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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Dezember 1952 11301 241. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 4. Dezember 1952. Geschäftliche Mitteilungen 11303A Mitteilung des Präsidenten über die Erledigung der Entschließung der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Umdruck Nr. 118) 11303B Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung der Entwürfe eines Gesetzes betr. den Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit Zusatzverträgen, eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 26. Mai 1952 über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nm. 3500, zu 3500, Nachgang zu 3500 der Drucksachen, Umdruck Nr. 699 [neu]), eines Gesetzes betr. das Protokoll vom 26. Juli 1952 über die Erstreckung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Streitigkeiten aus dem am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Abkommen über die steuerliche -Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3700 der Drucksachen), eines Gesetzes betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 27. Mai 1952 über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte und über das Zoll- und Steuerwesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (Nm. 3501, zu 3501 der Drucksachen); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 3900, zu 3900 der Drucksachen, Umdrucke Nm. 713 bis 718, 720 bis 723) in Verbindung mit der Fortsetzung der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Generalvertrag und Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (Nrn. 3398, 3363 der Drucksachen) sowie mit der Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Generalvertrag und Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (Nr. 3392 der Drucksachen) 11303B Fortsetzung der Berichterstattung der Ausschüsse: Die verfassungsrechtliche, rechtspolitische und rechtliche Bedeutung der Vertragswerke: Berichte des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Frage der Vereinbarung der Vertragswerke mit dem Grundgesetz: Dr. Wahl (CDU): als Berichterstatter 11304A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11196B Dr. Arndt (SPD): als Berichterstatter 11307A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11201D, 11211C Die wirtschaftliche, finanz- und steuertechnische Bedeutung der Vertragswerke: Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11215A Dr. Fricke (DP): als Berichterstatter 11309D Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11216A Stegner (FDP) (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) . . . . 11218C Dr. Kreyssig (SPD) : als Berichterstatter 11310C Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11224D Erler (SPD): als Berichterstatter 11315A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11227B Dr. Kneipp (FDP): als Berichterstatter 11316A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11228D, 11298 Dr. Gülich (SPD): als Berichterstatter 11316D Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11231C Dr. Wellhausen (FDP): als Berichterstatter 11321C Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11246D Dr. Hasemann (FDP): als Berichterstatter 11323B Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11249B Bausch (CDU): als Berichterstatter . . . 11323A, 11324D Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11250C Schoettle (SPD): als Berichterstatter 11325D Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11256C Die Vertragswerke im Hinblick auf Truppen-Stationierung und Verteidigung Deutschlands, Berichte des Ausschusses zur Mitberatung des EVGVertrages und der damit zusammenhängenden Abmachungen: Bericht über die politischen und militärischen Bestimmungen des EVGVertrages und ihre Auswirkungen: Strauß (CSU): als Berichterstatter 11328A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11262A Bericht über die wirtschaftlichen, finanziellen und haushaltsmäßigen Bestimmungen des EVG-Vertrages und ihre Auswirkungen: Erler (SPD): als Berichterstatter 11329D Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11270B Bericht über die rechtsprechende Gewalt im Rahmen des EVG-Vertrages: Dr. Jaeger (Bayern) (CSU): als Berichterstatter 11333A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11276B Zusätzliche Berichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zu bestimmten Teilen der Vertragswerke: Zusätzlicher Bericht über die mit der Stationierung fremder Truppen zusammenhängenden Rechtsfragen: Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11285A Zusätzlicher Bericht zu Teil I des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen: Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11286C Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11288D Zusätzlicher Bericht zu Teil VII des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen: Dr. Reismann (FU): als Berichterstatter 11334A Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11289C Zusätzlicher Bericht zu Teil XI des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen: Dr. Vogel (CDU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11290C Zusätzliche Berichte anderer Ausschüsse zu bestimmten Teilen der Vertragswerke: Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen zu den Verkehrsbestimmungen der Vertragswerke: Rademacher (FDP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11292A Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen zu den das Post- und Fernmeldewesen betreffenden Bestimmungen des EVG-Vertrages: Cramer (SPD): als Berichterstatter 11335B Schriftlicher Bericht (Anlage zur 240. Sitzung) 11293D Zusätzlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films zu bestimmten Abschnitten des Vertrages über die Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen: Dr. Vogel (CDU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht: Anlage zur 240. Sitzung) 11295B Unterbrechung der Sitzung 11335D Fortsetzung der allgemeinen Aussprache: Reimann (KPD) 11336A von Thadden (Fraktionslos) . . . 11344B Dr. Bertram (Soest) (FU) 11346A Dr. Tillmanns (CDU) 11349D Dr. Besold (FU) 11354D Dr. Reismann (FU) 11357A Frau Wessel (Fraktionslos) . . . 11359D Euler (FDP) 11361B Dr. Arndt '(SPD) 11364B Kiesinger (CDU) 11369C Dr. Schneider (FDP) 11375C Weiterberatung vertagt . . . . . . 11378D Nächste Sitzung 11378D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Diskussion über das Vertragswerk, das uns zur Beratung vorliegt, hat uns keine Frage so beschäftigt wie die: was wird aus der Wiedervereinigung Deutschlands? Aus dem Bericht, den Herr Dr. Bärsch für die Minderheit des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen diesem Hohen Hause vorgelegt hat, geht die Auffassung hervor, dieser Vertrag verbaue den Weg zur Wiedervereinigung, weil nur eine einzige Konzeption, nämlich die Wiedervereinigung auf der Grundlage der Einbeziehung Deutschlands in den europäischatlantischen Militärpakt, vorgesehen sei, was die Sowjetunion zweifellos ablehnen müsse. Ist das richtig?

    (Zuruf links: Ja!)

    Ich knüpfe an diese Frage gleich die zweite: Gibt es einen anderen praktisch zu verwirklichenden Weg der Wiedervereinigung, als die Verträge es vorsehen?

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen]: Nein!)

    Ich denke, wir sind uns alle darin einig, daß die Wiedervereinigung Deutschlands auf friedlichem Wege bewerkstelligt werden soll und so, daß das wiedervereinigte Gesamtdeutschland in Selbständigkeit, d. h. nach den Gegebenheiten seiner Geschichte, seiner Kultur und nach seinem Wesen, über seine politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung entscheiden kann.
    Damit sind wir aber angesichts der Weltlage, d. h. angesichts des fortdauernden kalten Krieges des expansiven Bolschewismus, der die freiheitliche, rechtsstaatliche Ordnung als Grundlage des Zusammenlebens der Völker nicht will, auf die Verbindung mit den freien Völkern angewiesen.


    (Dr. Tillmanns)

    l Wiedervereinigung Deutschlands, meine Damen und Herren, heißt Überwindung der unglückseligen Spaltung unseres Landes. Diese Spaltung ist bewirkt durch den großen Weltgegensatz, der nach 1945 zwischen den Siegermächten entstanden ist, und dieser Weltgegensatz seinerseits ist hervorgerufen durch die sowjetische Politik des kalten Krieges, d. h. die Politik auf Ausweitung der kommunistischen Herrschaft überall. Wenn das richtig ist, dann ist die Wiedervereinigung Deutschlands entscheidend nur durch die Beilegung dieses Weltgegensatzes herbeizuführen. das heißt, durch eine Verständigung der Großmächte untereinander. Damit sage ich nicht, daß wir, die Deutschen, nichts dazu beitragen können. Aber das entscheidende Gewicht liegt auf dieser Verständigung zwischen den Großmächten.
    Die Politik der Sowjetunion beruht nun einmal auf dem Axiom der strukturellen Schwäche und Lebensunfähigkeit der westlichen Welt. Sie beruht auf der Überzeugung, daß ihre Gesellschaftsordnung sich auflösen und untergehen muß und daß sie wegen der Gegensätze klassenmäßiger und nationaler Art überhaupt Licht in der Lage ist, sich zu einigen, ja daß Hader, Krieg und Zerfall innerhalb der freien Welt notwendig und unvermeidlich sind. Das hat erst vor kurzem auf dem Zweiten Parteikongreß der Sozialistischen Einheitspartei im Juli dieses Jahres der Generalsekretär Walter Ulbricht in folgenden Worten ausgesprochen:
    Es steht außer Zweifel, daß diese Widersprüche wachsen werden, ebenso wie die Widersprüche zwischen England und Frankreich, Frankreich und Italien, Frankreich und Westdeutschland usw. wachsen und sich entwickeln werden. Die Weltereignisse werden durch diese Widersprüche und Antagonismen bestimmt, aber nicht durch die pharisäischen Erklärungen Achesons und nicht durch die Salonreden Edens in Berlin. Das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung der imperialistischen Länder und die Unvermeidlichkeit der Widersprüche und Krisen zwischen ihnen hat heute eine größere Gültigkeit denn je. Die letzten Konferenzen der USA, Englands und Frankreichs in Bonn und Paris verschleiern zwar diese Widersprüche, schaffen aber gleichzeitig neue Voraussetzungen für eine noch nie dagewesene Verschärfung dieser Gegensätze.
    In gleicher Weise haben sich in den letzten Monaten alle Prominenten der Sowjetunion vernehmen lassen.
    Meine Damen und Herren, solange diese Erwartung des Bolschewismus fortbesteht, wird der kalte Krieg fortbestehen, das heißt, so lange wird das Bestreben fortbestehen, die Macht des Kommunismus auf ganz Deutschland und Europa auszudehnen, und so lange ist keine Chance zur Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Leider sehr richtig!)

    Daher ist die erste, die vornehmste, die dringlichste und wichtigste Aufgabe der freien Welt, diese Erwartung des Bolschewismus auf ihren Zerfall und auf ihren Hader endgültig zunichte zu machen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    sich zusammenzuschließen, die Gegensätze untereinander zu überwinden, eine stabile wirtschaftliche Ordnung und sozialen Wohlstand zu entwickeln. Damit allein bahnen wir den Weg für eine Verständigung und für den Frieden. Das ist der Sinn aller Politik des europäischen Zusammenschlusses und des Aufbaus einer Gemeinschaft der Völker der freien Welt.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Da die Welt nun einmal weiß, wie kurz der Weg vom kalten zum heißen Krieg sein kann, und da wir unausgesetzten Rüstungsanstrengungen im Machtbereich des Bolschewismus und auch in der Sowjetzone Deutschlands gegenüberstehen, bildet der Aufbau einer gemeinsamen Schutz- und Verteidigungsgemeinschaft der europäischen Völker einen notwendigen Bestandteil dieser unserer Europapolitik.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Die Gefahr, daß der kalte Krieg heiß wird, ist um so größer, je leichter, je müheloser die Sowjetunion auf diesem Wege zum Ziele kommen zu können glaubt und je kleiner ihrer Meinung nach das Risiko für sie selber sein würde.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Die Gefahr wird um so geringer, je eindeutiger klargestellt wird, daß die Sowjetunion es in einem solchen Falle mit der gesamten übrigen Welt zu tun hat, daß eine solche Auseinandersetzung für sie ein totales Risiko bedeuten würde, was sie nicht wollen kann.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Wenn es gelingt, die Schutzgemeinschaft der freien Welt in wirksamer Weise so zu verwirklichen — und das geht nun einmal nicht ohne Europa und Deutschland —, wird Frieden bleiben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)

    Je eher wir es fertigbringen, die Sowjetunion von der Unmöglichkeit eines Weges zum heißen Krieg zu überzeugen, je eher es uns gelingt, ihr auch die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung des kalten Krieges klarzumachen, um so eher ist der Weg frei zu einem Gespräch der Großmächte und damit zur Wiedervereinigung Deutschlands.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Wenn Herr Kollege Professor Schmid in der ersten Lesung dieser Verträge hier die Frage gestellt hat: Was will man denn mit diesem Instrument der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, wenn es mal da ist? — er meinte, es müsse doch irgendwie genutzt werden —, so ist auf diese Frage nur diese eine Antwort zu geben: die Sowjetunion endgültig von der Aussichtslosigkeit sowohl des kalten wie auch von der Unmöglichkeit des heißen Krieges überzeugen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das hat gar nichts mit Drohung und das hat überhaupt nichts mit Appell an die Gewalt zu tun, sondern das ist nichts anderes als der Vollzug einer um der Freiheit Europas und der Welt willen politisch unausweichlichen Notwendigkeit.
    Meine Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises für die Richtigkeit dieser Politik bedurft hätte, dann sind es die verbissenen weltweiten Bemühungen des Bolschewismus, das Zustandekommen einer solchen Verteidigungs- und Schutzgemeinschaft der freien Welt unter allen Umständen zu verhindern. Das versucht man bei uns in Deutschland durch Verlockungen mit Einheitsgesprächen und Friedensbeteuerungen. Das versucht


    (Mr. Tillmanns)

    man in der westlichen Welt, in Frankreich und in anderen Staaten damit, daß man dort gegen Deutschland hetzt. In Frankreich ist es der Kommunismus, der behauptet: die Deutschen wollen doch nur Soldaten, um wieder nach Paris zu marschieren, das kann man doch nicht wollen! Und in Amerika ist es der Kommunismus, der versucht, der Bevölkerung klarzumachen, daß die Deutschen doch schon wieder ein Volk von Antisemiten und Nationalsozialisten sind und daß Amerika, das zur Bekämpfung des Nationalsozialismus in den letzten Krieg gegangen ist, doch unmöglich dieses Volk schützen kann. So wird mit allen Mitteln der Versuch gemacht, die Völker der westlichen Welt gegeneinanderzubringen und die Gegensätze unter ihnen zum Siedepunkt zu treiben. Erst in einem Artikel vom 17. November dieses Jahres erklärt die „Prawda" folgendes:
    In unverschämter Weise fordern die westdeutschen Revanchisten von ihren westeuropäischen Partnern, daß diese ihren Kolonialbesitz der gemeinsamen Nutzung des vereinigten Europa übergeben. Da das Bonner Westdeutschland die führende Kraft des vereinigten Europa sein soil, verbirgt sich hinter dieser unmißverständlichen Forderung die offene Absicht der Ruhrkönige, die Kolonien der westeuropäischen Länder an sich zu reißen. In eine allgemein verständliche Sprache übersetzt bedeutet das: Ist das vereinigte Europa erst einmal geschaffen, so werden wir nicht nur die Herren des Saargebiets, sondern auch ganz Westeuropas und seiner überseeischen Besitzungen sein. Haben wir erst einmal unsere eigene Armee, so werden wir Europa schon vereinigen und uns unseren Lebensraum sichern.
    Das ist nur ein Beispiel für die unabsehbare Flut der Bemühungen, die Gegensätze zwischen den Völkern der freien Welt zu schüren und alles zu tun, um sie nicht zusammenkommen zu lassen.
    Meine Damen und Herren, schon diese Bemühungen sollten uns ein Fingerzeig sein für das, was wir zu tun haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich werde es so leicht nicht vergessen, wie am 18. November dieses Jahres, als sich hier in diesem Hause die Mehrheit gegen den Antrag der Regierungsparteien aussprach, die zweite Lesung über diese Verträge schon in der letzten Novemberwoche stattfinden zu lassen, und als nach dieser Entscheidung die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses in Jubel aufsprangen in verständlicher Freude über ihren Sieg, wie von dieser Seite des Hauses gesehen — Sie, meine Herren, konnten das nicht sehen — hinter Ihnen beinahe wie eine Vision standen in noch größerem Jubel und hämischer Freude die Mitglieder der kommunistischen Fraktion;

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD)

    meine Damen und Herren, beinahe wie eine Vision über die politische Situation unseres Volkes.

    (Fortgesetze Zurufe von der SPD. — Abg. Mellies: Packen Sie ein, wenn Sie Wert darauf legen, daß man Sie noch ernst nimmt! — Weitere lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Es täte gut, wenn Sie gelegentlich den Blick, anstatt
    ihn immer auf die rechte Seite des Hauses zu richten, politisch auch einmal auf die links von Ihnen Sitzenden lenken würden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schoettle: Sie sind sehr spät aufgestanden, Herr Tillmanns! — Abg. Wagner: Was würden Sie ohne uns gegen die Kommunisten machen?! — Weitere stürmische Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das hat gesessen! — Große Unruhe. — Fortgesetzte stürmische Zurufe von der SPD.)

    — Ich kann von Ihren Zwischenrufen nichts verstehen.

    (Abg. Dr. Menzel: Wo wäre Berlin ohne die Sozialdemokraten? Das ist doch eine Provokation gegenüber der Berliner Bevölkerung! — Andauernde große Unruhe. — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Das hat gesessen! Ein Schuß ins Schwarze!)

    — Ich kann nichts von Ihren Zwischenrufen verstehen, weil Sie zu sehr durcheinanderschreien. (Andauernde Zurufe von der SPD. —Abg. Mellies: Die sozialdemokratischen Arbeiter in den Betrieben kämpfen gegen den Kommunismus, doch nicht Sie! — Großer Lärm. - Glocke des Präsidenten. - Abg. Schoettle: Wir lassen uns hier nicht dauernd anstinken! — Andauernder großer Lärm. — Erneutes Glockenzeichen des Präsidenten.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, es ist doch nicht möglich, zu verhandeln, wenn ununterbrochen — —

(Abg. Dr. Menzel: Das ist ein Verrat an Berlin, was Sie sagen! — Andauernde stürmische Zurufe von der SPD.)

— Meine Damen und Herren, es hat doch keinen Zweck, in dieser Weise zu verhandeln. Ein Zwischenruf hat doch nur Sinn, wenn er verständlich ist. Aber die Serienfabrikation von Zwischenrufen, die sich gegenseitig überdecken, bringt doch nicht einmal klar zum Ausdruck, was denn nun an Widerspruch geltend gemacht werden soll. Im übrigen diskutieren wir doch nacheinander, aber nicht in dieser gehäuften Form. Es nutzt wirklich der Verhandlung nicht. Also bitte, unterbrechen Sie den Redner nicht; Sie kommen alle zu Worte. Sie wissen, es ist eine sehr lange Rednerliste. Es ist doch die Möglichkeit gegeben, richtig und ordnungsmäßig zu erwidern.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Robert Tillmanns


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich verstehe Ihre Aufregung nicht.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Ich habe nur darauf hingewiesen, daß jede Uneinigkeit zwischen uns nichts anderes verursacht und heraufbeschwört als die Freude nicht nur der 14 Kollegen der KP hier,

    (Zuruf von der Mitte: Kollegen?)

    sondern der großen Weltmacht des Kommunismus, die hinter ihnen steht.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Schröter: Sie haben ganz was anderes gesagt!)

    — Nein, ich habe nichts anderes gesagt! (Abg. Schröter: Sie haben die Sozialdemokratie diffamiert! — Lebhafte Zurufe von der SPD. — Glocke des Präsidenten. — Abg. Dr. Gerstenmaier: Weiterreden! — Abg. Mellies: Dem Kanzler müssen Sie das
    sagen!)


    (Dr. Tillmanns)

    — Wenn Sie mich hätten weiterreden lassen, dann hätten Sie gehört, daß ich unmittelbar an das, was ich gesagt habe, den Satz anfügen wollte, daß diese meine Feststellung nichts daran ändert, daß die Stellungnahme und die Entscheidung der Sozialdemokratie gegen den totalitären Bolschewismus von großer Bedeutung für die politische Entwicklung Deutschlands seit 1945 gewesen ist.

    (Abg. Mellies: Sagen Sie mal das dem Kanzler auf seine gestrige Rede! — Weitere Zurufe von der SPD und von der KPD.)

    — Nicht so aufgeregt!
    In der letzten Zeit ist in der Politik des Bolschewismus neben die Verlockung, von der ich gesprochen habe, die klare Drohung mit Gewalt getreten, nämlich die Proklamierung des nationalen Befreiungskampfes gegen die Bundesrepublik. Das kommunistische Programm zur nationalen Wiedervereinigung Deutschlands ist uns allen gerade noch rechtzeitig auf den Tisch gelegt worden. In diesem Programm, in dem die Bundesrepublik dargestellt wird als ein Gebiet, das von den Westmächten versklavt und ausgebeutet wird, heißt es:
    Nur der unversöhnliche und revolutionäre Kampf aller deutschen Patrioten kann und wird zum Sturze der Adenauer-Regierung und damit zur Beseitigung der entscheidenden Stütze der Herrschaft des amerikanischen Imperialismus in Westdeutschland führen.
    Ich glaube, niemand von uns ist darüber im Zweifel, daß es genau so lauten würde, wenn der Regierungschef heute einen anderen Namen trüge, von welcher demokratischen Partei er auch immer sein möge.

    (Abg. Müller [Frankfurt]: Sie wollen doch nicht glauben, daß Adenauer Demokrat wäre?)

    Es handelt sich um die Proklamierung des offenen gewaltsamen Sturzes der rechtsstaatlichen Ordnung in der deutschen Bundesrepublik.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wer die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit will, muß zuallererst diesen Willen des Kommunismus brechen; und das geht nun einmal nur in dem Schutz und in der Friedensgemeinschaft der freien Völker.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Nun, wir sind es gewohnt, daß jedesmal, wenn ein solcher Schritt des Zusammenschlusses in Europa getan wird, die Unkenrufe kommen: Das ist das Ende der Wiedervereinigung Deutschlands; wenn ihr das tut, dann wird die Sowjetunion nicht mehr bereit sein! Wir erinnern uns noch sehr gut, daß in der Diskussion über die Montan-Union hier die Behauptung aufgestellt wurde: Wenn die Montan-Union gemacht wird, dann ist es aus mit der Wiedervereinigung Deutschlands! Es erschienen damals Artikel unter der Überschrift: „Ein Lebewohl den Brüdern im Osten". Was ist passiert? Das genaue Gegenteil! Nachdem wir Anfang dieses Jahres der Montan-Union endgültig zugestimmt hatten, sind ab 10. März Sowjetnoten erschienen, die Verhandlungen mit den Westmächten über einen Frieden mit Deutschland anboten. Ich will diese Noten hier gar nicht werten, aber es ist doch interessant, daß diese Angebote der Sowjetunion von denselben Leuten, die damals der Meinung waren, die Montan-Union sei das Ende, als ein Zeichen echten Verständigungswillens und als eine Chance für die Wiedervereinigung Deutsch-
    lands angesprochen wurden. Die Dinge liegen nun einmal so — das hat die Erfahrung gelehrt —, daß nur durch unsere Festigkeit ein Deutschlandgespräch in Gang gebracht werden kann.
    Es ist der Opposition bisher nicht gelungen, dieser klaren, auf Tatsachen begründeten Politik eine andere, ebenso realistische Konzeption entgegenzusetzen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Der einzige Versuch, der, soweit ich sehen kann, in dieser Richtung gemacht worden ist, ist in der ersten Lesung über die Verträge von dem Kollegen Professor Dr. Schmid gemacht worden. Er hat damals in seiner Rede gesagt, der positive Weg — nach dem auch damals immer gefragt wurde — könne nur darin bestehen, daß sich der Westen in Formen verbinde, die der Osten nicht bedrohlich zu finden brauche.

    (Präsident Dr. Ehlers übernimmt den Vorsitz.)

    Er meint also eine lockere Anlehnung, die für den Osten keine Bedrohung darstellt.
    Nun ist es ja das Tragische unserer Situation, daß, wenn wir uns mit den übrigen Völkern des freien Westens verbinden — und mag diese Verbindung so locker sein, daß es überhaupt keine Verbindung mehr ist —, der Bolschewismus immer noch von einer Bedrohung sprechen wird und daß er erst dann bereit sein wird, zuzugeben, daß er nicht mehr bedroht ist, wenn wir ganz in seinem Besitz sind, aber nicht vorher.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ähnlich steht es mit den Mahnungen, die wir immer wieder hören, die vier Mächte möchten doch noch einmal untereinander verhandeln. Vielleicht
    — so sagt man — gebe doch die Sowjetunion die Sowjetzone Deutschlands frei, wenn wir auf die Verteidigung verzichten. Ich weiß nicht, ob diese Hoffnung irgendeine Begründung für sich hat. Das KP-Programm, das ich eben vorgelesen habe und das Sie alle kennen, sagt das genaue Gegenteil. Aber ich unterstelle einmal, eine solche Möglichkeit sei gegeben. Dann ist doch wohl ganz klar, daß wir dann zunächst einmal der Sowjetunion zeigen müssen, daß wir — d. h. der Westen und die Parteien in Deutschland — entschlossen sind, diese Schutz- und Verteidigungsgemeinschaft zu schaffen. Solange die Sowjetunion immer noch die Hoffnung hegt, daß infolge unserer Uneinigkeit, infolge der Meinungsverschiedenheiten unter den westeuropäischen Ländern dieses ganze Werk nicht zustande kommt, hat sie doch nicht den geringsten Anlaß, irgendein Zugeständnis oder irgendeine Konzession zu machen.
    Der SPD-Parteitag in Dortmund hat sich zwar zu einem System kollektiver Sicherheit bekannt, aber — so hat er hinzugefügt — nur in der Weise, daß die Wiedervereinigung Deutschlands nicht erschwert oder gar verhindert wird. In den Ausschußberatungen ist diese Befürchtung seitens der Minderheit insbesondere aus dem Art. 2 des Deutschland-Vertrages abgeleitet worden, der sagt:
    Die Drei Mächte behalten im Hinblick auf die
    internationale Lage
    — Herr Kollege Wehner hat gestern diese Worte „im Hinblick auf die internationale Lage" bei seiner Zitierung ausgelassen; deswegen unterstreiche ich sie —
    die bisher von ihnen ausgeübten oder innegehabten Rechte in bezug auf ... Berlin und


    (Dr. Tillmanns)

    Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung.
    Zu Berlin nur ein ganz kurzes Wort. Ich denke, es besteht in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß die besondere Situation Berlins die Aufrechterhaltung eines besonderen politischen Status erfordert. Jedenfalls sind die Verhandlungen darüber unter ständiger Mitbeteiligung des Berliner Senats und mit seiner Zustimmung geführt worden. Was wir wünschen, ist die Erweiterung der Bewegungsfreiheit der deutschen Verwaltung in Berlin.
    Im deutschen Interesse liegt auch der Vorbehalt in bezug auf Deutschland als Ganzes und die deutsche Wiedervereinigung. Die Situation ist doch sehr einfach und juristisch gar nicht so kompliziert, wie es gestern hier dargestellt wurde. Die Westmächte haben nun einmal aus den Erklärungen und Verträgen von 1945 über ihre Zonen hinaus Rechte auf das ganze Deutschland. Die Aufrechterhaltung dieser ihrer Rechte in bezug auf das Ganze ist doch schlechthin die Voraussetzung für Vier-Mächte-Verhandlungen über Deutschland. Wer also VierMächte-Verhandlungen über Deutschland will, muß unter allen Umständen Wert darauf legen, daß diese Rechte der Westmächte in bezug auf Deutschland als Ganzes aufrechterhalten werden. Da wir alle solche Vier-Mächte-Verhandlungen wollen, müssen wir diese Vorbehalte bejahen. Sie beruhen im übrigen, Herr Kollege Wehner, nicht sosehr auf dem Potsdamer Abkommen als den vorhergegangenen Abkommen, insbesondere der Deklaration vom Juni 1945. Es heißt in dem Artikel, den ich verlesen habe, nicht, daß Vier-Mächte-Vereinbarungen aufrechterhalten werden. Die Geschichte hat sich glücklicherweise schon weit von ihnen entfernt. Wir sollten nicht den Versuch machen, sie wieder in das Licht der Gegenwart zu zerren. Es sind nicht die Vier-Mächte-Vereinbarungen als solche aufrechterhalten worden, sondern die Rechte der Westalliierten auf Deutschland als Ganzes. Das sind keine neuen Rechte, und das bedeutet auch keine Anerkennung solcher Rechte, sondern es handelt sich, wie es deutlich heißt, nur um die Aufrechterhaltung eines faktisch bestehenden Zustandes. Wenn die Verträge nicht abgeschlossen werden, bleibt es erst recht so. Nur der große Fortschritt, den diese Verträge bringen, nämlich daß nunmehr die Konsultationspflicht mit der Bundesregierung in der Ausübung dieser Rechte besteht, würde wegfallen. Es ist also einfach nicht richtig, wenn man sagt, wir binden uns durch diesen Artikel in der Frage der Wiedervereinigung. Nein, wir erhalten stärkere Aktionsfähigkeit als bisher. Im übrigen ist es nun einmal ein politisches Faktum, daß die Wiedervereinigung Deutschlands nur durch eine Verständigung zwischen den Großmächten möglich ist.
    Weitere Besorgnisse werden aus dem Art. 7 des Deutschland-Vertrages hergeleitet, nämlich aus dem schon gestern verlesenen Abs. 2, in dem es heißt, daß
    bis zum Abschluß der friedensvertraglichen Regelung die Bundesrepublik und die Drei Mächte zusammenwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung ähnlich wie die Bundesrepublik besitzt und in die Europäische Gemeinschaft integriert ist.
    Zunächst einmal positiv — und das kann nicht oft genug gesagt werden —: Hier ist zum erstenmal vertraglich festgelegt, daß sich die drei Westmächte bekennen und mit uns zusammenwirken zur Wiedervereinigung Deutschlands.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Man mag daran zweifeln, ob dahinter bei allen ein echter politischer Wille steht; man mag vielleicht sogar sagen, daß dieser Zweifel durch diese oder jene Erscheinung der politischen Gegenwart bei den Westmächten eine gewisse Berechtigung für sich hat. Können wir aber dann diese mangelnde Bereitschaft, wenn sie bei einigen Kreisen unserer westlichen Nachbarn bestehen sollte, durch ein Nein zu den Verträgen überwinden?

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Durch ein Nein zu den Verträgen würden doch diese der Wiedervereinigung Deutschlands entgegengesetzten Kräfte erst recht gestärkt werden, und sie würden erst recht zur politischen Relevanz werden. Nein, wir werden diese Widerstände, die zweifellos vorhanden sind, nur dadurch überwinden können, daß wir uns echt zu Europa bekennen, daß wir vor allen Dingen — und es liegt mir daran, das heute zu tun — auch vor dem Ausland erklären, daß unser Wille und unser Streben zur Wiedervereinigung Deutschlands nichts mit nationalistischen Aspirationen zu tun hat, sondern daß wir, wenn wir von der Wiedervereinigung unseres Landes sprechen, damit gar nichts anderes zum Ausdruck bringen als einen schlichten, einfachen Willen unseres Volkes zum gemeinsamen Leben im Frieden mit allen unseren Nachbarn. Ich sage: mit allen unseren Nachbarn.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Haupteinwand richtet sich aber nun dagegen, daß in diesem Absatz steht, daß das wiedervereinigte Deutschland in die europäische Gemeinschaft integriert wird. Man sagt, damit sei die Entscheidungsfreiheit einer etw a kommenden deutschen Nationalversammlung in unzulässiger Weise eingeschränkt. Ich sehe ganz davon ab, daß der Wille und das Bekenntnis zum vereinigten Europa in unserem Grundgesetz steht, ein Aufgeben dieses unseres Willens also ein Bruch des Grundgesetzes wäre. Aber mir scheint diese Überlegung, die sich auf die kommende Nationalversammlung richtet, insofern einen falschen Ausgangspunkt zu haben, als es zu einer freien gesamtdeutschen Wahl und damit zu einer Nationalversammlung überhaupt nur kommen kann, wenn eine Vermächte-Vereinbarung vorhergegangen ist; und darin wird über den künftigen Status Deutschlands wenigstens in den Grundlinien zweifellos das Wesentliche gesagt sein. Es ist überhaupt undenkbar, daß es zu einer Nationalversammlung kommt, ohne daß sie etwas Ähnliches vorfindet, wie es der Parlamentarische Rat in Gestalt der Londoner Dokumente vorgefunden hat. Unsere primäre Überlegung muß daher, wenn wir realistisch denken, dahin gehen: Wird durch die Bestimmung des Art. 7 die Freiheit und Möglichkeit der Großmächte, zu einer Einigung über die Wiedervereinigung Deutschlands zu kommen, ausgeschlossen? Das, meine Damen und Herren, ist ganz sicherlich nicht der Fall; denn die Großmächte verpflichten sich in dieser Bestimmung nur zu einem: daß sie diese Verhandlungen nicht ohne uns führen und daß sie dieselben Freiheitsrechte, wie sie die Bundesrepublik hat, gewähren, d. h. daß sie nicht in eine Viermächte-Kontrolle unseligen Angedenkens zurückfallen. Und mir scheint: das wollen wir alle.


    (Dr. Tillmanns)

    Dieser Vertrag bedeutet kein Hindernis, wenn die Sowjetunion überhaupt bereit ist, ein freies und selbständiges Deutschland zuzulassen. Ob es dahin kommt, Herr Kollege Brandt, das kann durch keinen wie immer gearteten Vertrag festgelegt werden, weder positiv noch negativ; das hängt allein und ausschließlich von der Entwicklung der politischen Verhältnisse in dieser Welt ab. Dafür, wie sich diese Kräfte entwickeln, gibt es keine Garantie; sondern es liegt an uns, an unserem politischen Willen und an unserer politischen Aktivität, die Dinge dahin zu bringen. Wesentlich ist, daß die Verträge den Weg dafür offenlassen, daß eine Viermächte-Vereinbarung zustande kommt und in ihr die Zugehörigkeit zur europäischen Gemeinschaft, nämlich die freie Rechtsordnung, sichergestellt ist.
    Es ist unmöglich, schon jetzt im einzelnen den künftigen Status eines etwaigen Gesamtdeutschland zu zeichnen. Neutralität heute bringt uns aber keinen Schritt weiter, sondern würde unweigerlich Abkehr von der westlichen Gemeinschaft und Schwächung unserer Position in der Gemeinschaft der westlichen Völker bedeuten, also genau das, was die Sowjetunion will. Wer dazu beitragen will, da es eines Tages zu einer Vereinbarung der vier Großmächte kommt, in der ein politischer Status festgelegt wird, zu dem sowohl die Westmächte als auch die Sowjetunion ja sagen, muß zunächst einmal den Zusammenschluß der westlichen Welt bejahen und sich deswegen jetzt jeder irrealen Neutralitätsspekulation enthalten. Neutralisten heute verbauen nur den Weg zur freien Wiedervereinigung Deutschlands morgen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber eines darf hier nicht unausgesprochen bleiben. Für die Sowjetzone Deutschlands wird wahrscheinlich — wir haben das bereits in den letzten Monaten mit tiefer Sorge festgestellt — eine Periode neuer und schärferer Bolschewisierung heraufziehen, vielleicht auch für Berlin eine Situation weiterer Bedrängnis. Wir hier im Deutschen Bundestag wissen uns wahrhaftig für diese Menschen verantwortlich. Aber die Behauptung, diese Entwicklung sei eine Folge unserer politischen Entscheidung, bedeutet doch die Umkehrung von Ursache und Wirkung. Unsere politische Entscheidung wird erzwungen durch das Regime drüben. Es liegt nun einmal im Wesen einer totalitären Macht, daß sie auf jeden Widerstand, den sie findet, mit einem schärferen Druck reagiert. Meine Freunde, wer den Druck einer totalitären Macht vermeiden will, dem bleibt nur eines übrig, nämlich sich zu ergeben; und das können wir gerade um der 18 Millionen hinter dem Eisernen Vorhang willen nicht tun.
    Lassen Sie mich ein kurzes Beispiel anführen. Im Jahre 1948 hat auch der Selbstbehauptungs- und Freiheitswille Berlins zur Blockade geführt. Ich habe damals niemanden gehört, der gesagt hätte, diese Blockade sei die Schuld der Berliner freiheitlichen Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Genau so liegen die Dinge heute.

    Wir alle miteinander tragen schwer an unserer Verantwortung für die Sowjetzone. Wir können diese Verantwortung nur tragen, weil wir wissen, daß gerade die Menschen drüben, besonders in Berlin, ja sagen zu unserer Entscheidung. Unsere Aufgabe ist es jetzt erst recht, mit aller Kraft dahin zu wirken, daß jede Möglichkeit einer positiven Lösung der Deutschlandfrage ergriffen wird. Die Verträge dürfen nicht das Ende, sondern sie müssen die Basis entschiedener, zielstrebiger Politik der Wiedervereinigung Deutschlands sein.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/ CSU.)

    Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland hat uns in einer sehr ernsten Botschaft gemahnt, wir sollten diese unsere Entscheidung, die wir im Blick auf das ganze Deutschland zu bedenken haben, nur nach reiflicher Prüfung unseres Gewissens treffen. Ich denke, wir, die wir ja sagen, können erklären, daß wir uns bemühen, diese Entscheidung wirklich nach unserem Gewissen zu treffen. Es ist Unwahrheit, wenn draußen behauptet wird — vorgestern hat mir das noch ein evangelischer Pfarrer in diesem Hause gesagt —, wir müßten hier ja doch nur unter dem Druck der Besatzungsmächte entscheiden, wir seien gar nicht frei. Das ist eine Lüge!

    (Beifall in der Mitte.)

    Dieser Bundestag ist Gott sei Dank in der Lage, diese verantwortungsvolle Entscheidung nach seinem Gewissen zu treffen.

    (Abg. Gundelach: Daran glauben Sie ja selber nicht!)

    Aber mehr noch! Wir sagen nicht nur deshalb ja zur Verteidigungsgemeinschaft und zum Deutschland-Vertrag, damit es hier so bleibt, daß frei gewählte Abgeordnete nach ihrem Gewissen urteilen können. Wir sagen ja zu diesen Verträgen, damit bald auch wieder die Deutschen in der Sowjetzone durch Parlamentarier vertreten sein können, die nicht unter dem Zwang eines totalitären Systems stehen, sondern nach der Prüfung ihres Gewissens entscheiden können.

    (Lebhafter, anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)