den Haushaltsausschuß 11855D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Grenzzwischenfall Schweigen (Nr. 3864 der Drucksachen) 11856A Jacobs (SPD), Anfragender . . . 11856A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 11857D Paul (Württemberg) (SPD) . . 11859A Eberhard (FDP) 11860B Becker (Pirmasens) (CDU) . . . 11861B Niebergall (KPD) 11863A Erste Beratung des von den Abg. Dr. Frey, Merten, Frühwald und Gen. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Nr. 4022 der Drucksachen) . . . 11863D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß . . . 11863D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesanstalt für Flugsicherung (Nr. 3696 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 4012 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Kreyssig, Marx, Seuffert, Wönner und Gen. betr. Werftbetrieb der „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf" (Nr. 3957 [neu] der Drucksachen) . . 11863D Cramer (SPD), Berichterstatter . . 11864A Müller (Frankfurt) (KPD) . . . . 11864B Abstimmungen zum Antrag des 27. Aus- schusses (Nr. 4012 der Drucksachen) 11864D Überweisung des Antrags Nr. 3957 [neu] der Drucksachen an den Verkehrsausschuß 11865A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich (Nr. 359,9 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 4008 der Drucksachen) 11865A Rückverweisung an den Rechtsausschuß 11865B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Nrn. 4009, 3790 der Drucksachen) 11865B Massoth (CDU), Berichterstatter 11865B Beschlußfassung 11865D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Steinbiß u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ordnung des Hebammenwesens (Nrn. 4011, 3777 der Drucksachen) 11865D Frau Heiler (CDU), Berichterstatterin 11866A Beschlußfassung 11866C Nächste Sitzung 11866C Die Sitzung wird um 13 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Johannes Hoffmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gestrige Etatrede des Herrn Bundesfinanzministers war im Gegensatz zu seinen früheren Ausführungen sehr optimistisch gehalten. Ich muß deshalb mit dem Ausdruck des Bedauerns das zurücknehmen, was ich bei der letzten Etatrede sagte, nämlich daß der Bundesfinanzminister grundsätzlich pessimistisch sei. Er hat aber bewiesen, daß es auch anders geht. Erfreulich bei der ganzen Debatte über die Steuerermäßigungen ist, daß endlich das in Aussicht gestellt wird, was wir schon lange, und zwar vor allen Dingen von meiner Fraktion aus, gewünscht haben. Hätte der Herr Bundesfinanzminister den Vorschlägen der Zentrumspartei früher stattgegeben, dann wären die Erleichterungen besonders für die kleinen und mittleren Einkommen schon früher in die Tat umgesetzt worden. Damals glaubte der Herr Bundesfinanzminister und glaubte auch die Mehrheit des Bundestags, diesem Vorschlag nicht entsprechen zu können. Wir begrüßen insbesondere die Senkung der Steuertarife bei den kleineren Einkommen, die wir wiederholt beantragt haben, sowie die Heraufsetzung der steuerfreien Beträge, die wir aber auch in der angekündigten Form nicht für ausreichend halten.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat den bisherigen Etats sehr schöne Namen gegeben — was auch Herr Dr. Gülich schon erwähnt hat —, und zwar hat er den Etat 1949 als Übergangsetat, 1950 als Überleitungsetat, 1951 als Haushalt der Korea-Krise, 1952 als Haushalt der Konsolidierung und 1953/54 als Haushalt zum Abschluß der Legislaturperiode bezeichnet. Bisher wurden diese Haushalte anders genannt: der erste, 1949: Übergangshaushalt, 1950: Überleitungshaushalt, 1951: Überrollungshaushalt und 1952: Wiederholungsoder Wiederüberrollungshaushalt. Den Haushalt 1953/54 könnte man trotz der entgegenstehenden Meinung des Herrn Bundesfinanzministers, wie auch Herr Kollege Gülich sagte, gewissermaßen als einen Wahlpropagandahaushalt bezeichnen. Man wird den Eindruck nicht los. daß es so ist. Oder es ist das schlechte Gewissen des Herrn Bundesfinanzministers, wegen der bisher starken steuerlichen Überbelastung besonders des Mittelstandes und der Lohnsteuerzahler. Ich habe Verständnis dafür, daß
    man glaubt, mit Rücksicht auf die kommenden Wahlen etwas Besonderes tun zu müssen, um Enttäuschungen weitester Volkskreise zu beschwichtigen und um guten Wind bei den Wählern zu bitten.
    Die Bundesregierung scheint doch gewisse Sorgen um die Bundestagswahl zu haben. Das kommt auch, wie Herr Renner schon sagte, in dem Entwurf des neuen Wahlgesetzes für den Bundestag zum Ausdruck. Ob mit diesem Wahlgesetz der jungen Demokratie und dem deutschen Volk ein Dienst erwiesen wird, möchte ich doch sehr bezweifeln.

    (Abg. Stücklen: Was hat denn das Wahlgesetz mit dem Haushalt zu tun?!)

    — Selbstverständlich! Bei der Beratung des Bundesetats wird über sämtliche Fragen gesprochen!

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Man kann Bundeswahlgesetze machen, durch die man stets an der Macht bleibt. Die SED hat in der Ostzone ja auch ein Gesetz gemacht, durch das sie mit hundertprozentiger Sicherheit stets an der Macht bleiben wird. Man soll deshalb kein Wahlgesetz ausklügeln, das der Demokratie nur Schaden bringen muß. Ich möchte doch der Bundesregierung einmal die Frage stellen: Quo vadis? Ob die Bundesregierung sich im letzten Augenblick noch besinnen wird, sei dahingestellt.
    Wir geben gern zu, daß es in den jetzt hinter uns liegenden Jahren nach der Hitler-Katastrophe schwierig war und daß dank des Fleißes und der Tüchtigkeit der schaffenden Bevölkerung viel Aufbauarbeit geleistet worden ist. Leider hat die Bevölkerung nach der Stabilisierung allgemein nicht den Anteil am Sozialprodukt erhalten, der ihr gerechterweise zustand. Hierfür sind nicht zuletzt die von der Mehrheit dieses Hauses angenommenen Steuergesetze verantwortlich zu machen, die das Großkapital auf Kosten des Mittelstandes stark bevorzugt haben. Meine Fraktion hat bei der Verabschiedung der Gesetze immer wieder auf die für die breiten Schichten der Bevölkerung, namentlich des Mittelstands, durchaus schädlichen Auswirkungen aufmerksam gemacht. Die Entwicklung hat ihr recht gegeben. Trotz der von der Bundesregierung propagierten angeblich sozialen Marktwirtschaft hat sich z. B. die Kreditpolitik fast ausschließlich auf das Großkapital konzentriert und den Mittelstand völlig vernachlässigt. Das mag anfangs notwendig gewesen sein, um die Wirtschaft in Gang zu bringen; aber das nun noch weiterzuführen, ist unverständlich. Die Gewerbetreibenden sind nicht imstande, einige tausend Mark Kredit für ihren Betrieb zu erhalten, im Gegenteil: zu der Investitionshilfe verlangt man von ihnen trotz ihres Kapitalmangels zusätzliche Ausgaben. Auch in der Landwirtschaft ist es heute nicht möglich, zum Aufbau eines Stalles einige tausend Mark zu erhalten, die dringend im Interesse der Produktionssteigerung notwendig sind. Der Bundesfinanzminister hat auch bis heute noch keine Möglichkeit gehabt, für die Dürre- und Wildschäden die notwendigen Mittel bereitzustellen, oder sie wurden nur in unzureichendem Maße gegeben. Dasselbe gilt für die Besatzungsgeschädigten und auch für den Antrag sämtlicher Parteien, die Flachsröstereien in Süddeutschland wieder in Gang zu setzen.
    Die angekündigte Steuerreform, wie sie der Bundesfinanzminister in großen Zügen vorgetragen hat, werden wir noch eingehend zu besprechen haben, wenn die entsprechenden Gesetzesvorlagen im Bundestag zur Beratung anstehen. Dann erst


    (Hoffmann [Lindlar])

    wird sich ergeben, inwieweit sie vom Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Notwendigkeit getragen ist. Wir vermissen noch ein Wort des Herrn Bundesfinanzministers über die indirekten Steuern, die namentlich die kinderreichen Familien besonders belasten. Meine Fraktion hat wiederholt eine Senkung der Kaffeesteuer gefordert, die bisher noch nicht genehmigt wurde. Wir behalten uns vor, in Kürze nochmals eine entsprechende Vorlage einzubringen. Wir wissen, daß die Lasten des verlorenen Krieges vom gesamten Volke getragen werden müssen, aber auf die stärkeren Schultern müssen naturgemäß die schwersten Lasten gelegt werden.
    Selbstverständlich ist in solch einer Lage Sparsamkeit in der gesamten Verwaltung das dringendste Gebot. Leider haben wir von dem von uns geforderten Sparkommissar, was ich in dieser Stunde wieder sagen muß, sehr wenig bemerkt. Ich muß meine Forderung mit aller Entschiedenheit an dieser Stelle wieder erheben, uns einen Bericht über seine bisherige Tätigkeit vorzulegen.
    Zum Haushaltsplan haben wir verschiedene Forderungen zu stellen. Sie betreffen zum Beispiel das Ministerium für Verkehr, bei dem die bisherigen Mittel, die für die Verbesserung des Straßenbaues ausgegeben wurden, nicht annähernd ausreichen. Besonders muß der Ausbau des Verkehrsnetzes in den Notstandsgebieten aus Gründen, die ich hier nicht näher darzulegen brauche, stärker als bisher unterstützt werden. Es gibt auch Möglichkeiten zu Einsparungen oder besserer Verwendung der im Etat vorgesehenen Mittel. ich denke dabei zum Beispiel an die Flut von Druckschriften und Broschüren, die vom Ministerium für gesamtdeutsche Fragen in die Bevölkerung gebracht wird und über deren Wert man sehr geteilter Meinung sein kann. Wir sind jedenfalls der Meinung, daß ein Teil der hierfür vorgesehenen Gelder für denselben Zweck besser und produktiver anders verwendet werden könnte.
    Es ließen sich viele Verbesserungsvorschläge machen, auf die ich wegen der Kürze meiner Redezeit nicht eingehen kann. Lassen Sie mich noch kurz ein Wort über die Gestaltung des Haushaltsplans, dem wir, was den Aufbau angeht, im großen und ganzen unsere Zustimmung geben, sagen. Leider ist aber auch nach diesem Schema, soweit wir es überschauen, die schon früher von uns geforderte Aufteilung nach Sachgebieten nicht berücksichtigt worden. Wir hoffen, daß dies bei der Aufstellung im nächsten Etatsjahr möglich sein wird.
    Was die Einzelpläne angeht, so sind wir der Meinung, daß für das Bundesverfassungsgericht, wie es auch der Bundesrat verlangt hat, ein eigener Einzelplan einzurichten ist.
    Große Sorge bereitet uns die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaues. Wir hätten gerne vom Bundesfinanzminister darüber nähere Auskunft gehabt, wie sich das Steuerprogramm hierauf auswirkt. Leider hat der Bundesfinanzminister dazu wenig gesagt. Der Wohnungsbau ist uns eine Herzenssache, die wir auf keinen Fall durch etwaig steuerliche Maßnahmen in seiner Entwicklung hemmen lassen wollen. Der Herr Bundesfinanzminister hat ja die kleine Steuerreform jetzt eingebracht. Wir warten noch immer auf die große Steuerreform. die er uns schon längst versprochen hat und die besonders von seinem Kollegen, dem Bundeswirtschaftsminister, sehr energisch gefordert wird. Anscheinend sind die beiden Herren Kollegen sich darin
    nicht einig, und jeder hat in dieser Sache vielleicht andere Ansichten.
    Auf einen Punkt möchte ich vor allen Dingen noch zu sprechen kommen. Die Vereinfachung des Steuersystems ist dringend notwendig. Kein einfacher Steuerzahler findet sich mehr zurecht. Der Stand der Steuerberater hat noch niemals eine solche Blüte erlebt, wie er sie unter dem jetzigen Steuersystem erleben konnte. Man rechnet bei kleineren Einkommen, daß 10 % der Steuersumme tatsächlich auch noch durch die Steuerberater verbraucht werden. Das Steuersystem muß vereinfacht werden, und das ist eine der dringendsten Forderungen, die die Wirtschaft stellen muß.
    Bei der Steuergesetzgebung werden wir noch näher auf die soziale Frage eingehen müssen. Wir begrüßen vor allen Dingen die Ankündigung in der Presse, daß die Regierungskoalition eine wesentliche Erhöhung der Grundbeträge in der Rentenversicherung fordert. Ich darf an den Herrn Bundesfinanzminister die Frage richten, ob die notwendigen Mittel dafür schon im Etat vorgesehen sind.
    Zum Schluß möchte ich darauf hinweisen, daß meine Fraktion nach Prüfung der Einzelpläne in den Ausschüssen auf die Etatansätze eingehen wird. Wir unterstützen den Antrag auf Überweisung an die Ausschüsse.

    (Beifall bei der FU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Funcke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oscar Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gülich hat bei den Darlegungen des Herrn Bundesfinanzministers vermißt, daß er sich nicht dazu entschlossen hat, all denen einen Dank auszusprechen, die vor ihm in den Gemeinden, in den Ländern, in den Zonenräten und dergleichen an der Wiederaufrichtung Deutschlands mitgewirkt haben. Nun, ich glaube, diesen Dank wird jeder vernünftige Mensch aussprechen müssen; aber ich habe die Befürchtung, daß die Ausführungen des Herrn Kollegen Gülich darauf ab- zielten, damit den Dank zu verkleinern,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    den wir der Bundesregierung für den Aufbau schuldig zu sein glauben, den sie in ihrer Verwaltung und ihren Ministerien seit dem Beginn ihrer Existenz durchgeführt hat.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Ich glaube auch, daß wir allen Grund haben, das zu unterstreichen, was der Herr Bundesfinanzminister über die außerordentlichen Schwierigkeiten, die diesem Aufbau entgegenstanden, ausgeführt hat, ohne daß wir nötig haben, diese Ausführungen nun unsererseits zu wiederholen.
    Ich möchte nun auf ein Wort des Herrn Bundesfinanzministers zurückkommen. Als er von der Verstädterung sprach, sagte er:
    Je enger die Menschen zusammenwohnen, desto mehr vermehren sich die gemeinschaftlichen Institutionen.
    Ich glaube, das ist gerade ein Charakteristikum der Zeit, in der wir leben, in der sich ja dieses engere Zusammenleben nicht allein durch die natürliche Vermehrung ergeben hat, sondern insbesondere durch den Zustrom der Vertriebenen, der Flüchtlinge und dergleichen. Aber nicht nur des-


    (Funcke)

    wegen ist diese Verengung eingetreten, weil es an sich mehr Menschen sind, sondern auch deshalb, weil sich die Beziehungen der Menschen untereinander in dem Problem der Arbeitsteilung und Arbeitsvereinigung immer weiter verdichten, so daß es eine naturgegebene Tatsache zu sein scheint, daß eine sich entwickelnde zivilisatorische Gesellschaft jetzt endlich zu einer größeren Regierung und Verwaltung kommen muß.
    Wenn ich jetzt zu dem Haushalt als solchem kurz Stellung nehmen soll, so ist formal zu bemerken, daß eine neue Form gewählt worden ist, die als eine Verbesserung anzusehen ist. Allerdings möchte ich schon nach einer kurzen Durchsicht sagen, daß die Durchorganisation dieser neuen Form noch nicht in allen Verwaltungen zu einer Gleichheit der Haushaltspläne geführt hat, insbesondere auch bezüglich der Erläuterungen, und daß die Erläuterungen in vielen Fällen nicht ausreichend sind. Ich bedauere also, feststellen zu müssen, daß wir im Haushaltsausschuß dazu noch sehr viele Fragen werden stellen müssen.
    Der Nachtrag 1952 ist als ein Verwaltungsnachtrag bezeichnet worden. Er 'hatte den Zweck, im wesentlichen den Ausbau der Verwaltung in ihrer Gliederung und in der richtigen Stellenbesetzung durchzuführen. Trotz des Willens zur Sparsamkeit haben wir uns im Haushaltsausschuß auch gegen manchen 'Kollegen aus der Koalition auf den Standpunkt gestellt, daß wir bereit sind, diese Komplettierung der Verwaltung durchzuführen und die Bewilligungen dazu auszusprechen. Der Haushalt 1953 zeigt infolgedessen auf den eigentlichen Verwaltungsgebieten keine so wesentliche Vermehrung mehr, wenn auch z. B. beim Statistischen Bundesamt und bei der Bundesschuldenverwaltung, auf die ich noch zurückkommen werde, und in einigen anderen Haushalten noch erhebliche Vermehrungen da sind, einige neue Verwaltungen geschaffen werden und Ausgliederungen stattfinden müssen. Wir hoffen, daß damit, immer abgesehen von neuen Aufgaben, der Aufbau der Verwaltung einen gewissen Abschluß gefunden hat. Wir hoffen, daß damit ein Vergleich der Haushaltsausgaben der einzelnen Jahre in Zukunft erleichtert wird, und wir hoffen, daß damit auch eine Verringerung der einmaligen Ausgaben insofern eintritt, als nunmehr gewisse Einrichtungen der Büros und der Verwaltungen geschaffen worden sind. Allerdings glauben wir, daß es auf der andern Seite voraussichtlich noch eine lange Zeit und die Aufwendung erheblicher Mittel bedingt, eine einwandfreie Unterbringung und damit einen reibungslosen Verlauf der Verwaltungen sicherzustellen, die Beamten umzusiedeln und dergleichen.
    Die Höhe des Gesamthaushaltsplans ist des öfteren hier erwähnt worden. Diese Höhe ist an sich erschreckend, und doch glaube ich, feststellen zu sollen und zu können, daß wir auf der andern Seite bei allen Verhandlungen im Haushaltsausschuß und an anderen Stellen immer wieder die Empfindung haben, daß gerade der Bundesfinanzminister einer Erhöhung der Kosten mit der allergrößten Strenge entgegentritt und daß er nur das zuläßt, was zum Funktionieren der Verwaltung unbedingt notwendig ist. Wenn wir uns in diesem Hause oft entschließen müssen, gewisse neue Bewilligungen auszusprechen oder aber Bewilligungen aller möglichen Art, insbesondere auch sozialer Art, durch Aufstockung zu erweitern, so kommt das natürlich zwangsweise in den Haushalt hinein.
    Nun hat Herr Kollege Gülich einige Positionen aus der Einnahmenseite herausgegriffen und hier angeführt. Er hat von den 740 Millionen gesprochen, die durch Abgabe von Schuldverschreibungen an die Rentenversicherungsanstalt und die Arbeitslosenversicherung aufgebracht werden, aber im ordentlichen Haushalt Verwendung finden sollen. 'Er hat weiter von 'den 250 Millionen gesprochen, die aus ¡den ERP-Mitteln ebenfalls in den ordentlichen Haushalt aufgenommen werden sollen. Dazu kommen dann noch 'die 950 Millionen aus der Ermäßigung der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die nur 'angekündigt worden sind, und, was Herr Kollege Gülich wohl nicht 'berücksichtigt hat, die 1309 Millionen, die infolge Nichteinsetzung des Defizits aus 1951 im Haushalt fehlen. Das sind ganz gewaltige Summen, und wir werden uns von unserer Fraktion 'aus im Haushaltsausschuß mit diesen Fragen sehr eingehend beschäftigen, ohne daß wir 'dazu heute schon abschließend Stellung nehmen können. Aber auf der andern Seite möchten wir doch unserer Ansicht dahingehend Ausdruck geben, daß es in einer Zeit wie der jetzigen, in der die Finanznot so ganz besonders groß ist, Möglichkeiten geben muß, einen Teil der Lasten der Jetztzeit abzunehmen und sie auf spätere Generationen zu verteilen, die dann vielleicht durch Verringerung der Kriegsfolgelasten und infolge anderer Ersparnisse nicht mehr so mit Lasten bedacht sind, wie das bei uns augenblicklich der Fall ist.
    Ich darf aus dem Haushaltsplan noch ein paar Fragen anführen. So möchte ich zunächst auf die Bundesfinanzverwaltung — Zoll — zurückkommen, worin wir zur Zeit 39 332 Beamte, Hilfskräfte, Angestellte und solche im Vorbereitungsdienst vorfinden. Das entspricht mit ihren Angehörigen einer Stadt von 100 000 Einwohnern. Ich glaube, schon diese kurze Bemerkung bringt die ganz besondere Dringlichkeit des Problems zum Ausdruck, daß ein Land von der Größe der Bundesrepublik nicht mehr in der Lage ist, sich auf die Dauer dem Aufgehen in eine größere Gemeinschaft zu entziehen, wobei dann wenigstens ein Teil dieser immerhin beträchtlichen Mengen von Verwaltungsarbeit entfallen würde.
    Die Bundesvermögensverwaltung hat insgesamt eine Einnahme von 75 499 300 DM und eine Ausgabe von 76 987 400 DM außer den einmaligen Ausgaben, in deren 32 018 400 DM sicherlich auch ein ganz Teil Kosten stecken, die nicht als Vermögensvermehrung anzunehmen sind. Wir stehen auf dem Standpunkt, 'daß versucht werden muß, dort, wo die Bundesverwaltung Vermögensteile hat, die sie infolge ihrer hohen Verwaltungskosten nicht rentabel ausnutzen kann, derartige Vermögensteile in größerem Umfange wieder in die Privatwirtschaft zu überführen, wo sie rentabel verwendet werden können und Steuermittel einbringen, anstatt jetzt durch ihre Verwaltungskosten die Einnahmen aufzuzehren.
    Eine Sorge habe ich auch wegen des Verkehrsministeriums. Dort sind dankenswerterweise immerhin erhebliche Summen, für Binnenwasserstraßen von über 85 Millionen, Seewasserstraßen von 27 Millionen und Fernverkehrsstraßen von 155 Millionen DM, aufgewendet worden. Aber die Vorbehaltsbeträge sind da in einem enormen Maße angewachsen, bei den 'Binnenwasserstraßen auf 320 Millionen, also fast das Vierfache des normalen Haushalts, bei den Seewasserstraßen auf 114 Millionen, mehr als das Vierfache, und bei den Fern-


    (Funcke)

    verkehrsstraßen auf etwa das Eineinhalbfache, wobei allerdings die großen Posten ausgelassen worden sind. Es wird sich vielleicht empfehlen, auch im Haushaltsausschuß und im Verkehrsausschuß darüber zu beraten, ob es richtig ist, so viele Projekte auf einmal anzufangen — obgleich natürlich Binnenwasserstraßen und Seewasserstraßen in ihrem Ausbau immer erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen —, oder nicht besser, weniger davon anzufangen und diese schneller zu vollenden.
    Auf das Darlehen an die Bundesbahn ist mein Kollege Herr Dr. Blank schon zurückgekommen. Ich möchte da auf meine Ausführungen zu der ersten Lesung des Nachtragshaushalts 1952 verweisen.
    Bei dem Verteidigungshaushalt ist der Ansatz von 9 Milliarden DM begründet worden als drei mal 850 Millionen und neun mal 716 Millionen, mit also insgesamt zunächst 9 Milliarden. Das sind 1200 Millionen Mark weniger als die uns früher mitgeteilten 850 Millionen, in 12 Monaten angegeben mit 10 200 Millionen, außerdem die 910 Millionen nicht anrechnungsfähige Lasten. Da hier anrechnungsfähige Kosten nicht berücksichtigt sind, sondern die Begründung für die Ermäßigung von 850 Millionen auf 716 Millionen mit einer geringeren Leistungsfähigkeit Deutschlands gegeben worden ist, wird noch zu prüfen sein, ob es möglich sein wird, noch weitere anrechnungsfähige Kosten zu berücksichtigen. Jedoch werden darüber die Verhandlungen wahrscheinlich in der nächsten Zeit noch nicht abgeschlossen werden, auch nicht in der Zeit, bis zu der wir hoffen, den Haushaltsplan in die zweite und dritte Lesung bringen zu können.
    Die Völker seufzen unter den Steuerlasten, die, wie der Herr Bundesfinanzminister errechnet hat, in der Bundesrepublik 37 % des Sozialprodukts betragen. Daß sie aufgebracht werden können, wenn auch in vielen Wirtschaftszweigen im Augenblick noch auf Kosten der Substanz — worauf ich in der ersten Lesung des Nachtragshaushalts schon hingewiesen habe —, ist nur bei der weitgehenden Rationalisierung möglich, die es mit sich bringt, daß immer weniger Kräfte erforderlich sind, um den notwendigen Lebensbedarf — auch bei weiter Auslegung dieses Begriffes — herzustellen. An dem schnellen Fortschritt dieser Rationalisierung hängt die Erträglichkeit der Lasten. Der Bundesfinanzminister hat dem in seinem angekündigten Antrag auf Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer Rechnung getragen.
    Wir werden in die Beratung des Haushaltsplans mit dem auf Erfahrung begründeten Vertrauen hineingehen, daß es gelingen wird. ihn zu erfüllen, um damit einen weiteren Schritt zum Aufbau der Bundesrepublik zu tun.

    (Beifall bei der FDP.)