Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst erklären, daß ich im Augenblick nicht zu den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers Stellung nehme, sondern die Anträge der FDP begründe. Ich kann auch deshalb im Augenblick nicht dazu Stellung nehmen, weil die Dinge wohl erst noch besprochen werden müssen, da die Erklärungen des Herrn Bundesfinanzministers teils über die Besprechungen, die stattgefunden haben, hinausgehen, teils aber dahinter zurückbleiben.
Meine Damen und Herren, in Erkenntnis der Tatsache, daß die Not der Beamten und Ange-
stellten des öffentlichen Dienstes immer drückender geworden ist, hat die FDP Ende vorigen Monats zwei Anträge eingebracht, deren Ziele als ausgesprochene Notmaßnahmen zu betrachten sind. ' In dem einen Antrag fordert die FDP als Sofortmaßnahme die Auszahlung eines halben Monatsgehalts im Dezember 1952. Mit dem anderen Antrag, der die Beseitigung der Sperrklausel verlangt, zielt die FDP auf eine Auflockerung der verkrampften Besoldungspolitik des Bundes von der Länderseite her ab.
Lassen Sie mich zunächst den Antrag auf Zahlung eines halben Monatsgehalts begründen. Im Sommer dieses Jahres wurde von seiten der Regierung erstmals der Gedanke laut, den Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes ein halbes Monatsgehalt zu zahlen. Diese neuartige Gehaltszahlungsweise begegnete damals in Beamtenkreisen vielfacher Kritik, und sie wurde auch von allen Seiten dieses Hauses geteilt, als bekannt wurde, daß das halbe Monatsgehalt nur für die aktive Beamtenschaft gedacht war. Man sah sich hier einem erneuten Versuch des Bundesfinanzministers und seines Besoldungsreferenten gegenüber, die Pensionäre und die 131er abzuhängen. Die Gefahr ist damals abgewendet worden. Nach sehr harten Verhandlungen wurde erreicht, daß die Pensionäre und 131er drei Monate später dieselbe Zulage erhielten. Nach der Zahlung sowohl an die aktive Beamtenschaft als auch an die Pensionäre und 131er kann man heute eine etwas ruhigere Betrachtung dieser neuen Institution der Zahlung eines halben Monatsgehalts anstellen. Ich möchte die Dinge einmal vom gehaltspsychologischen Gesichtspunkt aus betrachten. Es ist die Frage, ob es psychologisch richtig ist, es auch in Zukunft so zu machen, daß man denjenigen Berufsgruppen, die ohnehin ständig unterbezahlt sind und wohl leider in der nächsten Zeit auch bleiben werden, gewissermaßen von Amts wegen für mehrere Monate einen Teil ihres Gehalts zusammenfaßt und diese größeren Beträge in Intervallen, also vielleicht alle vier oder sechs Monate, in einer Summe auszahlt. Das hat den Vorteil, daß demjenigen, der nicht in der Lage ist, von seinem laufenden Gehalt Rücklagen zu machen, vielleicht für die Reise oder für Weihnachten oder für Notzeiten oder für Kleidung die Sorge für diese Sonderfälle des Lebens sozusagen von Staats wegen abgenommen wird, indem er mit der globalen, kumulierten Zahlung
Beträge erhält, die ihm eine Anschaffung oder eine Reise ermöglichen. Ich darf betonen, daß insofern nunmehr auch in der Beamtenschaft der Gedanke besteht, dieses Institut einer Intervallzahlung, also etwa die Zahlung des halben Monatsgehalts, beizubehalten. Aus diesem Grunde hat die Freie Demokratische Partei, obwohl sie zunächst dieser Einrichtung zurückhaltend gegenüberstand, diese Methode aufgegriffen und für den Dezember die erneute Zahlung eines halben Monatsgehalts verlangt. Es war auch nötig, daß in der zweiten Hälfte des Haushaltsjahres noch einmal etwas für den öffentlichen Dienst geschah. Wenn man das erste halbe Monatsgehalt auf die Monate von April bis Oktober verrechnet, so bedeutet es auf die Gesamtbezüge etwa eine Steigerung von 8,4 %. Wir stehen nunmehr, wenn wir für die zweite Hälfte dès Haushaltsjahres den Stand der ersten Hälfte des Haushaltsjahres wahren wollen, vor der Notwendigkeit, eine Erhöhung mindestens in gleicher Höhe vorzunehmen. Das wäre der Fall, wenn gemäß dem Antrag der FDP im Dezember ein halbes Monatsgehalt gezahlt würde. Dann wäre insoweit für das laufende Haushaltsjahr die Höhe der Besoldung gehalten.
Ich stehe nun aber nicht an, für die Freie Demokratische Partei zu erklären, daß wir selbstverständlich auch bereit sind, auf die soeben gemachten Vorschläge des Herrn Bundesfinanzministers einzugehen. Wir müßten allerdings noch prüfen, ob sie etwa zu demselben Ergebnis führen. Wir sind keineswegs unbedingt darauf erpicht, daß die Zahlung den Namen eines halben Monatsgehalts erhalten muß.
Meinetwegen kann man es auch so gestalten, wie der Herr Bundesfinanzminister soeben erklärt hat. Danach sieht man vom 1. Januar an eine prozentuale Erhöhung vor, zahlt sie für vier Monate vorweg, noch im Dezember, und zwar neben dem festen Weihnachtsgeld von 30 DM für den Ledigen, von 50 DM für den Verheirateten und 15 DM für jedes Kind. Wenn diese beiden Beträge zusammen im Dezember zur Auszahlung kommen, dürfte das etwa dem Antrag der FDP entsprechen und per Saldo auf dasselbe hinauskommen. Insofern könnten wir damit einverstanden sein.
Eine andere Frage, zu der aber erst in der Beratung Stellung genommen werden soll, ist die, wieweit das Dritte Besoldungsgesetz hier hineinspielt oder außer Betracht zu lassen ist. Wenn ich den Herrn Bundesfinanzminister recht verstanden habe, soll sich die prozentuale Zulage ab 1. Januar nur auf das Grundgehalt beziehen. Das würde bedeuten, daß alle diejenigen, die verheiratet sind, und insbesondere diejenigen, die Kinder haben, hier schlechter gestellt werden.
— Das werden wir ja noch sehen, Herr Schröder. — Insoweit müßte dann ein Ausgleich durch das Dritte Besoldungs-Änderungsgesetz geschaffen werden, dessen Inkrafttreten man dann auf einen entsprechenden Termin vorverlegen müßte.
Ich möchte nun den zweiten Antrag der FDP begründen:
— Ach, Herr Renner, wenn Sie das nicht verstehen! So stur wie Sie sind wir nun einmal nicht.
Wenn wir ein halbes Monatsgehalt beantragen und der Bundesfinanzminister gibt denselben Betrag und nennt ihn nur anders, so lehnen wir das nicht deshalb ab, nur weil es nicht den Namen unseres Antrages trägt. Das überlasse ich Ihnen, Herr Renner, in einem solchen Falle dann aus übertriebener Dogmatik heraus die Dinge völlig zu verneinen. Es geht hier darum, der notleidenden Beamtenschaft materiell irgendwie zu helfen. Dabei stoßen wir uns nicht daran, ob nun dieser oder jener Antrag unserer Partei formell zum Zuge kommt. Es kommt uns allein auf das Ergebnis an!
Meine Damen und Herren, den anderen Antrag zu begründen, ist natürlich für die FDP etwas schwierig. Ausgerechnet die FDP, die bestimmt keine föderalistische Partei ist, hat den Antrag auf
Beseitigung der Sperrklausel gestellt. Sie werden ja nicht glauben, daß damit nun die FDP in das Lager der Föderalisten gegangen ist und vorhat, eine allgemeine Buntscheckigkeit im Beamtenrecht einzuführen. Nein, die Dinge haben den ausgesprochenen Hintergrund, die Besoldungslage von der Länderseite her aufzulockern, nachdem wir das Gefühl hatten, daß es hier von Bundes wegen nicht recht vorwärts kam.
— Ja, hören Sie nur, was ich sage, Herr Kollege!
— Die Sperrklausel hat bereits ein eigenartiges Schicksal gehabt. Sie war ursprünglich beim Ersten Besoldungsänderungsgesetz in der Regierungsvorlage enthalten. Der Beamtenrechtsausschuß des Bundestages hat dann in seiner Mehrheit gerade dem Argument zugestimmt, daß es nicht zweckmäßig sei, heute schon die Dinge durch eine Sperrklausel auf die Bundesregelung einheitlich festzulegen. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, in dem wir alle noch das Gefühl hatten, daß die Bundesregelung keineswegs vorbildlich sei. Das waren die Gründe, weswegen wir damals im Beamtenrechtsausschuß auf die Sperrklausel verzichtet haben. Man kann eben auch als Unitarier die Einheitsregelung nur dann und erst dann wollen, wenn man von der eigenen guten Regelung überzeugt ist. Der Bund sollte doch niemals den Weg gehen, die eigene noch mangelhafte Regelung den Ländern aufzuzwingen, wenn diese eine bessere haben. Der Verzicht auf die Sperrklausel war also wohl begründet.
Der Bundesrat hat dann allerdings durch seinen Einspruch im Vermittlungsausschuß die Sperrklausel wieder hergestellt, und zwar auf den Wunsch sämtlicher Länder. Nun haben wir das seltsame Bild, daß jetzt gerade die Länder gegen die Sperrklausel Sturm laufen. Das tun besonders Nordrhein-Westfalen und Hamburg, weil sie sich durch die Sperrklausel an der Verbesserung der Besoldung gehindert sehen. Nunmehr müßten Nordrhein-Westfalen und Hamburg den übrigen Ländern klarmachen, daß die Regelung, die sie damals herbeigeführt haben, wieder beseitigt wird.
Wir denken uns bei der Freien Demokratischen Partei die Behandlung dieses Antrags zur Sperrklausel so. Wir sind damit einverstanden, daß der von uns vorgelegte Initiativ-Gesetzantrag dem Ausschuß überwiesen wird; er kann im Ausschuß auch eine Weile ruhen, sagen wir einmal, bis zum Beginn des nächsten Haushaltsjahres, also bis zum 1. April 1953. Wir werden dann sehen, welche Regelung für das nächste Haushaltsjahr bis zu der großen Besoldungsreform, die immer noch vor uns steht, in Aussicht genommen ist. Ich darf allerdings jetzt schon erklären, Herr Bundesfinanzminister: Ich glaube nicht, daß sich die von Ihnen vorgeschlagene Regelung bis zu der großen Besoldungsreform wird durchhalten lassen! Allerdings sind meine politischen Freunde der Ansicht daß mit einer Regelung, die etwa unserem Antrag auf Zahlung eines halben Monatsgehalts im Ergebnis gleichkommt, für dieses Haushaltsjahr, also bis zum 31. März 1953 — abgesehen von dem Dritten Besoldungsänderungsgesetz, das ich vorhin schon ausgeklammert habe —, erst einmal eine gewisse Beruhigung eintreten kann. Wir müßten uns dann Anfang nächsten Jahres rechtzeitig darüber unterhalten, wie die Dinge im nächsten Haushaltsjahr weiter gestaltet werden können. Je nachdem, ob die Dinge sich dann gut oder schlecht anlassen, würden wir bereit sein, notfalls auch den Antrag auf Beseitigung der Sperrklausel ganz zurückzunehmen.
Ich beantrage, beide Anträge dem Beamtenrechtsausschuß zu überweisen.