Rede von
Detlef
Struve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich in einer Reihe von Sitzungen sehr eingehend mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten befaßt.
Das Milch- und Fettgesetz regelt in erster Linie den Trinkmilchmarkt. Bei Anerkennung des Marktordnungsgedankens, der dem Milch- und Fettgesetz zugrunde liegt, ist der Ernährungsausschuß zu der Auffassung gekommen, daß eine gewisse Auflockerung im Interesse der besseren Versorgung und der Förderung des Absatzes notwendig ist. Dies bezieht sich insbesondere auf die Fragen. die in den ersten Paragraphen des Milch- und Fettgesetzes geregelt sind, nämlich, ob die starre Bindung des Milcherzeugers und des Milchhändlers an die Molkerei weiterhin aufrechterhalten bleiben soll.
Der Ernährungsausschuß ist überwiegend der Ansicht gewesen, es bei der bisherigen Regelung zu belassen, jedoch in § 7 eine Möglichkeit einzufügen, wonach Milcherzeuger. Molkerei oder Milchhändler alle drei Jahre eine Änderung der Liefer-
und Annahmebeziehungen oder des Großhändlerbezirkes beantragen können. Diesem Antrag m u ß die oberste Landesbehörde entsprechen.
Sehr eingehend haben wir uns mit dem Produkt „Milch" und der Möglichkeit einer Hebung der Güte und des Absatzes befaßt. Wenn zur Zeit bei einer Milchproduktion von 15,2 Milliarden kg und einer Durchschnittsablieferung an die Molkereien von rund 10,5 Milliarden kg der Trinkmilchabsatz 25 bis 30 % ,der angegebenen Menge einschließlich Sahne, Magermilch usw. beträgt, erscheint es dringend erforderlich, den Trinkmilchabsatz im Interesse der Rentabilitätssteigerung für die Landwirtschaft und zur Hebung der Volksgesundheit auszuweiten. Nach den Erklärungen des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurden in der Vorkriegszeit, 1935-1938, im Durchschnitt etwa 0,3 1 Milch je Tag und Kopf der Bevölkerung verbraucht. Dieser Pro-KopfVerbrauch ist auch jetzt wieder annähernd erreicht worden. In anderen Ländern, wie beispielsweise in Dänemark und Schweden, liegt der Verbrauch bei 0,6 1, in der Schweiz bei 0,65 1. Aus diesen Zahlen ergibt sich schon die Möglichkeit für die Hebung des Trinkmilchverzehrs. Sie kann ein-mai durch Qualitätsverbesserung und zum andern durch vermehrte Werbung erzielt werden. Die Milchwirtschaft beschäftigt sich dabei besonders mit dem Gedanken, eine besonders vorzügliche Qualitätssorte einzuführen. Es ist zu hoffen, daß diese Bestrebungen baldigst in die Tat umgesetzt werden.
Aus diesen Gründen erschien es dem Ernährungsausschuß ohne wesentliche Änderung der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen notwendig, den Absatz der Flaschenmilch durch Einfügung eines neuen Absatzes 2 besonders herauszustellen. In dem neuen Absatz wird unter Aufrechterhaltung der hygienischen Anforderungen künftig die Abgabe von Flaschenmilch nicht mehr von der Voraussetzung des § 14 Abs. 5 Ziff. 6 des Milchgesetzes von 1930 abhängig gemacht, d. h. die hier enthaltene Vorschrift des Nachweises der Mindestmilchmenge wird fallengelassen und somit weiteren Handelskreisen Gelegenheit gegeben, Flaschenmilch in den Verkehr zu bringen. In diesem Sinne ist auch die neue Bestimmung des § 2 Abs. 3 zu verstehen, wonach Molkereien unmittelbar Groß- und Einzelverbraucher mit Flaschenmilch in ihrem Absatzgebiet beliefern dürfen.
Einen breiten Raum in der Erörterung nahmen die §§ 11 und 20 des Milch- und Fettgesetzes ein. § 11 behandelt bekanntlich die Ausgleichsabgaben, die dazu bestimmt sind, bei der Verwertung der Milch als Trinkmilch oder als Werkmilch und bei der notwendigen Versorgung der Trinkmilchmärkte trotz unterschiedlicher Entfernung der Molkereien vom Markt eine Annäherung der wirtschaftlichen Ergebnisse für Milcherzeuger und Molkerei herbeizuführen.
Auf Grund der Erfahrung seit Inkrafttreten des Milch- und Fettgesetzes erschien es geboten, neben dem seit langem eingeführten Ausgleichspfennig, den die obersten Landesbehörden erheben, den Bundesernährungsminister einzuschalten und einen zweiten Pfennig auf Bundesebene erheben zu lassen. Diese Regelung erschien besonders aus dem Grunde berechtigt, weil auf diese Weise ein gleichmäßiger und einheitlicher Ausgleich auf den verschiedenen Produktions- und Absatzgebieten der Länder erzielt wird.
Dem Ernährungsausschuß hat eine Zusammenstellung, der von den Ländern erhobenen Ausgleichsabgaben und ihrer Verwendung vorgelegen.
Diese hat gezeigt, daß in den Ländern sehr unterschiedlich verfahren wird. Wenn nunmehr durch die Erhebung des zweiten Pfennigs durch den Bund den Ländern nicht mehr im bisherigen Umfange so große Geldmengen zur Verfügung stehen, wird trotzdem den Belangen der Länder auch in Zukunft Rechnung getragen, indem bei der Verteilung des Bundesaufkommens alle berechtigten Belange der Länder in gleicher Weise berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang verdient hervorgehoben zu werden, daß sterilisierte Milch, Sahne, entrahmte Milch und Schlagsahne einheitlich mit einer Bundesabgabe von 2 Dpf. je kg belegt werden. Gerade die Herstellung von sterilisierten Erzeugnissen hat mit Recht die Bundesregierung veranlaßt, die Herstellerbetriebe in die Ausgleichsabgaben einzubeziehen.
Neben der Ausgleichsabgabe spielt die Umlage des § 20 eine bedeutsame Rolle in der Milchwirtschaft. Hier hat der Ernährungsausschuß weitgehende Änderungen vorgenommen. Der Betrag der Umlage wurde um die Hälfte gesenkt, die Verwendung der Mittel wurde genauer festgelegt. Sie finden in § 20 Abs. 2 besondere Gesichtspunkte, die für die Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen in Frage kommen. Vorweg steht die Förderung und Erhaltung der Güte sowie die Verbesserung der Hygiene bei der Gewinnung, Anlieferung, Be- und Verarbeitung und bei dem Absatz von Milch und Milcherzeugnissen. Ferner sollen die Milchleistungsprüfungen und die Beratung Unterstützung finden. Schließlich soll die Werbung zur Erhöhung des Verbrauchs von Milch und Milcherzeugnissen aus diesem Aufkommen finanziert werden. Es ist dabei den Wünschen des Bundesernährungsministers insofern Rechnung getragen, als ihm zur bundeseinheitlichen Durchführung von Werbungsmaßnahmen besondere Geldmittel zur Verfügung zu stellen sind. Man hat sich hierbei von dem Gedanken tragen lassen, daß neben der Werbung in den Ländern eine gewisse einheitliche Werbung im gesamten Bundesgebiet notwendig ist.
In § 15 des Milch- und Fettgesetzes ist die Einfuhrschleuse für Butter, Butterschmalz, Margarine und Kunstspeisefette geregelt. Im Ernährungsausschuß ist die Frage eingehend erörtert worden, ob nicht die Margarinerohstoffe in diese Einfuhrschleuse einbezogen werden sollten. Ein aus den Kreisen des Ernährungsausschusses gestellter Antrag auf Einbeziehung wurde jedoch mit Stimmenmehrheit abgelehnt. Die zu § 15 im übrigen im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen sollen in der Hauptsache der Einfuhr- und Vorratsstelle die Möglichkeit geben, den Übernahmepreis und den Abgabepreis von sich aus festzusetzen, nachdem der Bundesernährungsminister im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsminister generelle Bestimmungen über die Preisfestsetzungen erlassen hat. Bei den Novellen zum Getreidegesetz und zum Zuckergesetz hat das Hohe Haus eine gleiche Regelung vorgenommen, so daß keine Bedenken bestehen dürften, bei der Novelle zum Milch- und Fettgesetz ebenso zu verfahren.
Auf die übrigen Vorschriften, die eine Änderung erfahren sollen, glaube ich nicht näher eingehen zu müssen. Vielfach handelt es sich um eine Koordinierung der Bestimmungen mit den übrigen Marktordnungsgesetzen usw.; am Grundgedanken des Milch- und Fettgesetzes wird durch diese Abänderungen nicht gerüttelt.
Auf Wunsch des Bundesernährungsministeriums möchte ich noch auf einige redaktionelle Änderungen verweisen. Zu Ziff. 7: Im § 9 ist hinter dem Wort „Trinkmilch" in Klammern „§ 10" zu setzen. Zweitens, zu Ziffer 18: Hinter Ziffer 18 ist folgende neue Ziffer 18 a einzufügen:
18 a. In § 18 Abs. 5 erhält der erste Satz folgende Fassung:
„Rechtsverordnungen nach Abs. 1 Nrn. 1 und 2 und Abs. 3 bedürfen der Zustimmung des Bundesrats."
Drittens, zu Ziffer 19: Im § 20 Abs. 1 beginnt der Nachsatz des zweiten Satzes wie folgt: „hierbei ist die Sahne in die entsprechenden Einheiten ...". Viertens, zu Ziffer 21: Im § 24 Abs. 2 sind die Worte „§ 15 Abs. 5" zu ändern in „§ 15 Abs. 6". Die Ziffern 16, 17 'und 18 sind bereits durch Annahme des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen — Drucksache Nr. 3608 (neu) — entschieden und im Bundesgesetzblatt Nr. 36 vom 27. August 1952 veröffentlicht.
Zusammenfassend darf ich als Berichterstatter des Ernährungsausschusses dem Hohen Hause die Annahme der Vorlage empfehlen.