Rede von
Dr.
Hans-Joachim
Fricke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hatte sich mit denjenigen Bestimmungen des Vertragswerkes zu befassen, die einen direkten oderindirekten Einfluß auf die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik nach Inkrafttreten der Vertragswerke haben könnten. Unter diesem Gesichtspunkt wurden die folgenden Bestimmungen der Verträge behandelt: einmal aus dem Truppenvertrag die Versorgung der Stationierungstruppen, aus ,dem EVG-Vertrag die Aufstellung und Durchführung der Rüstungsprogramme im allgemeinen, das Beschaffungswesen und die Beschaffungsorganisation, das Verbot der Erzeugung, der Ein- und Ausfuhr und der Forschung auf dem Gebiet des Rüstungsmaterials, und schließlich das Transferproblem und der Devisenausgleich, die Devisenbilanz gemäß Art. 6 des Finanzprotokolls, weiter aus dem Überleitungsvertrag die Bestimmungen über Wettbewerbsbeschränkungen, Ufa/ Ufi-Komplex, Großbanken, Entflechtung Kohle, Eisen und Stahl, I.G. Farben und gemischter Ausschuß für die Entschädigung der Großaktionäre der I.G. Farben und schließlich Gewerbefreiheit. Die Beratungen wurden nach neun Sitzungen des Aus-
*) Siehe Anlage zur 240. Sitzung, Seite 11215 A
schusses abgeschlossen. Von einer besonderen Beratung über eine nach den Verträgen mögliche Inanspruchnahme auf dem Gebiet der Verkehrs-, Post- und Fernmeldeleistungen wurde abgesehen, da hierzu eine ausführliche Stellungnahme der Ausschüsse für Verkehrswesen und Post- und Fernmeldewesen erarbeitet wurde. Die Berichterstattung ging arbeitsteilig vor sich, und zwar dergestalt, daß Herr Kollege Stegner und ich den Ihnen eben aufgeführten Komplex jeder für sich behangelte und daß Herr Kollege Dr. Kreyssig die Berichterstattung über die Stellungnahme der Minderheit übernahm. Die Berichte liegen Ihnen vor.
Zu meinem Bericht ergänze ich noch kurz: Im einzelnen mußte sich der Ausschuß eingehend mit den möglichen Auswirkungen der Inanspruchnahme von Sach- und Werkleistungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, das Sozialprodukt, das Preisniveau und die Währung beschäftigen; denn der Bedarf der Streitkräfte ist vorrangig sicherzustellen. In starkem Maße kamen hierbei aber auch die Probleme zur Sprache, die sich an die vertraglich festgelegte Sorgepflicht der Bundesregierung für die Bereitstellung der von den Streitkräften benötigten Menschen knüpfen. Die Probleme des Arbeitsrechts und der Sozialpolitik wuchsen uns gewissermaßen unter den Händen.
Im Rahmen der praktischen Durchführung der Sach- und Werkleistungen trat das Problem der Zweigleisigkeit der Auftragsvergebung — einmal durch deutsche Stellen, dann durch die Streitkräfte selbst — in den Vordergrund. Diese Zweigleisigkeit mußte ja bekanntlich in Kauf genommen werden. Ich darf hierzu im einzelnen auf die vorliegenden Berichte verweisen.
Dasselbe möchte ich ferner bei dem bedeutungsvollen Komplex von Art. 1 bis 6 und Art. 10 des Zweiten Teils des Überleitungsvertrages tun, der bekanntlich die Sonderbefugnisse der Besatzungsbehörden ablöst. Die schwierigen Modalitäten erforderten umfängliche Berichte. Vor allen Dingen die Frage: Wirkliche Ablösung der Vorbehalte der Besatzung oder Versteinerung der Prizipien hat uns, dem Ausschuß, manchen Stein in den Weg geworfen.
Folgende Sonderprobleme mußten in einer neunten Sitzung am 13. November 1952 gesondert behandelt werden und konnten — ein ähnlicher Vorgang, wie er vorhin vom Rechtsausschuß geschildert wurde — im Schriftlichen Bericht nur noch andeutungsweise berücksichtigt werden. Ich trage sie deshalb hier noch kurz in den Überschriften vor, weil ich der Auffassung bin, daß die hier gegebene Stellungnahme für die künftige Behandlung der Verträge im Ausschuß dokumentarischen Wert besitzt. Es ist einmal die Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums zu der Frage der Beteiligung der Notstandsgebiete bei Aufträgen aus der EVG behandelt worden; zum zweiten das Schreiben des Präsidenten des Zentralbankrates vom 4. November 1952 zur Frage der Währungsstabilität; ferner die Stellungnahme des Bundesfinanzminsteriums zur Frage der unentgeltlichen Inanspruchnahme des ehemaligen Reichsvermögens, soweit es sich um Beteiligungen des Bundes an gewerblichen Unternehmungen handelt; weiter das Protokoll des Ausschusses für Verkehrswesen am 29. Oktober 1952 mit der Stellungnahme des Verkehrsausschusses zu den Verkehrsbestimmungen im Truppenvertrag und EVG-Vertrag sowie ein Schreiben des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 27. Oktober 1952 zu den Bestimmungen über das Post- und Fernmeldewesen in Deutschland und schließlich die Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums zur Frage des Handels mit den Ostblockstaaten. Des dokumentarischen Wertes dieser Schreiben wegen werden sie hier zitiert.
Im übrigen darf auf den Schriftlichen Bericht*) verwiesen werden.