Rede von
Fritz
Erler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein Wort zum Kollegen Dr. M e n d e. Ich meine, was dem Rundfunk recht ist, das sollte dem Parlament billig sein.
Darum ging es doch. Es ging gar nicht darum, daß in diesem Hause nun irgendwelche strategischen oder militärischen Geheimnisse diskutiert werden sollten, die auf diese Weise gratis und franko der sowjetischen Spionage zur Verfügung gestellt würden, sondern es geht darum, daß Fragen, die in der ganzen deutschen Öffentlichkeit seit langem diskutiert werden, die zum Teil erheblich umstritten sind und die der Kollege Blank im Rundfunk in die Diskussion gebracht hat, dann auch zum Gegenstand der Behandlung, und zwar einer ordentlichen Behandlung in diesem Hause gemacht werden und nicht allein über die Rundfunkanstalten ihren Weg in die öffentliche Diskussion finden. Das hat nichts mit irgendwelchen Geheimnissen, die vertraulich zu behandeln wären, zu tun.
Aber etwas anderes hat mich sehr zum Nachdenken gestimmt, und ich glaube, hier liegt der tiefere Kern dessen, was uns auch heute, in dieser Stunde, trennt: die Behauptung nämlich, als sei seit dem Dortmunder Parteitag im ganzen bereits das Ob entschieden und als handle es sich jetzt nur noch um die Frage des Wie. Sie verstehen das so, als ob nun lediglich bestimmte technische, militärtechnische Dinge im einzelnen in irgendeinem solchen Ausschuß entschieden werden könnten. Damit ist die Diskussion auf ein völlig schiefes Gleis gekommen. Sie haben doch in den Vertragsdebatten erlebt, daß das, was uns zutiefst scheidet, keine militärtechnischen Auffassungen verschiedener Art sind. Es handelt sich vielmehr um einen politischen Unterschied. Denn wir sind der Meinung, daß eine isolierte Teilnahme der Bundesrepublik an einem westlichen Heeressystem so lange nicht verantwortet werden kann, wie nicht ein ernsthafter Versuch unternommen worden ist, unter den vier Mächten zu einer Vereinbarung über einen Status für Gesamtdeutschland zu kommen. Das ist doch die Frage, die uns trennt, und die können Sie nicht in einem Sonderausschuß für Militärfragen verhandeln. Das sind doch Dinge, die, wenn sie einmal diskutiert werden, in den zuständigen politischen Ausschüssen anderer Art in diesem Hause zur Sprache kommen müssen. Wir haben ja den Außenpolitischen Ausschuß, und wir haben den Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen. Das gehört doch mit in die Dortmunder Beschlüsse. Das ist gleichfalls eine der Voraussetzungen, von denen Sie Kenntnis nehmen müssen, die erfüllt sein müssen, bevor es möglich ist, mit uns über die Frage einer isolierten Teilnahme der Bundesrepublik an einer Heeresorganisation, welcher Art auch immer, zu reden. Es ist gut, daß Sie das auch einmal hören, damit es auch die westliche Welt begreift, damit sie weiß, welch ein inneres Anliegen unser Volk in dieser Frage hat, damit man sieht, daß auf diesem Wege etwas mehr als bisher getan werden muß. Das sei in dieser Stunde gesagt, damit nicht der Eindruck entsteht, als stritten wir uns wirklich nur noch um die Mützen oder um die Ränge oder um den Diensteid. Dann hätte es nicht diese lebhaften Auseinandersetzungen hier im Hause gegeben.
Kollege Strauß, wenn die Verträge scheitern, dann weiß ich, daß die Frage der Sicherheit im ganzen natürlich bleibt. Aber dann kann doch technisch nicht nach dem bisherigen System so weitergearbeitet werden, als wäre in der Welt nichts passiert. Dann müssen erst politisch neue Lösungen erarbeitet werden. Das aber kann kein Ausschuß tun, dessen Aufgabe ich auf die spezielle Frage der jetzigen Tätigkeit der Dienststelle Blank konzentrieren möchte. Das kann nur geschehen, wenn man sich im Auswärtigen Ausschuß zusammen mit den dazu berufenen Organen der Regierung eine politische Gesamtkonzeption erarbeitet und nicht die Militärspezialisten daransetzt, um da weiterzukommen, wo ihre Vorgänger gescheitert sind.
Schließen Sie sich also bitte dem Wunsch an, jetzt für eine Kontrolle zu sorgen. Das, was in der Zukunft geschieht, wird dieses Haus zu regeln haben, wenn wir wissen, was die Zukunft bringt.