Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Herr Vorredner hat in sehr temperamentvoller Weise zu beweisen versucht, was man nicht beweisen, kann, und der erste
Redner der SPD, der verehrte Herr Kollege Arnholz, hat etwas zu sehr Holz gehackt auf der
CDU.
Man kann der CDU alles Unmögliche nachsagen und für sie keine Sympathie haben, aber das kann man ihr bestimmt nicht nachreden, daß sie nicht beamtenfreundlich war oder wäre und bleiben würde.
Das ist für die CDU immer eine große Selbstverständlichkeit gewesen.
— Nein, das sind keine Worte, das sind Taten, und sie bestehen darin, daß wir die Sicherheit der Beamtenstellung mit den anderen positiven Elementen des Volkes erhalten haben.
Es gäbe in Deutschland vielleicht kein Berufsbeamtentum mehr, wenn nicht auch die CDU — ich will das gerne der SPD und zum Teil auch anderen zugestehen — jederzeit positiv für das Beamtentum eingetreten wäre. Wenn Sie uns etwas Schlechtes zutrauen, nun, mein Gott, das geht einmal im
Leben so. Zwischen Opposition und Koalition kann ja nicht ewig Frieden sein; das wäre zuviel verlangt.
Eines dürfen Sie uns aber nicht zutrauen, nämlich daß wir so dumm wären, für diese große und bedeutende Schicht mit ihrem Verdienst, das sie hat, mit ihrer Tradition, die sie mitbringt, und mit der Notwendigkeit, die sie für den Staat, die sie für Bund, Länder, Städte und Gemeinden hat, nicht einzusehen, daß wir weiter auf dem Boden des Berufsbeamtentums stehen müssen und, soweit wir die Möglichkeit sehen, den Beamten helfen müssen.
Nun muß ich allerdings sagen: ich würde lieber mit dem Herrn Bundesfinanzminister einer Meinung sein; ich kann es aber nicht sein.
Ich habe aber auch hier eine Verpflichtung, vorher zu sagen — das gehört auch dazu —: ich erkenne — und die Fraktion selbstverständlich — die ganz großen Verdienste unseres Herr Finanzministers an.
Es wird wohl niemand in diesem Hause sein, der etwa neidisch wäre auf sein Amt und die ungeheure Verantwortung, die er trägt. Es ist zweifellos richtig, wenn er immer wieder sagt: Es ist natürlich leicht, Ausgaben zu beschließen, es ist auch leicht, Steuern zu senken; es ist aber schwer, für den Mann, der die Verantwortung trägt, mit diesem Etat dann auszukommen und ihn auszugleichen und auch noch auf seinem Sektor mitzuhelfen, an erster Stelle mitverantwortlich mitzuhelfen, daß auch die Währung und das Geldwesen gesund bleiben.
Insofern: alle Anerkennung, Herr Bundesfinanzminister!
Ich kann aber nicht umhin, die Meinung der Fraktion der CDU/CSU in einigen Punkten darzulegen, die nicht auf der Linie dessen liegt, was uns der Finanzminister in Aussicht gestellt hat. Zunächst einmal eine Bemerkung. Es ist richtig: man kann nur vergleichen, was vergleichbar ist. Ich glaube aber nicht, daß die Angabe ganz stimmen kann, im Jahre 1938 hätten die Beamten 21 % weniger Besoldung als 1927 gehabt.
Ich habe diese Zeit j a auch noch mitgemacht, und ich erinnere mich an die 6 % der sogenannten Brüningschen Notverordnung, die bestanden hat. Ich erinnere mich aber nicht, daß weitere gesetzliche Abzüge in diesem Ausmaß erfolgt seien. Ich weiß nicht, ob da nicht irgendein Irrtum unterlaufen ist.
Ich darf noch etwas hinzufügen. Der Finanzminister nannte die Summe von 10 Milliarden DM an Aufwendungen für den gesamten öffentlichen Dienst, — eine respektable Summe, die tatsächlich eine Größenordnung ohnegleichen darstellt.
Wir dürfen aber auch nicht vergessen: in diesem
öffentlichen Dienst sind auch rund 650 000 Arbeiter, sind über 500 000 Angestellte und sind etwa 800 000 Beamte insgesamt beschäftigt. Es verteilt sich also nicht etwa nur auf die Beamten, es verteilt sich auf alle diese großen Gruppen. Das, was der öffentliche Dienst darstellt, ist ja ein Stück Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Es wird immer eine gewisse Unkostenbasis dasein müssen. Man darf darüber jedenfalls nicht erschrecken.
Nun sagt der Herr Finanzminister: „Was ich tun kann, will ich tun; ich erkenne die Notlage der Beamtenschaft an." Es wäre Wasser in den Rhein getragen, wenn ich jetzt die Notlage der Beamtenschaft noch einmal begründen würde. Alle meine Vorredner haben das bereits getan. Wenn aber der Herr Finanzminister nun sagt: „Ich gebe mit der dritten Novelle insgesamt, mit all den Dingen, die dort drin sind, von der Erhöhung der Kinderzulagen bis zur Abschaffung der letzten Ortsklasse für die Beamten, mit dem verbesserten Wohnungsgeldzuschlag und den verbesserten Sonderzuschlägen für die Lehrerschaft jeder Art, ich -gebe mit den Beihilfen, die ich zu Weihnachten geben will in der Höhe, wie sie die Beamten, Angestellten und Arbeiter bekommen — 50 DM für Verheiratete, 30 DM für Ledige und 15 DM für jedes Kind —, mit diesen 538 Millionen DM, die ich hier geben will und die ich auf ein Jahr befristen möchte und die ich für vier Monate zusammen im Dezember ausbezahlen will, damit gebe ich über 1 Millarde DM aus", — so bezweifle ich diese Summe nicht.
— Selbstverständlich sind die Länder und Gemeinden mit einbegriffen. Ich glaube aber, es wäre vielleicht richtiger gewesen, man hätte den größten Teil dieser Summe in die Erhöhung der Gesamtbezüge direkt mit hineingesteckt. Aber auch der Beamte weiß eben, daß er 120 % des Einkommens hat und daß die Indexzahl 168 -ist und daß auf diesem Gebiet etwas Beachtliches notwendig ist.
Ich will kein Wort gegen das, was in der dritten Novelle steht, sagen. Manches ist verbesserungsfähig und -notwendig, aber davon redet nachher der Kollege Dr. Kleindinst. Ich will mich auf andere Dinge hier beschränken. Wichtig ist aber doch zweifellos folgendes. Der Beamte sieht seinen Gehaltszettel, seine Tüte, in der das Geld ist; er sieht, was drüber steht und was unten bleibt. Nun kann man ihm dadurch helfen, daß man sein Realeinkommen erhöht. Dafür gibt es direkte und indirekte Wege. Entscheidend ist zum Schluß natürlich die Kaufkraft. Aber ich glaube, man brauchte auch gar nicht etwa ängstlich zu sein. Man hätte den Beamten, die diese zurückliegende Spanne tragen, die also auch dem Staat in ihrem Treueverhältnis dem Staat gegenüber geholfen, die ihm treu gedient und Verständnis für den Staat gezeigt haben, ruhig auf dem Wege der direkten Erhöhung der Gehälter, der Gesamtbezüge besser helfen sollen. Das hätte im Staatsinteresse gelegen und wäre, glaube ich, auch einfacher gewesen. Es ist — das gilt, glaube ich, nicht nur für uns im Parlament, sondern auch für die Herren vom Bundesfinanzministerium — immer noch besser, eine einfache Sache einfach zu machen, als Dinge, die man einfach machen kann, zu komplizieren.
Wenn nun die 538 Millionen DM, die also aus der 7 %igen Erhöhung der Grundgehaltssumme herrühren sollen — das wären 8,4 % auf das Grundgehalt, wenn die 8,4 % auf die Gesamtgrund-
gehaltssumme mit in Frage kämen —, in Form von Unterstützung gegeben wird, so muß ich sagen: ich bedaure außerordentlich, daß man diesen Ausdruck „Unterstützung" gewählt hat. Eine Unterstützung soll man eigentlich für einen bestimmten Notstand geben, nicht aber für die Dauer einer ganzen Gruppe. Man soll hier ruhig sagen: Wir geben eine Gehaltserhöhung von soundso viel Prozent und gleichen, soweit wir können, soweit wir die Mittel haben und es uns möglich ist, an und bauen auf. Auch die Beamtenschaft weiß — sie hat so viel Verantwortung —, daß der Staat nicht alles auf einmal zwingt. Sie weiß, daß der Staat, der im Treueverhältnis mit ihr steht — und sie mit ihm —, der ja auch die Versorgung für Frau und Kind und auch die Pension im Alter garantieren muß, von den Beamten wahrscheinlich mehr Rücksicht verlangen muß als von den anderen. Aber man darf diese Forderung auf Rücksicht auch nicht übertreiben. Man darf nicht zu lange warten. Man muß den Mut haben, Lücken, die bestehen, einmal auszufüllen.
Was aber besonders zu beanstanden ist, ist nach Meinung des größten Teils unserer Fraktion — wir haben uns darüber lange unterhalten — die Tatsache, daß man einen Gehaltsteil für die Beamten steuerfrei macht und damit indirekt die Aufbesserung geben will. Wenn es als Unterstützung gegeben wird, ist es klar; Unterstützungen waren und sind steuerfrei. Aber wenn es ein Dauerzustand eines ganzen Jahres für 800 000 Beamte ist, wird in der Offentlichkeit doch wieder manches gegen die Beamten gesagt werden, etwa in der Form: „sie kriegen Erhöhungen der Bezüge steuerfrei, wir anderen müssen Steuern bezahlen". Dadurch wird die Beamtenschaft sicherlich nicht beliebter, als sie da und dort leider Gottes ist, wenn auch das Verständnis für die Beamtenschaft erfreulicherweise gewachsen ist. Es wäre also unseres Erachtens besser, das, was wir geben können, in direktem Geld, in direkter Summe und unter Zurechnung der geplanten Steuerermäßigung voll zu geben, in direkter Zulage, und nicht eine Steuerermäßigung damit zu verknüpfen.
Es sollte aber nicht weniger, sondern mindestens dasselbe gegeben werden, aber es sollten die Bezüge, weil sie in irgendeiner Art doch Gehaltsbezüge sind, steuerlich mit allen anderen Einkommen gleich behandelt werden.
Nun weiß ich j a — und das ist wohl auch die Stimmung des Herrn Bundesfinanzministers und seiner Mitarbeiter gewesen —, daß bei der Bundespost und bei der Bundesbahn, die ja zur Zeit — die Bahn seit längerer Zeit — von der Hand in den Mund leben müssen, also ihre Ausgaben mit den Einnahmen decken müssen — es kann nicht jeden Augenblick eine Tariferhöhung kommen —, die Dinge schwieriger sind. Die Länder haben den Rückfluß an Steuern, und zwar bekommen sie von dem Rückfluß an Einkommensteuer 63 %; der Bund bekommt von dem Rückfluß 37 %. Wenn nun der Herr Finanzminister rechnet, wird er vielleicht sagen: „Gebe ich die Summe steuerfrei, dann sind noch 250 Millionen DM ersparte Steuern darin", vielleicht auch 200 Millionen; ich weiß es nicht. Aber auf der andern Seite kann man auch sagen: Wenn der Finanzminister auf diese Einnahmen verzichtet, warum gibt er dann nicht direkt das, was den Leuten zufällt, und läßt das Steuerrecht einheitlich und unangetastet? Das wäre meiner Schätzung nach viel besser, und dann könnte man durch diese Summen, die dem Staatssäckel zufließen, erstens einmal die Kritik von der Beamtenschaft fernhalten, man hätte es einfach gemacht, und man könnte zweitens der Post und der Bahn, vor allem der Bahn, die sich in der größten Notlage befindet infolge des Zwanges, aus eigener Kraft den Wiederaufbau zu finanzieren — der Nachholbedarf, auch die politischen Lasten, die die Bahn übernommen hat, sind groß —, dann könnte man der Bahn aus diesen Mitteln, die der Finanzminister indirekt wieder einnimmt, sehr wohl die Mehraufwendungen, die durch dieses direkte Verfahren entstünden, vergüten. Ich bin der Meinung, der Finanzminister würde nicht einmal ein schlechtes Geschäft machen, sondern ich glaube, es würde sich ungefähr so ergeben, daß er mit diesen Summen auskäme.
Dann noch etwas zu der Auszahlung im Dezember: Ich gestehe Ihnen ganz offen, die Forderung der Beamtenverbände aller Richtungen und — ich möchte sagen — der Parteien aller Richtungen im Hause auf Auszahlung eines halben Monatsgehalts im Dezember unter Berechnung des steuerfreien Teils wie bei den übrigen Zuwendungen im Weihnachtsmonat wäre wahrscheinlich viel einfacher gewesen.
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Es käme im Endergebnis auch ungefähr auf die Summe heraus, und da ist die Rechnung nicht ganz so, daß man sagt: 4 mal 7 gleich 28 %, denn daneben stehen auch noch die 50 oder 30 DM, und es stehen noch je 15 DM Kinderzulage, die steuerfrei gegeben werden, weil sie für alle steuerfrei sind. Das wäre kein Ausnahmerecht für die Beamten. Ich kann mir denken, daß auf die Art auch schon zweifellos ungefähr ein halbes Monatsgehalt für die Beamten zusammenkommt. Aber so ist es ein Umweg, es ist eine Komplizierung, es ist nicht die einfache Art und Weise, die auch in der Beamtenschaft zweifellos am besten verstanden würde.
Ich will aber nun meinem Freund Dr. Kleindinst, der zur dritten Novelle redet, nicht unnötig Zeit wegnehmen. Ich will auch nicht unnötig wiederholen, was gesagt worden ist. Nur noch folgendes.
— Eine Minute noch!' Sie sehen, ich passe also auf. Ich will noch folgendes sagen: Es ist selbstverständlich. und ich stelle auch namens der CDU den Antrag, daß alle diese Anträge und die dritte Novelle an den Beamtenrechtsausschuß, federführend, und natürlich auch an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Das ist wohl auch ganz klar. Ich darf dabei den Wunsch aussprechen, daß die Ausschüsse sehr schnell arbeiten,
und den Wunsch voranschicken, daß der Herr Bundesfinanzminister seine Vorlagen sehr schnell schriftlich an den Ausschuß bringt,
denn wir haben sie ja noch nicht schriftlich; wir haben heute nur die mündlichen Ausführungen. Ich darf dann beide Ausschüsse bitten, entsprechend dem Druck der Zeit zur Behebung der Notlage der Beamtenschaft im Rahmen des Möglichen schnell zu arbeiten, und ich zweifle gar nicht daran, daß wir, auch wenn wir ein unbefriedigendes Ergebnis gegenüber den vorhandenen berechtigten Wünschen
etwa berücksichtigen müssen, dennoch im Parlament alles tun werden, damit die zur Auszahlung kommenden Gelder noch vor Weihnachten gegeben werden.
Im übrigen: Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert, aber auch jeder Angestellte und jeder Beamte seines Gehalts. Und wenn eine Treupflicht besteht und anerkannt wird, dann muß die Treupflicht auch darin bestehen, das, was man tut, schnell zu tun und es im Rahmen des Möglichen zu tun, soweit es eben geht.