Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Kompliziertheit des Stoffes konnte sich der Finanzausschuß nicht darauf beschränken, lediglich das Für und Wider zu erörtern. Das Vertragswerk ist so verzahnt und verwickelt, daß man bei jedem
*) Siehe Umdruck Nr. 721, Anlage zur 240. Sitzung Seite 11298
Artikel und Paragraphen die Bestimmungen eines anderen Vertragsteiles oder Zusatzvertrages oder Briefwechsels oder Protokolls studieren und vergleichen muß, um überhaupt Klarheit über den Inhalt zu bekommen. Erst danach konnten wir zu den einzelnen Vertragspositionen Stellung nehmen.
Ich habe deshalb in meinem Schriftlichen Bericht, der Ihnen auf Seiten 67 bis 82 der Drucksache Nr. 3900*) vorliegt und der 15 verschiedene Dokumente betrifft, im ersten Teil den Inhalt der einzelnen Positionen angegeben und dabei die in Frage kommenden Artikel und Ziffern aller die Position betreffenden Vertragsteile und Gesetze einbezogen und im zweiten Teil, der relativ kurz ist, eine Analyse der Problematik des Finanzvertrages und der finanziellen Bestimmungen des EVG-Vertrages vorgenommen, soweit sie im Ausschuß behandelt worden sind.
Obgleich der Ausschuß sieben, darunter mehrere ganztägige Sitzungen für die Beratung verwendet hat, war er nicht in der Lage, die Einzelbestimmungen der Vertragsteile so eingehend durchzuarbeiten, wie es gerade die finanziellen Bestimmungen des Vertragswerks erfordert hätten. Deshalb mußte er sich im wesentlichen auf die Beratung der besonders wichtigen Probleme beschränken.
Nicht alle Einzelheiten des ersten Teiles meines Schriftlichen Berichts sind also im Ausschuß erörtert worden; aber sie sind im Ausschuß von mir vorgetragen worden. Es kann natürlich nicht meine Aufgabe sein, den Schriftlichen Bericht hier zu wiederholen, sondern auch ich will mich der Mahnung des Präsidenten befleißigen, mich so kurz wie möglich zu fassen. Es ist aber unumgänglich, wenn überhaupt über den Finanzvertrag etwas gesagt ,) werden soll, die wesentlichsten Bestimmungen aufzuführen und Sie mit dem Inhalt bekanntzumachen, darzulegen, was geklärt und was noch ungeklärt ist und was noch in weiteren Verhandlungen vereinbart werden muß, soweit diese Dinge im Ausschuß diskutiert worden sind.
Die Höhe des deutschen Verteidigungsbeitrags für die Zeit vom Inkrafttreten der Verträge bis zum 30. Juni 1953 ist auf den festen Betrag von 850 Millionen DM monatlich festgesetzt worden. Dieser Betrag umfaßt erstens den Beitrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und zweitens den Anteil der Bundesrepublik an den Kosten für den Unterhalt der Streitkräfte, an den sogenannten Stationierungskosten. Während für die Zeit vor dem 30. Juni 1953 feste Summen vereinbart worden sind, bedarf die Höhe der finanziellen Leistungen nach dem 30. Juni 1953 späterer Vereinbarung.
Der Finanzvertrag regelt grundsätzlich die Beziehungen der Bundesrepublik zu den Drei Mächten — also zu den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich —, Art. 3 des Finanzvertrags jedoch lediglich die finanziellen Bestimmungen im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Die Regelung der finanziellen Verhältnisse der Bundesrepublik zu der Französischen Republik als einem der EVG-Mitglieder erfolgt durch den EVG-Vertrag. Der Beitrag, ist im Finanzvertrag gesagt, muß die „deutsche Wirtschaftskraft" im gleichen Verhältnis beanspruchen, in dem die anderen großen westlichen Staaten ihre Wirtschaftskraft für Verteidigungszwecke in Anspruch nehmen. Allerdings haben diese Staaten Anspruch darauf, daß ihre Ausgaben für außereuropäische
*) Vgl. Anlage zur 240. Sitzung, Seite 11231 C
Verteidigungsmaßnahmen angerechnet werden. Die 1 Bundesrepublik bringt also ihre gesamten finanziellen Leistungen für europäische Verteidigungszwecke in den EVG-Haushalt ein, während die anderen westlichen Staaten einen erheblichen Teil ihrer finanziellen Leistungen für außereuropäische Zwecke verwenden dürfen.
Der an die Europäische Verteidigungsgemeinschaft abzuführende Beitrag der Bundesrepublik setzt sich zusammen aus dem Beitrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und aus dem Anteil der Bundesrepublik an den Kosten für den Unterhalt der ausländischen Streitkräfte — das sind zur Zeit amerikanische, belgische, britische, dänische, französische, luxemburgische und norwegische Streitkräfte im Bundesgebiet —, soweit diese nicht der EVG angehören. Die Mitgliedstaaten der EVG also — die Kontingente der Belgier, Franzosen und Luxemburger — werden an den Stationierungskosten nur bis zum 30. Juni 1953 beteiligt Die Höhe des nach dem 30. Juni 1953 zu zahlenden Beitrags zu den Stationierungskosten solcher Streitkräfte, die von den nicht der EVG angehörenden Mächten in das Bundesgebiet entsandt werden, ist im Vertrag nicht geregelt. Dieser Beitrag muß in späteren Verhandlungen zwischen der EVG, der Bundesrepublik und den nicht der EVG angehörenden Staaten vereinbart werden.
In der wohl wichtigsten Frage des Finanzvertrags, der Beitragsermittlung, ging die Debatte des Ausschusses von Art. 94 des EVG-Vertrags aus, nach dem die Beiträge der Mitgliedstaaten der EVG durch den Rat nach NATO-Grundsätzen auf Grund einstimmigen Beschlusses festgesetzt werden. Nach Art. 94 Abs. 2 wird der Rat für die Zukunft „eine Methode entwickeln, die unter Berücksichtigung der finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitgliedstaaten eine gerechte Verteilung der Lasten gewährleistet". Der Regierungsvertreter stellte hierzu fest, daß die Aufstellung eines solchen Leistungsschlüssels noch nicht gelungen sei, daß aber die Einstimmigkeit der Haushaltsaufstellung auf jeden Fall eine Schlechterstellung der Bundesrepublik in der Beitragsbemessung nach NATO-Grundsätzen verhindere. Die Frage nach der Art der NATO-Grundsätze und -Verfahren der Beitragsermittlung beantwortete der Regierungsvertreter mit der Erklärung, daß zwischen den Atlantikpaktstaaten ,,eine Reihe von Übungen über die Festsetzung des Beitrages" besteht, die durch Verhandlungen auf Grund der Gutachten der „Drei Weisen" durchgeführt wird. Diese Erklärung wird durch den Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 des Finanzvertrages ergänzt, wonach der Beitrag der Bundesrepublik „dem Ausmaß entspricht, in dem die anderen großen Staaten ihre eigene Wirtschaftskraft für Verteidigungszwecke — unter Mitberücksichtigung der Ausgaben für außereuropäische Verteidigungsmaßnahmen — in Anspruch nehmen".
Auf den Fehler in der Übersetzung des französischen Textes, der „y compris les dépenses" und des englischen Textes, der „including expenditures" lautet, also „unter Einbeziehung der Ausgaben", habe ich im Schriftlichen Bericht hingewiesen.
Der Ausschuß befaßte sich darauf eingehend mit dem Problem des Vergleichsmaßstabs für die Bemessung des Beitrages der Bundesrepublik und führte in diesem Zusammenhang die Erklärung
des Herrn Bundesfinanzministers am 11. Juli 1952 vor dem Plenum des Bundestages an, daß noch keine Einigung erzielt worden sei „über das, was als Verteidigungslast der Bundesrepublik anzuerkennen ist". Bisher sei auch nicht zu sehen gewesen, „was jedes der anderen Länder wirklich leistet". Auch der Finanzdelegierte der Bundesregierung auf der Pariser Konferenz, Ministerialrat Dr. Vialon, hat im Bulletin der Bundesregierung vom 29. August 1952 festgestellt, daß die bisherige Beitragsbemessung für die Bundesrepublik unbefriedigend sei. Er schreibt wörtlich:
Es fehlt die Gewißheit, daß für die Höhe des Beitrags die auf den Kopf des Einwohners bezogene Leistungsfähigkeit an Hand des verfügbaren Einkommens berechnet wird . . .
Diese Leistungsklausel wurde — wie er wörtlich schreibt — verhindert.
Auch der Text des Gutachtens der „Drei Weisen" vom 16. Februar 1952 sucht den maximalen Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik allein im Rahmen der „volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit". Mit dieser Frage mußte sich der Ausschuß naturgemäß eingehend befassen, weil es j a die Kernfrage der Bemessung des Verteidigungsbeitrags überhaupt ist. Obgleich nun das Gutachten der „Drei Weisen" die besonderen deutschen Schwierigkeiten durch die Arbeitslosigkeit und das Flüchtlingsproblem anerkennt, wertet es das „Vorhandensein erheblicher ungenutzter wirtschaftlicher Möglichkeiten in Deutschland als potentielles Aktivum" unzulässig hoch, zumal es davon die Steigerung der deutschen Ausfuhr und als deren Folge eine höhere deutsche Gesamtzahlungsbilanz
und eine — wie es wörtlich heißt — „relativ hohe Steigerungsrate bei der Gesamtproduktion" erwartet und daraus positiv eine günstige finanzielle Lage der Bundesrepublik feststellt. Der „DreiWeisen-Bericht" räumt zwar ein, daß man auch wichtige menschliche und soziale -Werte neben streng wirtschaftlichen und finanziellen berücksichtigen müsse, benutzt aber doch als einzigen Maßstab der Beitragsermittlung für die Bundesrepublik ein ausschließlich wirtschaftliches Kriterium, nämlich die Statistik der deutschen Gesamtproduktion. Der Regierungsvertreter suchte dieses Problem des Vergleichsmaßstabes durch den Hinweis zu klären, daß zwar das Brutto-Sozialprodukt nach bestimmten gesamtwirtschaftlichen Kriterien berechnet wird, daß aber gewisse Sonderbelastungen berücksichtigt würden und daraus ein Nettoverteidigungsbeitrag an die EVG errechnet werde.
Der Ausschuß warf dann die Frage auf, ob bei der Beitragsermittlung beispielsweise für Frankreich das Wirtschaftsvolumen berücksichtigt werde, das Frankreich aus Indochina zufließe, da die République Française und nicht die Union Française Partner des EVG-Vertrages sei. Die Wichtigkeit dieser Frage wurde durch die Forderung unterstrichen, daß alle Ausgaben und Einnahmen bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen seien. Die Opposition im Ausschuß erblickte in der Tatsache, daß europäische Staaten von ihrem nationalen Beitrag an die EVG ihre überseeischen Verpflichtungen abziehen können, eine Schwächung des EVGGedankens. Auch in der Tatsache, daß über die Verwendung europäischer Verteidigungsmittel etwa in Indochina nicht von der EVG selber entschieden werde, sah die Opposition ein Problem. Die Vertreter der Koalitionsparteien und die Regierungsvertreter erblickten in der Bestimmung, daß die Höhe des Verteidigungsbeitrags wegen des Prinzips der Einstimmigkeit nicht gegen die Stimme der Bundesrepublik festgesetzt werden könne, ein Faktum, das der Bundesrepublik bei Verhandlungen geradezu eine Schlüsselposition verleihe.
Im Zusammenhang mit dem Problem der Anrechnungsfähigkeit der Kosten für Berlin auf den Verteidigungsbeitrag wurde an die Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers vom 9. Juli 1952 vor dem Plenum des Bundestags erinnert, daß bisher keine Einigung darüber erzielt wurde, ob die Ausgaben für Polizei, Grenzschutz, Wehrmachtpensionen und Hilfe für Berlin als Verteidigungslast der Bundesrepublik anzuerkennen seien. Der Bundesfinanzminister sagte damals — und es ist wichtig, das hier zu wiederholen —:
Deshalb haben wir den Standpunkt vertreten, daß jede D-Mark, die wir an Berlin-Hilfe ausgeben - ob sie für polizeiliche Zwecke oder für soziale Zwecke oder sogar für kulturelle und rein wirtschaftliche Zwecke gilt —, genau so hoch einzuschätzen ist wie jede D-Mark, die für unmittelbar militärische Zwecke der Verteidigung anderswo ausgegeben wird.
Da wir diesen Standpunkt nicht aufgeben, ihn aber auf der anderen Seite auch nicht sofort zum vollen Erfolg führen konnten, schloß man einen Kompromiß, in dem man die Lösung dieser Frage einer allgemeinen Revision des deutschen Verteidigungsbeitrages überließ, die vor dem 30. Juni 1953 stattfinden muß.
Wir votieren also ein halbes Jahr vor dem Ablauf des Revisionstermins eine der wesentlichsten Bestimmungen des Vertrags. Das Gutachten der „Drei Weisen" erklärt: Ein Teil der Ausgaben für Berlin fällt praktisch unter die allgemein angewandte Begriffsbestimmung für Verteidigungsausgaben. Die meisten fallen jedoch nicht darunter. Nur weil sie weitgehend, wie der Bericht wörtlich sagt, das Maß normaler Notstandsgebietsaufwendungen übersteige, sei diese Belastung bei der Bemessung des deutschen Beitrags als besonderer Faktor berücksichtigt worden. Es wird also nach Ansicht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ein weiteres Bemühen der Bundesregierung sein müssen, diese Kosten, die für Berlin aufgewendet werden, auf den gesamten Verteidigungsbeitrag angerechnet zu bekommen.
Meine Damen und Herren, das, was ich soeben ihnen kurz vorzutragen mich bemüht habe, ist der Kernpunkt der Festsetzung der Höhe des Verteidigungsbeitrages. Ich komme nun zu den anderen Problemen und versuche, sie in aller Kürze darzustellen, mich also auf das Wesentliche zu be- schränken.
Ich komme zu dem Problem der unentgeltlichen Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Dienststellen durch die Streitkräfte. Hier handelt es sich um Leistungen der Bundesrepublik über ihren ja in Geld zu leistenden Beitrag zu den Stationierungskosten hinaus. Die Bundesrepublik stellt den Streitkräften für eigene Zwecke und für Zwecke ihrer Mitglieder gewisse Leistungen unentgeltlich zur Verfügung: Verwaltungsleistungen und Verwaltungshilfe deutscher öffentlicher Dienststellen, also Polizei, Gesundheitsdienst, Feuerschutz, Wetterdienst, Vermessungsdienst und so fort, ferner Wege, Straßen, Brücken, weiter schiffbare Gewässer — allerdings nur dann, wen sie normal be-
ansprucht werden, worüber aber noch eine besondere Vereinbarung zu erzielen ist —, ferner Vermögenswerte der Bundesrepublik, mit Ausnahme der Bundesbahn und der Bundespost, und des früheren Deutschen Reiches, und zwar auch solche, die aus Besatzungskosten oder Auftragsausgaben oder aus dem Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik erbaut oder beschafft worden sind. Der Finanzvertrag sieht gewisse Ausnahmen vor, über die besondere Vereinbarungen zu treffen sind.
Die Streitkräfte können Vermögenswerte der Länder für eigene Zwecke in Anspruch nehmen. Die Bundesrepublik verpflichtet sich, die Streitkräfte von der Haftung für alle den Ländern zustehenden Ansprüche zu befreien und ihrerseits den Ländern die Nutzungsvergütung zu bezahlen. Dasselbe gilt für Vermögenswerte der Gemeinden. Die Bundesrepublik übernimmt es, für die von den Streitkräften in Anspruch genommenen Grundstücke die Grundsteuer zu entrichten. Auch die Mitglieder der Streitkräfte, also das Gefolge, dürfen kraft eigenen Rechts Einrichtungen und Leistungen unentgeltlich beanspruchen, wenn dies „normalerweise" auch von anderen Personen geschieht.
Die Kosten des Baues, der Instandsetzung und Instandhaltung von für zivile und militärische Zwecke genutzten Verkehrsmitteln, -anlagen und
-einrichtungen, Meldeanlagen, -einrichtungen und
-ausrüstungen, öffentlichen Versorgungseinrichtungen belasten im allgemeinen nicht den Haushalt der Mächte, sondern den Haushalt der Bundesrepublik.
Militärische Sonderausgaben werden auf Grund vorheriger Abmachung nur dann ganz oder teilweise auf den Stationierungskostenhaushalt verrechnet, wenn die betreffende Einrichtung keinen Ertrag abwirft und nur in geringem Umfange für zivile Zwecke genutzt wird, es sei denn, daß Son-
derumstände die Übernahme der Kosten begründen. Die „Sonderumstände" sind nicht näher definiert. Einige Fälle, die nur im militärischen Interesse liegen, sind in Art. 13 Abs. 2 aufgeführt. Die Darstellung all dieser Einzelheiten würde natürlich zu weit führen.
In bezug auf die deutschen Leistungen, die der Finanzvertrag festlegt, entwickelte der Regierungsvertreter die deutsche Tendenz, bei den Verhandlungen nur solche öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen den Schutzmächten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die auch den Deutschen unentgeltlich zur Verfügung ständen, also etwa die normale Straßenbenutzung und der normale Polizeischutz, jedoch nicht ein besonderer Polizeischutz, der vielmehr von den Mächten nunmehr bezahlt werden müsse. Die Auffassung der Bundesregierung, nach der die unentgeltliche Benutzung z. B. öffentlicher Gebäude durch die Besatzungsmächte nach Aufhebung des Besatzungsstatuts im Rahmen der neuen Verträge zumindest für das Eigentum der deutschen Länder nicht gelte, habe sich jedoch nicht durchgesetzt. Er leitete dies aus dem Tatbestand ab, daß die bundesstaatliche Konstruktion mit den getrennten Haushalten von Bund und Ländern den Mächten fremd sei. Auch hätten andere große westeuropäische Staaten, in deren Bereich fremde Truppen stationiert seien, sich in unentgeltlichen Leistungen an diese Truppen geradezu überboten. Die weitgehenden Vergünstigungen, die England und Frankreich nicht nur auf steuerlichem Gebiet, sondern hinsichtlich der Zurverfügungstellung öffentlichen Eigentums, öffentlicher Sach- und Werkleistungen und öffentlicher Dienste den amerikanischen Truppen eingeräumt hätten, habe es der Bundesrepublik erschwert, wesentlich ungünstigere Bedingungen gegenüber den stationierten Truppen durchzusetzen.
Die Schadensersatzpflicht für künftige Schäden erstreckt sich auf Verluste oder Schäden durch die Streitkräfte selbst, durch Mitglieder oder Bedienstete bei der Erfüllung dienstlicher Pflichten und auf Verluste oder Schäden durch Manöver sowie bei der Benutzung von Liegenschaften oder beweglichen Gegenständen, soweit die Schäden „normale Abnutzung" überschreiten.
Bei der.. Prüfung von Schadensersatzansprüchen müssen die Dienststellen 'der Streitkräfte die deutschen Rechtsvorschriften berücksichtigen; sie entscheiden jedoch allein, ob und in welchem Umfang Entschädigung gezahlt werden soll. Nicht berücksichtigt werden Ansprüche aus Beschädigungen öffentlicher Wege, Straßen, Brücken, schiffbarer Wasserstraßen und anderer Verkehrsanlagen infolge ihrer Benutzung durch die Streitkräfte, deren Mitglieder oder Bedienstete für normale Verkehrszwecke, Ansprüche aus Verlusten oder Beschädigungen an Vermögenswerten, die aus Besatzungskosten oder Auftragsausgaben oder aus dem Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik erbaut oder beschafft worden sind, aus Verlusten oder Schäden aus Verträgen oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnissen.
Das für die Geltendmachung von Ansprüchen anzuwendende Verfahren, das, lin der Natur der Sache liegend, recht kompliziert ist, will ich natürlich hier nicht erläutern. Entscheidungen in solchen Verfahren liegen in der Hand der Streitkräfte. Nur wenn eine Streitkraft selbst dem Prozeß beitritt und die Entscheidung eines deutschen Gerichtes zu ihren Ungunsten anerkennt, erfolgt die Entschädigungszahlung zu Lasten der Stationierungskosten der Streitkräfte. Auch die Entscheidung der Frage, ob Schäden im Rahmen dienstlicher Tätigkeit entstanden sind — grundsätzlich werden nur solche vergütet —, liegt in der Hand der Streitkräfte.
Für Schäden an Vermögenswerten im Eigentum der Bundesrepublik - ausgenommen Bundesbahn und Bundespost — wird kein Ersatz geleistet, ebenso nicht für Belegungsschäden an Bundes- und früherem Reichseigentum. Die Bundesrepublik verpflichtet sich im Vertrag ausdrücklich, aus derartigen, nach dem Inkrafttreten der Verträge entstehenden Schäden keine Ansprüche zu stellen, die beteiligten Mächte also von der Haftung zu befreien. Die beteiligten Mächte ihrerseits verzichten auf Ansprüche aus Werterhöhungen an Vermögenswerten, die aus Mitteln des Besatzungskostenhaushalts oder der Stationierungskosten vorgenommen worden sind. Eine entsprechende Regelung in bezug auf Ländereigentum wird in Art. 9 getroffen. Um jedoch nicht die Länderhaushalte aus der Erfüllung von Schadensersatzansprüchen zu belasten, übernimmt die Bundesrepublik auch hier an Stelle der Länder die Haftung.
Die beteiligten Mächte verpflichten sich, auch aus Werterhöhungen an Vermögensgegenständen der Länder keine Ansprüche geltend zu machen. Die beteiligten Mächte verpflichten sich, solche Ansprüche an die Bundesrepublik abzutreten, da la die Bundesrepublik auch die Belastungen aus der Haftung an Stelle der Länder übernehmen muß.
Bei den Schadensersatzansprüchen — Art. 10 — aus der Besatzungszeit erkennt die Bundesrepublik an, daß keine Ansprüche gegen die Drei Mächte auf Grund von Handlungen oder Unterlassungen der Drei Mächte oder ihrer Mitglieder zwischen dem 5. Juni 1945 und dem Inkrafttreten des Vertrages geltend gemacht werden können. Grundsätzlich belasten solche Schäden als Verteidigungsfolgekosten die Bundesrepublik auf Grund eines noch zu erlassenden deutschen Gesetzes, nämlich eines Bundesleistungsgesetzes.
Im Zusammenhang mit dem Problem der Haftung wurden im Finanzausschuß Art. 7 und Art. 9 erörtert, nach denen sich die Bundesregierung einseitig verpflichtet, die Mächte von aller Haftung für Ansprüche der deutschen Länder auf Nutzungsvergütung zu befreien. Der Ausschuß diskutierte auch das Problem der Nutzungsvergütung für Gemeinden. Es wurden Fälle genannt, in denen Gemeinden für Requisitionen durch die Besatzungsmächte keine Vergütung erhalten haben. Der Regierungsvertreter erklärte dazu, daß sich die Besatzungsmächte unter der Herrschaft des Besatzungsstatuts geweigert hätten, Nutzungsvergütungen an Bund oder Länder zu zahlen, daß aber für Gemeindeeigentum grundsätzlich eine Vergütung gezahlt worden sei. Der Generalvertrag stelle in aller Form das Prinzip der Entschädigungspflicht für alles in Anspruch genommene Eigentum — mit Ausnahme des Bundes- und Ländereigentums — fest, besonders für das benutzte Gemeindeeigentum. Für solches zahle der Bund auch rückwirkend eine Entschädigung.
Das Problem der Behandlung von requiriertem Ländereigentum sei besonders schwierig zu behandeln gewesen. Auch hier hätten die Länder, obwohl sie nach alliiertem Recht keine Vergütung bekommen, über den Einzelplan XXVII Vergütung vom Bund erhalten. Durch ihre subsidiäre Haftung wolle die 'Bundesregierung der deutschen 'Seite den Rechtsschutz sichern.
In der Frage der Abwicklung der noch nicht geregelten Besatzungsschäden habe die Bundesregierung ihren Standpunkt, daß dieser Betrag, den man auf 300 Millionen 'DM schätzt, auf den Verteidigungsbeitrag anzurechnen sei, nicht durchgesetzt. Sie habe dies hingenommen, um eine Limitierung der Besatzungskosten zu erreichen und um die Abwicklung nach deutschen Rechtsgrundsätzen vollziehen zu können.
Hier darf ich die Damen und Herren darauf aufmerksam machen, daß auf Seite 81 des Schriftlichen Berichts ein grober Druckfehler steht, indem statt 300 Millionen 6 300 Millionen, also eine astronomische Zahl, angegeben ist. Diese 6 300 Millionen sind also in 300 Millionen zu ändern.
Die Stationierungskosten müssen ausschließlich für den Unterhalt der Streitkräfte verwendet werden, sich in dem mit der militärischen Leistungsfähigkeit der Streitkräfte zu vereinbarenden Mindestrahmen halten und wirtschaftlich und sparsam verwendet werden. Über den Begriff „Mindestrahmen" im Einklang mit der militärischen Leistungsfähigkeit können die Auffassungen natürlich stark abweichen. Konkrete Vereinbarungen darüber sind also noch zu treffen.
Nun würden die Haushaltsprobleme folgen. Jede Macht hat ja einen Haushaltsplan aufzustellen. Die Darstellung der Haushaltsprobleme im ganzen und im einzelnen nimmt, obgleich ich sie im Schriftlichen Bericht im Telegrammstil abgefaßt habe, einen großen Teil 'des Berichts ein. Ich verweise auf diesen Bericht und ebenfalls auf den Bericht des Haushaltsausschusses. Ich möchte also über diesen ausführlichen Teil des Berichts, obgleich er von großer und einschneidender Wichtigkeit ist, nichts sagen. Nur ein paar Einzelbestimmungen dürfen nicht übergangen werden, die vom Standpunkt des Finanzausschusses aus erwähnt werden müssen.
Die Bundesrepublik wird verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Mittel für alle Zahlungen bei Bedarf zur Verfügung stehen. Im Briefwechsel — Nr. 6 - werden Einzelheiten über die Abwicklung der Zahlungen geklärt, die ich nicht aufführen will. Die Zahlungsermächtigungen, also die technische Abwicklung von Auszahlungen auf Grund von Zahlungsermächtigungen der Streitkräfte, erfolgen durch deutsche Zahlstellen. Die Bundesrepublik muß den Zahlungsermächtigungen der Streitkräfte den Vorrang einräumen; sie muß unter Umständen mit stoßweise anfallenden größeren Zahlungsermächtigungen rechnen, die ihre Kassenlage beeinträchtigen können.
Es ist dabei ausdrücklich festgelegt, daß eine Zahlungsermächtigung mit Rechnungsbelegen in allen Fällen vorzulegen ist, damit auch der Bundesrepublik die Möglichkeit einer ordnungsmäßigen Buchführung gegeben wird. Während die deutschen Dienststellen bisher auf die Buchführung der Alliierten angewiesen waren, wird jetzt die deutsche Buchführung als gleichberechtigt neben der der beteiligten Mächte anerkannt.
Durch Prüfungen soll die Übereinstimmung der Ausgabebücher der beteiligten Mächte mit denen der Bundesrepublik gewährleistet werden. Differenzen werden gegebenenfalls in dem noch zu bildenden Koordinierungsausschuß bereinigt, der das entsprechende Verfahren festlegt.
Die bevollmächtigten Vertreter der beteiligten Mächte können die deutschen Unterlagen über von deutschen Zahlstellen geleistete Zahlungen prüfen; umgekehrt besagt der Vertragstext nichts über eine entsprechende Prüfungsberechtigung deutscher Bevollmächtigter gegenüber den beteiligten Mächten.
Der Koordinierungsausschuß, der nach Art. 14 des Finanzvertrages zu bilden ist, wird aus Vertretern der Bundesrepublik und der Drei Mächte gebildet. Der Finanzvertrag 'weist ihm Aufgaben zur Erleichterung der Durchführung des Vertrages zu und 'überträgt ihm die Beseitigung von Schwierigkeiten, die sich im Benehmen zwischen den Behörden und Dienststellen nicht unmittelbar beheben lassen.
Die Bildung dieses Koordinierungsausschusses sollte vordringlich erfolgen, damit er mit dem Inkrafttreten des Vertrages seine Tätigkeit aufnehmen kann.
Die Art. 16 und 17 enthalten Revisionsklauseln, die die Möglichkeit bieten, politische und wirtschaftliche Veränderungen zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn Vereinbarungen zwischen der NATO und der EVG dies notwendig oder wünschenswert erscheinen lassen. Zu diesem Zwecke sind also ergänzende Abkommen erforderlich.
Der Art. 19 sagt über die Ausnahmen von der Schiedsgerichtsbarkeit aus. Die in Art. 9 des Generalvertrags vorgesehene Schiedsgerichtsbarkeit ist danach nicht zuständig für Streitigkeiten, die die
Festsetzung des Verteidigungsbeitrags, die Verteilung der Stationierungskosten unter die einzelnen Mächte, den Bauetat, die Bestimmungen über die Zuständigkeiten in Entschädigungs- und Vergütungsfragen und die Zuständigkeit des Koordinierungsausschusses betreffen. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist ferner nicht zuständig zur Überprüfung der Entscheidungen der in diesem Artikel erwähnten Organe. Art. 19 entzieht dadurch die wesentlichsten noch zu vereinbarenden Punkte und die in der Natur der Sache liegenden Differenzpunkte der Zuständigkeit des Schiedsgerichts und somit einer höheren Instanz.
Ich komme zum Schluß meines Berichts. Es sind eine Reihe von Fragen auf finanziellem Gebiet noch offengeblieben, und zwar sehr einschneidende Fragen wie die Festsetzung des deutschen Verteidigungsbeitrages nach dem 30. Juni 1953. Die Anrechnungsfähigkeit der Kosten für Berlin, der Ausgaben für Polizei, Grenzschutz und Wehrmachtpensionen auf den Verteidigungsbeitrag ist noch nicht anerkannt und muß noch ausgehandelt werden, ebenso im EVG-Vertrag die Sicherheitsgarantie für die gleichmäßige Berücksichtigung und die gerechte Aufbringung der finanziellen Lasten; die Leistungsformel der Beitragsbemessung muß also noch gefunden werden. Die Finanzierung von Verteidigungsanlagen muß bis zum 30. Juni 1953 zwischen der Bundesrepublik, der EVG und den Mächten noch geregelt werden. Grundsätze und Richtlinien für die Festsetzung von Preisen und Vergütungen sind noch nicht vereinbart. Die Vergütungen für die Bereitstellung von Liegenschaften, Gütern und Materialien oder sonstigen Leistungen für die Mächte müssen noch durch ein Bundesleistungsgesetz geregelt werden. Tarife für die künftigen Vergütungen von Verkehrs-, Post- und Fernmeldeleistungen müssen noch durch ein Abkommen festgesetzt werden. Die Besoldungssätze für deutsche EVG-Truppen, die der Rat einstimmig beschließen muß, sind noch nicht festgelegt. Auch über das Versorgungswesen der EVG sind Regelungen noch nicht getroffen; ein deutsches Versorgungsgesetz gibt es nicht. — Über den Koordinierungsausschuß und die Revisionsmöglichkeiten habe ich schon gesprochen.
Ich muß nun zum Schluß noch ein paar Worte sagen über einen breiten Teil der Arbeit des Ausschusses, soweit sie die Belastung der öffentlichen Finanzen betrifft. Der Haushaltsausschuß wird in seinem Bericht ja zu der direkten Belastung des Haushalts Stellung nehmen. Der Finanzausschuß hat sich bemüht, sich darüber hinaus ein Bild von den weiteren Belastungen zu verschaffen, die notwendigerweise auf die Bundesrepublik zukommen werden. Das sind Tilgung und Verzinsung der deutschen Auslandsschulden, Abkommen über die Schuldenregelung mit der Schweiz, Wiedergutmachungsvertrag mit Israel, Wiedergutmachungsabkommen mit den jüdischen Weltorganisationen, die noch nicht abgewickelten Individualrestitutionen, die Belastung der Bundesfinanzen durch das Lastenausgleichsgesetz, der Ausbau des Bundesgrenzschutzes, idie Ausweitung der Versorgungslasten und dergleichen mehr. Der Ausschuß hat Wert darauf gelegt, von der Regierung Schätzungen über Einnahmeausfälle infolge von Steuer- und Zollvergünstigungen für die Streitkräfte und über den Umfang der Sach- und Werkleistungen zu bekommen. Antworten auf diese Fragen konnten jedoch noch nicht erteilt werden, weil darüber Berechnungen und Schätzungen noch nicht vorlagen.
Schätzungen der Entwicklung des deutschen Sozialprodukts, aus dessen Höhe die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes für den Verteidigungsbeitrag berechnet werden kann, sind noch zu unsicher, als daß sie vom Ausschuß hätten eingesetzt werden können.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich bemüht, aus einem außerordentlich umfangreichen Bericht wirklich nur die allerwesentlichsten Gesichtspunkte vorzutragen. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich es nicht noch kürzer habe tun können.