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    Deutscher Bundestag — 239. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1952 11005 239. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. November 1952. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 11007D, 11036B Zur Tagesordnung 11007D, 11072D, 11074A, B, 11082C zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend deutschniederländische Vereinbarungen vom 19. Mai 1952 über Fragen der Restitution und vom 13./20. Juni 1952 über Freigabe von deutschen Reichsmark-Wertpapieren (Nr. 3832 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3903 der Drucksachen) 11008A Beratung abgesetzt 11008A Zur Geschäftsordnung, — Termin für die zweite und dritte Beratung der Verträge mit den Alliierten: Dr. Krone (CDU) 11008B Dr. Arndt (SPD) 11008C, 11016A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 11011B Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 11011D Renner (KPD) 11012C Loritz (Fraktionslos) 11013C Freudenberg (FDP-Gast) 11014B Dr. Schäfer (FDP) 11014C Dr. von Merkatz (DP) 11015A von Thadden (Fraktionslos) . . . 11015B Dr. Tillmanns (CDU) 11016D Abstimmung 11017B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 3894 der Drucksachen) . . 11017C Dr. Atzenroth (FDP) (Erklärung zur Abstimmung 11017C Beschlußfassung 11017D Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 (Nachtragshaushaltsgesetz 1952) (Nr. 3800 der Drucksachen) in Verbindung mit der Fortsetzung der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Lausen u. Gen. betr. Förderungsmaßnahmen der Wasserversorgung der Länder und Gemeinden (Nrn. 3874, 2368 der Drucksachen), mit der Fortsetzung der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher, Dr. Meitinger, Dannemann, Tobaben, Kriedemann u. Gen. betr. Erhaltung des deutschen Flachs- und Hanfanbaues (Nrn . 3875, 3718 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. Kredite für Wiederherstellungsarbeiten an denkmalspflegerisch wertvollen Gebäuden (Nr. 3816 der Drucksachen) . . . . 11008A, 11018A, 11083D Schoettle (SPD) 11018A Dr. Wuermeling (CDU) 11026B Bausch (CDU) 11032C Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . 11036B Jaffé (DP) 11037D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 11040D Hoffmann (Lindlar) (FU) 11041B Dr. Decker (FU), Antragsteller . 11042C Hennig (SPD) 11043A 0 Renner (KPD) 11043B Arndgen (CDU) 11046D Kalbfell (SPD) 11048A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 11048D Funcke (FDP) 11049D Gengler (CDU), Berichterstatter . 11051A Kriedemann (SPD) 11051C Überweisung des Gesetzentwurfs Nr. 3800 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß und des Antrags Nr. 3816 der Drucksachen an den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Kulturpolitik 11052A Beschlußfassung über die Ausschußanträge Nrn. 3874 und 3875 der Drucksachen 11052A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts (Familienrechtsgesetz) (Nr. 3802 der Drucksachen) . . 11052B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 11052C Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . 11055D Frau Dr. Rehling (CDU) 11058A Frau Meyer-Laule (SPD) 11059D Frau Nadig (SPD) 11061B Dr. Meitinger (FU) 11063A Frau Dr. Ilk (FDP) 11063D Frau Wessel (Fraktionslos) . . . 11065D Ewers (DP) 11066C Frau Strohbach (KPD) 11067D Dr. Menzel (SPD) 11069B Frau Dr. Weber (Essen) (CDU) . 11071B Überweisung an den Rechtsausschuß . 11072C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auftragslenkung für Berlin (Nr. 3833 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Förderung des wirtschaftlichen Aufbaus und der sozialen Sicherheit Berlins (Nr. 3834 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 11072D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Behrisch (Nr. 3723 der Drucksachen) . . 11073A Ewers (DP), Berichterstatter . . 11073A Beschlußfassung 11074C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Langer (Nr. 3724 der Drucksachen) . 11074B Gengler (CDU), Berichterstatter 11074B, C Beschlußfassung 11074C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Lampl (Nr. 3748 der Drucksachen) 11074D Dr. Mücke (SPD), Berichterstatter 11074D Beschlußfassung 11075A Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) über die Feststellung des Erlöschens des Bundestagsmandats des Abg. Dr. Doris (Nr. 3870 der Drucksachen, Umdruck Nr. 707) 11075A, 11077A Dr. Schneider (FDP), Berichterstatter 11077A Renner (KPD) 11077D Dr. von Merkatz (DP) 11078C Beschlußfassung vertagt 11079A Erste Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes (Neufassung des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetzes) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen (Nr. 3801 der Drucksachen) . . 11075B Überweisung an den Ausschuß für Pa tentrecht 11075B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (Nr. 3819 der Drucksachen) 11075B Überweisung an den Rechtsausschuß . 11075C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen (Nr. 3820 der Drucksachen) 11075C Überweisung an den Rechtsausschuß 11075C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung (Nr. 3667 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 3854 der Drucksachen) 11075C Beschlußfassung 11075D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung zur Ergänzung des Allgemeinen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit vom 10. Juli 1950 und das Zusatzprotokoll zur Vierten Zusatzvereinbarung zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit vom 10. Juli 1950 (Nr. 3843 der Drucksachen) 11075D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 11075D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Gleichstellung der Kriegsgeschädigten (Nrn. 3731, 124, 1934, 2177 der Drucksachen) 11076A Schüttler (CDU), Berichterstatter 11076A Beschlußfassung 11076D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Entschädigung an ehemalige Kriegsgefangene und Zivilinternierte für in der Kriegsgefangenschaft geleistete Arbeit und den Antrag der Fraktion der FDP betr. Entschädigungsgesetz für Arbeitsleistungen ehemaliger Kriegsgefangener und den Antrag der Fraktion der CDU/ CSU betr. Vorlage eines Zweiten Ergänzungsgesetzes zum Heimkehrergesetz (Nrn. 3855, 3674, 3693, 3703 der Drucksachen) 11079B Frau Dr. Probst (CDU), Berichterstatterin 11079C Beschlußfassung 11080C Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. Deutsche Kriegsgefangene und Zivilinternierte (Nr. 3807 der Drucksachen) 11080C Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 11080D Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. Regelung zur Rückgabe der Gebäude und Grundstücke des deutschen Auswärtigen Dienstes im Ausland (Nr. 3808 der Drucksachen) 11080D Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 11080D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Wohnraummangelgesetzes (Nr. 2158 der Drucksachen) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) (Nr. 3822 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 708, 710) 11080D Kalbfell (SPD), Berichterstatter (schriftlicher Bericht) 11085 Paul (Düsseldorf) (KPD) . . . . 11081A ,D Lücke (CDU) 11081B Abstimmungen 11081B, 11082A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (Emissionsgesetz) (Nr. 3734 der Drucksachen) 11082C Beschlußfassung 11082D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Nrn. 3818, zu 3818 der Drucksachen) 11082D Überweisung an den Rechtsausschuß . 11082D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP-DPB, FU (BP-Z) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich (Nr. 3844 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausgleichsleistungen an Sowjetzonenflüchtlinge (Nr. 3835 der Drucksachen), mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener (Nr. 3836 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU (BP-Z) betr. einmalige Zuwendung an Empfänger von Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Nr. 3823 der Drucksachen) 11083A Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 11083A Zur Geschäftsordnung, betr. Ausschußüberweisung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3860 der Drucksachen) 11074A, B, 11083B, C Frau Kalinke (DP) 11083B Weiterberatung vertagt 11083B Nächste Sitzung 11079A, 11083D Feststellung des Präsidenten zu Ausführungen des Abg. Dr. Wuermeling und zu Zwischenrufen des Abg. Renner 11083D Anlage 1: Erklärung des Abg. Dr. Atzenroth gemäß § 59 der Geschäftsordnung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 3494 der Drucksachen) 11084 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes (Nrn. 3822, 2158 der Drucksachen) . . . 11085 Anlage 3: Begründung zum Interfraktionellen Änderungsantrag zum Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes (Umdruck Nr. 710) 11097 Die Sitzung wird um 13 Uhr 35 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 239. Sitzung Erklärung des Abgeordneten Dr. Atzenroth (FDP) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur „Verlängerung des Wirtschafts-Strafgesetzes" (Nr. 3 494 der Drucksachen) Ich habe dem Gesetz zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes, Drucksache 3894, meine Zustimmung gegeben, um die Gefahr eines gesetzlosen Zustandes zu beseitigen. Ich halte aber das Gesetz für änderungsbedürftig und behalte mir vor, Anträge auf Änderung dieses Gesetzes vor dem jetzt beschlossenen Ablauf zu stellen. Dr. Atzenroth Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 239. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes (Nrn. 3822, 2158 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Kalbfell I. Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundestag Mit Schreiben vom 13. April 1951 hat die Bundesregierung dem Bundestag den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes zugeleitet und zugleich zu der Äußerung des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen (Bundestagsdrucksache Nr. 2158). Die erste Lesung dieses Gesetzentwurfes fand am 26. April 1951 statt. Er wurde ohne Debatte dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen überwiesen. Nach einer Grundsatzdebatte im Ausschuß wurde ein Unterausschuß „Wohnraummangelgesetz" eingesetzt, der sich mit dem Gesetzentwurf zunachst in sechs Sitzungen befaßte. Die Beratungen erfuhren durch die Parlamentsferien 1951 eine Unterbrechung, konnten jedoch auch nach Schluß der Ferien noch nicht fortgesetzt werden, da sich der Ausschuß inzwischen mit Gesetzen zu beschäftigen hatte, die als dringlicher angesehen werden mußten. Es handelte sich dabei um Maßnahmen zur Erleichterung und Förderung des Wohnungsneubaues, durch den allein die Wohnungsnot entscheidend beseitigt werden kann. Erst im Jahre 1952 konnten die unterbrochenen Beratungen wieder aufgenommen werden; jedoch wurde zur Beschleunigung von einer Beratung im Unterausschuß abgesehen und der 18. Ausschuß selbst befaßte sich mit dem Gesetzentwurf. Die Beratungen waren im Hinblick auf die sehr vielfältigen Tatbestande und die wegen der Verzahnung von öffentlichem und privatem Recht schwierige Materie sehr eingehend. Eine große Zahl von Anregungen, die von beteiligten und sachverständigen Stellen und Verbänden eingegangen waren, wurde berücksichtigt; es wurden auch Sachverständige aus der Praxis gehört. Auch Vertreter der Länder, denen die Durchführung der Wohnraumbewirtschaftung obliegt, und des Bundesrates nahmen an den Sitzungen fast ständig teil. In insgesamt sechs Sitzungen des Unterausschusses und 18 Sitzungen des Ausschusses konnte volle Übereinstimmung über den Gesetzentwurf erzielt werden. II. Allgemeiner Inhalt und Aufbau des Gesetzentwurfs Der Ausschuß hat der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zugestimmt. Der Gesetzentwurf bezweckt, das Kontrollratsgesetz Nr. 18 (Wohnungsgesetz) abzulosen und das Gebiet der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung auf eine neue deutsche, den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßte Rechtsgrundlage zu stellen. Die Rechtslage ist auf diesem Gebiet durch Änderung des Kontrollratsgesetzes selbst und eine Reihe von deutschen Vorschriften zum Teil unübersichtlich geworden. Auch sind einzelne Vorschriften des Kontrollratsgesetzes Nr. 18 durch die Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse infolge des Grundgesetzes und des Besatzungsstatuts überholt. Das Kontrollratsgesetz enthält auch Lücken für die Rechtsanwendung, und vor allem haben sich die Verhältnisse seit dem Erlaß des Gesetzes wesentlich verändert und auch gefestigt. Bei der Neufassung des Rechts der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung soll daher insbesondere auch eine Lockerung der Bewirtschaftungsvorschriften vorgenommen werden. Das Recht der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung stellt, wie allgemein anerkannt ist, Wohnungsnotrecht dar. Es ist zwar wegen des Wohnungsmangels noch nicht entbehrlich, aber die Bewirtschaftung darf nicht Selbstzweck werden; entscheidend kann die Wohnungsnot nur durch Neubau beseitigt werden. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen bewirken weitgehende und unerfreuliche Eingriffe in den privaten Bereich. Sie dürfen also nicht stärker sein, als nach der Zielsetzung der Bewirtschaftung unerläßlich ist, und sollen, soweit angängig, gelockert werden. „Befehlsmaßnahmen" der Wohnungsbehörden sollen also durch „Lenkungsmaßnahmen" ersetzt werden, wenn mit ihnen der gleiche Erfolg erzielt werden kann; es soll zunächst auch versucht werden, auf freiwilliger Grundlage ohne staatlichen Zwang zum Ziel zu gelangen. So- weit Eingriffe der Wohnungsbehörden erforderlich sind und weiter zugelassen werden müssen, müssen sie entsprechend rechtsstaatlichen Anforderungen gestaltet werden. Das Verfahren muß beschleunigt werden. Verwaltungsmäßiger Leerlauf ist mit dem Ziel eines Abbaues auch der Wohnungsbehörden, zu vermeiden. Der Gesetzentwurf hat bei den Ausschußberatungen die Bezeichnung „Wohnraumbewirtschaftungsgesetz" erhalten. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß diese Bezeichnung seinen Inhalt besser zum Ausdruck bringt als die etwas farblose Bezeichnung „Wohnraummangelgesetz", die an das alte Wohnungsmangelgesetz der Zwangswirtschaft zwischen den beiden Weltkriegen anknüpft. Der Entwurf ist in gewissem Umfang nur ein Rahmengesetz, d. h. der Bundesgesetzgeber trifft teilweise keine abschließende Regelung, sondern läßt noch einen gewissen Spielraum zur Ausfüllung des Rahmens für die Gesetzgebung der Länder. So enthält der Gesetzentwurf z. B. auch keine Vorschriften über das Rechtsmittelverfahren. Dieses richtet sich vielmehr zunächst noch wie bisher nach den in den einzelnen Ländern geltenden, voneinander teilweise abweichenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Eine insoweit bundesrechtlich einheitliche Regelung zu treffen, muß besonderer Gesetzgebung vorbehalten bleiben; es erschien nicht angängig, sie für ein einzelnes Gebiet wie das der Wohnraumbewirtschaftung vorwegzunehmen. Aus Zweckmäßigkeitsgründen sind nach dem Entwurf die Länderregierungen zu einzelnen Fragen auch zum Erlaß von Durchführungsvorschriften ermächtigt worden. Der Gesetzentwurf ist der Übersichtlichkeit halber in Abschnitte aufgeteilt. Aus dem gleichen Grunde tragen die Paragraphen Überschriften. Der erste Abschnitt bringt allgemeine Vorschriften und setzt sich mit wesentlichen Begriffen der Wohnraumbewirtschaftung auseinander. Der zweite Abschnitt befaßt sich mit der Feststellung des Wohnraumbestandes und der Wohnungsuchenden, also den vorbereitenden Maßnahmen für die wichtigste Tätigkeit der Wohnungsbehörden, die Zuteilung von Wohnraum, die im dritten Abschnitt geregelt ist. Der vierte Abschnitt enthält Vorschriften über die Zweckentfremdung von Wohnraum, während der fünfte Abschnitt sich auf Maßnahmen bezieht, die zur Erhaltung, Verbesserung und Vermehrung von Wohnraum und zur Erleichterung des Städtebaues dienen. Der sechste Abschnitt bringt ergänzende Vorschriften, die insbesondere auch Fragen des Mieterschutzes und des Vollstreckungsschutzes betreffen, deren Ausgestaltung auch in starkem Maße die öffentliche Wohnraumbewirtschaftung berührt. III. Erläuterung des Entwurfs im einzelnen Zu § 1: Hier wird der Grundsatz aufgestellt, daß Wohnraum im Hinblick auf den Wohnungsmangel der öffentlichen Bewirtschaftung unterliegt. Hierin kommt zum Ausdruck, daß es sich um eine Notmaßnahme handelt, die es rechtfertigt und erforderlich macht, das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes insoweit vorübergehend einzuschränken. Es wird weiter festgelegt, daß die Wohnraumbewirtschaftung eine staatliche Aufgabe ist, d. h. keine echte Gemeindeangelegenheit, sondern eine Auftragsangelegenheit oder Pflichtaufgabe der Gemeinden, wenn diesen die Wohnraumbewirtschaftung nach Landesrecht übertragen wird. Ob und inwieweit das (entsprechend dem bisherigen Recht) geschieht, richtet sich lediglich nach Landesrecht. Daß die Wohnraumbewirtschaftung eine staatliche Aufgabe sein muß, ergibt sich im wesentlichen schon daraus, daß bei ihrer Handhabung auch in weitem Umfange überortliche Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle spielen müssen. Zu 2: Der in § 1 zuerst erwähnte Begriff „Wohnraum" wird als Oberbegriff für Wohnungen und einzelne Wohnräume im § 2, der den Gegenstand der Wohnraumbewirtschaftung behandelt, dahin erläutert, daß es sich um Raum handeln muß, der zu Wohnzwecken geeignet und bestimmt ist. Unter der Voraussetzung der Eignung zu Wohnzwecken kann demnach auch durch eine Änderung der Zweckbestimmung Wohnraum entstehen. Dagegen ist es zur Erhaltung des Wohnraumbestandes grundsätzlich nicht zulässig, Wohnraum anderen als Wohnzwecken zuzuführen, wie sich aus § 21 ergibt. Die Wohnraumbewirtschaftung kann sich, wenn sie sinnvoll sein soll, nicht auf die eigentlichen Wohnräume beschränken. Wie zu einer selbständigen Wohnung auch Küche und Nebenräume gehören, wobei die Nebenräume nicht immer nur hinter dem Wohnungsabschluß zu liegen brauchen (z. B. Kellerräume und Mansarden), so gehören auch sonstige Flächen, Einrichtungen und Anlagen vielfach zu einer Wohnung. Auch hierauf muß sich die Wohnraumbewirtschaftung erstrecken, sei es, daß diese Räume und Gegenstände zu einer Wohnung tatsächlich gehören oder zu ihrer Benutzung erforderlich sind, wie sich näher aus § 9 Abs. 2 ergibt. Da es leider nicht möglich ist, allen Wohnungsuchenden abgeschlossene und selbständige Wohnungen zu geben, ein großer Teil der Bevölkerung vielmehr in Teilen solcher Wohnungen in der Rechtsform eines Untermietverhältnisses zu leben genötigt ist, muß das gleiche auch für solche Teile von Wohnungen gelten, die im Sinne des Gesetzes als Wohnungen behandelt werden. Das ist dadurch ausgedrückt, daß nach § 2 Abs. 3 die eben behandelten Vorschriften wie allgemein die Vorschriften dieses Gesetzes über Wohnungen entsprechende Anwendung auf einen einzelnen Wohnraum oder mehrere Wohnräume finden, wenn darin eine Person oder mehrere Personen gemeinschaftlich ihr häusliches Leben führen oder führen sollen. Der Ausschuß hat sich eingehend mit der weiteren Frage befaßt, ob entsprechend der Regierungsvorlage in gewissen Ausnahmefällen auch andere als Wohnräume (und die genannten Nebenräume und sonstige der Wohnraumbewirtschaftung unterliegende Gegenstände) in die Bewirtschaftung einbezogen und zur Unterbringung von Wohnungsuchenden nutzbar gemacht werden sollen. Er hat jedoch geglaubt, hiervon Abstand nehmen zu müssen. Einmal ist eine vorübergehende Inanspruchnahme solcher Räume (wie übrigens auch echter Wohnräume) im Wege eines besonderen bundes- oder landesrechtlichen Notstandsrechtes ohnehin nicht ausgeschlossen (§ 2 Abs. 4). Weiter kommen Räume dieser Art für eine Dauerunterbringung auf Grund von privaten Rechtsverhältnissen nur in beschränktem Umfang in Betracht. Ihre Abgrenzung und die Frage der Prüfung, ob sie bei Berucksich- tigung ihrer andersartigen Zweckbestimmung, insbesondere für gewerbliche Zwecke, für Wohnzwecke entbehrlich sind. würden nach Auffassung des Ausschusses in der Praxis solche Schwierigkeiten machen, daß eine Erstreckung der Wohnraumbewirtschaftung auf diese Räume nicht als ein nennenswerter Gewinn angesehen werden könnte. Sie ginge auch über das bisherige Recht hinaus. Zu § 3: Die in § 3 geregelten Ausnahmen von der Wohnraumbewirtschaftung knüpfen an das Erste Wohnungsbaugesetz an, das steuerbegünstigte und frei finanzierte Wohnungen im Sinne seines § 23 von der Erfassung und Zuteilung durch die Wohnungsbehörden freigestellt hat. Dabei war es in der Praxis streitig geworden, ob die sonstigen Vorschriften der Wohnraumbewirtschaftung, zum Beispiel Meldepflichten des Grundstückseigentümers, anwendbar geblieben waren. § 3 stellt nunmehr klar, daß sämtliche Vorschriften des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes mit Ausnahme der in § 11 behandelten Vorschriften über Doppelwohnungen auf steuerbegünstigte und frei finanzierte Wohnungen keine Anwendung mehr finden. Die gleiche Ausnahme von der Wohnraumbewirtschaftung wie für frei finanzierte und steuerbequnstigte Wohnungen im Sinne des Ersten Wohnungsbaugesetzes ist für den ohne öffentliche Darlehen oder Zuschüsse geschaffenen Wohnraum vorgesehen, der in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist. Damit haben die Wohnungen, die von der Wohnraumbewirtschaftung freigestellt sind, über das Erste Wohnungsbaugesetz hinaus eine echte Erweiterung er- fahren. Diese ist zweckmäßig und erforderlich geworden, nachdem Wohnungen dieser Art durch die Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 (BGBl. I Seite 920) und durch die Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (BGBl. I Seite 926) von Preisbindung und vom Mieterschutz grundsätzlich ausgenommen worden sind. Unter diesen Umständen wäre eine Bewirtschaftung praktisch wenig sinnvoll gewesen. Unter dem bisherigen Recht getroffene Bewirtschaftungsmaßnahmen werden damit aber nicht rechtsunwirksam. Die gleichen Gesichtspunkte gelten für Wohnraum, der wegen seines räumlichen Zusammenhangs mit Geschäftsraum zugleich ,mit diesem vermietet oder verpachtet ist oder in sonstiger Weise, z. B. durch den Eigentümer selbst, genutzt wird, insbesondere sogenannte Ladenwohnungen. Sofern bei Wohnraum dieser Art nach § 5 Abs. 3 des Geschäftsraummietengesetzes Mieterschutz nicht besteht oder im Falle der Vermietung nicht bestehen würde, unterliegt er auch nicht mehr der Wohnraumbewirtschaftung. Dagegen konnte unter sonst gleichen Voraussetzungen für Wohnraum, der nur wegen seines wirtschaftlichen Zusammenhangs zugleich mit Geschäftsraum vermietet worden ist oder der als Geschäftsraum im Sinne des Geschäftsraummietengesetzes nur deshalb behandelt wird, weil mehr als die Hälfte der Wohnfläche einer Wohnung zu anderen als Wohnzwecken dient, die gleiche Befreiung nicht vorgesehen werden. Der wirtschaftliche Zusammenhang ist hier nur ein subjektiver; er braucht bei einem anderen Mieter nicht gegeben zu sein, und der Wohncharakter einer Wohnung geht durch eine vorübergehende Zweckentfremdung der Räume nicht verloren. Zu § 4: Dem Charakter der Wohnraumbewirtschaftungsvorschriften als einer anerkanntermaßen durch den Wohnungsmangel bedingten Ausnahmegesetzgebung entspricht die Zielsetzung des Gesetzentwurfs, die Bewirtschaftung zu lockern oder aufzuheben, wenn und soweit es vertretbar ist. Da das Gesetz selbst voraussichtlich eine Reihe von Jahren wird Geltung haben müssen, ist die Befugnis zu einem wenigstens teilweisen Abbau im Gesetz selbst vorgesehen. Die Bundesregierung soll im Rahmen des § 4 die Ermächtigung erhalten, die Wohnraumbewirtschaftung in bestimmten, eng umschriebenen Grenzen durch Rechtsverordnung, die nach dem Grundgesetz der Zustimmung des Bundesrats bedarf, zu lockern oder aufzuheben. Diese Möglichkeit soll einmal gegeben sein, wenn die Wohnraumbewirtschaftung sich wegen der Höhe des preisrechtlich zulässigen Mietzinses oder der Zweckbestimmung des Raumes auch unter Berücksichtigung der Umsiedlung von Heimatvertriebenen und der Rückführung der Evakuierten erübrigt oder nicht mehr angezeigt ist. Dieser Weg zum Abbau der Bewirtschaftung entspricht der Erfahrung und der Praxis des Abbaues der Wohnraumbewirtschaftung nach dem ersten Weltkrieg; ie nach der Lage der örtlichen und gebietlichen Wohnungsverhältnisse waren damals Erleichterungen ebenfalls in erster Linie bei den teureren Wohnungen eingetreten, für die eine Nachfrage nicht mehr bestand. Da die Wohnungsverhältnisse in den Ländern verschieden sein oder sich verschieden entwickeln können, ist für eine Verordnung der Bundesregierung jedoch bestimmt, daß erforderlichenfalls besonderen Verhältnissen einzelner Länder Rechnung getragen werden muß. Eine 'Lockerung der Bewirtschaftung, die auch in verfahrensmäßigen Erleichterungen bestehen kann, oder eine Aufhebung kann weiter in Betracht kommen, wenn sie der Schaffung neuen Wohnraums dient. Dies erscheint zweckmäßig, weil das Erste Wohnungsbaugesetz die gegebenen Möglichkeiten nicht in vollem Umfange ausgeschöpft hat und namentlich auch eine Reihe von Zweifeln bei den dort geregelten Fragen entstanden sind. Wegen der örtlichen und ländermäßigen Verschiedenheiten ist die gleiche Befugnis zu Lockerungen der Wohnraumbewirtschaftung auch für die Landesregierungen vorgesehen. Eine weitere Delegation dieser Befugnis soll ebenfalls nicht ausgeschlossen sein, da dies mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse auch innerhalb der Länder zweckmäßig ist. Auch bisher sind gewisse Lockerungen der Wohnraumbewirtschaftung schon örtlich vorgenommen worden. Das Verhältnis von Verordnungen der Bundesregierung zu solchen der Landesregierungen auf diesem Gebiet wird dasselbe sein wie das zwischen Bundesgesetzen und Landesgesetzen auf dem Gebiete der konkurrierenden Gesetzgebung. Wenn etwaige Lockerungsvorschriften der Bundesregierung nicht eine abschließende Kodifikation und damit eine Sperre für weitere Lockerungen enthalten, würden die Landesregierungen über Lockerungsvorschriften der Bundesregierung hinausgehen können. Zu § 5: Das Gebiet der Wohnraumbewirtschaftung ist -im Wohnraumbewirtschaftungsgesetz nicht abschließend geregelt. Ergänzende Sondervorschriften für bestimmte Arten von Wohnungen enthalten vielmehr insbesondere das Erste Wohnungsbaugesetz und das Gesetz zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues. Es erschien nicht angängig, die entsprechenden Vorschriften dieser Gesetze unter Änderung dieser Gesetze in das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz zu übernehmen. Die andersartige Systematik dieser Gesetze und die teilweise Bezugnahme in den zu übernehmenden Vorschriften auf Begriffe aus diesen Gesetzen hätte den Rahmen des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes weitgehend gesprengt. Das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz hat sich daher darauf beschränken müssen, auf diese Vorschriften zu verweisen und zum Ausdruck zu bringen, daß sie unberührt bleiben. Für die öffentlich geförderten Wohnungen im Sinne des Ersten Wohnungsbaugesetzes gelten also ebenfalls die Vorschriften des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes und ergänzend die einzeln bezeichneten Sondervorschriften. Zu § 6: Diese Vorschrift bestimmt den wesentlichen Inhalt der Wohnraumbewirtschaftung, nachdem die übrigen Paragraphen des ersten Abschnitts mit den allgemeinen Vorschriften den Grundsatz der Wohnraumbewirtschaftung, ihren Gegenstand, Ausnahmen von der Wohnraumbewirtschaftung und die Abgrenzung der Vorschriften des Entwurfs zu Sondervorschriften gebracht haben, indem sie die Aufgaben der Wohnungsbehörden umreißt. Damit gibt sie zugleich eine Art Überblick über die einzelnen Maßnahmen der Wohnungsbehörden, die in den weiteren Abschnitten des Gesetzes näher behandelt werden. Zu § 7: Um Wohnraum ordnungsgemäß bewirtschaften zu können, d. h. die Besetzung freien Wohnraums unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Wohls zu lenken oder zu bestimmen, ist bei den Wohnungsbehörden eine Übersicht über den vorhandenen der Bewirtschaftung unterliegenden Wohnraumbestand und eine laufende Listenführung erforderlich; auch die Wohnungsuchenden müssen aufgezeichnet werden. § 7 schreibt daher vor, daß Unterlagen über den Wohnraumbestand anzulegen und auf dem laufenden zu halten sind, während § 8 die Wohnungsbehörden verpflichtet, Vormerklisten für Wohnungsuchende zu führen. Nähere Vorschriften über diese Listenführung zu erlassen, ist Sache der Länder; jedoch soll das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz natürlich nicht dazu führen, neue Unterlagen auch da nochmals anzulegen, wo sie, wie wohl in der Regel, bereits vorhanden sind. Um den Wohnungsbehörden die Möglichkeit zur Führung der erforderlichen Listen zu geben, haben die Verfügungsberechtigten, Rauminhaber und ihre Beauftragten die erforderlichen Auskunfte zu erteilen und müssen die Räume nach näherer Bestimmung des Gesetzentwurfs oder weiterer Rechtsverordnungen der Landesregierungen besichtigen lassen. Auch eine Verpflichtung, die Besichtigung durch Wohnungsuchende zur Vorbereitung der Zuteilung zuzulassen, ist vorgesehen. Weiter ist es notwendig, den Wohnungsbehorden durch eine Anzeige vom Freiwerden von Wohnraum, von einem Wohnungstausch oder einer Verringerung der Belegung von Wohnraum Mitteilung zu machen. Der Grundstückseigentümer ist zu einer Anzeige nur verpflichtet, wenn ein anderer Verfügungsberechtigter nicht vorhanden ist. Für Veränderungen in den Räumen des Hauptmieters ist dieser also anzeigepflichtig. Ein Verstoß gegen die vorgesehenen Verpflichtungen wird nach § 35 als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu höchstens 150,— DM geahndet. Zu § 8: Für die Liste der Wohnungsuchenden ist in dem Entwurf lediglich vorgesehen, daß diese auf Antrag einzutragen sind und hierüber eine Bescheinigung beanspruchen können. In welcher Form diese Liste Befuhrt wird, ist Sache des Landesrechts. In die Liste sind sämtliche Wohnungsuchende einzutragen, insbesondere also auch auswärtige oder solche, die bereits im Besitz einer Wohnung sind. Eine Beschrankung der Liste und die Möglichkeit, Eintragungen abzulehnen, würde die Möglichkeit von zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Verf ah-ren eröffnen. Diese sollen vermieden werden, zumal solche unter Umständen schon bei einer konkreten Wohnungszuteilung von Bewerbern anhängig gemacht werden, die nicht berücksichtigt worden sind. Ob und inwieweit die eingetragenen Wohnungsuchenden bei einer Wohnungszuteilung berücksichtigt werden, hängt im wesentlichen von der Dringlichkeit ab. Die fur die Dringlichkeit entscheidenden Umstände werden daher ebenfalls in geeigneter Weise in der Liste der Wohnungsuchenden oder in besonderen Dringlichkeitslisten zu vermerken sein. Zu § 9: Dem in § 2 bezeichneten und in den Bemerkungen hierzu näher erläuterten Gegenstand der Wohnraumbewirtschaftung entspricht der Gegenstand der Zuteilung in § 9. Die Zuteilung von Wohnraum an Wohnungsuchende ist der Kernpunkt der Wohnraumbewirtschaftung. Hierfür bestimmt § 9, daß die Wohnungsbehörden freien Wohnraum und die zu einer Wohnung gehörenden Nebenraume, Flachen, Einrichtungen und Anlagen zuzuteilen haben. Welcher Wohnraum als frei anzusehen ist, ergibt sich aus den §§ 10 und 11. Während in Abs. 1 des § 9 der in § 2 Abs. 2 über den Gegenstand der Wohnraumbewirtschaftung zum Ausdruck gekommene Grundsatz für die Zuteilung dahin ergänzt wird, daß nur freier Wohnraum zuzuteilen ist, erläutert Absatz 2 die zweite Alternative des § 2 Abs. 2, daß sich die Wohnraumbewirtschaftung auch auf die zur Benutzung einer Wohnung erforderlichen Nebenräume, Flächen, Einrichtungen und Anlagen erstreckt. Fehlen diese Gegenstande einer Wohnung, so können sie unter der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 nämlich auch von einer anderen Wohnung zur Benutzung oder Mitbenutzung zugeteilt werden, die an sich nicht frei, sondern von einem Berechtigten bewohnt und voll ausgelastet ist. Hierfür sind mit Rücksicht auf den besonders einschneidenden Charakter einer solchen Maßnahme aber zwei Voraussetzungen erforderlich. Der Eingriff muß dem Verfugungsberechtigten der anderen Wohnung ohne unbillige Harte zugemutet werden können, und in dem praktisch wichtigsten Fall des Fehlens von sanitären Einrichtungen und Versorgungsanlagen muß es nicht möglich sein, diese nach § 23 zu schaffen. § 23 sieht die Neuschaffung dieser Einrichtungen und Versorgungsanlagen durch bauliche Maßnahmen auf Kosten der Wohnungsbehörden vor. Zu § 10: Wohnraum gilt als frei, wenn er nicht benutzt wird oder wenn der Inhaber nach privatem oder öffentlichem Recht nicht zum Besitz berechtigt ist. Bei Nichtbenutzung wird Wohnraum meist auch leer stehen, d. h. von Möbeln und Einrichtungsgegenstanden entblößt sein; unbedingt erforderlich ist das aber nicht. Die fehlende Besitzrechtsbefugnis, die es rechtfertigt, über Wohnraum durch die Wohnungsbehörden verfügen zu lassen, wird im allgemeinen eine solche des öffentlichen Rechts sein. Fehlt jedoch schon eine privatrechtliche Besitzbefugnis, so muß Wohnraum ebenfalls an Wohnungsuchende zugeteilt werden. Daß überschüssiger Wohnraum bei der gegenwärtigen Wohnungsnot wie schon nach bisherigem Recht ebenfalls als frei angesehen werden muß, dürfte keiner weiteren Begründung bedurfen. Die Problematik dieser Frage liegt nur in der Abgrenzung des Begriffes der Überschüssigkeit. Entsprechend der Vorlage der Bundesregierung ist von einem schematischen Belegungsmaßstab abgesehen worden. Ein solcher ist wegen der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse kaum möglich. Die Entscheidung der Frage, was einem Wohnungsinhaber an Wohnraum zu belassen ist, kann regelmäßig nur im Einzelfalle einigermaßen richtig getroffen werden. Dabei sind die persönlichen, familiären und beruflichen Bedürfnisse zu berücksichtigen, aber es ist auch ein objektiver Gesichtspunkt zu beachten, nämlich die Wohndichte in der Gemeinde, also d, s Verhältnis zwischen den in der Gemeinde vorhandenen Wohnungsbenutzern und Wohnräumen. Um etwa besonders günstige Wohnverhältnisse bei einzelnen Gemeinden nicht erstarren zu lassen, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Umsiedlung von Heimatvertriebenen und die Rückführung von Evakuierten, kann an die Stelle der Wohndichte der Gemeinde auf Grund einer Rechtsverordnung der Landesregierung aber auch die Wohndichte eines kleineren oder größeren Gebietes oder des Landes treten, oder es kann eine höhere Verhältniszahl zwischen Wohnraum und Wohnungsbenutzern für die Feststellung überschüssiger Räume berücksichtigt werden. In einzelnen Ländern ist bisher ein bestimmter Belegungsmaßstab für die Ermittlung überschüssiger Räume für das ganze Gebiet des Landes oder für Teilgebiete vorgeschrieben worden. Um diese Möglichkeit nicht auszuschließen,. soweit sie sich bewährt hat, hat der Entwurf von einer abschließenden Regelung der Frage durch den Bundesgesetzgeber Abstand genommen und einen entsprechenden Vorbehalt für die Landesgesetzgebung gemacht. Diese kann also auch bestimmen, daß bei der Ermittlung überschüssiger Räume zunächst von einer bestimmten Verhältniszahl zwischen Wohnräumen und Wohnungsbenutzern auszugehen ist und alsdann die übrigen besonderen Gesichtspunkte der Bundesregelung berücksichtigt werden. Die Bestimmung, welcher von mehreren etwa in Frage kommenden Räumen als überschüssig anzusehen ist, muß durch einen besonderen Konkretisierungsakt vorgenommen werden. Das kann durch die Wohnungsbehörde in der Bereitstellungsverfügung (§ 19) oder in der Zuweisung (§ 15) geschehen, durch den Verfügungsberechtigten in dem Antrag auf Benutzungsgenehmigung, sofern die Wohnungsbehörde diesem zustimmt. Dabei ist auf die Vorschläge und Bedürfnisse des Verfügungsberechtigten Rücksicht zu nehmen, soweit nicht besonders dringende Gründe der Wohnraumbewirtschaftung entgegenstehen und die Zuteilung eines anderen Raumes als des vorgeschlagenen geboten erscheinen lassen. Ein besonderes formelles Vorschlaasverfahren ist im Interesse der Verfahrensvereinfachung nicht vorgesehen. Zu § 11: Der Besitz von mehreren Wohnungen ist bei der gegenwärtigen Wohnungsnot grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Wenn der Verfügungsberechtigte nicht ein dringendes berechtigtes Interesse an mehreren Wohnungen hat, gelten sie daher alle bis auf eine von ihm selbst ausgewählte Wohnung als frei. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Doppelwohnraum ist auch bei den mit unter Umständen sehr erheblichen Vergünstigungen steuerlicher Art geschaffenen Wohnungen vorgesehen, die sonst der Wohnraumbewirtschaftung nicht unterliegen (§ 3). Hier muß sich der Wohnungsinhaber entschließen, die nach seiner Wahl als frei geltende Wohnung an Wohnungsuchende nach eigener Wahl abzugeben. Das grundsätzliche Wahlrecht des Verfügungsberechtigten bei Doppelwohnungen kann bei einem Sondertatbestand durch Verordnung der Landesregierungen ausgeschlossen werden. Es kann bestimmt werden, daß im Falle einer von der Besatzungsmacht veranlaßten Inanspruchnahme von Wohnraum der hierfür zugeteilte Ersatzwohnraum als frei gilt, wenn die Inanspruchnahme aufgehoben wird und dem Verfügungsberechtigten die Rückkehr zugemutet werden kann. Dieser Tatbestand kann dort in Frage kommen, wo Besatzungsverdrängte auf Anweisung der Besatzungsmacht in Wohnraum von solchen Wohnungsinhabern untergebracht worden sind, die ihrerseits auf Veranlassung der Besatzungsmacht weichen mußten, unzureichend untergebracht sind und nunmehr Anspruch auf ihren bisherigen Wohnraum erheben. Zu § 12: Die Wohnraumbewirtschaftung könnte nicht durchgeführt werden, wenn über Wohnraum frei verfügt werden könnte und die Wohnungsbehörden vor vollendete Tatsachen gestellt werden würden. Die Einschränkung der freien Verfügung ist daher neben der Zuteilung von Wohnraum durch die Wohnungsbehörden der Kern der Wohnraumbewirtschaftung. Als einfachste Maßnahme zur Kontrolle der Wohnungsbehörden ist daher allgemein bestimmt worden, daß Wohnraum nur auf Grund einer Zuteilung oder mit Genehmigung der Wohnungsbehörden in Benutzung genommen oder zur Benutzung überlassen werden darf. Die Genehmigung bezieht sich lediglich auf. den tatsächlichen Vorgang und läßt ein über die Benutzung abgeschlossenes Rechtsverhältnis unberührt. Lediglich in dem Fall, daß Wohnungsbenutzern die Rechtsstellung eines Hauptmieters eingeräumt wird, bedarf auch dieser Vertrag der Genehmigung der Wohnungsbehörde (§ 13). Eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmung, daß Wohnraum nur auf Grund einer Zuteilung oder mit Genehmigung der Wohnungsbehörden in Benutzung genommen oder zur Benutzung überlassen werden darf, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden (§ 35). Der unrechtmäßige Wohnungsinhaber kann im Wege des Verwaltungszwanges aus der Wohnung gesetzt werden (§ 27), seine Möbel können auf Grund einer Bereitstellungsverfügung (§ 19) durch Verwaltungszwang entfernt werden und die Wohnung kann, sofern die Voraussetzungen vorliegen, als frei einem Wohnungsuchenden zugeteilt werden. Die Einschränkung der Verfügungsbefugnis über Wohnraum bezieht sich auch auf überschüssigen Wohnraum, der von der Wohnungsbehörde nicht in Anspruch genommen werden könnte. Das läßt sich schwer ausschließen, da die Entscheidung, wann eine Wohnung unterbelegt oder voll ausgelastet ist, in Ermangelung ganz eindeutiger Richtlinien nur im Einzelfalle durch die Wohnungsbehörden entschieden werden kann. In einem solchen Falle einer ausgelasteten Wohnung bedarf es also ebenfalls einer Genehmigung zur Abgabe von Räumen, die allerdings in der Regel ohne weiteres zu erteilen sein wird. Im Falle der Mitbenutzung, d. h. wenn Wohnraum einem anderen nicht zur ausschließlichen Benutzung überlassen wird, soll es aber wenigstens zur Verwaltungsvereinfachung keiner Genehmigung bedürfen. Nur wenn bereits eine Bereitstellungsverfügung ergangen und demgemäß die Überschüssigkeit von Wohnraum bejaht ist, wird auch die Mitbenutzung genehmigungspflichtig, weil durch weitere Mitbenutzer die Überschüssigkeit unter Umständen entfallen könnte. Eine wichtige Ausnahme von dem Erfordernis der Genehmigung hat der Ausschuß ferner im Falle eines Tausches von Wohnraum beschlossen. Hierfür waren Gründe der Verwaltungsvereinfachung und der Wunsch auf Abbau überflüssiger Funktionen der Wohnungsbehörden maßgebend. Durch einen Tausch geht Wohnraum der Bewirtschaftung keineswegs verloren, überschüssiger Wohnraum kann vielmehr nach wie vor verwertet werden. Umgekehrt wird durch eine Versagung der Genehmigung ein wohnungswirtschaftlicher Erfolg ebenfalls nicht erzielt, da sich dann an den Verhältnissen nichts ändert. Das gleiche gilt auch beim Tausch von Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert und zugunsten eines bestimmten Personenkreises gebunden sind. Diese Bindung kann mit Mitteln des Privatrechts durchgesetzt werden. Zu § 13: Hierzu kann auf die Ausführungen zu § 12 verwiesen werden. Zu § 14: Entsprechend der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzentwurfs soll die Zuteilung von freiem Wohnraum in erster Linie (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 15) auf Grund einer Benutzungsgenehmigung erfolgen, d. h. der Verfugungsberechtigte soll selbst in der Lage sein, die Initiative zur Vermietung freien Wohnraums zu ergreifen und der Wohnungsbehörde einen von ihm selbst bezeichneten Wohnungsuchenden vorzuschlagen. Der Vorschlag muß sich aber im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wohnraumbewirtschaftung halten, wenn ihm entsprochen werden soll. Es darf also nicht ein Wohnungsuchender vorgeschlagen werden, dessen Wohnungsbedarf nicht als besonders dringend angesehen werden kann, jedenfalls, wenn viel dringendere, ebenfalls geeignete Wohnungsuchende vorhanden sind. Der Kreis derjenigen, die von dem Verfugungsberechtigten vorgeschlagen werden können, soll aber auch nicht zu eng gehalten werden. Der Gesetzentwurf bestimmt daher, daß die Benutzungsgenehmigung entsprechend dem Antrag des Verfügungsberechtigten zu erteilen ist, wenn Wohnraum nicht aus gewichtigen Gründen der Wohnraumbewirtschaftung einem anderen als dem vorgeschlagenen Wohnungsuchenden zuzuteilen ist. Eine nähere Erläuterung dieser gewichtigen Gründe entzieht sich einer gesetzlichen Festlegung oder ist wenigstens mit Rücksicht auf die Vielfältigkeit der Verhältnisse auch nicht zweckmäßig. Hierüber zu entscheiden, ist Sache der Wohnungsbehörden im Einzelfalle. Ihre Entscheidungen unterliegen bei Versagung der Genehmigung verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung. Eine um nur ein geringes niedrigere Punktzahl eines vorgeschlagenen Wohnungsuchenden als bei sonstigen gleich geeigneten Wohnungsuchenden, sofern z. B. in einzelnen Ländern oder Gemeinden ein schematisches Punktsystem zur Bewertung der Dringlichkeit eingeführt ist, würde eine solche Versagung kaum rechtfertigen können. Der in der Praxis häufige Fall des sogenannten Anwachsens untervermieteter Teile einer Wohnung bei Freiwerden dieser Raume ist in § 14 Abs. 2 geregelt. Hierbei ist die Frage zu entscheiden, ob die frei gewordenen Untermieträume wieder dem Wohnungsinhaber zu überlassen sind oder einem anderen Wohnungsuchenden zugeteilt werden dürfen. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Verwaltungsgerichtspraxis ist bestimmt, daß die Genehmigung zugunsten des Verfügungsberechtigten, also des Wohnungsinhabers, zu erteilen ist, soweit die Raume fur ihn nicht überschüssig sind. Er hat ein stärkeres Recht auf diese Räume als Dritte und darf vor allem nicht schlechter gestellt werden als in dem Fall, daß die Raume bisher nicht vermietet gewesen sind, denn auch in diesem Falle könnte auf vollausgelastete Räume nicht zurückgegriffen werden. Bei der Prüfung der Frage, ob die Raume überschüssig sind, bleiben aber ohne Genehmigung der Wohnungsbehörden in die Wohnung aufgenommene Personen außer Betracht, da sonst die mit der Genehmigungspflicht nach § 12 verfolgte Zielsetzung vereitelt werden wurde. Aus Billigkeits- und Zweckmaßigkeitsgrunden sind jedoch Ehegatter, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie und Arbeitnehmer, die üblicherweise zum Hausstand des Verfügungsberechtigten gehoren, ausgenommen; diese sind also bei der Prüfung der Überschüssigkeit von Räumen im Falle des Anwachsens auf jeden Fall als Wohnungsbenutzer mitzuberücksichtigen. Um eine Verwertung von Wohnraum zu ermöglichen, der nur eine beschränkte Zeit frei ist, ist vorgesehen, daß die Benutzungsgenehmigung ebenso wie die Zuweisung aus besonderen Gründen unter einer auflösenden Bedingung oder befristet ausgesprochen werden darf. In Fällen dieser Art erlischt ein über die Benutzung abgeschlossenes Rechtsverhältnis mit dem Eintritt der Bedingung oder dem Ablauf der Frist, und es besteht über diesen Zeitpunkt hinaus kein Mieterschutz. Zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens ist weiter bestimmt, daß die Benutzungsgenehmigung als erteilt gilt, wenn dem Verfügungsberechtigten nicht binnen drei Wochen nach Eingang seines Antrages ein ablehnender Bescheid zugegangen ist. Da er im Streitfalle beweispflichtig ist, wird es angebracht sein, solche Anträge an die Wohnungsbehörde in Form eines eingeschriebenen Briefes oder gegen Empfangsbescheinigung zu richten. Zu§ 15: Die Zuweisung von Wohnungsuchenden an den Verfügungsberechtigten stellte nach bisherigem Recht den Normalfall des Zuteilungsverfahrens dar. Hierbei wird von der Wohnungsbehörde der Abschluß eines Mietvertrages mit einem bestimmten Wohnungsuchenden verlangt. Die Rechtsfigur als solche ist aufrechterhalten, jedoch mit dem erheblichen Unterschied, daß grundsätzlich nach dem Vorbild des Ersten Wohnungsbaugesetzes dem Verfügungsberechtigten ein Auswahlrecht unter mindestens 5 Wohnungsuchenden, in Städten unter 100 000 Einwohnern mindestens drei Wohnungsuchenden, eingeräumt wird. Hierfür sind ähnliche Erwägungen maßgebend gewesen wie für die Einfuhrung der Benutzungsgenehmigung. Daß die Wohnungsuchenden nur zugewiesen werden dürfen, wenn die Wohnungsbehörden nach vorangegangener Prüfung annehmen können, die' Zugewiesenen seien in der Lage, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, insbesondere den preisrechtlich zulässigen Mietzins zu zahlen, gilt bereits jetzt in einzelnen Ländern ausdrucklich oder ist doch ein auch in der Rechtsprechung anerkannter Grundsatz; eine Verletzung dieser Prüfungspflicht kann die Wohnungsbehörde unter Umständen zu Schadensersatz verpflichten. Auch daß bei selbständigen Wohnungen der Abschluß eines Hauptmietvertrages verlangt wird, während bei unselbständigen Räumen einer Wohnung in der Regel ein Untermietvertrag abgeschlossen werden soll, ist geltende, bewährte Rechtspraxis. Besondere Vorschriften sind zur Bestimmung des Verhältnisses einer Benutzungsgenehmigung und der Zuweisung erforderlich geworden, wie bereits zu § 14 ausgeführt ist. Der Verfügungsberechtigte soll in erster Linie das Recht haben, für freien Wohnraum einen Wohnungsuchenden nach eigener Wahl vorzuschlagen. Ein solcher Antrag kann wahrend einer Zeit von zwei Wochen nach der Anmeldung des Freiwerdens von Wohnraum gestellt werden, und erst wenn diese Frist verstrichen oder ein fristgemäß gestellter Antrag abgelehnt ist, ist die Zuweisung von Wohnungsuchenden durch die Wohnungsbehörde zulässig. Auch wenn der Verfügungsberechtigte die Anzeige über das Freiwerden von Wohnraum unterlassen hat, was als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden kann, soll er die Befugnis, eine Benutzungsgenehmigung zu beantragen, nicht verlieren; der Verlust einer solchen Möglichkeit schien dem Ausschuß nicht vertretbar. In einem solchen Falle hat die Wohnungsbehörde vielmehr durch besondere Verfügung erst die Anfangsfrist für das Genehmigungsverfahren in Lauf zu setzen. Die Wohnungsbehörde selbst muß eine Zuweisung innerhalb einer weiteren Woche vornehmen, nachdem das Recht, eine Benutzungsgenehmigung zu verlangen, erloschen ist. Diese Frist erschien dem Ausschuß zur Beschleunigung der Tätigkeit der Wohnungsbehörden erforderlich, aber auch ausreichend, zumal die vorherigen zwei Wochen nach Eingang der Anzeige vom Freiwerden von Wohnraum vorsorglich zur Vorbereitung eines Zuweisungsverfahrens Verwendung finden können. Um Wohnungsuchende ohne allzu großen Zeitverlust unterbringen zu können und Vermieter vor vermeidbaren Verlusten durch Leerstehen von Wohnraum zu schützen, ist weiter bestimmt, daß bei nichtfristgemäßer Zuweisung, also nach drei Wochen seit Eingang der Anzeige vom Freiwerden von Wohnraum, die Überlassung von Wohnraum an den vom Verfügungsberechtigten benannten Wohnungsuchenden als genehmigt gilt. Im Gegensatz zur Benutzungsgenehmigung sind alsdann Einwendungen der Wohnbehörde ausgeschlossen, da hierfur das Zuweisungsverfahren Gelegenheit geboten hätte, und es verbleibt ihr lediglich die Befugnis, etwa nicht ausgelasteten Wohnraum in Anspruch zu nehmen. Die Zuweisung von mehreren Wohnungsuchenden zur Auswahl wird möglicherweise nicht zum Ziele fuhren, wenn es sich um Fälle handelt, die man als Sofortfälle bezeichnen kann und bei denen eine Unterbringung ganz besonders vordringlich, bei Zugrundelegung des Auswahlrechts aber nicht sichergestellt ist. Für diese Fälle besteht zwar vielfach auch eine provisorische Unterbringungsmöglichkeit im Wege der Obdachlosenfürsorge, aber besondere Befugnisse der Wohnungsbehörden für eine endgültige Unterbringung im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wohnraumbewirtschaftung durch Abschluß privater Mietverträge werden nicht versagt werden dürfen. Sie mussen zur Vermeidung von Übergriffen durch Einschränkung des Auswahlrechts über das gebotene Maß aber auf wirkliche Ausnahmen beschränkt werden. In Fällen dieser Art kann demnach auch ein Genehmigungsverfahren nicht Platz greifen. Die Voraussetzungen für die Versagung des Genehmigungsverfahrens und des Auswahlrechts bei der Zuweisung sind nach § 15 Abs. 6 „außergewöhnliche Umstande im Einzelfall". Was darunter zu verstehen ist, wird von der Praxis und Rechtsprechung zu entwickeln sein. Zu denken ist an die Unterbringung von Wohnungsuchenden in einsturzgefährdeten Häusern, Fälle schwerer Erkrankungen (TBC) oder unter Umständen auch die Unterbringung von kinderreichen Familien in besonders ungünstigen Wohnverhältnissen, wenn ihre Unterbringung sich auf dem Wege des Abs. 1 als vergeblich erwiesen hat. Die beste und richtigste Abhilfe ist aber auch in diesen Fällen nach Auffassung des Ausschusses der Neubau von entsprechenden Wohnungen mit Hilfe von öffentlichen Mitteln. Mit Rücksicht auf die Versagung des Auswahlrechts für den Verfügungsberechtigten in Fällen dieser Art darf die Zuteilung nur befristet erfolgen. Zu § 16: Die Vorschriften über die Mietverfügung (Zwangsmietvertrag) sind weitgehend dem bisherigen Recht und der Rechtsprechung nachgebildet worden. Ihre Ausgestaltung, insbesondere auch die Einfuhrung einer vorläufigen Mietverfügung bei Fällen besonders dringender Unterbringung richtet sich nach Bedürfnissen der Praxis. Die Vorschriften ermöglichen, eine Zuweisung gegen den Willen des Verfügungsberechtigten durchzusetzen. Auf Grund einer Mietverfügung, welche die Wirkung eines privaten Mietvertrages hat, kann eine Besitzeinweisung nach § 20 vorgenommen werden. Zu § 17: Entsprechend der Regierungsvorlage und der dazu gegebenen Begründung hat der Ausschuß davon abgesehen, einen Dringlichkeitskatalog der Wohnungsuchenden aufzustellen und besonders bevorzugte Personengruppen für- die Zuteilung freien Wohnraums zu schaffen. Er ist dabei davon ausgegangen, daß auf diese Weise allseitig befriedigende Lösungen nicht erzielt werden könnten, daß vielmehr wegen der Vielfältigkeit der Lebenstat- bestände grundsätzlich die Dringlichkeit im Einzelfalle entscheidend sein müsse. Nur gewisse Gesichtspunkte zur Beurteilung der Dringlichkeit sind festgesetzt. Diese können überwiegend in den Verhältnissen des Wohnungsuchenden begründet sein oder mehr im öffentlichen Interesse liegen. Einen Rechtsanspruch auf freien Wohnraum im eigenen Hause hat der Grundstückseigentümer. Ob bewohnter Wohnraum, der nicht als frei gilt, dem Eigentümer zufällt, bestimmt jedoch nicht die Wohnungsbehörde; ein solcher Anspruch muß vielmehr notfalls durch eine Mietaufhebungsklage auf Grund des Mieterschutzgesetzes geltend gemacht werden. Maßgebend für das Vorrecht des Eigentümers bei freiem Wohnraum im eigenen Hause war, daß der besonderen Stellung des dinglichen Eigentumsrechts Rechnung getragen und die regelmäßig im öffentlichen Interesse liegende Bewirtschaftung des Hauses durch den Eigentümer selbst an Ort und Stelle erleichtert werden sollte. Die Vorschriften über die Berücksichtigung der Wohnungsuchenden bei der Zuteilung Bemaß der Dringlichkeit im Einzelfalle stellen keine bundesrechtlich abschließende Regelung dar. Es ist vielmehr nicht ausgeschlossen, im Wege der Landesgesetzgebung gewisse Dringlichkeitsstufen festzulegen. Eine solche Möglichkeit auszuschließen, erschien dem Ausschuß mit Rücksicht auf die noch nicht abzusehende Entwicklung nicht als zweckmäßig. Zu § 18: Bei der Vergebung von zweckbestimmtem Wohnraum rechtfertigt es sich, die Mitwirkung der Wohnungsbehörden noch schwächer zu gestalten als in den sonstigen Fällen, weil die Verwirklichung der Zweckbestimmung nicht nur dem Interesse des Verfugungsberechtigten entspricht, sondern in weitem Umfange auch dem öffentlichen Interesse. Es wird daher der Grundsatz aufgestellt, daß zweckbestimmter Wohnraum seiner Zweckbestimmung entsprechend zuzuteilen ist, und es wird daher dem Verfugungsberechtigen ein die Wohnungsbehörden bindendes, über § 14 weit hinausgehendes Vorschlagsrecht gewährt. Das gilt auch, wenn der Vorgeschlagene die Raume etwa nicht auslasten würde, jedoch bleibt in solchen Fällen die Befugnis der Wohnungsbehörden zur Inanspruchnahme der überschüssigen Räume unberührt. Was als zweckbestimmter Wohnraum anzusehen ist, wird ohne abschließende Erläuterung, die nicht zweckmaßig erscheint, durch beispielhafte Aufzählung der wichtigsten Fälle klargestellt. Um die Ausdehnung von zweckbestimmtem Wohnraum zu Lasten der hierfür nicht in Frage kommenden Wohnungsuchenden nicht unbillig auszuweiten, ist die nachträgliche Widmung zu zweckbestimmtem Wohnraum durch die hierzu erforderliche Mitwirkung der Wohnungsbehörden eingeschränkt. Zur Vereinfachung des Zuteilungsverfahrens ist folgendes bestimmt: Die Verfügungsberechtigten können von den Wohnungsbehörden verlangen, daß Wohnraum als zweckbestimmt anerkannt wird, sofern es sich nicht um eine nachträgliche Widmung handelt, deren Bestätigung im Ermessen der Wohnungsbehörden liegt. Ist Wohnraum als zweckbestimmt anerkannt oder bestätigt worden, so gilt die Zuteilung zugunsten des vorgeschlagenen Wohnungsuchenden als_ erteilt, wenn sie von der Wohnungsbehörde nicht binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags versagt wird. Die Versagung ist aber nur zulässig, wenn der Vorgeschlagene die Voraussetzungen für den zweckbestimmten Wohnraum nicht erfüllt. Der Ausschuß hat es ferner für richtig gehalten, die Einliegerwohnungen in öffentlich geförderten Kleinsiedlungen, die in rechtlicher Hinsicht zwar nicht als zweckbestimmt angesehen werden können, dem zweckbestimmten Wohnraum entsprechend zu behandeln. Das ist geschehen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse bei der Kleinsiedlung, um auch auf diese Weise die Kleinsiedlung zu fördern. Zu § 19: Im Gegensatz zu dem bisherigen Recht ist in dem Entwurf nicht vor jeder Zuteilung von Wohnraum eine Einzelbeschlagnahme (Erfassung) vorgesehen. Eine solche erschien entbehrlich, da es bereits allgemein verboten ist, Wohnraum ohne Genehmigung in Benutzung zu nehmen oder in Benutzung zu überlassen (§ 12). Zur Feststellung, ob Wohnraum frei ist, namentlich also bei überschüssigem Wohnraum, kann aber ein besonderes Vorverfahren zweckmäßig sein. Das soll auf Grund einer Verfügung geschehen, auf Grund deren die Wohnungsbehörde verlangt, daß der Verfügungsberechtigte und Rauminhaber zuteilbaren Wohnraum und sonstige Gegenstände der Zuteilung zur Benutzung (Mitbenutzung) durch Wohnungsuchende bereitstellt (Bereitstellungsverfügung). Eine solche Verfügung schafft zugleich den öffentlich-rechtlichen Titel dafür, mit dem neben einer Besitzeinweisung (8 20) auch die Räumung von Einrichtungsgegenständen herbeigeführt werden kann. Er wird demgemäß im Bedarfsfalle auch noch nach der Zuweisung möglich sein. Da die Bereitstellungsverfügung nicht Vorbedingung für die Zuteilung ist, hat sie in dem Gesetzentwurf auch erst ihren Platz hinter den Vorschriften über Benutzungsgenehmigung und Zuweisung gefunden. Die Wohnraumbewirtschaftung bezieht sich nur auf Raum als solchen, also nicht auf etwaige Einrichtungsgegenstande in den Räumen. Die Entfernung aller oder einzelner Einrichtungsgegenstande darf von den Wohnungsbehörden aber nicht verlangt werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Verfügungsberechtigten dadurch erheblich beeinträchtigt werden würde. Wie auch bisher schon die Verwaltungsgerichte vielfach entschieden haben, ist ein solcher Eingriff nicht vertretbar, wenn Wohnungsinhaber auf die Mehreinnahmen aus möblierter Vermietung in entscheidendem Maße angewiesen sind. Der in § 19 zum Ausdruck gekommene Grundsatz muß auch für die Zuweisung gelten, wenn eine Bereitstellungsverfügung nicht vorgenommen wird. In Fällen dieser Art müssen also solche Wohnungsuchende zugewiesen werden, die bereit sind, auch die Möbel mit zu mieten. Die Frage der Teilkündigung von Möbeln nach Abschluß eines Mietvertrages über möblierte Räume wird — unabhängig von einem wohnungsbehördlichen Zuteilungsverfahren — in dem neuen § 24 a des Mieterschutzgesetzes geregelt (vgl. § 28 Nr. 4 des Gesetzentwurfs). Zu § 20: Obwohl die Mietverfügung (Zwangsmietvertrag) die Natur eines gewöhnlichen Mietvertrages hat, der sich von einem freiwillig abgeschlossenen nur durch die Art seines Zustandekommens unterscheidet, hat der Gesetzentwurf entsprechend bisherigem Recht noch eine weitere Rechtsfolge an die Mietverfügung geknüpft. Auf Grund der Mietverfügung kann nicht nur privatrechtlich gegen den Vermieter auf Besitzeinräumung bezüglich des Mietgegenstandes geklagt werden, sondern es kann auch eine Besitzeinweisung durch die Wohnungsbehörden vorgenommen und im Wege des Verwaltungszwanges durchgesetzt werden, da die alsbaldige Unterbringung im öffentlichen Interesse liegt. Der Verwaltungszwang richtet sich nach Landesrecht (vgl. hierzu die Bemerkungen zu § 27). Zu § 21: Um den für die wohnliche Unterbringung zur Verfügung stehenden Bestand an Wohnraum zu erhalten, ist die Zweckentfremdung von Wohnraum grundsätzlich verboten und unzulässig. Eine Zweckentfremdung liegt dann vor, wenn Wohnraum ausschließlich zu anderem als Wohnzwecken verwendet wird, also nicht, wenn er nur zu beruflichen Zwecken mitverwendet wird; eine solche Verwendung beseitigt den Charakter als Wohnraum nicht. Eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Zweckentfremdung ist als Ordnungswidrigkeit strafbar (§ 35). Von dem Verbot der Zweckentfremdung kann die Wohnungsbehörde Ausnahmen zugestehen. Ihre Erteilung liegt im pflichtmäßigen Ermessen der Wohnungsbehörde, wobei die Zielsetzung des Gesetzes zu beachten ist. Die Genehmigung kann befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden. Zu den Auflagen gehören in erster Linie die Stellung von Ersatzwohnraum oder die Zahlung von Geldbeträgen zur Schaffung von Ersatzwohnraum. In Fällen dieser Art, in denen sich der Gesamtwohnungsbestand nicht verringert, wird auch eine endgültige Änderung der Zweckbestimmung als Wohnraum mit Genehmigung der Wohnungsbehörden nicht auszuschließen sein. Von dem Verbot der Zweckentfremdung besteht insoweit eine Ausnahme, als es sich um nichtüberschüssige Räume handelt. Insoweit besteht nach Auffassung des Ausschusses kein Bedürfnis, die Entscheidung des Verfügungsberechtigten über die Verwendung seiner Raume öffentlich-rechtlich einzuschränken (eine privatrechtliche auf Grund des Mietvertrages etwa erforderliche Genehmigung des Vermieters zur Änderung der Benutzungsart bleibt unberührt). Wenn jemand sich innerhalb der ihm zustehenden Räume freiwillig einschränkt und Wohnraum zweckentfremdet, so muß das möglich sein, weil die Wohnungsbehörden auf diese Räume doch nicht zurückgreifen können. Aus einer solchen freiwilligen Einschränkung wird der Wohnungsinhaber aber selbstverständlich keine Ansprüche auf mehr Wohnraum herleiten dürfen. Überschüssige zweckentfremdete Wohnräume können ohne weiteres als freier Wohnraum nach § 10 Abs. 2 an Wohnungsuchende zugeteilt werden. Sofern Wohnraum ohne Genehmigung an einen anderen überlassen ist, der ihn zweckentfremdet hat, gilt das gleiche nach § 10 Abs. 1 Buchstabe b. Der Ausschuß hat auch die Frage geprüft, ob entsprechend der Regierungsvorlage und dem bisherigen Recht den Wohnungsbehörden die Befugnis gegeben werden sollte, zu verlangen, daß eine frühere Zweckentfremdung von Wohnraum rückgängig gemacht werden soll. Er hat hiervon jedoch abgesehen, da von einer solchen Befugnis auch seit Inkrafttreten des Kontrollratsgesetzes Nr. 18 nur in ziemlich geringem Umfange Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausschuß war der Auffassung, daß Maßnahmen dieser Art, da es sich bei ihnen z. T. um die Beurteilung von nicht einfachen Verhältnissen des Geschäftslebens handelt, für die Wohnungsbehörden verhältnismäßig wesensfremd sind. Es erschien auch nicht erwünscht, den Wohnungsbehörden mehr Befugnisse zuzubilligen, als unbedingt erforderlich ist. Mit dem Bestreben auf Abbau der Wohnungszwangswirtschaft wäre die Aktivierung solcher Maßnahmen, deren Erfolg ohnehin zweifelhaft ist, nur schwer vereinbar. Zu § 22: Dem Bestreben auf Erhaltung des Wohnraumbestandes nach § 21 entspricht die Vorschrift des § 22, die verhindern soll, daß durch bauliche Maßnahmen die Brauchbarkeit für Wohnzwecke, d. h. die wohnungswirtschaftliche Verwertbarkeit, wesentlich beeinträchtigt wird. Ausnahmen sind bei überwiegendem Interesse des Verfügungsberechtigten nicht ausgeschlossen. Zuwiderhandlungen sind nach § 34 unter Strafe gestellt. Auch kann die Wiederherstellung des früheren Zustandes erzwungen werden. Zu § 23: Von Eingriffsmöglichkeiten der Wohnungsbehörden in die bauliche Substanz einer Wohnung oder von Wohngebäuden, die das gegenwärtige Recht noch kennt und die auch die Regierungsvorlage, wenn auch nur in sehr beschränktem Umfange, vorgesehen hatte, hat der Ausschuß grundsätzlich abgesehen. Einmal handelt es sich hierbei um eine den Wohnungsbehörden wesensfremde Aufgabe und andererseits kann die wohnungswirtschaftliche Bedeutung solcher Maßnahmen, die vom Standpunkte des Hauseigentümers einen schweren Einbruch in seine Rechte darstellen, nur als gering veranschlagt werden. Eine besondere Rolle hat bei diesen Überlegungen der Dachgeschoßausbau gespielt. Da die Zweckmäßigkeit des Dachgeschoßausbaues ohnehin nicht einheitlich beurteilt werden kann, soll er, soweit er überhaupt fördernswert ist, nach Auffassung des Ausschusses höchstens durch geeignete Maßnahmen gefördert werden, die einen Anreiz zu freiwilligem Ausbau bewirken. Dagegen ist der Einbau von Versorgungsanlagen und sanitaren Einrichtungen zur Verbesserung der Wohnverhaltnisse und zur besseren Ausnutzbarkeit von Wohnraum von nicht ganz geringer Bedeutung. Es gibt Räume, die nur bei Herstellung solcher Anlagen für die Wohnraumbewirtschaftung nutzbar gemacht werden können. Wenn es dem Verfügungsberechtigten zugemutet werden kann, soll er daher zur Duldung des Einbaues verpflichtet sein. Da mit dem Einbau regelmäßig eine Wertverbesserung des Gebäudes verbunden sein dürfte, wird die Duldungspflicht im allgemeinen zu bejahen sein, zumal eine Erstattung der verhältnismäßig geringfügigen Kosten nicht stattfindet. Um größeren Verwaltungsaufwand, der mit der Einziehung solcher Kosten durch die Wohnungsbehörden bei Tilgung in Raten verbunden wäre, zu vermeiden, ist die Erstattungspflicht gegenüber den Wohnungsbehörden, welche die Arbeiten ausführen oder ausführen lassen, ausgeschlossen worden. Zu § 24: Hier wird bestimmt, daß auch Dritte, welche durch die in §§ 22 und 23 bezeichneten Baumaßnahmen (Wiederherstellung der Brauchbarkeit einer Wohnung nach vorheriger unerlaubter Veränderung oder der Einbau von sanitären Einrichtungen und Versorgungsanlagen) beeinträchtigt werden, diese zu dulden haben, soweit es ihnen zugemutet werden kann. Zu § 25: § 25 läßt in Erweiterung der in § 24 bezeichneten Maßnahmen auch eine vorubergehende Raumung von Wohnraum zu, soweit sie erforderlich und zumutbar ist. Seine Hauptbedeutung besteht jedoch darin, daß eine vorubergehende Raumung oder sogar ein endgültiger Wohnungswechsel mit der Folge des Verlustes des alten Wohnrechts in anderen Fallen möglich ist. Von der Beibehaltung eines allgemeinen Zwangswohnungstausches, wie er dem gegenwärtigen Recht der Wohnraumbewirtschaftung entspricht, ist aber im übrigen abgesehen worden, da ein solcher Eingriff nicht mehr vertretbar erschien. Auch bisher ist die praktische Bedeutung eines solchen Zwangseingriffs nicht sehr groß gewesen. Ein zwangsweiser Wohnungswechsel soll nunmehr noch möglich sein im Falle des Wiederaufbaues eines zerstörten oder der Wiederherstellung eines beschadigten Gebäudes oder zur Errichtung eines für die Dauer bestimmten Gebaudes an Stelle behelfsmäßigen Raumes. Da es sich bei diesen Maßnahmen aber um eine Enteignung des Wohnrechts handelt, dürfen sie nur vorgenommen werden, wenn sie zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich sind, insbesondere aus stadtebaulichen Gründen. Die Entschädigung erfolgt in Gestalt angemessenen Ersatzwohnraums; außerdem wird für die Erstattung der Umzugskosten Sorge getragen. Diese Maßnahmen der Wohnungsbehörden gehören zwar nicht zum engeren Aufgabenbereich der Wohnraumbewirtschaftung. Wenn sie aber entsprechend dem neuen Mietaufhebungstatbestand in § 4 b des Mieterschutzgesetzes (vgl. § 28 Nr. 1 dieses Gesetzentwurfs) ein Vorgehen der Wohnungsbehorde ermöglichen, so geschieht das, weil die Wohnungsbehörden doch jedenfalls als berufen angesehen werden müssen, mit den ihnen zustehenden Mitteln der Wohnraumbewirtschaftung auch ihrerseits zur Erleichterung des Wiederaufbaues und zur Förderung von Baumaßnahmen zum öffentlichen Wohl beizutragen. Zu § 26: Die Schriftform für Verfügungen der Wohnungsbehörden ist im Interesse der Rechtssicherheit und mit Rücksicht auf die einschneidende Wirkung wohnungsbehordlicher Maßnahmen zweckmäßig. Zu § 27: Die Vorschrift über die Vollziehbarkeit wohnungsbehördlicher Verfügungen im Wege des Verwaltungszwanges entspricht der gegenwärtigen Rechtslage. Eine ausdrückliche Bestimmung hieruber dient der Beseitigung von Zweifeln. Das Verwaltungszwangsverfahren selbst richtet sich nach Landesrecht. Ein Verwaltungszwang kommt nur bei gesetzlich zulässigen Verfügungen in Frage, die ihrer Natur nach vollziehbar sind, wie z. B. die Bereitstellungsverfügung (§ 19) und die Besitzeinweisung (§ 20). Zu § 28: Die in den §§ 28 bis 31 vorgesehenen Änderungen des Mieterschutz- und des Vollstreckungsrechts behandeln Fragen, die nicht unmittelbar zu dem Gebiet der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung gehören. Sie enthalten aber doch sehr starke Berührungspunkte hiermit. Insbesondere ergibt sich eine Reihe von Fragen bezüglich des Verhältnisses der Wohnungsbehörden zu den Gerichten, die der Regelung bedürfen. Es erschien dem Ausschuß daher zweckmäßig, der Anregung des Bundesrats, die auch von der Bundesregierung aufgegriffen war, zu folgen, diese Fragen schon im Rahmen des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes zu regeln und sie nicht einer künftigen Neuordnung des Mieterschutzrechts vorzubehalten. § 28 Nr. 1 und 3. Von besonderer Bedeutung ist die Abgrenzung der Befugnisse der Gerichte und der Wohnungsbehörden bei Mietaufhebungsklagen nach § 4 des Mieterschutzgesetzes. Das vorgesehene Verfahren soll dem verschiedenen Aufgabengebiet beider Behörden Rechnung tragen und zugleich zu einem praktisch brauchbaren Ergebnis führen. Im Rahmen einer Mietaufhebungsklage nach § 4 des Mieterschutzgesetzes findet nur eine Interessenabwägung zwischen dem Vermieter und dem Mieter statt. Es wird aber u. U. nicht genügend berücksichtigt, ob dem Vermieter im Rahmen der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung überhaupt Raumansprüche in dem Umfange des Klageanspruchs zustehen und vor allem. ob im Falle eines obsiegenden Urteils nach durchgeführter Zwangvollstrekkung gerade der Kläger die freien Räume überhaupt beziehen darf. Um diese unerwünschte Folge zu vermeiden, soll als weitere materielle Voraussetzung für eine Eigenbedarfsklage bei bewirtschafteten Räumen eine Bescheinigung der Wohnungsbehörde vorgelegt werden, daß die Wohnungsbehörde dem Kläger die Räume im Falle des Freiwerdens zuteilen werde. Bisher ist es in der Rechtsprechung strittig gewesen, ob eine Beteiligung der Wohnungsbehörden im Mietaufhebungsprozeß überhaupt erforderlich war, und bejahendenfalls, welche Bedeutung sie hatte Diese Zweifel werden nunmehr behoben. Die Wohnungsbehörden werden verpflichtet, über die zukünftige Zuteilung im Falle des Freiwerdens eine Bescheinigung auszustellen (§ 32) ; ihre Versagung kann gegebenenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefochten werden. Die Frage der Ersatzraumstellung ist für die Bescheinigung unerheblich; die Vollstreckung des Urteils ist eine Sache für sich, und die Vorschriften über Vollstreckungsschutz berücksichtigen die tatsächlichen Schwierigkeiten und die Lage der Wohnungsbehörden. Durch die Einschaltung der Wohnungsbehörden werden die Gerichte der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 des Mieterschutzgesetzes im übrigen vorliegen, nicht enthoben. Sie müssen vielmehr zwischen den Parteien eine Abwägung der Interessen vornehmen. Ergeht ein Urteil nach Antrag und kann es auch vollstreckt werden, weil der nach § 30 des Entwurfs vorgeschriebene Ersatzwohnraum vorhanden ist, so ist der Wohnraum entsprechend dem Urteil und der Bescheinigung, wenn sich die Verhältnisse nicht nachträglich wesentlich geändert haben, dem Kläger zuzuteilen (§ 33 Abs. 1). Das gleiche gilt bei der Mietaufhebung gemäß den §§ 22 bis 23 b im Falle von Werk- und Betriebswohnungen, die an Betriebsangehörige überlassen werden sollen. In beiden Fällen ist eine Bescheinigung der Wohnungsbehörde jedoch entbehrlich, wenn der Vermieter als angemessenen Ersatzwohnraum für den Mieter eine steuerbegünstigte oder frei finanzierte Wohnung nach dem Ersten Wohnungsbaugesetz• schafft oder schaffen läßt, die der Wohnraumbewirtschaftung nicht unterliegt. Der neue § 4 b des Mieterschutzgesetzes schafft eine Mietaufhebungsklage zur Erleichterung des Wiederaufbaues und Neubaues, erleichtert also unmittelbar auch die Wohnraumbewirtschaftung. Die Voraussetzungen für den neuen Mietaufhebungstatbestand sind einem wohnungsbehördlich verfügten Wohnungswechsel gemäß § 25 des Entwurfs nachgebildet. § 28 Nr. 2. Der neue Absatz 2 des § 23 des Mieterschutzgesetzes dient der Klarstellung einer Zweifelsfrage, die sich aus § 20 des Ersten Wohnungsbaugesetzes ergibt. Er läßt nunmehr auch eine Mietaufhebungsklage wegen Betriebsbedarfs bei einer Betriebswohnung zu, wenn das Mietverhältnis von dem Bestehen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses unabhängig geworden ist; hierdurch werden gewisse Hemmungen gegen die Errichtung solcher Wohnungen beseitigt, ohne daß praktisch die schutzwürdigen Belange ehemaliger Betriebsangehöriger beeinträchtigt werden, weil auch die Vollstreckung von solchen Mietaufhebungsurteilen von angemessenem Ersatzwohnraum abhängig gemacht ist (§ 30 Abs. 1). § 28 Nr. 4. Der neue § 24 a des Mieterschutzgesetzes soll die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen widerstreitenden Interessen von Vermietern und Mietern möblierter Wohnräume ermöglichen. Die in der Gerichtspraxis bisher verschieden beurteilte Rechtsfrage, ob eine Teilkündigung eines Mietvertrages bezüglich der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände zulässig ist, wird klargestellt. Eine solche Teilkündigung soll in Zukunft möglich sein, wenn sie dem anderen Teil zugemutet werden kann. Die Frage ist von besonderer Wichtigkeit für Vertriebene und Kriegssachgeschädigte, die bisher möbliert wohnten, inzwischen aber insbesondere durch Hilfsmaßnahmen der öffentlichen Hand in die Lage versetzt sind, sich eigene Einrichtungsgegenstände anzuschaffen, und sie anschaffen wollen. Umgekehrt können auch Vermieter möblierter Räume in die Lage kommen, ihre Möbel anderweitig verwenden zu wollen. Zu § 29: Die Wiedereinführung der Mietaufhebungsklage wegen Eigenbedarfs im Lande Hessen, wo sie durch eine vorläufige Sonderregelung im Jahre 1946 beseitigt war, entspricht einem dringenden sachlichen Bedürfnis und ist aus Gründen der Rechtseinheit geboten. Zu § 30 Durch die §§ 30, 31 ist versucht, die bisherige Rechtsgrundlage des Vollstreckungsschutzes bei Mietaufhebungs- und Räumungsurteilen in Artikel 6 der Schutzverordnung vom 4. Dezember 1943 in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze neu zu ordnen. Dabei sollte eine Lösung gefunden werden, die praktischen Bedürfnissen entspricht und einen billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Beteiligten darstellt. Maßnahmen der Wohnungsbehörde, die dem Sinn eines gerichtlichen Urteils, also auch einem Räumungsurteil zuwiderlaufen, sind unzulässig (§ 33 Abs. 1), an der Vollstreckung gerichtlicher Urteile besteht vielmehr auch ein rechtsstaatliches Interesse; daher sind Räumungsschuldner im Rahmen des § 17 bevorzugt unterzubringen. Trotz dieses Interesses erscheint es für die Betroffenen in allen Fällen, in denen ein Mietverhältnis ohne ihr Verschulden aufgehoben wird, also bei Eigen- und Betriebsbedarf, billig, das Vorhandensein angemessenen Ersatzraumes als Voraussetzung für die Vollstreckung zu fordern. Im übrigen ist auf eine anderweitige Unterbringung Rücksicht zu nehmen. Bei der Frage der Angemessenheit des Ersatzraums spielen die verschiedensten Umstände eine Rolle; zu berücksichtigen sind z. B. Art, Lane und Größe der Wohnung, aber auch der Mietpreis. Für die Höhe des Mietpreises ist in Absatz 2 der Grundsatz herausgestellt, daß Ersatzraum nicht als unangemessen oder unzumutbar angesehen werden darf, wenn die Miete den für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau geltenden Richtsätzen entspricht oder, sofern das Jahreseinkommen des Schuldners die Jahresverdienstgrenze der Angestellten-Versicherung überschreitet, die Kostenmiete im Sinne des § 27 Abs. 1 des Ersten Wohnungsbaugesetzes nicht überschreitet. Nur ausnahmsweise kann bei besonders dringendem Bedarf auch eine nicht unter allen Umständen angemessene, aber doch eine zumutbare ausreichende Unterbringung als Ersatzraum anerkannt werden. Diese Voraussetzungen können auch gegeben sein, wenn die Vollstreckung sich wegen fehlenden angemessenen Ersatzraumes lange Zeit hinauszögert. In den anderen Fällen (außer dem des in § 31 geregelten Zahlungsverzugs), also namentlich bei Mietaufhebung wegen Belästigung, Nichtanerkennung preisrechtlich zulässiger Mieterhöhung, aber auch, wenn Mieterschutz überhaupt nicht besteht, kann die Gewährung von Vollstreckungsschutz von nur ausreichendem Ersatzraum abhängig gemacht werden. Bei unzumutbarer Härte für den Gläubiger, z. B. wenn die Mieter durch schwerste Belästigungen ein besonderes asoziales Verhalten an den Tag gelegt haben, ist von der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ganz abzusehen. In solchen Fällen ist es Sache der Obdachlosenfürsorge, ein Obdach sicherzustellen. Zu § 31: Im Falle der Aufhebung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs gilt eine Sonderregelung. Sie beruht auf der Erwägung, daß Vollstreckungsschutz bei schuldhaft säumigen Mietern, für welche die Fürsorgebehörde nicht eingetreten ist, bei weiterer Nichtzahlung der Miete den Vermietern nicht zugemutet werden kann; er käme praktisch einer Enteignung gleich. Der Vermieter übernähme damit Aufgaben, welche die Allgemeinheit zu tragen hätte. In Fällen dieser Art, in denen der Mieter schon eine ganze Zeit mit der Miete im Rückstand geblieben ist, bevor eine Mietaufhebungsklage zulässig ist, und in denen meist eine weitere Reihe von Monaten bis zur Rechtskraft eines Mietaufhebungsurteils vergeht, darf Vollstreckungsschutz nur noch ganz kurzfristig zugelassen werden. Er ist daher auf zwei Wochen seit der Rechtskraft des Urteils beschränkt. Nur wenn die Zahlung der seit der Mietaufhebung geschuldeten Nutzungsentschädigung gewährleistet ist, insbesondere auch, wenn die Fürsorgebehörde sich insoweit zur Befriedigung des Gläubigers bereiterklärt hat, kann Vollstreckungsschutz über diese Frist hinaus gewährt werden. Ist das nicht der Fall, so muß es möglich sein, das Urteil zu vollstrecken, und es ist notfalls Sache der für die Obdachlosenfürsorge zuständigen Behörde, den ausgeklagten Mieter unter- zubringen und dafür die Kosten zu übernehmen. Dabei genügt nach den landesrechtlichen Bestimmungen auch eine notdürftige Unterkunft. Der Ausschuß hat sich dem andersartigen Lösungsversuch der Bundesregierung nicht angeschlossen. Es erschien ihm nicht angemessen, auch in diesen Fällen eine ausreichende Ersatzunterkunft vorzuschreiben und die Körperschaft, der die Wohnungsbehörde zugehört, subsidiär für den Mietausfall haften zu lassen. Durch eine solche Regelung wäre wegen des Mangels an ausreichendem Ersatzraum eine nichtvertretbare Belastung der öffentlichen Hand entstanden, und es wäre vor allem eine noch stärkere Verschlechterung der Zahlungsmoral bei diesem Personenkreis und damit eine Gefährdung der allgemeinen Zahlungsmoral eingetreten. Da vielfach selbst ein Obdachlosenquartier nicht gleich zur Verfügung steht, muß erfahrungsgemäß die für die Obdachlosenfürsorge zuständige Behörde vorübergehend auf die alte Wohnung des ausgeklagten Mieters oder einen Teil derselben im Wege der Obdachlosenunterbringung zurückgreifen. Um in solchen Fällen eine Räumung durch den Gerichtsvollzieher und eine sofortige Wiedereinweisung als Maßnahme der Obdachlosenfürsorge zu vermeiden, soll zur Verfahrensvereinfachung die Vollstreckung als erfolgt gelten, wenn die Obdachlosenfürsorgebehörde diese Inanspruchnahme der Räume dem Vollstreckungsgericht erklärt und dieses die Erklärung dem Gläubiger zugestellt hat. Nach Aufhebung der Inanspruchnahme der Räume durch die Obdachlosenfürsorgebehörde ist dann auch diese Behörde für die Räumung verantwortlich. Sie kann sie gegenüber dem Schuldner im Wege des Verwaltungszwanges durchsetzen, und sie kann hierzu von dem Gläubiger notfalls im Wege verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angehalten werden. Zu §§ 32 und 33: Hierzu wird auf die Bemerkungen zu § 28 verwiesen. Zu § 34: Die vorsätzliche wesentliche Beeinträchtigung der Brauchbarkeit von Wohnraum stellt strafrechtlich ein Vergehen dar. Zu § 35: Die Höhe der Geldbuße in den in § 35 näher gekennzeichneten Fällen einer Ordnungswidrigkeit richtet sich nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 177). Zu § 36: Um den Wohnungsbehörden genügend Zeit für die Umstellung ihrer Tätigkeit auf die neuen Vorschriften und insbesondere auch auf das geänderte Verfahren zu geben, soll das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz erst drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten. Zum gleichen Zeitpunkt soll das Kontrollratsgesetz Nr. 18 durch ein Gesetz der Alliierten Hohen Kommission außer Kraft gesetzt werden, was grundsätzlich bereits zugesagt ist. Da das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz teilweise nur ein Rahmengesetz darstellt und das Rechtsgebiet in die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes fällt, sollen die auf Grund des Kontrollratsgesetzes von Ländern und Gemeinden erlassenen Vorschriften, die geeignet sind, diesen Rahmen auszufüllen, auch nach Aufhebung des Kontrollratsgesetz selbst noch vorübergehend bestehen bleiben, soweit sie dem Wohnraumbewirtschaftungsgesetz nicht widersprechen. Sie sollen dann aber zur Klarstellung der Rechtslage entweder durch neue Landesgesetze ersetzt werden oder erlöschen. Zu § 37: Das Gesetz soll auch in Berlin Anwendung finden. Bonn , den 31. Oktober 1952 Kalbfell Berichterstatter Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 239. Sitzung Begründung zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU (BP-Z) zur Dritten Beratung des Entwurfs eines Wohnraummangelgesetzes (Umdruck Nr. 710) Berichterstatter: Abgeordneter Kalbfell Zu § 8: Durch den dem § 7 entsprechenden Zusatz soll erreicht werden, daß aus den Vormerklisten Personen ausgeschieden werden, die als Wohnungsuchende nicht mehr in Betracht kommen. Zu § 14: Bei öffentlich geförderten Kleinsiedlungen haben Einliegerwohnungen, d. h. Wohnungen, die im Verhältnis zu der Siedlerwohnung von untergeordneter Bedeutung sind, nach dem Sinn der Kleinsiedlung vielfach nur vorübergehend den Charakter einer selbständigen Wohnung. Bei entsprechendem Wohnbedarf muß dem Kleinsiedler die Möglichkeit gegeben werden, ganz oder teilweise auf die Einliegerwohnung zurückzugreifen. Zur Beseitigung entstandener Zweifelsfragen rechtfertigt es sich daher, dem Kleinsiedler entsprechende Rechtsansprüche gegenüber der Wohnungsbehörde zuzubilligen, wie sie im Falle des Freiwerdens von Teilen einer Wohnung den Verfügungsberechtigten nach § 14 Abs. 2 zustehen würden. Zu § 18: Es handelt sich um eine Klarstellung der Fassung, insbesondere soll das Verhältnis zu § 22 Abs. 4 des Ersten Wohnungsbaugesetzes ausdrücklich geklärt werden. Zu § 30: Durch die Zusätze soll einem vom Lande Hessen geäußerten Wunsche entsprechend dem Umstand Rechnung getragen werden, daß gegenwärtig im Lande Hessen noch an Stelle der §§ 2 bis 3 a des Mieterschutzgesetzes die entsprechenden Vorschriften der Hessischen Verordnung über die einstweilige Regelung von Mietstreitigkeiten vom 23. 11. 1946 (GVBl. S. 222) gelten. Zu § 31: Die Streichung im Abs. 1 dient dem Ziele, die Erwähnung der bereits zu § 30 bezeichneten hessischen Vorschriften überflüssig zu machen. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Vorschrift des § 3 des Mieterschutzgesetzes ist entbehrlich, weil der Aufhebungsgrund durch das Wort „Zahlungsverzug" mit hinreichender Deutlichkeit umschrieben ist. Der Zusatz zu Abs. 2 berücksichtigt den Fall, daß gegen den Mieter außer dem Aufhebungsgrund wegen Zahlungsverzuges auch noch Umstände vorliegen, die eine Aufhebung wegen erheblicher Belästigung (§ 2 des Mieterschutzgesetzes) gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden. In diesem Falle soll nach der durch den Zusatz vorgesehenen Regelung der Richter regelmäßig von der Gewährung von Vollstreckungsschutz oder einer Räumungsfrist auch dann absehen, wenn die Fortzahlung der Miete gewährleistet erscheint. Durch Einfügung der Worte „auf ihre Kosten" in Abs. 3 Satz 1 soll in Übereinstimmung mit dem Ausschußbericht zum Ausdruck gebracht werden, daß die Behörde, die den Vollstreckungsschuldner aus Gründen der Obdachlosenunterbringung in die bisherigen Räume einweist, die Kosten der Unterbringung zu tragen hat. Der dem Abs. 3 hinzugefügte Satz 4 entspricht dem Zusatz zu Abs. 2. Er soll die Durchführung der Räumung entsprechend der in § 30 Abs. 4 getroffenen Regelung ermöglichen, wenn gegen den Mieter außer dem Aufhebungsgrund wegen Zahlungsverzuges auch noch Gründe vorliegen, die eine Aufhebung nach § 2 des Mieterschutzgesetzes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden. Die Änderung in Abs. 4 dient lediglich der Klarstellung.
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    Rede von Erwin Schoettle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß der Herr Bundesfinanzminister es für wert hält, während der Debatte des Nachtrages noch zu erscheinen, wenn er das Haus verlassen haben sollte. Ich glaube nicht, daß es üblich ist,- daß nur der Herr Staatssekretär dasitzt. Ich bedaure, diese Einleitung machen zu müssen.
    Meine Damen und Herren, der Herr Bundesfinanzminister hat gestern den Nachtrag zum Bundeshaushalt 1952/53 mit einer, man muß es leider sagen, recht mageren Begründung dem Hause vorgelegt. Unsere Haushaltsberatungen entbehren an sich schon der in anderen Ländern üblichen dramatischen Spannung. Herr Schäffer hat noch ein übriges getan, um die Haushaltsberatungen in diesem Hause abzuwerten. Was er an Zahlen genannt hat, diente ausschließlich dem Zweck, die Starrheit von rund 80% der Ausgaben zu unterstreichen — eine These, die noch sehr genau im Lichte der einzelnen Haushaltspositionen untersucht werden müßte —, und seine Bemerkungen über die Entwicklung der Bundeseinnahmen verrieten einen Zweckpessimismus, dessen Hintergründe man sehr leicht erraten kann.
    Besonders interessant fanden wir Sozialdemokraten die Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers, daß mit der Einbringung des Nachtrags nun die volle Verantwortung auf das Parlament übergehe. Das ist an sich eine Binsenwahrheit, die aber von dem Herrn Bundesfinanzminister offenbar ausgesprochen worden ist, weil er damit einen Appell an das Verantwortungsbewußtsein des Hohen Hauses richten wollte. Nun, ich darf wohl annehmen, daß dieser Appell an die Einsicht des Parlaments in erster Linie an die Regierungskoalition gerichtet war, die im Hinblick auf den kommenden Wahlkampf nicht müde wird, Anträge von erheblicher finanzieller Tragweite zu stellen.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Bausch: Sie ja auch!)

    — Ja, Herr Kollege Bausch, es ist ein kleiner Unterschied, ob die Opposition bestimmte Anliegen aufnimmt oder ob die Regierungskoalition, die sich verpflichtet fühlt — —

    (Abg. Bausch: Sie haben die gleiche Verantwortung wie wir!)

    — Sie reden gelegentlich davon, daß wir weniger Verantwortung haben als Sie. Aber wenn Sie diese Verantwortung schon haben - Herr Kollege Bausch, ich rede nicht von Ihnen individuell, das ist nicht meine Sache, sondern von der Koalition -, dann
    haben Sie auch die Aufgabe, Ihrem Herrn Bundesfinanzminister in die Seite zu treten.

    (Abg. Dr. Wuermeling: An! — Lachen.)

    — In die Seite! Ich meine das so, wie Sie es verstehen, Herr Bausch. Der Herr Bundesfinanzminister hätte eigentlich die Verpflichtung — man hat es allerdings bisher von ihm nicht gehört —, in der Öffentlichkeit ein offenes Wort an seine eigenen Freunde zu richten, und zwar unter Nennung der genauen Adresse. Das würde vielleicht mehr zur Klärung der Situation beitragen als dunkle Andeutungen von der vollen Verantwortung, die jetzt auf das Parlament übergehe. Aber vielleicht holt der Herr Bundesfinanzminister diesen Appell an seine Freunde noch nach; wir wären ihm dankbar.
    Nun haben wir gestern vom Herrn Bundesfinanzminister bei einer anderen Gelegenheit, nämlich bei der Beratung der Anträge und Vorlagen über die Beamtenbesoldung, ganz im Vorbeigehen, erfahren, daß die Finanz- und Steuerreform, von der so lange und so viel geredet worden ist, noch im weiten Felde sei. Der Herr Bundesfinanzminister hat nämlich die Frage der Besoldungsreform in einen nach meiner Auffassung zu Recht bestehenden Zusammenhang mit der Finanz- und Steuerreform gebracht und gesagt, die Besoldungsreform sei ein so kompliziertes Werk, daß darüber noch viel Zeit vergehen werde. Ergo: auch die Finanz- und Steuerreform wird noch sehr, sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.
    Das ist zwar keine absolute Neuigkeit; denn darüber ist schon seit einiger Zeit gemunkelt worden, daß man nicht daran gehen will, noch in diesem Parlament dieses dornenvolle Werk in Angriff zu nehmen. Ich muß sagen: wir bedauern das in mehr als einer Hinsicht, weil wir nämlich befürchten, daß damit ein Fragenkomplex weiter im Dunkel bleibt, dessen Aufhellung für die Urteilsbildung der Wähler im kommenden Jahr von außerordentlicher Bedeutung gewesen wäre.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man hätte dann nämlich Farbe bekennen müssen, und das Farbe-Bekennen wäre manchen Leuten, auf deren Mithilfe bei der kommenden Bundestagswahl die Regierungskoalition Wert legt — ich meine Mithilfe nicht im Sinne von Reden, sondern im Sinne von konkreten Leistungen —, sehr auf die Nerven gegangen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Man kann also durchaus verstehen, daß man dieses unangenehme Geschäft auf einen späteren Zeitpunkt vertagt, und die Frage ist erlaubt, ob das Tempo der Arbeit an dem großen Werk der Finanz- und Steuerreform nicht vielleicht doch durch politische oder gar wahlpolitische Überlegungen bestimmt worden ist.

    (Abg. Mellies: Hört! Hört!)

    Bei dieser Gelegenheit übrigens eine Frage. Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern mit großer Genugtuung von der kommenden Bundesanleihe über eine halbe Milliarde DM gesprochen. Ich möchte die Erfolgsmöglichkeit dieser Anleihe nicht im geringsten beeinträchtigen. Ich bin überzeugt, daß zur Deckung der Bedürfnisse des außerordentlichen Haushalts ein erheblicher Zuschuß vom Kapitalmarkt her notwendig sein wird. Aber es ist auch aus den Bedingungen, die genannt worden sind, klar geworden, daß sie für die Geldinstitute, die so bereitwillig waren, den größeren Teil der Anleihe zu übernehmen, ein recht ordentliches Geschäft ist.


    (Schoettle)

    In diesem Zusammenhang aber darf ich doch die Frage stellen: Was wird nun eigentlich aus der 200-Millionen-Anleihe, die bei den Beratungen über den Lastenausgleich als eine der Möglichkeiten für die Vorfinanzierung des Lastenausgleichs in Aussicht gestellt worden ist? Das, was im „Bulletin" der Bundesregierung vom 26. November über den Inhalt eines geplanten „Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Vorfinanzierung des Lastenausgleichs" — ein langer Titel, wie ich zugeben muß; er ist nicht von mir — mitgeteilt worden ist, kann man kaum als eine Erfüllung dieses Versprechens ansehen. Denn die Bedingungen für die Maßnahmen, die da mitgeteilt worden sind, dürften für die potentiellen Darlehensgeber kaum einen großen Anreiz darstellen. Aber über diese Frage wird j a noch an anderer Stelle zu reden sein, und ich denke, daß auch einige Herren aus den Kreisen der Regierungskoalition über diese Dinge ihre eigenen Gedanken haben. Hoffentlich sprechen sie sie recht nachdrücklich aus, so nachdrücklich, wie Herr Dr. Kather es in der Presse getan hat.
    Und nun einige Bemerkungen zum Nachtrag selber. Zu Beginn muß ich leider wieder die Beschwerde vorbringen, die nicht zum ersten Male in diesem Hause ertönt, daß der Nachtrag dem Hause mit beträchtlicher Verspätung vorgelegt worden ist. Die Schuld daran liegt nicht beim Parlament. Die entscheidende Einnahmeposition des Nachtrags, nämlich der höhere Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer, war längst ausgehandelt. Dagegen haben offenbar die Verhandlungen über den Etatausgleich im Schoße der Regierung über Gebühr lange gedauert, und man kann noch nicht einmal sagen, daß jetzt die Unterlagen vollständig seien; denn am Dienstagnachmittag i) wurde im Hause ein ganzer Berg Organisations-und Stellenpläne abgeliefert, und zwar zu einer Zeit, zu der sie nicht mehr verteilt werden konnten, und die Frage erhebt sich: Wer soll eigentlich solch umfangreiches Paket, dessen Kenntnis doch zum Verständnis des Haushalts notwendig ist, durcharbeiten oder durchsehen? Man kann weiter fragen: War es nicht möglich, diese Unterlagen früher zu liefern? Haben sie dem Bundesrat bei seiner Beratung nicht vorgelegen? Ich kann es mir kaum vorstellen. Wann sind sie fertiggestellt worden? Ich habe mir sagen lassen, daß sie schon monatelang im Bundesfinanzministerium fertig sind. Um so erstaunlicher ist es, daß man dieses Paket dem Hause oder vielmehr den Mitgliedern des Hauses, die mit diesen Fragen beschäftigt sind, erst im letzten Augenblick zustellt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Man kann nur die Hoffnung aussprechen, daß es mit dem Haushaltsplan 1953/54 nicht ebenso geht. Auch wenn jetzt angekündigt wird, daß er demnächst vom Kabinett verabschiedet werde, zwingt die Erfahrung zu einiger Skepsis. Hoffen wir, daß diese Skepsis widerlegt wird!

    (Abg. Mellies: Nehmen Sie nicht dem Herrn Finanzminister die Freude!)

    Der Nachtrag bringt — das weiß nur derjenige, der ihn durchgearbeitet hat; und ich habe leider neben den Mitgliedern des Haushaltsausschusses die unangenehme Verpflichtung, das zu tun, und zwar schon von vornherein — beträchtliche neue Personalanforderungen, nämlich — nach der Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums — insgesamt annähernd 5900 neue Forderungen für Planstellen, für TOA-Stellen, für Arbeiterstellen. Die Erhöhung des Personalbestands ist nicht ohne
    weiteres in allen Fällen selbstverständlich. Sie wird in den Ausschußberatungen einer scharfen Durchleuchtung bedürfen. Um es gleich vorweg zu sagen: Wir sind nicht unter allen Umständen gegen die Vermehrung von Planstellen oder Stellen für Angestellte und Arbeiter. Dort, wo echte neue Aufgaben oder eine Vermehrung der Aufgaben vorliegen und wo dafür die gesetzlichen Grundlagen bestehen, werden wir keine Schwierigkeiten machen. Aber nicht für alle neu geforderten Stellen gib t es gesetzliche Grundlagen, und nicht in jedem Fall können wir die Ausweitung des Personalbestands und die Begründung dazu akzeptieren, daß die Aufgaben sich erweitert hätten.
    Ich will zwei Fälle herausgreifen, ohne damit das Thema zu erschöpfen. Da ist das Amt Blank. Es fordert 123 neue Stellen, davon 45 planmäßige und 8 außerplanmäßige Beamtenstellen sowie 61 Angestelltenstellen. Ich frage — und meine Fraktion fragt mit mir —: Wo ist die Grundlage für diese Ausdehnung?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das Amt Blank unterliegt geradezu einem Wucherungsprozeß. Wenn man uns in diesen Tagen öffentlich versichert hat, daß es nicht richtig sei, daß die Sonderabteilung beim Bundesfinanzministerium in Bad Homburg auf das Amt Blank übergegangen sei, daß dagegen das Amt Blank einen Teil der bisherigen Aufgaben dieser Stelle übernommen habe, nämlich die Beschaffungsaufgaben, dann steht das im direkten Widerspruch zu dem, was uns im Haushaltsausschuß auf die direkte Frage gesagt worden ist, daß nämlich ein erheblicher Teil des Personals und der Aufgaben der Sonderabteilung in Bad Homburg zum Amt Blank übergewechselt sei.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Man sollte doch Mitteilungen etwas genauer auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen, ehe man sie der Öffentlichkeit übergibt, oder man sollte dann doch wenigstens den Ausschüssen des Parlaments die volle Wahrheit sagen.
    Ich sagte, das Amt Blank unterliege geradezu einem Wucherungsprozeß. Man kann eher von einer Aufgabenüberschreitung ohne jede gesetzliche Grundlage sprechen. Daß dabei eine echte parlamentarische Kontrolle fehlt, ist keineswegs der kleinste Mangel. Herr Blank hält immer wieder öffentliche Reden über die Tätigkeit und die Absichten seiner Dienststelle und verbreitet damit in weiten Kreisen der Bevölkerung Unruhe; aber dem Parlament hat er sich dank der fein ausgeklügelten Zweideutigkeit seiner Stellung als Abgeordneter und quasi-Verteidigungskommissar bisher noch nie gestellt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ich glaube, hier ist es notwendig, daß das Parlament selber sich das Recht der Kontrolle über eine solche doch immerhin mit einer Aufgabe und Verantwortung von hohem Grad und von hoher Gefährlichkeit belastete Stelle rechtzeitig sichert.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und nur nebenbei, meine Damen und Herren: auch die Personalerweiterungen bei einzelnen Ressorts sind beunruhigend, und man kann nur hoffen, daß der Ausbau der Bundesverwaltung jetzt allmählich abgeschlossen wird. Wir werden, wie gesagt, auf alle diese Fragen im Ausschuß zurückkommen. Daß es auch andersherum geht, zeigen einige Positionen im Bereich des Verkehrsministeriums, womit ich keineswegs das Ministerium selbst meine. Bei einigen Verwaltungen, die dem Verkehrsministerium unterstehen, hat der Bundesrech-


    (Schoettle)

    nungshof geprüft, und diese Prüfung hat eine recht heilsame Wirkung gehabt. In einem Fall bei einer dem Verkehrsministerium unterstehenden Dienststelle war es möglich, den Personalbestand von 170 auf 101 Stellen herabzudrücken,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    immerhin eine beachtliche Leistung. Es zeigt sich also, daß man bei sorgsamer Prüfung auf diesem Gebiet doch einiges erreichen kann, obwohl ich mich niemals der Illusion hingegeben habe, daß allein durch die Reduzierung des Personalbestands oder durch das, was man die Sparsamkeit in der Verwaltung nennt, wesentliche Gewichtsverschiebungen innerhalb der öffentlichen Haushalte erreicht werden können.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!)

    Ich möchte nicht etwa durch diese Äußerung eine solche Illusion nähren. Das weiß jeder, der mit den Dingen zu tun hat.
    Ein besonderer Fall, der auch noch genauer untersucht werden muß, ist das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Ich sage das nicht, weil uns etwa dieses Presse- und Informationsamt besonders im Magen läge. Es ist aber nicht nur in den Reihen der Opposition, sondern auch bei vielen nüchtern überlegenden Mitgliedern des Hauses — insbesondere in den Reihen des Haushaltsausschusses — immer wieder die Frage gestellt worden, ob der Umfang, den dieses Presse- und Informationsamt der Bundesregierung angenommen hat, in der Sache gerechtfertigt sei. Das Presse- und Informationsamt fordert 16 neue Stellen für Beamte und 52 für Angestellte.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang gleich daran erinnern, daß einer von den, ich weiß nicht, wievielen verflossenen Chefs des Amtes, Herr von Twardowski, mehrfach, und zwar öffentlich und in Gesprächen mit verantwortlichen Leuten, die Auffassung vertrat, daß die Aufgaben des Presse- und Informationsamts beschränkt werden müßten. Man kann nur feststellen, daß offensichtlich das Gegenteil der Fall ist.
    Die Aufgabenstellung des Amtes ist nach unserer Meinung einfach falsch. Es sollte weder eine Nachrichtenagentur ersetzen, noch sollte es ein Propagandaministerium sein.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Aber offensichtlich versucht es, beides zugleich zu sein, und der Erfolg ist zunächst nicht eine bessere Information der Öffentlichkeit, sondern eine Aufblähung des Personalbestands.
    In diesem Zusammenhang gleich noch eine Bemerkung zum Haushaltsplan des Bundeskanzleramts, nämlich zum Kap. 2 Tit. 31. Das ist auch das Bundespresse- und Informationsamt. Unter der Zweckbestimmung „für Förderung des Informationswesens" werden, wie hier steht, zur Verfügung des Bundeskanzlers im Nachtrag neue Mittel, und zwar 453 600 DM angefordert, so daß der Gesamttitel auf 31/2 Millionen DM anwächst. Die Prüfung der Verwendung dieser Mittel und die Entlastung erfolgt nur durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Es ist nicht der einzige Titel dieser Art und auch nicht der einzige im Bereich des Bundeskanzleramts. Wir wissen natürlich auch, daß solche Fonds nicht immer vermeidbar sind. Aber in diesem Falle liegt der Verdacht sehr nahe, daß es sich um einen echten Korruptionsfonds handelt. Ich darf bemerken, daß auch der Präsident des Bundesrechnungshofs gelegentlich sehr nachdrücklich Bedenken gegenüber der Verantwortung geäußert hat, die ihm mit der Inanspruchnahme des § 89 der Reichshaushaltsordnung in solchen Fällen aufgebürdet wird. Es wird ernsthaft zu überlegen sein, ob solche Fonds nicht stärker unter parlamentarische Kontrolle gebracht werden können.

    (Abg. Mellies: Sehr richtig!)

    Damit komme ich zu einem andern Punkt, der den Haushaltsplan des Bundeskanzleramts betrifft. Im außerordentlichen Haushalt des Einzelplans IV ist der Betrag von 4,4 Millionen DM für den Bau einer neuen Bundeskanzlei angefordert.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Frage ist erlaubt, ob es gerade jetzt notwendig ist, im Nachtrag, und dazu noch im außerordentlichen Haushalt, eine solche Summe für einen solchen Zweck sozusagen durch den Türspalt einzuschmuggeln. Wir sind gegen den Versuch, öffentliche Bauten dieser Art über das Extraordinarium zu finanzieren. Die ganze Sache kann bestimmt bis zum Haushalt 1953/54 warten.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es gibt eine ganze Reihe von Aufgaben, die dringlicher sind als der Bau eines neuen Bundeskanzleramts.

    (Beifall bei der SPD.)

    In anderen Fällen — das möchte ich hinzufügen — hat sich der Herr Bundesfinanzminister — und an den richtet sich j a diese Frage — nicht so großzügig gezeigt. Ich erinnere nur an den mehr als frostigen Empfang, den Herr Minister Schäffer vor kurzem den Vertretern der Kriegsopferverbände bereitet hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Dabei beschränkte er sich darauf, zu den Forderungen der Kriegsopfer und -hinterbliebenen mehrmals hintereinander nein zu sagen und sich dann zu empfehlen, weil er noch mit einer Vertretung der Steuerzahler zu verhandeln habe. Von Verhandeln kann man in diesem Falle wohl kaum sprechen, eher schon von einem sanften Rausschmiß der Vertreter der Kriegsopferverbände,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    und das gegenüber einer Schicht der Bevölkerung, die schließlich berechtigte Wünsche vorzutragen hat, berechtigte Wünsche, die nicht nur von der Opposition geltend gemacht worden sind, sondern auch in Teilen der Regierungskoalition anerkannt werden. Ich will hier der Überzeugung meiner Fraktion Ausdruck geben, daß es bei gutem Willen durchaus möglich wäre, im Rahmen des Bundeshaushalts eine Verbesserung der Kriegsopferversorgung zu erreichen. Wir werden uns jedenfalls mit allen Kräften für die Forderungen der Kriegsopferverbände einsetzen.

    (Abg. Bausch: Es wird kommen!)

    — Ich will noch in einem Punkt meiner Rede den Nachweis erbringen, daß sogar Regierungsvertreter der Meinung sind, es gäbe noch Möglichkeiten, Herr Bausch.

    (Abg. Bausch: Ja, wir sind derselben Meinung, daß das kommen muß, und es wird kommen!)

    — Da sind wir j a wieder einmal einer Meinung, was nicht oft vorkommt.
    Herr Minister Schäffer hat gestern sehr nachdrücklich auf die geringe Manovriermasse im Bundeshaushalt hingewiesen, die sich aus der Erstattung von mehr als 800/o der Ausgaben ergäbe. Im großen — aber nur im großen — mag man diese


    (Schoettle)

    These hinnehmen, wobei noch darauf hingewiesen werden muß, daß das dauernde Operieren mit den 40,2% Sozialleistungen politisch-psychologisch — von der sachlichen Seite ganz abgesehen — ein großer Fehler ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Warum trennt man nicht endlich ganz klar die
    Kriegsfolgelasten von den übrigen Sozialleistungen,

    (erneute Zustimmung bei der SPD)

    um damit unserem Volke klarzumachen, was ein verlorener Krieg kostet,

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Wuermeling)

    wie hoch der Preis für das Abenteuer gewesen ist? Warum nimmt man das immer in diesen großen schwarzen Block „Sozialleistungen"? Schließlich läßt sich auch auf diesem Gebiet mit der nüchternen und bitteren Wahrheit mehr erreichen als mit einer etwas anonymen Masse von Kosten, hinter denen jeder alles suchen kann. Auch sonst ließe sich zu dieser allzusehr auf Vereinfachung ausgehenden Schematisierung in der Aufgliederung der Haushaltseinnahmen und -ausgaben noch manches sagen. Wir behalten uns das für spätere Gelegenheiten vor.
    Betrachtet man den Nachtragshaushalt im einzelnen, so kann man die These des Herrn Bundesfinanzministers von der Starrheit und geringen Manövrierfähigkeit im Bundeshaushalt keineswegs in vollem Umfang akzeptieren. Ich bin weit davon entfernt, jede Stellungnahme des Bundesrats zu Gesetzentwürfen der Bundesregierung als Evangelium zu betrachten. Dazu wissen wir alle zu gut, welche regionalen und anderen Gesichtspunkte den Bundesrat bei seinen Stellungnahmen manchmal beeinflussen. Was aber der Bundesrat zu dem Nachtragshaushalt in der Ziffer 2 seiner „Allgemeinen Bemerkungen" gegenüber der Bundesregierung anführt, möchte ich beinahe im vollen Umfang akzeptieren. Damit das Haus die Einwände des Bundesrats schon in diesem Stadium der Beratungen kennenlernt und sie auch für die Beratungen im Haushaltsausschuß zu Protokoll gehen, darf ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einige Sätze wörtlich zitieren. Es heißt da:
    Bei der Aufstellung des Haushalts 1953 sollte eine Reihe haushaltsrechtlicher Grundsätze wieder Beachtung finden, die bei den bisherigen Bundeshaushalten auf Grund des Überrollungs- und Wiederholungsprinzips nicht genügend berücksichtigt sind.
    Das ist durchaus in Ordnung. Es geht aber dann weiter:
    Bei den Zweckausgaben sollten grundsätzlich nur Ausgaben veranschlagt werden, die dem Grund und der Höhe nach mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Der Nachtragshaushalt 1952 enthält eine Reihe von Ausgabenansätzen, die gesetzliche Vorschriften voraussetzen, mit denen in diesem Rechnungsjahr nicht mehr zu rechnen ist ...
    Ich werde noch darauf zu sprechen kommen.
    Auch wenn solche Ansätze teilweise gesperrt werden, wird hierdurch der Haushalt aufgebläht, so daß der Finanzbedarf des Bundes höher erscheint, als er tatsächlich ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich will nicht im einzelnen auf die weiteren Ausführungen des Bundesrats eingehen, erkläre aber, daß wir diese Beurteilung einzelner, nicht unwesentlicher Positionen des Nachtrags im Prinzip durchaus unterstreichen. Was hier gesagt wird, ist — ich wiederhole es — im Kern richtig. Ich will ein krasses Beispiel nehmen, um zu illustrieren, was gemeint ist. Im Einzelplan XI — Bundesministerium für Arbeit -- finden Sie in Kap. 1 c den Tit. 31 — Flüchtlingsrenten —, bei dem 175 Millionen DM Nachtragsforderungen veranschlagt sind. Diese Position wird in der Erläuterung mit § 15 eines „Gesetzes über Fremdrenten der Sozialversicherung usw." — auch ein langer Titel — begründet, einem Gesetz, das noch gar nicht da ist. Die Erläuterung sagt ferner: da das Gesetz voraussichtlich erst am 1. September 1952 in Kraft trete, vermindere sich der Mehrbedarf für das Rechnungsjahr 1952 auf 175 Millionen DM statt 300 Millionen DM, wie man im ganzen veranschlagen wollte. Nun schreiben wir heute nicht den 1. September 1952, sondern bereits den 27. November 1952, und nicht nur ist in diesem Hause von diesem Gesetzentwurf bisher keine Spur zu entdecken gewesen, sondern er hat noch nicht einmal das Licht des Kabinetts erblickt;

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    das Gesetz ist auch nicht einmal über die Referentenentwürfe hinaus gediehen.

    (Erneute Rufe von der SPD: Hört! Hört!)

    Das zuständige Bundesministerium ist der Meinung, daß mit dem Gesetz nicht vor dem 31. März 1953 gerechnet werden könnte. Man fragt sich also, was in Gottes Namen diese 175 Millionen DM in dem Nachtrag tun,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    wenn sie nicht einfach dazu dienen sollen, den Ausgabenbedarf des Bundeshaushalts größer erscheinen zu lassen.

    (Abg. Arnholz: Und die Soziallasten!)

    Das nenne ich eine stille Reserve; sie ist sogar so „still", daß sie schon beinahe schreit. Es sind -bloß! — 175 Millionen DM.

    (Zuruf von der SPD: Es sind aber noch mehr drin!)

    Ich weise ferner darauf hin, daß in einem Einzelplan ganze Kapitel im Hinblick auf noch zu erlassende Gesetze, also auf Gesetze, von denen niemand weiß, wann sie das Parlament passieren werden, veranschlagt sind. Diese Kapitel sind zwar gesperrt, d. h. es werden keine Ausgaben geleistet, aber sie tragen dazu bei, das Gesamtvolumen des Haushaltsplans zu erhöhen und in einem Umfang erscheinen zu lassen, den er tatsächlich nicht hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Daß das auch auf anderen Gebieten der Fall ist, hat ein hoher Beamter des Bundesfinanzministeriums kürzlich in einem Ausschuß des Bundestages offen zugegeben. Er hat mit einigen Vorbehalten davon gesprochen, daß der Titel Kriegsopferversorgung in den Ausgaben vermutlich um 300 Millionen DM hinter den Soll-Sätzen zurückbleibe.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das gilt für den Haushalt des nächsten Jahres 1953/54. Aber schon für dieses Jahr ergebe sich — nach dieser Quelle — beim gleichen Titel eine Einsparung von nahezu 68 Millionen DM.
    Nun bin ich zwar der Auffassung, daß man vom haushaltspolitischen Gesichtspunkt aus den Grundsatz der Gesamtdeckung nicht allzuoft durch die Zweckbindung von Haushaltsmitteln durchbrechen soll. Das ist eine Vorsichtsmaßnahme, die man im ganzen für richtig halten muß. Man soll nicht allzu


    (Schoettle)

    viele Positionen im Etat an bestimmte Verwendungszwecke binden. Aber das entgegengesetzte Extrem ist in einer Lage wie der unsrigen, wo die sozialen Probleme uns so auf den Nägeln brennen, ebenfalls unmöglich. Es würde den Herrn Bundesfinanzminister zum absoluten Diktator und die Haushaltsberatungen des Parlaments zur Farce machen. Denn wir hätten dann praktisch keinerlei Möglichkeit mehr, innerhalb der Manövriermasse, die dem Herrn Bundesfinanzminister zur Verfügung steht, überhaupt noch Änderungen vorzunehmen.
    Alles in allem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Zweckpessimismus, den der Herr Bundesfinanzminister gestern mit Bezug auf die Einnahmenseite des Haushalts zur Schau getragen hat, der Ausgabenseite gegenüber noch stärker ist. Da geht er nämlich in einer Weise nach oben, die durch die Sache kaum gerechtfertigt ist. Die Ausgabenseite wird künstlich aufgebläht, um unbequemen Wünschen vorzubeugen. Damit wird ein anderes Gebot der Haushaltsgestaltung zu einer recht fragwürdigen Sache, nämlich die Haushaltswahrheit, ohne die ein Haushaltsplan ein reines Stück Papier wäre. Ich glaube, wir sollten auch in den Ausschußberatungen darauf achten, daß die Ansätze dieses Nachtrags in einigem wenigstens der Wahrheit so angenähert werden, daß man klipp und klar sieht, wo man steht.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Bisher haben wir jeden Haushalt noch mit Fehlbeträgen abgeschlossen!)

    — Ich bin überzeugt, Herr Kollege Wuermeling, daß der Pessimismus bei der Politik eines Finanzministers ein so nützliches Instrument ist, daß auch Herr Schäffer sich dieses Instruments nicht ohne 1 zwingende Not begeben wird.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Nicht von sich auf andere schließen!)

    — Das kann man nach dieser oder nach jener Richtung anwenden, immer wie es gerade trifft.
    Ich fühle mich verpflichtet, in diesem Zusammenhang noch eine Frage aufzuwerfen, die den Einzelplan VI des Bundesministeriums des Innern betrifft. In Kap. 9 Tit. 31 sind für Zwecke des Verfassungsschutzes 3 Millionen DM veranschlagt. Wohlgemerkt, das Kapitel trägt die Überschrift „Bundesamt für Verfassungsschutz", also eine klar umschriebene Zweckbestimmung und Zweckbegrenzung. Sonst hätte es ja keinen Sinn, ein solches Kapitel einzurichten. Diese 3 Millionen DM sind einer jener Fonds, die nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs unterliegen. In diesem Fall haben wir sogar einiges Verständnis dafür, daß das Amt für Verfassungsschutz über gewisse Mittel verfügt. Aber kein Verständnis haben wir dafür, daß das Bundesinnenministerium dem Amt für Verfassungsschutz nur ein Drittel dieses Betrages zur Bewirtschaftung übergibt und die restlichen 2 Millionen DM selbst bewirtschaftet.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Eine solche Praxis halten wir für unzulässig, weil sie im Widerspruch zur Zweckbestimmung des Ansatzes steht und eine Summe, die an sich schon weitgehend der Kontrolle des Parlaments entzogen ist, noch weiterhin in dunkle Kanäle leitet.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Wer bekommt denn das? — Schwarze Kasse!)

    Ich muß mich nun einem Gebiet zuwenden, das mit dem vorliegenden Nachtragsentwurf mittelbar
    zusammenhängt, nämlich der sozialen Situation in der Bundesrepublik. Gerade im Hinblick auf die künftigen Belastungen des Bundeshaushalts, die uns bis jetzt nur in großen Größenordnungen bekannt sind und deren Deckung noch nicht gefunden ist — wie ich dieser Tage zufällig in einem Dokument aus dem Bundesfinanzministerium gelesen habe —, wird immer wieder auf den Sozialhaushalt und seine Leistungen verwiesen, die zusammen mit dem Wehr-, Verteidigungs- oder Besatzungskostenhaushalt, oder wie immer man das Kind nennen mag, die Bewegungsfähigkeit des Bundesfinanzministers einengten.
    In diesem Zusammenhang wird sehr oft mit vielen statistischen Zahlen operiert, die beweisen sollen, wie herrlich weit wir es durch die Politik der Bundesregierung gebracht haben. Auch gestern, bei der Beratung der Beamtenbesoldungsvorlagen, ist dieses Spiel hier getrieben worden. Es ging so weit, daß man Bruttolöhne der Arbeiter, Beamtengehälter und Sozialrenten durcheinanderwirbelte, so daß man schließlich beinahe den Eindruck gewinnen mußte, die große Masse der Rentenempfänger hätte eigentlich allen Grund, zufrieden zu sein.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Ich habe das Gegenteil behauptet!)

    — Ich habe das nicht so deutlich gehört, Herr Kollege, wie Sie das heute wahrhaben möchten!

    (Abg. Dr. Wuermeling: Dann müssen Sie das Protokoll nachlesen!)

    — Jedenfalls war der Eindruck gestern mindestens verschwommen.
    Nun hat der Herr Bundesfinanzminister gestern einen ausgezeichneten Satz geprägt, den wir uns bei der Betrachtung von Statistiken, die in diesem Hause und auch sonst vorgetragen werden, sehr merken sollten: man sollo nämlich Gleiches nur mit Gleichem vergleichen. Diesem Grundsatz möchte ich durchaus beipflichten. Man sollte z. B. niemals die Einkommen des Jahres 1952 mit denen des Jahres 1948 oder gar des Jahres 1936 vergleichen, ohne zugleich eine Umrechnung der Preise von 1952 auf die Preise des Vergleichsjahres vorzunehmen.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Haben wir ja gemacht!)

    — Herr Kollege Wuermeling, ich habe Flugblätter gelesen, die Ihren Namen trugen. Da waren die Vergleichszahlen aber sehr, sehr durcheinandergemischt.

    (Hört! Hört! links. — Abg. Dr. Wuermeling: Genau nach dem Preisindex!)

    — Na also, wir werden ja noch darüber reden. (Abg. Dr. Wuermeling: Gut!)

    Wenn man die Preisvergleiche auf der Basis der Umrechnung vornimmt, erhält man zwar ein korrekteres Bild von der Lebenshaltung der breiten Masse unserer Bevölkerung; aber das Bild ist dann für die optimistische Propaganda der Regierung und ihrer Parteien nicht mehr so geeignet. Das mag ein Nachteil sein, aber sicher kein Nachteil für die Wahrheit.
    Ich möchte an einigen Beispielen dartun, wie ein nüchterner Vergleich aussehen könnte. Man kann z. B. die Frage aufwerfen: Was braucht jemand, der im Jahre 1936 ein bestimmtes Monatseinkommen hatte, im Jahre 1952 in der Bundesrepublik, um die gleiche Lebenshaltung zu erreichen?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das ist eine Frage, die durchaus berechtigt ist; denn
    sie berührt einen großen Teil unserer Bevölkerung.


    (Schoettle)

    Und die Antwort: Man wird, wenn man im Jahre 1936 ein Monatseinkommen von 120 RM hatte, heute 200 DM brauchen. Man wird bei 180 RM im Jahre 1936 heute 300 DM brauchen, und das geht so fort. Bei 320 RM wird man heute mit 600 DM nur etwa dasselbe bekommen können, was man im Jahre 1936 bekommen hat. Ich will die Vergleiche auf diesem Gebiet nicht fortsetzen, sie bestätigen immer das Bild.
    Ein Vergleich der Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik mit denen anderer Länder ist ebenfalls sehr nützlich, weil man dabei sieht, wie groß der Unterschied ist oder wie nahe wir bereits dem Ziele sind, das andere Länder erreicht haben. Sie erinnern sich alle, daß in diesem Hause gelegentlich die „schrecklichen" Zustände unter den verschiedenen Labourregierungen in England als Gespenst vor die Abgeordneten und vor die Öffentlichkeit hingestellt worden sind. Nun, wenn man einen Vergleich der Preisverhältnisse der Bundesrepublik mit denen Großbritanniens anstellt, bekommt man ein etwas anderes Bild. Man kann z. B. fragen: Wie lange muß jemand in Deutschland und in England arbeiten, um eine bestimmte Menge eines bestimmten Gegenstandes des täglichen Bedarfs zu erhalten? Das Ergebnis sieht dann so aus: Für 1 Kilo Brot arbeitet man in England 13 Minuten, in der Bundesrepublik 25 Minuten,

    (Hört! Hört! links)

    für 1 Kilo Kartoffeln in der Bundesrepublik 6 Minuten, in England 7 Minuten — hier liegt das Verhältnis zuungunsten Englands —, für 1 Kilo Rindfleisch in der Bundesrepublik 150 Minuten, in England 74 Minuten.

    (Abg. Arndgen: Und wo wird mehr Fleisch gegessen?)

    — Ich weiß es nicht.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf] : W i r wissen es aber: 50 Gramm! Das sind ja Vergleiche!)

    — Ja, Herr Schröder! Sie sind Nationalökonom und werden ja wohl in der Lage sein, alle diese Statistiken auf den Kopf zu stellen und genau das Gegenteil zu beweisen.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Nicht auf den Kopf stellen, sondern richtigstellen, lieber Herr Schoettle!)

    Aber eines muß ich Ihnen sagen: jedenfalls hat die Politik der Arbeiterregierung in England erreicht, daß dort auch diejenigen das bekommen können, was sie zum Leben notwendig haben, die über kleine Einkommen verfügen, während bei uns das Geld der einzige Bezugschein geworden ist.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von den Regierungsparteien: Aber sie leben nicht so gut wie die deutschen Arbeiter! — Abg. Dr. Dresbach: Wollen Sie denn wieder Bezugscheine?)

    — Herr Kollege Dresbach! Ich glaube, Sie sind nicht der letzte, und ich traue es Ihnen auch nicht zu, daß Sie diese olle Kamelle wieder aufwärmen, daß die Sozialdemokraten wieder die Bezugscheine haben wollen.

    (Zuruf von der SPD: So dumm ist er nicht! Abg. Dr. Wuermeling: Ja, wenn der Preis der falsche Regulator ist, wie Sie sagen, dann bleibt Ihnen doch nur der Bezugschein!)

    Es wäre etwas besser gewesen, wir hätten auf
    einigen Gebieten seit 1948 weniger Mut und Tollkühnheit besessen, und manche Leute wären nicht
    so schnell wieder zu dem Glauben erwacht, daß die Vergangenheit gar nicht gewesen sei.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!)

    Wir kommen auf diese Frage der politischen Psychologie, die eng mit der Wirtschaftspolitik und mit der Gesamtpolitik zusammenhängt, noch zu sprechen. Ich fürchte, wir werden da noch eine bittere Zeche zu bezahlen haben.
    Ich möchte bei all diesen Vergleichen immer nur hinzufügen, daß sie selbstverständlich nur das Durchschnittseinkommen erfassen und daß die große Masse der Einkommen keineswegs den Durchschnitt erreicht.
    Gestern ist hier im Hause davon gesprochen worden, daß man bei den Sozialleistungen das Notwendige rechtzeitig tun solle. In der Praxis handelt man allerdings meistens umgekehrt: Es wird zuwenig immer zu spät getan!
    Nun zu einem Kapitel, das ebenfalls nicht uninteressant ist, nämlich zur Frage der Verwendung öffentlicher Mittel für die Propaganda der Regierungsparteien. Daß die Regierung ihre Trommel schlägt, nehmen wir ihr nicht übel.

    (Abg. Dr. Menzel: Auf unsere Kosten!)

    Daß die Regierungsparteien das ihre tun — mit ihren Mitteln, meine ich —, das haben wir nicht zu beanstanden. Jeder wirbt für seine Sache, so gut oder so schlecht er kann. Aber was wir zu beanstanden haben, ist, daß die Regierung ihre Dienste den Koalitionsparteien zur Verfügung stellt und ihre Behörden anweist, dasselbe zu tun.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist weder selbstverständlich noch tragbar. Denn es schafft einen Grad von Ungleichheit der einzelnen politischen Gruppen gegenüber dem Staat, der ja alle repräsentiert, daß wir das nicht ungerügt hinnehmen können.

    (Zuruf des Abg. Pelster.)

    Für den Fall, daß diese Bemerkung dem Hohen Hause etwas dunkel erscheint — Herr Kollege Pelster, ich komme gleich darauf —, will ich sie durch Zitate aufhellen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus einem Brief mit dem Betreff „Leistungen der Bundesregierung". Ich kann Ihnen auch die Aktenzeichen nennen, wenn Sie durchaus scharf darauf sind. In diesem Brief heißt es, wie gesagt, unter dem Betreff: Leistungen der Bundesregierung:
    Der Herr Bundeskanzler wünscht eine Aufzeichnung, die unter Beschränkung auf das
    Wesentliche eine anschauliche übersichtliche
    Zusammenstellung der Leistungen der Bundesregierung in den jetzt verflossenen drei Jahren
    ihres Wirkens gibt.
    — So weit, so schön! Dann geht es weiter:
    Die Berichte der Ressorts sollen nach Weisung des Herrn Bundeskanzlers im Januar und April 1953 ergänzt werden. Zur Vermeidung von Mißverständnissen weise ich darauf hin, daß es sich hierbei nicht um den in einem früheren Schreiben erwähnten Tätigkeitsbericht der Bundesregierung handelt,
    — also um eine offizielle Sache, zu der die Bundesregierung nach dem Grundgesetz verpflichtet ist —
    sondern um einen, dem in Abs. 1 genannten Zweck dienenden Sonderauftrag.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dann folgt die Unterschrift. Welcher Art dieser
    Sonderauftrag ist, ergibt sich aus Satz 2 dieses


    (Schoettle)

    Briefes, den ich mir für den Schluß vorbehalten habe; er lautet nämlich:
    Diese Aufzeichnung soll den Regierungsparteien als Material für die Vorbereitung der Bundestagswahlen dienen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Der Brief trägt am Kopf die Aufschrift „Der Bundesminister für Verkehr". Es ist nicht anzunehmen, daß Herr Dr. Seebohm oder sein Stellvertreter, oder wer immer es war, auf eigene Faust gehandelt hat. Ich glaube, daß es sich hier um eine ganz allgemeine Anweisung an die Behörden des Bundes und an andere Behörden handelt. Ich möchte sagen, daß hier eine so aufreizende Gleichstellung einer zufälligen politischen Gruppierung mit dem Staat vorliegt, daß wir sie in aller Öffentlichkeit anprangern müssen.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Wo sind denn die Herren Minister? — Weiterer Zuruf von der SPD: Die feiern den Sieg!)

    Abschließend noch einige Bemerkungen zur innerpolitischen Entwicklung insgesamt. Sie gehören nach unserer Auffassung zu dieser Generalaussprache, weil sich die inneren Spannungen im politischen Gefüge der Bundesrepublik nicht allein aus den Gegensätzen in der Außenpolitik erklären lassen. Da sind sie evident. In der Innenpolitik gibt es vielerlei Strömungen, die durcheinandergehen, und es wird notwendig, daß wir diese Strömungen einmal wenigstens auch hier im Zusammenhang mit der Stellungnahme zu der Grundlegung der Finanzpolitik der Bundesregierung ansprechen. Im Ausland werden in der letzten Zeit oft einzelne Vorfälle in der Bundesrepublik in unzulässiger Weise verallgemeinert und als Zeichen für die Unbelehrbarkeit der Deutschen notiert. Wir bedauern das; aber wir können nicht umhin, auf die wachsenden Rechtstendenzen in der inneren Entwicklung der Bundesrepublik hinzuweisen.

    (Abg. Dr. Menzel: Und in der Personalpolitik!)

    Daß diese Tendenzen einen nationalistischen Grundton haben, auch dort, wo sie sich europäisch drapieren, kann nicht übersehen werden.
    Nach dieser allgemeinen Bemerkung zum Besonderen. Eine der erregendsten und beunruhigendsten Erscheinungen der letzten Zeit war die Aufdeckung der sogenannten Partisanenorganisationen des BDJ im Lande Hessen, die eine Reihe von Untersuchungen über die ganze Bundesrepublik im Gefolge gehabt hat. Über die Einzelheiten ist hier im Hause bereits gesprochen worden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch gar nicht von der Verantwortung amerikanischer Besatzungsbehörden sprechen und von dem hohen Maß an negativer Weisheit, das sich bei dem, was sie da getan haben, offenbart hat,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    sondern ich möchte von der Haltung der deutschen Behörden einschließlich des Herrn Verfassungsministers der Bundesrepublik sprechen. Wir wollen unsere Überzeugung nicht verhehlen, daß von mancher offiziellen deutschen Seite sehr viel getan worden ist, um die Zusammenhänge zu verdunkeln und im Bewußtsein der Öffentlichkeit den Charakter der Vorgänge und der betreffenden Organisation, die alles andere als eine Organisation deutscher Jugend ist, zu vertuschen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die Art, wie Herr. Dr. Lehr hier im Hause diese Angelegenheit behandelt hat, ist noch in aller Erinnerung.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Sie hat sogar den Herrn Bundeskanzler mit einem gelinden Grauen erfüllt, so daß er das Haus verlassen hat und draußen in der Halle seinem Unwillen über diese Art der Repräsentation der Politik der Bundesregierung Ausdruck gegeben hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diese Art, wie Herr Dr. Lehr sich hier hingestellt hat, war so fragwürdig, daß wir in den guten Willen zur restlosen Aufklärung — ich sage das mit voller Betonung — die allerstärksten Zweifel setzen müssen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Daß Herr Dr. Lehr keine Gelegenheit vorübergehen läßt, seiner Sympathie für die gute alte Zeit auch öffentlich Ausdruck zu geben, ist ja etwas ganz Gewohntes, und der Brief der Göttinger Studenten an den Herrn Innenminister hat schließlich zu guter Letzt gezeigt, daß Herr Lehr eben nun einfach mal zu den Leuten im politischen Leben der Bundesrepublik gehört, die „tief in der Vergangenheit wurzeln", um es milde auszudrücken.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man könnte diesen Brief unter die Überschrift setzen: „Der Herr Bundesinnenminister mit bunter Mütze, buntem Band".

    (Abg. Dr. Dresbach: Herr Schoettle, das war bei den Nazis verboten; das ist ein Protest gegen den Nationalsozialismus! — Heiterkeit.)

    — Sie meinen das Lied? Ja, da kann man nur sehen, Herr Kollege Dresbach, was alles in der Bundesrepublik schon wieder möglich ist!

    (Abg. Dr. Hasemann: Gott sei Dank!)

    — Na, Sie sehe ich auch noch beim Stehkonvent, Herr Hasemann!

    (Abg. Dr. Hasemann: Nee, dazu bin ich viel zu alt!)

    Ein anderer Vorgang, der in der letzten Zeit im In- und Ausland Aufsehen und Ärger verursacht hat, war die Rede eines ehemaligen Generals. Ich will ihn hier nicht nennen — jeder kennt ihn — und will die Gelegenheit nur benutzen, um etwas zu einem Gesamtkomplex zu sagen, der uns eigentlich beschäftigen müßte. Ich bin offen genug, zu sagen, daß ich mit meinen Freunden nicht alles, was zu dieser Rede und ihren Begleiterscheinungen im In- und Ausland gesagt worden ist, für richtig halte; im Gegenteil, vieles ist falsch und übertrieben gewesen. Aber eine Frage sollten wir uns doch einmal anläßlich solcher Vorkommnisse und der sich daran anschließenden Diskussion und vor allem angesichts der Ermutigung. die andere Leute daraus schöpfen, vorlegen, die Frage nämlich, ob es richtig ist, daß viele Leute, die offen und geheim gegen die demokratische Ordnung wühlen und die sich zugleich von der Bundesrepublik zum Teil nicht unbeträchtliche Versorgungsbezüge zahlen lassen,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    so ganz absolut sicher sind, daß diese Bezüge weiterlaufen, egal, wie sie sich politisch verhalten.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU.)

    Hier scheint mir doch einmal eine gewisse Über-


    (Schoettle)

    legung notwendig zu sein, ob man nicht diesen Leuten klarmachen könnte, daß es eine Grenze der Geduld für die demokratische Ordnung gibt, ganz unabhängig davon, wo wir im einzelnen in dieser Ordnung stehen.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und in der Mitte.)

    Eine andere nicht unbedeutende Gefahr für die demokratische Meinungs- und Willensbildung möchte ich ebenfalls nicht unerwähnt lassen — ich weiß nicht, inwieweit es sich in Haushaltszahlen ausdrücken läßt; dahinter kommt man j a sehr schwer —, nämlich die Existenz zahlreicher merkwürdiger Tarnorganisationen mit klingenden Namen: Volksbund für alles mögliche, und ich weiß nicht, was noch, mit Geld von dunkler Herkunft.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Vielleicht ist es gar nicht so dunkel, wenn man die Quellen einmal einigermaßen anpeilen könnte. Ich sage: mit Geld von dunkler Herkunft und auch noch mit zweifelhafter personeller Ausstattung. So mancher Mann aus dem ehemaligen Propagandaministerium hat in solchen antibolschewistischen Organisationen einen Unterschlupf und eine neue Betätigungsmöglichkeit gefunden. Es besteht der dringende Verdacht, daß ein Teil dieser Organisationen unter dem Vorwand antibolschewistischer Propaganda von der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Organe gesteuert wird, um die Propaganda der Bundesregierung zu machen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Überhaupt müssen die dunklen Gelder, die bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik neben den vielen, vielen Unterströmungen und getarnten „Organen der Willensbildung", wie ich sie vorsichtig nennen möchte, eine immer größere Rolle spielen, wahrscheinlich nicht von den Geldgebern, sondern von den Steuerzahlern aufgebracht werden, weil die edlen Spender immer wieder Mittel und Wege finden, sich ihre Gebefreudigkeit bei der Steuer honorieren zu lassen.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Man hat nicht immer den Eindruck, daß der Herr Bundesfinanzminister in seiner Stellungnahme hier sehr eindeutig ist. Aber vielleicht werden wir ihn veranlassen können, rechtzeitig vor den Wahlen ein entscheidendes Wort zu sprechen.

    (Zuruf von der SPD: Er hört das leider nicht alles; er ist nicht da!)

    Davon werden wir in den kommenden Monaten noch manchmal zu reden haben.
    Alle diese Dinge spielen sich auf dem Hintergrund einer Rechtsentwicklung bei den Parteien der Regierungskoalition selber ab. Ich pflege mich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Parteien einzumischen; immerhin war der Parteitag der FDP in Bad Ems eine öffentliche Angelegenheit. Er war ein gewisses Signal. Ich möchte nicht entscheiden, wer nun recht hat, wer da Sieger geblieben ist; nur läßt es aufhorchen — und das geht weit über die Interessen einer einzelnen Partei hinaus —, wenn in einer solchen Auseinandersetzung Leute wie Fritsche, Best von den Boxheimer Dokumenten, Diewerge usw. bereits wieder als salonfähige Demokraten aus der Versenkung auftauchen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Da ist doch die Frage zu stellen, ob wir nicht bereits
    an einem Punkt der Entwicklung halten, wo gewisse Parteien oder mindestens Teile von ihnen
    schon so weit nach rechts abgerutscht sind, daß sie ihre politische Identität verlieren. Das mag ihre Sache sein; aber Sache der öffentlichen Meinung ist es, zu solchen Erscheinungen Stellung zu nehmen.
    Es gibt auch andere Parteien, die diese Rechtsentwicklung gar nicht erst durchzumachen brauchen; die haben sie sozusagen schon von ihrer Geburtsstunde an im Leibe. Ich denke da an den rechten Flügel der Regierungskoalition. Was sich da im Zusammenhang mit den Gemeindewahlen in letzter Zeit an Versuchen abgespielt hat,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    alle möglichen Kombinationen zustande zu bringen, alle eindeutig mit, man sagt: antibolschewistischer oder antimarxistischer Grundtendenz, in Wirklichkeit aber mit einer ausschließlich antisozialdemokratischen Zielsetzung, das geht doch schon etwas über die Hutschnur. Diese antimarxistische Blockpolitik — ich wollte, die Herren, die dieses Wort geprägt haben, wüßten wenigstens, wovon sie reden, wenn sie von Marxismus sprechen:

    (Beifall bei der SPD)

    aber das kann man bei ihnen ja auch nicht einmal voraussetzen - ist eine Politik der Vogelscheuchen. Man richtet Vogelscheuchen auf, damit die Vögelchen, die Wähler, die noch nicht genau wissen, wo sie hinsitzen wollen, ja nicht auf das falsche Getreidefeld sitzen, sondern die Körner nur bei der amtlich zugelassenen Parteigruppierung aufpicken. Wenn man das alles in einem Zusammenhang mit den Krämpfen und Intrigen und mit dem Hin- und Hergezerre um das künftige Bundestagswahlgesetz setzt, dann bekommt man erst eine Vorstellung davon, wie es eigentlich in den Köpfen der Leute aussieht, die sich anschicken, in einen politischen Wahlkampf mit dem Ziele hineinzugehen, endlich einmal festzustellen, wie die deutschen Wähler denken und was sie wirklich wollen.
    Das Wahlgesetz — ich brauche hier im einzelnen nicht darauf einzugehen, wir werden darüber in diesem Hause j a noch sprechen — ist im Bewußtsein der Öffentlichkeit schon eine solche Tragikomödie mit einem allerdings sehr ernsten Hintergrund, daß wir hierzu nur sagen können: Meine Damen und Herren, machen Sie ruhig so weiter, und Sie stellen die Demokratie in Deutschland, in der Bundersrepublik auf eine Zerreißprobe,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    von deren Ausgang Sie noch gar keine Ahnung haben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn man sich dazu noch das Satyrspiel ansieht, das sich um die Beteiligung Berlins an der Bundestagswahl abspielt, dann kann man nur mit beiden Augen bittere Tränen weinen. Und schließlich darf ich noch die Frage stellen: Was hat eigentlich Herr Vockel, der Beauftragte der Bundesrepublik in Berlin, sich in diese rein politische Auseinandersetzung mit öffentlichen Erklärungen hineinzumischen?!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang noch eine abschließende Bemerkung machen, die, glaube ich, notwendig ist. Wir befinden uns an einem Schnittpunkt der politischen Entwicklung in der Bundesrepublik, der wirklich die Möglichkeit in sich birgt, nach allen Seiten hin auf Irrwege zu führen. Wir haben heute in diesem Hause die Mehrheit eine Vorentscheidung fällen sehen. Das Thema, das diese Vorentscheidung betraf, gehört nicht zu meinem


    (Schoettle)

    Aufgabenkreis. Aber soviel muß doch gesagt werden: wenn 1945 und in den folgenden Jahren in Deutschland und vor allem in der Bundesrepublik ein gewisser Prozeß der Bewußtseinsklärung in Gang kam, wenn viele Leute aus dem Halbdämmer der Bombennächte und aus dem Trommelfeuer der offiziellen Propaganda langsam aufzuwachen schienen und wenn sich in ihnen ein neues Geschichtsbewußtsein bilden wollte, das ihnen und unserem Volk den echten Standort dieses Volkes in seiner eigenen Geschichte und in seinen Beziehungen zu anderen Ländern anzuweisen schien, dann, müssen wir leider sagen, ist diese Entwicklung durch die Politik der Bundesregierung und der Westmächte jäh unterbrochen worden.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Es scheint mir einer der tragischen Irrtümer des Westens zu sein, daß er diese Entwicklung in einem Augenblick unterbrochen hat, wo sie noch längst nicht zur Hälfte abgeschlossen war. Was erleben wir denn jetzt? Wir erleben jetzt, daß die ewig Gestrigen in allem, was vorgeht — ob das nun die Verträge sind oder ob das irgendwelche sonstigen Ereignisse sind —, eine Bestätigung dafür sehen, daß sie doch recht behalten haben und daß es ohne sie nicht geht. Damit tauchen alle die Gefahren wieder auf, die wir glaubten für immer gebannt zu haben. Es geht nicht darum, den einzelnen von der Mitarbeit am demokratischen Aufbau auszuschließen, aber es geht darum, das wahrzumachen, was einmal in diesem Hause im Zusammenhang mit der Debatte über die Frankfurter Krebs-Affäre ausgesprochen worden ist — ich glaube sogar, von dem Herrn Kollegen Dr. Wuermeling —, das Leute, die sich politisch so belastet haben, nicht mehr den Mut haben sollten, in die Öffentlichkeit zu kommen. Leider sehen wir auf der ganzen Linie eine gar nicht fröhliche Renaissance dieses alten Geistes, mit all den Konsequenzen, die sich daraus ergeben können. Für diese Leute und, ich fürchte, leider auch für viele offizielle Träger der Bundespolitik ist Demokratie nicht eine stets neu zu lösende Aufgabe, sondern eine Sache, die sich aus dem Zwang der Niederlage ergibt und die man eben recht und schlecht trägt, wie es der Tag bringt.
    Wenn ich das im Zusammenhang mit der ersten Lesung dieses Nachtragshaushalts gesagt habe, so nicht, um etwa nun gerade an diesem Punkte ein politisches Glaubensbekenntnis abzulegen, sondern weil ich überzeugt bin, daß auch Haushaltsfragen nur in gesamtpolitischem Zusammenhang gesehen werden können und daß die Entscheidung über die Finanzpolitik, die Wirtschaftspolitik und die Steuerpolitik einer Regierung nicht nur von den dürren Zahlen abhängt, sondern auch von dem Geist, ails dem sie getrieben wird. Darüber werden wir sowohl im Ausschuß wie bei der zweiten und dritten Beratung noch einmal reden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schoettle hat in seinen Ausführungen zu den gestrigen Darlegungen des Herrn Bundesfinanzministers erklärt, der Herr Bundesfinanzminister habe seinem Nachtragshaushalt eine „etwas magere Begründung gegeben".

    (Zuruf von der SPD: Sehr mager! — Abg. Schoettle: Das haben Ihre Freunde selber bestätigt!)

    Ich habe aus der Aufnahme, die diese Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers in der Presse ganz allgemein gefunden hat, nicht den Eindruck bekommen, als wäre diese Begründung unserer Presse „mager" erschienen. Sie hat sie im Gegenteil für sehr bedeutsam und für sehr wichtig gehalten und hat sie an maßgeblicher Stelle herausgestellt.
    Nun, meine Damen -und Herren, wenn wir einmal ein grundsätzliches Wort über die Handhabung der Dinge zwischen Opposition einerseits und Regierung und Regierungsparteien andererseits sprechen dürfen, so möchte ich hier gleich zu Beginn meiner Ausführungen den Gedanken in den Vordergrund stellen: Es ist furchtbar einfach für die Opposition, immer und immer wieder festzustellen, daß diese oder jene Dinge unbefriedigend sind, Besserungswünsche geltend zu machen, Forderungen zu stellen, die in die Hunderte von Millionen, ja in die Milliarden gehen, aber für die Deckungsfrage keinerlei Verantwortung zu empfinden.

    (Zuruf von der SPD: Das gilt für Sie auch und für Ihre Beamtenfragen!)

    Sie haben gestern, Herr Kollege, beanstandet, daß ich Forderungen für die Beamten geltend gemacht habe, ohne sie genau zu präzisieren.

    (Zuruf von der SPD: Drei Stunden lang!)

    Ich habe das aus Verantwortungsbewußtsein so getan,

    (Lachen und Oho-Rufe bei der SPD)

    weil ich grundsätzlich keine Forderungen hier im Hause stelle, für die mir eine Deckung nicht gegeben erscheint.

    (Zurufe von der SPD.)

    Sie haben aber aus der Antwort des Herrn Finanzministers gehört, welches Ergebnis unsere Verhandlungen mit dem Finanzminister um die Deckung in I den letzten Tagen und Wochen gehabt haben und daß wir dabei doch immerhin einen gewissen Erfolg erzielt haben.

    (Zurufe von der SPD. — Abg. Schoettle: Wir haben keine Gelegenheit, mit Herrn Schäffer hinter den Kulissen zu verhandeln!)

    — Ich glaube, Herr Kollege Schoettle, wenn Sie bei dem Herrn Finanzminister den Wunsch äußern, einmal mit ihm persönlich über die Frage zu sprechen, wie diese oder jene Forderung gedeckt werden könne, dann wird der Herr Finanzminister Ihnen außerordentlich dankbar sein, wenn Sie ihm bei seiner Suche nach Deckungsmitteln hilfreich zur Hand gehen.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wenn der Herr Finanzminister seine Begründung gestern nicht sehr lange ausgedehnt hat, so scheint mir ein Satz in seinen Darlegungen von solcher Bedeutung zu sein, daß ich ihn nochmals herausheben möchte. Der Herr Finanzminister sagte:
    Trotz all der Schwierigkeiten, trotz des sprunghaften Steigens der Ausgaben ist es bisher gelungen, die Ordnung in den Finanzen des Bundes aufrechtzuerhalten. Diese Ordnung der Finanzen ist eine Lebensfrage für die junge Bundesrepublik.
    Wenn der Herr Finanzminister zur Begründung seines Nachtragshaushalts eine solche Erklärung abgeben kann, dann ist uns diese Erklärung wichtiger und bedeutsamer als alle möglichen sonstigen Reden um die Dinge herum.

    (Abg. Dr. Arndt: Und das Volk kann nach Ihrer Meinung ruhig schlafen!)



    (Dr. Wuermeling)

    Im übrigen noch ein weiteres Wort zum Thema: Opposition und Deckungsfrage. Ich erinnere mich, daß wir im Jahre 1951 bei der Behandlung des Rentenzulagengesetzes, bei der durchschnittlichen Erhöhung der Invalidenrenten um 25 % — sprich: eine Milliarde DM — eine sehr, sehr unpopuläre und unangenehme Deckungsmaßnahme haben beschließen müssen, nämlich die Erhöhung der Umsatzsteuer um 1%. Als damals die Erhöhung der Renten behandelt wurde, hatte die Opposition die Erhöhung der Umsatzsteuer um 1%, also die Deckungsmilliarde, abgelehnt. Sie hat sich aber nicht gescheut, gleichzeitig Anträge zu stellen, die nach den Erklärungen des Herrn Arbeitsministers nicht nur eine Milliarde, sondern eine zweite Milliarde DM als Deckung erfordert hätte, nachdem sie, wie gesagt, die erste Milliarde schon abgelehnt hatte.
    Ich bin nun einmal mit allen Kollegen aus den Regierungsparteien der Meinung, daß man so keine Opposition machen kann; denn das ist nichts als Agitation im Lande und Verantwortungslosigkeit. dazu.

    (Beifall bei der CDU. — Abg. Arnholz: Die Verantwortungslosigkeit liegt bei Ihnen! — Abg. Müller [Hessen] : Ausgerechnet Sie sagen das!)

    Im übrigen haben wir ja um diese Frage im Zusammenhang mit § 96 der Geschäftsordnung im Februar dieses Jahres eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erlebt, über die sich die Opposition damals außerordentlich gefreut hat. Aber diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthält einen Satz, den ich in diesem Zusammenhang einmal zitieren möchte. Er lautet:
    Die Geschäftsordnung des Parlaments setzt voraus, daß die von ihr zur Wahrnehmung bestimmter Funktionen berufenen Organe diese in vernünftigen Grenzen ausüben und nicht mißbrauchen. Soll eine Bestimmung der Geschäftsordnung an der Verfassung gemessen werden, so muß mithin ihre faire und loyale Anwendung durch die dazu berufenen Organe vorausgesetzt werden.
    Das heißt mit kurzen Worten: Parlamentarische Demokratie setzt Demokraten voraus

    (Zuruf von der SPD: Allerdings!)

    und keine Abgeordneten, die hemmungslos Agitationsanträge stellen.

    (Zuruf von der SPD: So, wie Sie sie stellen!)

    Das Antragsrecht im Parlament ist kein Freibrief für hemmungslose Agitationsanträge. Wenn man das Antragsrecht so ausnutzte, dann wäre das ein parteipolitischer Mißbrauch demokratischer Institutionen, der letzten Endes die demokratische Ordnung gefährdet, an deren Sicherung und Erhaltung uns doch allen gelegen ist.

    (Abg. Arnholz: Na, na!)

    Meine Herren von der Opposition, Sie klagten damals über das Verhalten der Regierung gegenüber dem Parlament und warfen der Regierung angebliche Bevormundung des Parlaments vor. Andererseits stellen Sie immer und immer wieder Anträge, deren Annahme die Regierung zwingen würde, die Ausführung von Bundestagsbeschlüssen nach Art. 113 des Grundgesetzes zu verweigern, weil eine haushaltsmäßige Deckung nicht vorhanden ist. Sie sollten nicht einerseits über parlamentarische Sicherheitspolizei, wie Sie es seinerzeit nannten,
    schimpfen und sich gleichzeitig um die Herbeirufung dieser parlamentarischen Sicherheitspolizei bemühen. Auf lange Sicht diente doch auch die Opposition dem gemeinsamen demokratischen Anliegen, das wir alle haben, besser — übrigens auch ihrer eigenen politischen Sache —, wenn sie sich bemühte, sich in dem sachlichen Rahmen zu bewegen und vor allem nicht in der Bevölkerung durch Agitationsanträge Hoffnungen zu erwecken, deren naturnotwendige Zerstörung immer wieder zu einer Untergrabung des Vertrauens zum Parlament zu führen droht.

    (Abg. Arnholz: Haltet den Dieb!)

    Und noch eines gerade zu der Debatte gestern. Es wird manchmal von der Opposition gesagt: das ist ja gar nicht wahr, daß wir uns um die Deckung keine Sorge machten. Gestern bei der Beamtenbesoldungsdebatte hatte ich gegenüber dem Kollegen Arnholz den Zuruf gemacht: „Außerdem haben wir über die Deckung verhandelt, mein Herr! Das haben Sie nicht getan! Das ist aber die Hauptsache!" Darauf erwiderte Herr Kollege Arnholz: „Ach so, j a, aber der Herr Bundesfinanzminister ist doch der für alle diese Dinge Verantwortliche."

    (Abg. Arnholz: Wir gehören nicht zu Ihrem Kaffeekränzchen!)

    Ich unterstreiche hier nochmals den Satz, den ich daraufhin zurückrief: „Für die Deckung ist das Parlament verantwortlich!" Jedes Mitglied des Parlaments hat die gleiche Verantwortung für den Ausgleich des Haushalts wie der Bundesfinanzminister.

    (Abg. Arnholz: Fälschen Sie doch nicht! Lesen Sie auch die nächsten Sätze!)

    Das gilt auch für die Opposition.
    Zum Haushaltsplan möchte ich einige wenige Haushaltsziffern anführen, die mir von beachtlichem Interesse zu sein scheinen. Wenn wir das Aufkommen an Bundessteuern im Laufe der letzten Jahre betrachten, dann stellen wir fest, daß dieses nach den amtlich bekanntgegebenen Unterlagen
    im Jahre 1949 8,5 Milliarden, im Jahre 1950 9,8 Milliarden,
    im Jahre 1951 15,6 Milliarden und im Jahre 1952 19,6 Milliarden DM
    beträgt. Diese Steigerung ist im wesentlichen durch die konjunkturelle Steigerung der Steuereingänge bedingt, die durch den Aufstieg unserer Wirtschaft unter der sozialen Marktwirtschaft verursacht sind, gegen die Sie immer glauben ankämpfen zu müssen.

    (Zuruf von der SPD: Auf Kosten der Arbeiter!)

    - Machen Sie doch nicht so lächerliche Bemerkungen wie: „Auf Kosten der Arbeiter!" Der Lebensstandard der deutschen Industriearbeiterschaft hat sich seit 1948 und außerdem nochmals von 1950 auf 1952 entscheidend gebessert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    - Meine Herren, wenn Ihnen diese Wahrheit nicht paßt, weil nämlich Ihre ganze politische Konzeption mit dieser Tatsache in sich zusammenbricht, dann werden wir sie erst recht in der Öffentlichkeit immer und immer wieder vertreten;

    (Zuruf von der SPD: Einhämmern!)

    denn wir haben keinen Anlaß, die Wahrheit zu


    (Dr. Wuermeling)

    verschweigen oder zuzulasen. daß Sie die Dinge verdunkeln.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Das muß man den Arbeitern in den Betrieben erzählen, was Sie hier sagen! — Abg. Wehner: Erzwungener Konsumverzicht!)

    — Ich bitte um Ruhe bei der „trojanischen Kavallerie"!

    (Abg. Renner: Dazu sind Sie nicht kühn genug!)

    — Herr Renner, bei dem Truppenteil der „trojanischen Kavallerie" werden Sie es allenfalls mal bis zum „Küchenbullen" bringen.

    (Große Heiterkeit. — Abg. Renner: Sie haben mehr Angst, als gut ist!)

    — Herr Renner, wissen Sie eigentlich, was ein
    trojanisches Pferd ist? Das trojanische Pferd war
    ein harmloses Pony gegen das „Riesenroß", das da
    meint, Sie seien kein trojanisches Pferd!
    - (Erneute große Heiterkeit. — Abg. Renner: Wenn ich Sie ansehe, habe ich einen Riesenesel vor mir! — Große Unruhe. — Abg. Dr. Greve: Von der trojanischen Kavallerie hat schon ein anderer in diesem Hause gesprochen; aus Ihrem Mund klingt das viel schlechter als aus dem Mund desjenigen, der es zuerst gesagt hat! — Abg. Renner: Er freut sich über seine eigene Dämlichkeit!)

    Also, meine Damen und Herren, ich darf fortfahren. Die Ausgaben für die Verteidigung bzw. zunächst für die Besatzungskosten haben sich entwickelt von 4,6 Milliarden in 1949 und 1950 auf 7,6 Milliarden in 1951 und 8,8 Milliarden in dem uns jetzt vorliegenden Haushaltsplan 1952. Die Sozialausgaben, die mit Recht ganz besonderes Interesse finden, haben sich wie folgt entwickelt.
    1949 4,5 Milliarden DM, 1950 6,2 Milliarden DM, 1951 8,6 Milliarden DM und 1952 9,1 Milliarden DM,
    so daß also seit 1949 mehr als eine Verdoppelung der gesamten Sozialausgaben eingetreten ist, und zwar Kriegsfolgenhilfe, Umsiedlung, Kriegsopferversorgung, Arbeitslosenhilfe, Sozialversicherungszuschüsse, sozialer Wohnungsbau, Art. 131 und Subventionen für Lebensmittel.
    Wenn Herr Kollege Schoettle vorher beanstanden zu müssen glaubte, daß im Haushaltsplan keine Scheidung der Sozialausgaben nach den Kriegsfolgelasten und nach den sonstigen Ausgaben stattfände, --

    (Abg. Schoettle: Keine Verdrehungen, Herr Dr. Wuermeling! Es ist nicht davon die Rede! Ich habe nicht vom Haushaltsplan gesprochen, sondern von den globalen Angaben, die in der Regel gemacht werden! Das müßten Sie auch gehört haben! — Zuruf von der SPD: Das versteht er doch nicht!)

    — Ich habe Sie so verstanden, als hätten Sie gesagt: im Haushaltsplan.

    (Abg. Schoettle: So genau wie Sie habe ich den Haushaltsplan auch gelesen!)

    — Dann wollen wir also jetzt gern diese Aufgliederung geben: die sozialen Kriegsfolgelasten betragen
    4,8 Milliarden DM, die sonstigen Soziallasten 2,8 Milliarden DM, die Subventionen 624 Millionen DM und die Wohnungsbau- und Siedlungsausgaben rund 600 Millionen DM. Neben all dem steht dann noch — eigentlich auch noch den Sozialaufwendungen zuzuzählen — der Zuschuß zum Haushalt Berlins mit 600 Millionen DM, der ja letzten Endes aus sozialen Gründen gegeben wird.

    (Abg. Renner: Ich denke, das ist der Kriegshaushalt, Berlin?)

    Nun, wenn wir diese gewaltige Steigerung erst einmal der Sozialausgaben insgesamt und zweitens auch der leider unvermeidbaren Besatzungslasten bzw. Verteidigungslasten in diesem Ausmaß haben steuerlich aufbringen können, so ist das, um es noch einmal zu sagen, die Auswirkung im wesentlichen konjunktureller Steuermehreinnahmen. Wir haben lediglich den Einkommensteueranteil dies Bundes zwischenzeitlich etwas erhöht. Wir haben die Umsatzsteuer, wie ich vorher sagte, einmal um 1 % erhöht, im übrigen aber durch die Einkommensteuerreform von 1950 bekanntlich eine ganz erhebliche Minderung der Steuersätze bei der Einkommensteuer beschlossen und durchgeführt.
    Nun etwas anderes. Die Mittel, die im Sozialhaushalt zur Verfügung stehen, stehen ja nicht nur zur Verfügung für die sozialen Zwecke im engeren Sinn. Wir haben auch Aufgaben, die sozialer Art sind und über diesen Sozialhaushalt im engeren Sinn hinausgehen. Ich denke dabei an Aufwendungen, die jetzt mehr denn je gemacht werden zur Förderung und zum Schutz unserer Jugend. Es war damals beim Schmutz- und Schundgesetz so die Rede davon, als wenn in der Bundesrepublik in positiver Hinsicht zum Schutz und zur Förderung der Jugend überhaupt nichts geschähe. Ich darf in diesem Zusammenhang einmal darauf hinweisen, daß wir im Rahmen des ersten und zweiten Bundesjugendplans in der Zeit von Januar 1951 bis Juni 1952 folgende Beträge zur Verfügung gestellt haben:
    1. Kredite für den Bau von Lehrwerkstätten 15 Millionen DM,
    2. Kredite für den Bau von Werklehrlingsheimen 5 Millionen DM,
    3. Zuschüsse für den Bau von Jugendwohnheimen 18,7 Millionen DM,
    4. Zuschüsse für Einrichtung von Grundausbildungslehrgängen und Jugendgemeinschaftswerken
    5 Millionen DM,
    5. Zuschüsse für die Förderung der Jugendpflege in Notstandsgebieten
    4 Millionen DM,
    6. Zuschüsse zur Förderung der Jugendverbände 7,2 Millionen DM,
    7. Zuschüsse zur Förderung des Jugendherbergswerks
    450 000 DM,
    8. Zuschüsse zur Förderung des Jugendschrifttums 2,25 Millionen DM,
    9. zur Förderung der Jugendfürsorgeverbände 1,1 Millionen DM,
    10. Zuschüsse zur Förderung der Jugendarbeit in Berlin
    3,2 Millionen DM,
    11. Zuschüsse zur Förderung der Jugendarbeit in Watenstedt-Salzgitter
    1 Million DM,


    (Dr. Wuermeling)

    12. für laufende Kosten in Jugendwohnheimen, Grundausbildungslehrgängen und Jugendgemeinschaftswerken
    43 Millionen DM und
    13. für sonstige Einzelmaßnahmen
    2,3 Millionen DM,
    insgesamt 108,2 Millionen DM zur positiven Jugendförderung im Rahmen des Bundeshaushalts. Wir täten sehr gern noch mehr. Aber es geht nicht an, daß in solchen Debatten wie der über das Schmutz- und Schundgesetz von der Opposition erklärt wird, diese negativen Maßnahmen wären alle völlig überflüssig, weil man angeblich keine positiven Maßnahmen trifft. Positive Maßnahmen treffen wir im Rahmen des irgend Möglichen.
    Nun hat sich Herr Kollege Schoettle mit der Frage der Besoldungsreform befaßt und hat nach konkreten Leistungen in dieser Richtung gefragt. Wir brauchen nicht die Debatte von gestern hier nochmals zu wiederholen. Ich gebe noch einmal den Hinweis, daß diese konkreten Leistungen, die als Ergebnis unserer Verhandlungen mit den Ministerien gestern hier bekanntgegeben worden sind, in dem Rahmen erfolgen, in dem eine Deckung bereitgestellt werden kann.
    Dann hat Herr Kollege Schoettle sich wiederum mit der Tatsache befaßt, daß die Vorlage des Nachtragshaushaltsplanes erst jetzt erfolgt. Wir haben uns bei den letzten Haushaltsdebatten über diese Frage schon so eingehend unterhalten, daß ich dieses Thema jetzt nicht nochmals vertiefen möchte, sondern mit der Feststellung abschließen kann: Das Bundeskabinett wird in den nächsten Tagen den Haushaltsplan 1953/54 verabschieden und dem Bundesrat zuleiten, so daß wir Gott sei Dank durch die intensiven Bemühungen der Bundesregierung zu dem Ziel gekommen sind, den nächsten Haushaltsplan rechtzeitig vor Beginn des neuen Rechnungsjahres verabschieden zu können. Ich hoffe, daß alle Kollegen im Haushaltsausschuß — ich betone: alle Kollegen — sich intensivst bemühen, dieses Ziel auch wirklich zu erreichen, und nicht immer gleich Opposition machen, wenn einmal ein Antrag gestellt wird, daß man vielleicht zu Beginn der Ferien noch drei Tage nachsitzen soll,

    (Abg. Schoettle: Sie sind wirklich mehr als bescheiden!)

    um die Arbeiten möglichst schnell und rechtzeitig zu Ende zu führen.
    Was die Frage der Personalanforderungen im neuen Haushaltsplan 'angeht, so sind auch wir der Auffassung, daß der Neuaufbau der Behörden der Bundesregierung und überhaupt der Bundesrepublik nunmehr grundsätzlich beendet ist und auch beendet sein muß. Alle Neuanforderungen von Stellen werden wir jetzt mit größter Vorsicht und Zurückhaltung entgegennehmen und dabei das Ziel verfolgen, etwa nötigen neuen Stellen nur dann zuzustimmen, wenn bei anderen Positionen entsprechende Stellen wieder eingespart werden, um dadurch eine weitere Ausweitung der Verwaltung und des Verwaltungsapparates zu verhindern. Wir haben diesen Grundsatz in einem speziellen Fall gerade seitens der CDU/CSU mit der Bundesregierung bereits praktiziert.
    Wenn von den neuen Stellen für das Amt Blank die Rede ist, so ist es selbstverständlich, daß bei der verschiedenen politischen Haltung der Opposition und der Regierungparteien zu den Verträgen hier eine gegensätzliche Einstellung vorhanden ist. Aber
    man wird doch den Regierungsparteien, wenn sie das Ziel verfolgen, die Verträge durchzuführen, nicht verübeln können, wenn sie auch sicherstellen, daß der Apparat für die Durchführung dieser Dinge rechtzeitig vorhanden ist.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Noch ein Wort zu den Verwaltungsausgaben. Es ist ganz wissenswert und vielleicht notwendig, es wieder einmal in der Öffentlichkeit zu sagen, daß die gesamten Verwaltungsausgaben des Bundes, nicht nur der Zentralbehörden, sondern aller Bundesbehörden einschließlich Grenzschutz usw. usw. 3,7 % des gesamten Haushaltsplanes ausmachen. Die obersten Bundesbehörden kosten mit Personal und Sachkosten ganze 0,5 % des gesamten Haushaltsplanes. Es ist also durchaus richtig, was Herr Kollege Schoettle vorhin sagte, daß Ersparnisse an Verwaltungskosten irgendwelche fühlbare Erleichterung des Bundeshaushalts nicht herbeiführen können. Natürlich hindert uns dieser Tatbestand nicht daran, die Verwaltungskosten so niedrig zu halten, wie es nur irgend möglich ist.
    Es war dann von dem beabsichtigten Neubau für das Bundeskanzleramt die Rede. Meine Damen und Herren, ich höre von dieser Absicht erst aus dem Etat.

    (Lachen links.)

    Wir werden die Frage, ob ein solcher Neubau nötig ist, sehr, sehr gründlich zu prüfen haben. Wir können aber nicht jetzt von hier aus, ohne die Dinge genau geprüft zu haben, die Erklärung abgeben, daß wir ihn für überflüssig halten.

    (Abg. Schoettle: Aber im Außerordentlichen Haushaltsplan des Nachtrags steht es!)

    Der Herr Kollege Schoettle hat vorhin gesagt, man solle sich darüber klar sein, daß mit Verwaltungsausgabenersparnissen, weil der Verwaltungskostenanteil so geringfügig ist, leider keine Hilfsmaßnahmen für die Notleidenden finanziert werden können.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Er ist mit dieser seiner eigenen Äußerung meines Erachtens in Widerspruch geraten, als er erklärte, man solle, anstatt das Bundeskanzleramt zu bauen, lieber den Kriegsopfern helfen. Herr Schoettle weiß genau so gut wie jeder andere im Hause, daß wir mit dem kleinen Betrag, den der etwaige Neubau kosten würde, die Hunderte von Millionen, um die es bei der Hilfe für die Kriegsopfer geht, nicht beschaffen könnten. Das ist es ja, wogegen wir uns immer und immer wieder wehren müssen, daß in tendenziöser Weise Dinge nebeneinandergestellt werden, die keine Relation zueinander haben. So etwas ist nichts anderes wie Hetze.

    (Zurufe links.)

    Sodann sprach Herr Kollege Schoettle von den „stillen Reserven", die im Haushaltsplan, vor allen Dingen im Sozialhaushalt, wie er meinte, vorhanden seien.

    (Zuruf des Abg. Renner. Abg. Schoettle: Stellen Sie doch nicht wieder alles auf den Kopf!)

    Ich habe schon durch einen Zwischenruf zur Kenntnis gebracht, daß die bisherigen Haushaltspläne des Herrn Bundesfinanzministers offenbar nicht diese stillen Reserven enthalten haben; sonst hätten wir bisher nicht jeden Haushaltsplan mit einem, wenn


    (Dr. Wuermeling)

    auch nicht sehr bedeutenden Fehlbetrag abgeschlossen. Aus der Vergangenheit hat sich also erwiesen, daß es ganz gut ist, wenn wir uns den Schätzungen und Mutmaßungen des Bundesfinanzministers anschließen. Aber wir sind der Opposition ganz außerordentlich dankbar, wenn sie uns hilft, falls an irgendeiner Stelle des Sozialhaushalts oder sonstwo im Haushaltsplan stille Reserven vorhanden sein sollten, solche Polsterstellen zu finden, damit wir dann in der Lage sind, die sich daraus ergebenden Beträge zusätzlich für soziale Zwecke verfügbar zu machen.

    (Abg. Schoettle: Wir werden Sie daran erinnern! — Abg. Pohle: Ja, die Botschaft hör' ich wohl!)

    Noch ein genereller Punkt! Der Herr Kollege Schoettle hat ja auch einige allgemeine Fragen bezüglich der Wahlkampfmethoden, die sich beim letzten Kommunalwahlkampf gezeigt haben, berührt.

    (Abg. Schoettle: Jetzt kommt Ihre berühmte Frage!)

    — Jawohl, die Frage wird ja demnächst beantwortet werden; aber ich möchte sie hier auch einmal kurz berühren, wie es im Landtag von Rheinland-Pfalz schon geschehen ist. Ich habe am Abend vor den Gemeindewahlen in meinem Wahlkreis in dem Ort Mich bei Neuwied eine Versammlung abgehalten, in die der sozialdemokratische Ortsbürgermeister Hammel mit einer größeren Anzahl von politischen Freunden oder noch weiter links stehenden Leuten mit mehr oder weniger Geräusch eingedrungen ist

    (Zurufe links)

    und in der er, ohne daß ihm das Wort gegeben worden ist, die Führung der Versammlung von sich aus in die Hand genommen hat.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, das schienen uns Methoden zu sein, die mit demokratischer Ordnung nichts mehr zu tun haben. Vom Versammlungsleiter ist dem Herrn Hammel sofort ganz klar dazwischengerufen worden: „Sie bekommen nachher das Wort, sobald wir unsere Referate gehalten haben; aber wir haben hier die Versammlungsgewalt und nicht Sie!"

    (Zurufe links und rechts.)

    Daraufhin hat sich dieser sozialdemokratische Ortsbürgermeister — ich appelliere an die SPD, hier in
    ihren Reihen einmal etwas nach Ordnung zu sehen
    — veranlaßt gesehen, in dieser Versammlung eine längere Rede zu halten, die wir beim' besten Willen einfach nicht verhindern konnten, es sei denn mit Gewalt, und die pflegen wir nicht anzuwenden.

    (Erneute Zurufe links und rechts.)

    Während meiner späteren Ausführungen hat dieser
    sozialdemokratische Ortsbürgermeister nochmals —
    ganz abseits von dem von mir behandelten Thema
    — zu einer längeren Rede angesetzt und sie auch gehalten. In der Nacht zuvor war der CDU-Vorsitzende von Irlich von dem sozialdemokratischen Ortsbürgermeister und einigen herangepfiffenen Komplizen beim Kleben von antikommunistischen Wahlplakaten überfallen worden. Diese Plakate sind ihm weggenommen worden. Meine Herren von der SPD, wenn Sie hier die Erklärung abzugeben bereit sind, daß Sie gegenüber diesem Herrn Hammel die erforderlichen Schritte zu unternehmen bereit sind, dann bin ich meinerseits bereit, die Anfrage für die Fragestunde zurückzuziehen.

    (Abg. Müller [Hessen]: Dann werden wir eine Gegenliste aufmachen, Herr Wuermeling! Sie sind auch kein Engel, wenn Sie noch so schwarz sind!)

    — Kommen Sie ruhig mit der Gegenliste, ich habe diesbezüglich nicht die mindeste Sorge.

    (Zuruf von der DP: In Frankfurt haben sie diese Methode!)

    im übrigen ist im Lande Rheinland-Pfalz bei den Kommunalwahlen ein Flugblatt verbreitet worden, das ich nur durch Verlesung einiger weniger Zeilen niedriger hängen möchte, um auch hier die SPD einmal zu fragen, ob sie sich mit derartigen Wahlkampfmethoden wirklich einverstanden erklärt. In diesem Flugblatt heißt es:
    Adenauer sieht in einem für ihn günstigen Wahlausgang einen Vertrauensbeweis für seine Remilitarisierungspläne. Jeder Wähler hat die moralische und heilige Verpflichtung, mit dazu beizutragen, daß der Friede erhalten bleibt.
    Also wieder die tolle These: „Wer Adenauer wählt,
    wählt den Krieg!" Es heißt weiter:
    Den Frieden kann man nicht erhalten, indem man für den Krieg rüstet!
    Mütter! Euch geht es ganz besonders an, wenn eure Söhne wieder zur „Fahne" gerufen werden und für internationale Kriegsgewinnler verbluten müssen. Und wie gewiß der Dank des Vaterlandes ist, das habt ihr doch wohl zur Genüge erfahren. Denkt an die Rentner, die Witwen und Waisen und an die Kriegsbeschädigten, deren Renten durch die CDU gekürzt wurden und deren Politik wieder in dasselbe Elend und dasselbe Leid führt . . .
    Sorgt dafür, daß ihr in einigen Jahren nicht wieder an einem dritten Kriegerdenkmal steht und eure Söhne beweint.

    (Unruhe. — Zuruf von der SPD: Das könnte genau von uns abgeschrieben sein!)

    Ich höre mit großem Bedauern auch aus den Reihen der SPD Zustimmung, obschon ich des Glaubens war, daß diese für unser Volk so schwerwiegende Entscheidung unter anderen Gesichtspunkten gesehen würde als unter dem Gesichtspunkt einer so demagogischen Hetze.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Schließlich hat Herr Kollege Schoettle sich in seinen Ausführungen noch auf ein Gebiet vorgewagt, auf dem er sich bisher immer wieder geweigert hat, sich mir zu stellen. Ich erinnere Sie daran, Herr Kollege Schoettle, daß ich Sie nach unserer Etatsdebatte im Juli immer wieder schriftlich und mündlich gebeten habe, sich mit mir einmal vor dem Südwestdeutschen Rundfunk zusammenzufinden, um die Ergebnisse der sozialen Marktwirtschaft und das, was ich damals gesagt habe, zu erörtern. Sie haben bisher immer nur ausweichende Antworten gefunden. Ich möchte aber hoffen, daß es nicht zu einer endgültigen Ablehnung kommt, so daß wir uns über diese Dinge noch näher werden aussprechen können.
    Deswegen darf ich mich im Augenblick — um auch meinen Kollegen der Fraktion noch entsprechende Redezeit zu lassen — darauf beschränken, auf das einzugehen, was Sie vorhin zur Frage der Preise und zur Teuerung ausgeführt haben. Nachdem wir durch verschiedene wahrheitsgemäße Flugblätter der Bevölkerung klargelegt haben, daß der Verbrauch in den breiten Massen der Bundes, republik wesentlich gestiegen ist und daß die


    (Dr. Wuermeling)

    Reallöhne sich gegenüber 1948 nicht unwesentlich erhöht haben, versucht nun die SPD, durch Herausgreifen von kleinen Einzeltatbeständen, die im Gesamtbild nur kleine Mosaiksteinchen sind, das hierdurch geschaffene Bild zu verwischen. So ist man auf den herrlichen Gedanken gekommen, festzustellen, daß die Arbeitszeit des Industriearbeiters für das Pfund Brot, für das Pfund Rindfleisch, für das Pfund Schweinefleisch und für das Pfund Butter in England wesentlich geringer ist als die Arbeitszeit des Industriearbeiters in der Bundesrepublik, daß es also in dem sozial fortschrittlichen, früher von Labour regierten England um die Arbeitnehmerschaft wesentlich besser bestellt ist als bei uns. Hierbei werden natürlich Zusammenhänge, die miterwähnt werden müssen, einfach verschwiegen, nämlich zunächst einmal die Tatsache, daß diese ganz wenigen von der SPD herausgegriffenen Lebensmittel solche sind, die in ganz erheblichem Ausmaß auf Kosten des Steuerzahlers subventioniert werden und zudem sehr knapp rationiert sind. Das ist bei uns in viel geringerem Umfang, lediglich beim Brot, der Fall.
    Ich möchte Ihnen nun einmal das vollständige Bild geben, wie es sich in den benachbarten europäischen Staaten darbietet. Da ist es gar nicht so, daß die Bundesrepublik etwa an der obersten Grenze der Arbeitszeit, die im einzelnen erforderlich ist, steht; vielmehr kann sie sich durchaus im Kreise der anderen sehen lassen. Die von einem Industriearbeiter aufzuwendende Arbeitszeit ist folgende: 25 Minuten für das Kilogramm Brot in Westdeutschland, allerdings 5 in Dänemark und 13 in Großbritannien — das sind die beiden großen Ausnahmen —, aber 22 in Holland, 19 in Belgien, 23 in Frankreich, 14 in der Schweiz, 25 in Osterreich, 35 in Italien; Durchschnitt: 20. Danach liegt also Westdeutschland beim Brot etwas darüber. Bei Kartoffeln sieht es allerdings schon ganz anders aus: Bundesrepublik 6 Minuten, Dänemark 9, England 7, Holland 9, Belgien 6, Frankreich 19, Schweiz 11, Österreich 9, Italien 17; Durchschnitt: 10. Die Bundesrepublik also mit 6 Minuten erheblich unter dem Durchschnitt. Bei Rindfleisch liegen die Zahlen wie folgt: Bundesrepublik 150, nur Dänemark und Großbritannien sehr niedrig mit 116 und 74 — eben wegen der großen Subventionen —, Holland 228, Belgien 273, Frankreich 154, Schweiz — etwas unter uns — 143, Österreich 188, Italien 315; Durchschnitt: 182, bei 150 in der Bundesrepublik. Ahnlich ist es beim Schweinefleisch, beim Speck und bei der Butter. Bei der Margarine liegen wir sogar ausnehmend niedrig.
    Meine Damen und Herren, es hat eben keinen Sinn, einzelne Mosaiksteinchen aus dem Gesamtbild herauszubrechen und dann zu sagen: Das ist typisch für das Ganze! Genau das ist falsch, für die letzten Monate ausgerechnet das Mosaiksteinchen Butterpreis herauszubrechen und so zu tun, als seien auf anderen Gebieten der Versorgung inzwischen nicht — ausweislich des Index — Minderungen der Preise eingetreten.
    Im übrigen zu all diesen Dingen eines. Ich habe hier ein Zitat aus dem Sozialdemokratischen Pressedienst vom 5. September 1952, in dem das Wirken der sozialdemokratischen Regierung des Hamburger Stadtstaates lobend herausgehoben wird. Dieses Zitat, das ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz verlesen darf, sollte sich die Opposition auch einmal vor Augen führen, wenn es sich um die Belange und die Situation in der ganzen Bundesrepublik handelt. Da heißt es nämlich:
    Unabwendbare und oft sehr schmerzliche Tatsachen, mit denen sich jede Regierung in einer so völlig zerstörten Stadt nun einmal auseinandersetzen muß, werden unter völliger Verdrehung der Gegebenheiten und absichtlicher Verkennung der Möglichkeiten so gehässig ausgeschlachtet, daß der seufzende Steuerzahler nur allzuleicht sturmreif gemacht werden kann. So etwas ist nicht gerade originell, verspricht aber immer wieder eine gewisse Wirkung.

    (Abg. Hilbert: Ausgezeichnet!)

    Meine Damen und Herren, das paßt ohne viel „mutatis mutandis" haargenau auf das Verhalten der Opposition gegenüber der Politik der Bundesregierung.
    In diesem Zusammenhang noch ein anderes Zitat. Die Opposition hat immer das Gefühl, sie müsse hinsichtlich der künftigen Entwicklung den Teufel an die Wand malen, und erklärt, es gehe alles abwärts, es werde immer schlimmer, die soziale Not werde immer größer usw. Herr Professor Nölting, der große Wirtschaftssachverständige der SPD,

    (Abg. Kunze: Ist er nicht mehr!)

    hat am 9. Februar 1950 von dieser Tribüne erklärt: Am Horizont der Wirtschaft steht die Arbeitslosigkeit wie ein gespensterhaftes Wetterleuchten. Der Arbeitslosenpegel steigt buchstäblich von Stunde zu Stunde. Wir halten an der 2Millionen-Grenze. Jedenfalls war seit dem Krieg die Lage noch niemals so alarmierend wie in der gegenwärtigen Zeit.
    Die Arbeitslosenziffer betrug damals annähernd 2 Millionen. Heute sind wir nach „Abblasen" dieses Alarms doch immerhin auf eine Million heruntergekommen. Trotz eines gewaltigen Zustroms an Arbeitskräfte-Potential aus verschiedensten Quellen ist die Arbeitslosigkeit auf diese Summe von gut 1 Million jetzt gesunken. Wir haben augenblicklich mit 15 1/2 Millionen Menschen die allerhöchste Beschäftigtenziffer in der Bundesrepublik gegenüber 131/2 Millionen noch vor drei Jahren erreicht.
    Meine Damen und Herren von der Opposition! Es wäre wirklich einmal ganz gut, wenn Sie wenigstens den Mut hätten, diese Tatsache Ihren Wählern in Ihren Versammlungen einmal nachrichtlich vor Augen zu führen, ohne immer nur zu erklären, die Bundesrepublik tue nichts für die Arbeitsbeschaffung. Sie wissen genau so gut wie ich, daß sich in dieser Zahl von zusätzlichen 2 Millionen Arbeitsplätzen der Zugang in der Wirtschaft noch nicht erschöpft, sondern daß wir 3/4 Million Arbeitsplätze in Landwirtschaft und Behörden weniger haben, so daß effektiv in der gesamten Wirtschaft 2 3/4 Millionen Arbeitsplätze in diesen drei Jahren neu haben geschaffen werden können. Das nennen wir allerdings Arbeitsbeschaffungspolitik mit einigermaßen Erfolg.

    (Abg. Marx: Daran sind Sie aber weniger schuld!)

    — Ja, Herr Kollege, wenn wir nun zu den Regierungsparteien gehören, dürfen wir immerhin beanspruchen, daß wir an dieser Entwicklung etwas mehr schuld sind als diejenigen, die gegen alles, was wir dafür getan haben, immer nur Opposition aufgebracht haben.

    (Abg. Marx: Die Ursachen sind sehr bedauerlich!)

    — Die Ursachen sind in keiner Weise bedauerlich! Denn wenn der Produktionsindex der Wirtschaft


    (Dr. Wuermeling)

    jetzt annähernd das Dreifache von 1948 erreicht hat und wenn wir aus einem stark zunehmenden Einfuhrbedarf jetzt gerade wieder im Oktober neuestens ersehen haben, daß die Wirtschaft weiter im Aufstieg und in stärkerer Beschäftigung begriffen ist, dann sollten Sie doch zugeben, daß das Ihrer Theorie von der Vollbeschäftigungspolitik entspricht, die wir allerdings nicht mit bürokratischen Methoden, sondern mit den Methoden der sozialen Marktwirtschaft herbeizuführen uns bemühen.

    (Abg. Marx: Wenn Sie noch immer nicht die Ursachen für sehr bedauerlich halten, dann bedaure ich Sie!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte nicht all-zulange meinerseits die Redezeit in Anspruch nehmen; nur noch ein ganz kurzes Wort zu der immer wieder umstrittenen Frage des Lebenshaltungsindex in der Bundesrepublik. Das Statistische Bundesamt stellt diesen Lebenshaltungsindex allmonatlich fest, und zwar nach Grundlagen, die vor längerer Zeit, wie jedermann weiß, mit dem Wirtschaftswissenschaftlichen Institut des DGB abgestimmt worden sind. Nun wollen wir uns jetzt nicht darüber streiten, ob sich zwischenzeitlich hinsichtlich der Richtigkeit dieser Grundlagen vielleicht dieses oder jenes in dem Sinn verändert hat, daß man den Anteil der Nahrungsmittelausgaben vielleicht etwas erhöhen und andere Anteile etwas herabsetzen muß. Alle diese Dinge können allenfalls Verschiebungen um 1, 2, 3, 4 oder, wenn Sie wollen, auch 5 % zur Folge haben. Hierüber wollen wir gar nicht streiten. Fest steht aber doch ganz einwandfrei, daß die Grundlinie dieses Lebenshaltungsindex richtig ist, zumal wenn Sie im einzelnen den Lebenshaltungsindexziffern einmal auf den Grund gehen. Es sind j a doch nicht nur die Kosten für die Ernährung, für Bekleidung und Genußmittel, die besonders hoch liegen, darin enthalten, sondern auch die Kosten für sonstigen Lebensbedarf, die erheblich unter diesem durchschnittlichen Lebenshaltungsindex liegen. Das sieht bei dem letzten Index für Oktober 1952 wie folgt aus.
    Der Gesamtindex liegt bei 167, also bereits wieder sechs Punkte niedriger als im Mai dieses Jahres. Der Lebenshaltungsindex für Genußmittel liegt bei 280. Aber der Lebenshaltungsindex für Wohnung liegt bei 106 und der für Heizung und Beleuchtung bei 140. Für Bekleidung beträgt der Index 184, für Reinigung und Körperpflege 159, für Bildung und Unterhaltung 153, für Hausrat wieder 191 und für Verkehrsmittel 160.
    Aus diesem Gesamtdurchschnitt, wobei jeder Faktor entsprechend seiner Bedeutung berücksichtigt ist, ergibt sich der Durchschnittsindex, wobei ich nochmals sage, daß es gar nicht wichtig ist, sich um zwei oder vier Punkte zu streiten, sondern daß niemand im Ernst bestreiten kann, daß diese Indexerrechnungen letzten Endes ihre Richtigkeit haben.
    Meine Damen und Herren, es obliegt mir am Schluß nur noch die Aufgabe, vor allem auch an diejenigen ein dankbares Wort zu richten, die entscheidend verantwortlich dafür sind, daß unsere Haushaltsverhältnisse trotz all der ungeheuren Schwierigkeiten, die sich immer wieder auftürmen, heute so geordnet sind, wie sie sind, nämlich an die Herren des Finanzministeriums.

    (Bravo! bei der CDU.)

    In diesem Sinne möchte ich — bei allen Schwierigkeiten, die jede Gruppe des Hauses immer wieder
    mit unserem Bundesfinanzminister naturgemäß haben muß — ein Wort besonders herzlichen Dankes an Herrn Finanzminister Schäffer richten als den Hüter und Wahrer der deutschen Währung und ihres Ansehens im Ausland.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)