Rede von
Otto
Arnholz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Recht ist hier darauf hingewiesen worden, daß die Besoldungsordnung von 1927, die ja jetzt ihr silbernes Jubiläum feiern könnte, immer noch die Grundlage für die gegenwärtige Besoldung bietet; daß das Flickwerk der prozentualen Zuschläge und der Zulagen, so wie sie bisher gewährt worden sind, nicht ausreicht; daß ferner die Preiserhöhungen durch diese Bezüge bei weitem nicht ausgeglichen worden sind und daß darüber hinaus auch die Gehälter und Löhne der freien Wirtschaft den Regelungen im öffentlichen Dienst davongelaufen sind. Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien, die diese Entwicklung seit langer Zeit beobachten mußten, haben in diesem Punkte völlig versagt.
Sie hatten drei lange Jahre Zeit. Und was ist geschehen? Welch ein klägliches Bild der Flickschusterei bietet es, daß innerhalb eines Jahres drei Gesetze zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vorgelegt wurden und daß zwischendurch noch ein halbes Monatsgehalt gezahlt werden mußte, um allerdringendster Not zu begegnen!
Wir Sozialdemokraten haben immer wieder eine Besoldungsreform an Haupt und Gliedern gefordert, wie es auch der Deutsche Gewerkschaftsbund getan hat.
Wir haben damit bis vor ganz kurzer Zeit, Herr Dr. Wuermeling, sehr wenig Gegenliebe bei der Bundesregierung gefunden, und dafür tragen Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, die Verantwortung.
Erst kurz vor den Gemeindewahlen vom 9. November ist es anscheinend der CDU, aber hauptsächlich auch nur in Nordrhein-Westfalen, wie Schuppen von den Augen gefallen.
Damals fuhr man in einem Gesetzentwurf, der dem Landtag unterbreitet wurde, schwerstes Geschütz auf. Man sprach von offenkundiger Vertrauens- und Nachwuchskrise, von innerer Abwendung der Beamtenschaft vom Staat, vom Verfall des Staatsapparats. Auch Herr Dr. Wuermeling hat gleiche
Töne heute hier angeschlagen. Aber man fuhr
schweres Geschütz nur auf, man schoß es nicht ab,
oder man schoß bestenfalls Salutmunition. Denn man wußte, daß diese Demonstration mit Rücksicht auf die Sperrvorschriften des Ersten Ergänzungsgesetzes vom 6. Dezember 1951 eben nur eine Demonstration bleiben mußte, — solange der Herr Bundesfinanzminister nicht bereit war, im Bunde mindestens eine gleichwertige Verbesserung des Besoldungsrechts zuzulassen. Und wie wenig er dazu bereit ist, das hat er uns heute, glaube ich, deutlich genug gesagt. Diese Manöver, meine Damen und Herren von der CDU, kennen wir zur Genüge, und es ist nur zu wünschen, daß auch die Beamtenschaft sie durchschaut. Es genügt nicht, zur Ablenkung auf die Ministerialbürokratie loszutrommeln. Verantwortlich, Herr Dr. Wuermeling, ist der Bundesfinanzminister und nicht seine Verwaltung.
Der Bundesfinanzminister aber gehört Ihrer Fraktion an.
— Wenn sie sagen, Herr Kollege Wuermeling, Sie ließen sich in Zukunft durch die Ministerialbürokratie nicht wieder ablenken, so ist das — entschuldigen Sie, daß ich das so eindeutig sage — ein katastrophales Armutszeugnis für Sie als Mitglied dieses Hauses.
Anstatt daß Sie hier im Bundestag einen gleichen oder vielleicht noch besseren Gesetzentwurf als den von Nordrhein-Westfalen eingebracht und damit Ihr schweres Geschütz zielklar abgeschossen hätten, haben Sie sich hier wieder mit einer Demonstration begnügt
und nur eine Große Anfrage eingebracht, die sich darauf beschränkt, zu fragen, welche Maßnahmen die Bundesregierung zu treffen beabsichtige.
— Ach so, ja, aber der Herr Bundesfinanzminister ist doch der für alle diese Dinge Verantwortliche.
Haben Sie denn, Herr Dr. Wuermeling, bevor Sie den Entwurf in Nordrhein-Westfalen einbrachten,
auch mit dem Bundesfinanzminister darüber verhandelt, ob bei einer gleichen Vorlage hier im Bundestag die nötige Deckung vorhanden ist? Nur dann könnten Sie Ihren Einwand mit Recht erheben. Alles andere ist weiter nichts als ein Roßtäuscherstück.
Sie fragen, welche Maßnahmen die Bundesregierung beabsichtige, um den derzeitigen Notstand der Beamten und Behördenangestellten zu beheben und ihnen eine fühlbare Hilfe zuteil werden zu lassen. Von Maßnahmen, die die wesentlich weiter gesteckten Ziele von Nordrhein-Westfalen verwirklichen sollten, ist in der Großen Anfrage noch nicht die Rede. Nun, meine Damen und Herren, damit Sie dieses Spiel, das die Angehörigen des öffentlichen Dienstes verbittern muß, nicht weiterspielen können, bitten wir Sie, unserem Antrag Drucksache Nr. 3841 Ziffer 1 zuzustimmen und die Bundesregierung zu beauftragen, dem Bundestag baldmöglichst den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechtes zuzuleiten. Dabei gehen wir davon aus, daß die Vorarbeiten dafür an den zuständigen Stellen so weit gediehen sind, daß diese Vorlage in den nächsten zwei Monaten hier unterbreitet werden kann.
Wir sind selbstverständlich aber auch der Meinung, daß die Zeit bis zum Inkrafttreten eines solchen Gesetzes überbrückt werden muß. Die Begründung hierfür ergibt sich aus dem, was ich bereits gesagt habe. Wir bitten daher, auch der Ziffer 2 unseres Antrages zuzustimmen, die die Auszahlung eines halben Monatsgehalts bzw. der halben Monatsbezüge bis spätestens zum 31. Dezember dieses Jahres fordert.
Schließlich bitten wir um Ihre Zustimmung zu der Ziffer 3 unseres Antrages, wonach die Bundesregierung beauftragt werden soll, beschleunigt — ich lege Wert darauf zu betonen: beschleunigt — eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, die eine Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Bezüge entsprechend der eingetretenen Teuerung vorsieht.
Vorsorglich darf ich dazu erklären, daß die Bundestagsfraktion der SPD eine Erhöhung der Zuschläge um wenige Prozente — man sprach hier und da von 7 % — unter keinen Umständen als angemessen betrachtet. Entsprechend unserer bisherigen Forderung sollen selbstverständlich auch die Empfänger von Versorgungsbezügen in die Erhöhung einbezogen werden. Gerade wir sind es ja gewesen, die bei früheren Gelegenheiten die Anträge gestellt haben, über die Vorlage des Bundesfinanzministeriums hinauszugehen und die aktiven Beamten und die Beamten im Ruhestand als eine Einheit zu betrachten. Wir sind also der Meinung, daß auch die Empfänger von Versorgungsbezügen in die laufenden Erhöhungen wie auch in die Regelung für die einmaligen Zahlungen einbezogen werden müssen. Auch die Erhöhung der Unterhaltszuschüsse für Beamte im Vorbereitungsdienst muß entsprechend vorgesehen werden. Denn gerade diese Angehörigen des öffentlichen Dienstes gehören zu denen, die die allergeringsten Einkünfte haben.
Auch den Empfängern von Mindestversorgungsbezügen müssen die Erhöhungen in gleicher Weise zugebilligt werden. Denn wenn man es vor längerer Zeit für notwendig gehalten hat, Mindestbezüge festzusetzen — und das war richtig —, dann muß man folgerichtig auch diese Mindestbezüge der Entwicklung anpassen. Deshalb hoffen wir, meine Damen und Herren, daß Sie auch der Ziffer 4 unseres Antrages Ihre Zustimmung nicht versagen werden.
Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes legen keinen Wert darauf, daß der Bundesfinanzminister hier betont, daß das Wohl der Beamtenschaft ihm und der Bundesregierung am Herzen liege. An Ihren Taten, meine Damen und Herren, werden die Angehörigen des öffentlichen Dienstes Sie, die Bundesregierung wie auch die Koalition, erkennen. , Erwartet wird also von Ihnen, daß jetzt nicht mehr
nur der Mund gespitzt wird. Es muß endlich gepfiffen sein! Stimmen Sie also unserem Antrag zu.