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ID0122908200

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    Deutscher Bundestag — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952 10419 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952. Geschäftliche Mitteilungen 10421A Änderungen der Tagesordnung 10421B Kleine Anfrage Nr. 285 der Abg. Dr. Schmid (Tübingen) u. Gen. betr. Wohnungsbeschlagnahme in Mannheim und Sigmaringen (Nrn. 3615, 3677 der Drucksachen) 10421B Vorlage des Entwurfs einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung M Nr. 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse 10421B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Großer Knechtsand (Nrn. 3604, 2970 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 10421C Fortsetzung der Beratung der Berichte des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Bau der Zellertalbahn (Nrn. 3485, 440 der Drucksachen), über den Antrag der Abg. Volkholz, Donhauser, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Geplante Einstellung der Lokalbahn Passau-Wegscheid auf der Strecke Obernzell-Wegscheid (Nrn. 3488, 1087 der Drucksachen), über die Anträge der Abg. Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Bau einer Autobahn und der Abg. Dr. Baumgartner, Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Ausbau und Instandsetzung des Straßennetzes in Bayern (Nrn. 3486, 442, 469 der Drucksachen) und über den Antrag der Abg. Stücklen, Strauß, Dr. Solleder, Bodensteiner u. Gen. betr. Straßenbauten in Bayern (Nrn. 3487, 470 der Drucksachen) . . 10421C Ausschußüberweisungen 10421D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 643) 10421D Beschlußfassung 10421D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (Nr. 3640 der Drucksachen) 10421D Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz . . 10422A Dr. Wahl (CDU) 10422C Frau Dr. Steinbiß (CDU) 10423D Dr. Schneider (FDP) 10424C Dr. Hammer (FDP) 10424D Dr. Greve (SPD) 10425B Dr. Reismann (FU) 10427B Fisch (KPD) 10427D Ewers (DP) 10428C Ausschußüberweisung 10429B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau (Nr. 3611 der Drucksachen) . 10429B Ausschußüberweisung 10429C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik , Deutschland und Frankreich (Nr. 3599 der Drucksachen) . 10429C Ausschußüberweisung 10429D Beratung des Mündlichen 'Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dr. Nowack, Neumayer, Dr. Atzenroth, Dr. Blank, Dr. Wellhausen, Dr. Oellers u. Gen. betr. Vereinheitlichung des Rückerstattungsrechtes, über den Antrag der Abg. Schmidt (Bayern) u. Gen. betr. Abänderung des Gesetzes für Wiedergutmachung, über den Antrag der Abg. Dr. Solleder, Dr. Horlacher, Bauereisen u. Gen. betr. Änderung des Rückerstattungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Wiedergutmachungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der. BP betr. Rückerstattung feststellbaren ehemals jüdischen Vermögens (Restitution), (Nrn. 3583, 159, 886, 1010, 1828, 2447 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anerkennung des deutschen Widerstandes und zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Nr. 3472 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 653, 656) 10429D Dr. Weber (Koblenz) (CDU): als Berichterstatter 10430A als Abgeordneter 10443A Dr. Arndt (SPD), Antragsteller . . 10433C Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10436A Ewers (DP) 10436B Dr. Schneider (FDP) 10437B Müller (Frankfurt) (KPD) 10438C Dr. Greve (SPD) 10440B von Thadden (Fraktionslos) 10442C Abstimmungen 10445B Erste Beratung des Entwurfs eines Arbeitsgerichtsgesetzes (Nr. 3516 der Drucksachen; Umdruck Nr. 647) 10445C Storch, Bundesminister für Arbeit 10445C Sabel (CDU) 10446B Kohl (Stuttgart) (KPD) 10447B Richter (Frankfurt) (SPD) 10448B Dr. Atzenroth (FDP) 10449C Schuster (DP) 10450A Ausschußüberweisung 10450C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung (Nr. 3597 der Drucksachen) 10450C Ausschußüberweisung 10450D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk (Nr. 3598 der Drucksachen) . . . . 10450D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10450D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10451D Eickhoff (DP) 10452C Becker (Pirmasens) (CDU) 10453A Freidhof (SPD) 10454C Dr. Hammer (FDP) 10455D Ausschußüberweisung 10456A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nrn. 3566, 3135 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 655) 10456B Frau Kipp-Kaule (SPD), Berichterstatterin 10456B Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10457B Schmücker (CDU) 10457D Kalbfell (SPD) 10458D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10459B Dr. Hammer (FDP) 10459D Schuster (DP) 10460A Abstimmungen 10460B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Angestellte und Beamte in Berlin (Nr. 3451 der Drucksachen) . . . . 10460C Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 10460C, 10464B Schröter (SPD) 10461B Horn (CDU) 10463A Hübner (FDP): zur Sache 10463D persönliche Erklärung . . . . 10465A Arndgen (CDU) 10464D Beschlußfassung 104653 Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesanstalt für Angestelltenversicherung in Berlin (Nr. 3452 [neu] der Drucksachen) 10465B Frau Kalinke (DP): als Antragstellerin 10465B als Abgeordnete 10469A persönliche Erklärung 10471D Storch, Bundesminister für Arbeit 10466C Dr. Schellenberg (SPD) 10467A Kohl (Stuttgart) (KPD) 10468B Frau Wolff (SPD) 10470A Arndgen (CDU) 10471B Abstimmungen 10471C Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Posttarife (Nr. 3630 der Drucksachen) 10471D Mayerhofer (FU), Antragsteller . . 10472A Cramer (SPD) 10472B Leonhard (CDU) 10473A Dr. Schneider, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 10474B Niebes (KPD) 10475D Hübner (FDP) 10476A Dr.-Ing. Decker (FU) 10476C Ausschußüberweisungen 10476D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 20. Juni 1952 (Nr. 3634 der Drucksachen) . . . . 10476D Muckermann (CDU), Berichterstatter 10477A Beschlußfassung 10477C Beratung der Übersicht Nr. 56 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 641) 10477C Beschlußfassung 10477C Nächste Sitzung 10477C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Richard Schröter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, das Hohe Haus wird es mir nachsehen, wenn ich die Ausführungen meiner verehrten Vorrednerin nicht so ernst nehme, wie sie sich eigentlich für Berlin auswirken. Ich würde sie nicht ernst nehmen, wenn es nicht der Antrag eines Mitglieds der Regierungskoalition wäre. Ein Mitglied einer Fraktion, die die Bundesregierung unterstützt, macht der Bundesregierung Vorwürfe darüber, daß sie die Rechte der Bundesbeamten nicht wahre.

    (Zurufe von der DP.)

    Eine genaue Analyse Ihres Antrags, den Sie nun ständig verbessern — jetzt schon wieder durch Einfügung des Wortes „Bundesbehörden" —, zeigt, daß er absolut ganz anderen Zwecken dienen soll. Er soll den Zwecken dienen, die Frau Kalinke nun schon solange in diesem Hause betreibt,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    nämlich ihr Versicherungstöpfchen am Kochen zu halten.

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD. — Lachen bei der DP. — Zurufe rechts.)

    Die Dame mit dem Versicherungskomplex will alles 1 in der Welt aus einem Punkt kurieren,

    (anhaltende Heiterkeit — Zuruf von der SPD: Privatversicherung!)

    und infolgedessen nutzt sie jede Gelegenheit, auch die Stunden, in denen es auf nationale Geschlossenheit ankommt, um dann ihr Töpfchen noch ans Feuer zu schieben. Deshalb müssen wir uns etwas ernstlicher mit ihr beschäftigen.
    Frau Kalinke hat in ihren Ausführungen dauernd das Wort „unerträglich" gebraucht. Ich muß Ihnen sagen, wir Berliner finden es unerträglich: daß sie bei jeder Gelegenheit, ohne die Entwicklung in Berlin genau zu kennen, immer wieder versucht, ihr Feuerchen anzuzünden und hineinzupusten und Streit zu entfachen, wo die Dinge von uns Berlinern selber gemeistert werden.
    Gestatten Sie mir deshalb einen kurzen Rückblick auf das, was geschehen ist, weil die Kunst des Vergessens hier in Westdeutschland ja besonders groß ist.

    (Zuruf von der CDU: Was soll das heißen? — Weitere Zurufe von den Regierungsparteien.)

    — Was das heißen soll? Das will ich Ihnen ganz genau erklären! Nicht im Berlin-Ausschuß, dessen Arbeit wir anerkennen, aber in weiten Kreisen der Bevölkerung wird in der letzten Zeit vergessen, daß Berlin einen Start unter ganz anderen Umständen gehabt hat. Bei uns lagen die Rechte im wahrsten Sinne des Wortes auf den Schlachtfeldern. Wir als Berliner Beamte haben uns diese Rechtsgrundlage mühsam Schritt für Schritt auf einem anderen Wege, als es bei Ihnen möglich war, selber schaffen müssen. Aber statt daß man das anerkennt, werden immer wieder vorweg, ehe wir zu einem Endzug kommen, neue Streitobjekte hineingeworfen, die uns die Aufbauarbeit erschweren.
    Ich darf feststellen, daß der Antrag, sofern er sich auf Bundesbeamte bezieht, offene Türen einrennt. Denn es steht fest, daß jeder Beamte und Angestellte, der nach Berlin kommt, unter den gleichen Bedingungen nach Berlin kommt, unter denen er hier im Bundesgebiet arbeitet. Diese Dinge sind ausdrücklich festgelegt, und der Ausschuß für Arbeit hat das noch einmal besonders unterstrichen, damit niemand in Berlin auf den Gedanken kommen kann, etwa noch nach einer anderen Lösung zu suchen.
    In diesem Sinne muß festgestellt werden, daß der vorgelegte Antrag absolut überflüssig ist. Jeder, der in der Ersatzkasse ist oder war, kann in Berlin weiter in der Ersatzkasse bleiben. Die Angestellten sind versicherungspflichtig in demselben Rahmen und in derselben Höhe wie im Bundesgebiet. Sollte es sich ergeben, daß die Bundesregierung sich vielleicht in einigen Punkten — sagen wir einmal — nicht mit der nötigen Intensität einiger Bundeseinrichtungen annimmt, dann steht es ja bei Ihnen, darauf etwas stärker zu drücken. Ich erinnere nur an unsere ehemalige Reichsdruckerei. Die Verhältnisse der Angestellten an der Reichsdruckerei werden sehr bald so geregelt werden, daß damit klare und endgültige Rechtsverhältnisse da sind.
    Im übrigen darf ich aber feststellen, daß das dafür verantwortliche Ministerium nach den Unterlagen, die mir vom Betriebsrat gegeben worden sind, von sich aus bereit ist, alle Härten zu mildern und das Ziel, die volle Übernahme und Überleitung zu erreichen, von sich aus in Angriff genommen hat. Die Kritik könnte sich also höchstens nach dieser Richtung hin auswirken. Aber darüber


    (Schröter)

    wird ja die Bundesregierung Aufklärung geben können.
    Ich habe Sie vorhin darauf hingewiesen, daß wir uns unsere Rechtsgrundlage unter ganz anderen Umständen geschaffen haben, und zwar nicht zum wenigsten auch dank der Mitwirkung der Gewerkschaften. Vergessen Sie nicht, daß wir immer alle vier Besatzungsmächte bei uns hatten, die ihren Einspruch gemeinsam vorbrachten. Wir haben unter diesen Umständen unser gemeinsames Ziel, nämlich den allgemeinen Anschluß an den Bund, nie aus dem Auge verloren. Die Situationen sind oft sehr schwierig, und es ist oft schwer, das Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren, da Kräfte am Werk sind — auch von alliierter Seite -, die dafür sorgen, daß aus der de-facto-Eingliederung nicht eine de-iure-Eingliederung wird. Wir können das .einmal mit aller Deutlichkeit aussprechen. Deshalb sind die hier aufgestellten Behauptungen so störend.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Sie unterstützen, Frau Kalinke, diese Kräfte — und die habe ich gemeint, nicht unsere Freunde, von denen wir uns eine ganze Menge gewonnen haben —, die Kräfte, die nur an ihre eigenen Interessen denken und alle Möglichkeiten suchen, um nicht nach Berlin gehen zu müssen. Der Antrag, der hier besondere Garantien für das Übersiedeln nach Berlin in einer Zeit verlangt, in der wir uns mit allen Mitteln bemühen, die Leute auf Berlin aufmerksam zu machen und die Verbindung nicht abreißen zu lassen, bedeutet doch glatt, daß man die Kräfte ermuntert, die sich unter allen möglichen Umständen einer Versetzung nach Berlin entziehen wollen. Abgesehen davon: wie Sie das mit Ihrer Auffassung von Beamtenpflichten vereinigen können, ist mir ein Rätsel! Das ist die andere Seite dieser Anträge.
    Im übrigen darf ich Sie darauf verweisen, daß wir bereit sind, alle diese Dinge abzuwickeln, aber in dem Tempo, das unseren Lebensinteressen entspricht, die letzten Endes auch Ihre sind. Denn darüber müssen Sie sich doch klar sein, daß, wenn Berlin nicht mehr sicher ist, Sie hier auch nicht mehr sicher sitzen, Frau Kalinke!

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Frau Kalinke: Sprechen Sie zum Thema! Das hat mit diesen Dingen nichts zu tun!)

    — Das hat sehr viel mit, diesen Dingen zu tun, weil die Propaganda in dieser Form sich so auswirkt. Und das ist das, was uns nachgerade unerträglich wird.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Ich darf Ihnen dazu folgendes sagen. Ich habe vor mir ein Merkblatt des Verbandes der Berliner Lehrer und Erzieher liegen, das ganz genaue Anweisungen darüber herausgibt, wie die Betreffenden sich ihre Rechte bei der Lösung von der VAB bewahren sollen. Das geht doch aber nicht von heute auf morgen. Das braucht doch seine Zeit. Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie viel mehr für Aufklärung nach dieser Richtung sorgten, daß die Menschen sich freiwillig nach Berlin melden sollten, um nicht erst durch irgendeinen Befehl nach Berlin versetzt werden zu müssen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns darin unterstützten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aus diesem Grunde wenden wir uns gegen diesen Antrag. In Berlin brauchen wir keine besonderen Garantien. In Berlin brauchen wir nichts anderes als das Gefühl, daß man uns in dieser
    Richtung unterstützt -- so wie auch wir freundlicherweise bei Ihnen Unterstützung erhalten — und uns die Möglichkeit gibt, unser Schicksal zu gestalten. Das brauchen wir in Berlin, Frau Kalinke! Ihre wohlmeinenden Ratschläge, vorzeitig Sonderinteressen zu verfolgen, können Sie für sich behalten. Ich sage das in aller Deutlichkeit.
    Auch in Berlin war die Frage der Versicherungspflicht nicht in erster Linie die Frage eines Streites über Versicherungsprinzipien. Wir haben das selbst gemacht. Wir Beamte, die wir gegenüber der großen Zahl von Rentnern und Arbeitslosen das Glück hatten, zuerst wieder im Brot zu stehen, haben damit einen Beitrag der Solidarität geleistet.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Durch den Anschluß an den Bund ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, daß wir diese Dinge allmählich ablösen können. Wo aber wäre Berlin geblieben, wenn wir damals nicht diese Grundlage geschaffen hätten! Sie hat vielen Tausenden alten Arbeitern und Rentnern das Leben gerettet.

    (Zustimmung bei _ der SPD.)

    Dieser Pflicht hat sich auch die Berliner Beamtenschaft unterzogen, ohne ihre Grundinteressen aufzugeben. Das Ziel hat sie verfolgt.
    Was die Berliner Beamten selbst angeht, so kommen Sie reichlich spät. In Berlin haben wir nämlich unser Beamtengesetz inzwischen fertig, und ich darf Ihnen sagen, es ist einstimmig von allen Parteien angenommen worden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Und weil es einstimmig angenommen ist, werden wir auch in größter Einmütigkeit die Konsequenzen daraus ziehen. Die Beamtenrechte in Berlin brauchen Sie nicht zu verteidigen. Das überlassen Sie uns Berliner Beamten selbst.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Frau Abg. Kalinke: Es hat sieben Jahre gedauert!)

    — Warum haben wir diese Zeit gebraucht? Weil Verhältnisse geschaffen wurden von Leuten, die sich heute wieder melden, die uns in die Lage gebracht haben, daß wir in Berlin allein standen und uns jahrelang allein helfen mußten. Ich habe Ihnen erklärt: unsere Rechte ragen auf den Schlachtfeldern. Wir haben sie uns wiedergeholt, und deshalb wollen wir uns unsere Arbeit nicht stören lassen durch Anträge, die uns scheinbar helfen wollen. Dieser Antrag ist ein vergifteter Antrag, und deshalb bitten wir Sie, ihn abzulehnen. Er ist erstens sachlich nicht gerechtfertigt, zweitens unzweckmäßig und drittens schädlich.
    Nun möchte ich Ihnen noch etwas sagen.

    (Abg. Dr. Hasemann: Sie sind hier in einem Parlament!)

    — Mein Herr, Parlament kommt bekanntlich von parlieren. Ja?

    (Zuruf von der Mitte: Gut!)

    Mein Herr Kollege, immerhin ist es eine Regierungsfraktion, die diesen Antrag unterschrieben hat, und man muß sich mit ihr einmal ernsthaft auseinandersetzen, nachdem hier dauernd Propaganda gemacht wird mit dem Wort -;,unerträgliche Zustände in Berlin". Das können Sie uns nicht verdenken.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Dazu möchte ich Ihnen etwas sagen; vielleicht denken Sie mal darüber nach. Vor hundert Jahren hat sich Max von Schenkendorf auch einmal das


    (Schröter)

    deutsche Volk betrachtet, als er von Süden nach Norden zog, und dabei hat er festgestellt:
    Aber einmal müßt Ihr ringen
    Noch in ernster Geisterschlacht
    Und den letzten Feind bezwingen,
    Der im Innern drohend wacht.
    Haß und Argwohn müßt Ihr dämpfen, Geiz und Neid und böse Lust.
    Dann, nach langen schweren Kämpfen, Kannst Du ruhen, deutsche Brust.
    Vielleicht denken Sie in diesem Zusammenhang mal darüber nach!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Schallende Heiterkeit.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Horn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die polemische Art, mit der mein Herr Vorredner seine Darlegungen eingeleitet hat, ist für die sachliche Behandlung dieses Antrags nicht gerade von Vorteil.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Es ist aber, glaube ich, niemand in diesem Hause, der die unter großen und schweren Opfern seit Jahren vollbrachten Leistungen der Berliner Bevölkerung auch nur im geringsten bezweifelt. Dieses Haus hat bereits mehr als einmal dieser Überzeugung und auch dem Dank gerade für diese Leistungen der Berliner Bevölkerung Ausdruck gegeben. Die Leidenschaftlichkeit, mit der der Herr Vorredner das gesamte Thema behandelt hat, wäre sehr wohl am Platze gewesen, wenn es sich in der
    Tat um einen General- oder Großangriff gehandelt hätte, wie er ihn in diesen Antrag hineingelegt hat. Wir wollen in den Antrag nicht mehr hineinlesen, als tatsächlich drinsteht. Es handelt sich ja gar nicht um die Frage der Angleichung des Berliner Krankenversicherungsrechts an das Bundesrecht. Darüber haben wir vor einiger Zeit hier noch diskutiert und unsere vorläufigen Entscheidungen in dieser Frage getroffen. Worum es sich handelt, ist nach meiner Auffassung gar nichts anderes, als das wiederherzustellen, was in dieser Teilfrage in den vergangenen Monaten oder in den letzten zwei Jahren — ich weiß es nicht genau — laut einer Vereinbarung zwischen dem Herrn Bundesarbeitsminister und dem Berliner Senat bereits Praxis gewesen ist.
    Lassen Sie mich zum Antrag selbst sagen: auch ich bin der Meinung — und es wäre vielleicht einiges an Leidenschaftlichkeit vermieden worden, wenn der Antrag darauf Rücksicht genommen hätte —, das, was in dem Antrag bezüglich der Beamten und der beamtenrechtlichen Ansprüche steht, gehört in der Tat nicht hinein. Denn die Bundesbeamten, die bei Bundesbehörden in Berlin ihre Funktionen ausüben, werden selbstverständlich beamtenrechtlich nach den Gesetzen des Bun' des betreut und sind in ihren Beamtenrechten in keiner Weise irgendwie gefährdet.

    (Zurufe von der SPD: Na also!)

    Das gehört meines Erachtens wirklich nicht hinein.
    Was aber die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche der Angestellten angeht, so sind der Sachverhalt und die Rechtslage folgende. In der Rentenversicherung und in der Unfallversicherung ist inzwischen bekanntlich das Berliner Recht an das
    Recht des Bundes angeglichen worden. Diese beiden Versicherungsträger stehen also nicht mehr zur Diskussion. Bezüglich der Krankenversicherung war damals zwischen dem Herrn Bundesarbeitsminister und dem Berliner Senat folgendes vereinbart. Die bei Bundesbehörden in Berlin tätigen Angestellten werden nach dem in der Bundesrepublik geltenden Sozialversicherungsrecht versichert. Das hieß also, daß in bezug auf die Krankenversicherung für diese bei Bundesbehörden tätigen Angestellten die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung so galten wie hier im Bundesgebiet. Auf Grund dieses Vorganges haben damals beispielsweise große Ersatzkassen in Berlin Geschäftsstellen errichtet, um in der Lage zu sein, die aus dem Bundesgebiet nach Berlin kommenden Mitglieder ihrer Kasse oder auch solche, die in Berlin in die Dienste einer Bundesbehörde treten und vielleicht auch die Mitgliedschaft zu einer derartigen Kasse erwerben wollen, dort zu betreuen.
    Im Verlaufe dieses Jahres hat dann nach meiner Unterrichtung der Herr Senator für Arbeit in Berlin die Bundesregierung wissen lassen, daß man sich an diese Vereinbarungen in dieser Form nicht mehr halten könne. Und weshalb? Wenn ich recht unterrichtet bin, beinhaltet das Sozialversicherungsanpassungsgesetz des Landes Berlin vom Dezember 1950 die Vorschrift, daß der Senator für Arbeit im Einvernehmen mit der Versicherungsanstalt Berlin für den Kreis der Bediensteten bei Bundesbehörden durch eine Verordnung zu bestimmen habe, nach welchen Sozialversicherungsvorschriften sie zu versichern seien. Diese Verordnung ist am 11. Juni dieses Jahres erlassen worden. Ich glaube darüber unterrichtet zu sein, daß der Herr Senator für Arbeit gelegentlich darauf hingewiesen hat, daß es gar nicht leicht gewesen sei, die Verordnung so zu gestalten, wie sie aussieht, nämlich, daß die Bediensteten, die bereits Mitglieder einer Ersatzkasse sind, diese Mitgliedschaft beibehalten können. Was -aber unterbunden worden ist und einen Rückschritt gegenüber der vorher getroffenen Vereinbarung bedeutet, ist folgendes. Es können zur Zeit eben Leute, die in den Dienst einer Bundesbehörde treten, nicht neu Mitglied einer Ersatzkasse werden. Meine Damen und Herren, wenn für die Bediensteten bei Bundesbehörden das Sozialversicherungsrecht des Bundes gelten soll, dann ist nicht einzusehen — und ich hoffe, daß Sie sich dieser Auffassung anschließen werden —, warum man diese Kategorie von Menschen gegenüber denen, die aus dem Bund kommen, benachteiligt.
    Das — und nur das — hat Frau Kalinke nach meiner Auffassung mit ihrem Antrag fordern wollen, daß der Herr Bundesarbeitsminister oder die Regierung das wieder sichern solle, was auf Grund der Vereinbarung bereits Rechtens war, nämlich daß alle Personen, die bei einer Bundesbehörde in Berlin tätig sind, auf Grund des in der Bundesrepublik geltenden Rechts auch Mitglied einer Ersatzkasse sein können. Ich möchte Sie bitten, meine Damen und Herren, sich gegen die Rechtsunterschiede dadurch zu wehren, daß Sie dem Antrag der Deutschen Partei in der abgeänderten Form zustimmen.