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    Deutscher Bundestag — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952 10419 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1952. Geschäftliche Mitteilungen 10421A Änderungen der Tagesordnung 10421B Kleine Anfrage Nr. 285 der Abg. Dr. Schmid (Tübingen) u. Gen. betr. Wohnungsbeschlagnahme in Mannheim und Sigmaringen (Nrn. 3615, 3677 der Drucksachen) 10421B Vorlage des Entwurfs einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung M Nr. 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse 10421B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Großer Knechtsand (Nrn. 3604, 2970 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 10421C Fortsetzung der Beratung der Berichte des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Bau der Zellertalbahn (Nrn. 3485, 440 der Drucksachen), über den Antrag der Abg. Volkholz, Donhauser, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Geplante Einstellung der Lokalbahn Passau-Wegscheid auf der Strecke Obernzell-Wegscheid (Nrn. 3488, 1087 der Drucksachen), über die Anträge der Abg. Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Bau einer Autobahn und der Abg. Dr. Baumgartner, Dr. Etzel, Dr. Seelos und Fraktion der BP betr. Ausbau und Instandsetzung des Straßennetzes in Bayern (Nrn. 3486, 442, 469 der Drucksachen) und über den Antrag der Abg. Stücklen, Strauß, Dr. Solleder, Bodensteiner u. Gen. betr. Straßenbauten in Bayern (Nrn. 3487, 470 der Drucksachen) . . 10421C Ausschußüberweisungen 10421D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 643) 10421D Beschlußfassung 10421D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (Nr. 3640 der Drucksachen) 10421D Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz . . 10422A Dr. Wahl (CDU) 10422C Frau Dr. Steinbiß (CDU) 10423D Dr. Schneider (FDP) 10424C Dr. Hammer (FDP) 10424D Dr. Greve (SPD) 10425B Dr. Reismann (FU) 10427B Fisch (KPD) 10427D Ewers (DP) 10428C Ausschußüberweisung 10429B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau (Nr. 3611 der Drucksachen) . 10429B Ausschußüberweisung 10429C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Auslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik , Deutschland und Frankreich (Nr. 3599 der Drucksachen) . 10429C Ausschußüberweisung 10429D Beratung des Mündlichen 'Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dr. Nowack, Neumayer, Dr. Atzenroth, Dr. Blank, Dr. Wellhausen, Dr. Oellers u. Gen. betr. Vereinheitlichung des Rückerstattungsrechtes, über den Antrag der Abg. Schmidt (Bayern) u. Gen. betr. Abänderung des Gesetzes für Wiedergutmachung, über den Antrag der Abg. Dr. Solleder, Dr. Horlacher, Bauereisen u. Gen. betr. Änderung des Rückerstattungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Wiedergutmachungsgesetzes, über den Antrag der Fraktion der. BP betr. Rückerstattung feststellbaren ehemals jüdischen Vermögens (Restitution), (Nrn. 3583, 159, 886, 1010, 1828, 2447 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anerkennung des deutschen Widerstandes und zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Nr. 3472 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 653, 656) 10429D Dr. Weber (Koblenz) (CDU): als Berichterstatter 10430A als Abgeordneter 10443A Dr. Arndt (SPD), Antragsteller . . 10433C Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10436A Ewers (DP) 10436B Dr. Schneider (FDP) 10437B Müller (Frankfurt) (KPD) 10438C Dr. Greve (SPD) 10440B von Thadden (Fraktionslos) 10442C Abstimmungen 10445B Erste Beratung des Entwurfs eines Arbeitsgerichtsgesetzes (Nr. 3516 der Drucksachen; Umdruck Nr. 647) 10445C Storch, Bundesminister für Arbeit 10445C Sabel (CDU) 10446B Kohl (Stuttgart) (KPD) 10447B Richter (Frankfurt) (SPD) 10448B Dr. Atzenroth (FDP) 10449C Schuster (DP) 10450A Ausschußüberweisung 10450C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung (Nr. 3597 der Drucksachen) 10450C Ausschußüberweisung 10450D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk (Nr. 3598 der Drucksachen) . . . . 10450D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10450D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10451D Eickhoff (DP) 10452C Becker (Pirmasens) (CDU) 10453A Freidhof (SPD) 10454C Dr. Hammer (FDP) 10455D Ausschußüberweisung 10456A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nrn. 3566, 3135 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 655) 10456B Frau Kipp-Kaule (SPD), Berichterstatterin 10456B Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 10457B Schmücker (CDU) 10457D Kalbfell (SPD) 10458D Storch, Bundesminister für Arbeit . 10459B Dr. Hammer (FDP) 10459D Schuster (DP) 10460A Abstimmungen 10460B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Angestellte und Beamte in Berlin (Nr. 3451 der Drucksachen) . . . . 10460C Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 10460C, 10464B Schröter (SPD) 10461B Horn (CDU) 10463A Hübner (FDP): zur Sache 10463D persönliche Erklärung . . . . 10465A Arndgen (CDU) 10464D Beschlußfassung 104653 Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesanstalt für Angestelltenversicherung in Berlin (Nr. 3452 [neu] der Drucksachen) 10465B Frau Kalinke (DP): als Antragstellerin 10465B als Abgeordnete 10469A persönliche Erklärung 10471D Storch, Bundesminister für Arbeit 10466C Dr. Schellenberg (SPD) 10467A Kohl (Stuttgart) (KPD) 10468B Frau Wolff (SPD) 10470A Arndgen (CDU) 10471B Abstimmungen 10471C Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Erhöhung der Posttarife (Nr. 3630 der Drucksachen) 10471D Mayerhofer (FU), Antragsteller . . 10472A Cramer (SPD) 10472B Leonhard (CDU) 10473A Dr. Schneider, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 10474B Niebes (KPD) 10475D Hübner (FDP) 10476A Dr.-Ing. Decker (FU) 10476C Ausschußüberweisungen 10476D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 20. Juni 1952 (Nr. 3634 der Drucksachen) . . . . 10476D Muckermann (CDU), Berichterstatter 10477A Beschlußfassung 10477C Beratung der Übersicht Nr. 56 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 641) 10477C Beschlußfassung 10477C Nächste Sitzung 10477C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist beklagenswert, daß wir, behindert durch die Besatzungsmächte und durch die Zeitumstände, das schwere Unrecht des „Dritten Reiches" — sei es begangen, wo es wolle — immer erst mit einer unendlichen Verzögerung wiedergutmachen können und damit im deutschen
    Volk Emotionen hervorrufen, die leider Gottes die schöne Einmütigkeit, die Herr Kollege Arndt hier mit seinen bewegenden Worten gefordert hat, außerhalb dieses Hauses zerstören. Man muß bedenken, daß weite Volksschichten im „Dritten Reich" in ihren jüngsten Jahren ein Ideal gefunden haben, das zerbrochen am Boden liegt, und daß es in den sieben Nachkriegsjahren, von denen ja vier elendiglich genug waren, nicht gelungen ist, diese Jugend, heute meinetwegen 25 bis 30 Jahre alt, zu überzeugen, daß wir, die wir hier im Hause eine einhellige Auffassung, wie ich hoffe, über das „Dritte Reich" haben, geschichtlich recht haben.
    Denn, Herr Kollege Arndt — da weiche ich von Ihnen ab —, nicht wir sprechen hier Recht über die Vergangenheit, sondern das tut die Geschichte, insbesondere die Geschichtswissenschaft. Und ich sage ganz offen: Ich möchte nicht in der Haut eines heute noch lebenden früheren Naziführers stecken, der sich vorstellen kann, wie man einmal nach einem Jahrhundert über die Periode von 1933 bis 1945 wohl zu Gericht sitzen wird.

    (Abg. Dr. Greve: Wie beurteilen Sie sie denn, Herr Ewers? Das ist doch interessant!)

    — Wie ich sie beurteile? Ich habe unter den zwölf Jahren seelisch gelitten und habe die Verfolgten des- Dritten Reiches gerichtlich vertreten und dabei Einblicke in die geheimen Zustände getan, die allerdings meine ganze 'Haltung beanspruchten, wenn ich von meiner anwaltlichen Schweigepflicht zum Schutze der Klienten Gebrauch machen wollte. Lassen Sie also bitte mich persönlich aus dem Spiele!

    (Abg. Dr. Greve: Ich meine nicht Sie persönlich, sondern Ihre Partei!)

    Wir sind uns weitgehend auf der Basis des Herrn Kollegen Arndt einig, mit der einen Einschränkung: Diese Gefühle sind leider heute nicht so im deutschen Volk verbreitet, wie er wohl und wie wir alle wünschen möchten. Und wir haben alle Veranlassung, die heute noch Dissentierenden nicht zu Staatsfeinden 'zu machen; und darin sehen wir unsere konservative Aufgabe. Nur im Sinne dieser Befürchtungen muß ich Ihnen erklären, daß meine politischen Freunde aus der Präambel zu den Bestimmungen, die vorgeschlagen werden und die wir durchweg 'billigen, die Worte, daß jedermann, der sich im Widerstand bewegt hat, sich „ein Verdienst erworben" habe, bedauern nicht annehmen zu können.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Hört! Hört!)

    Wir sind gegen jede Kollektivschuld, aber auch gegen jedes Kollektivverdienst, sondern wir wollen im einzelnen prüfen. So sehr wir z. B. anerkennen, daß die erst nach 1945 bekanntgewordene Haltung der Opfer des 20. Juli 1944 gerade vor dem Gericht — ich erinnere auch an den Film, den die Nazis davon gemacht haben — das Ehrenhafteste und Heldischste ist, was man sich in dieser Gestalt vorstellen kann, sowenig kann ich einsehen, daß etwa der Kommunist, der nach 1945 in Buchenwald andere Leute einsperrte und dort einen Mann wie Heinrich George, den großen Menschen und Schauspieler, sterben ließ, durch 'seinen Widerstand sich ein Verdienst erworben habe. Ich kann das nicht anerkennen.

    (Sehr wahr! rechts.)

    Wir sollen daher ja mit der Vorlage auch keinen
    Orden verteilen. Wir wollen und sollen Ansprüche
    regeln, und daher ist die Frage des „Verdienstes",


    (Ewers)

    das doch ein ethischer Begriff ist, in diesem Gesetz oder in diesen Vorschlägen nach unserer Meinung fehl am Platze, weil wir uns dazu nicht zu äußern haben. Auch die Gerichte haben sich nicht zu äußern, Herr Kollege Arndt; ich gehe mit Ihnen in dieser Beziehung völlig einig. Unser Vorschlag geht dahin, den letzten Halbsatz des Satzes, den ja auch Herr Kollege Dr. Weber verlesen hat, zu ändern. Ich darf ihn des Zusammenhangs willen ganz verlesen, damit Sie die Einreihung sehen. Es heißt:
    Dabei ist davon auszugehen, daß Personen, die
    wegen ihrer politischen Überzeugung, ihrer
    Rasse, ihres 'Glaubens oder ihrer Weltanschauung verfolgt wurden, Unrecht geschehen ist
    — in Ordnung! —
    und der aus Überzeugung oder um des Glaubens oder Gewissens willen gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand
    — und nun die Änderung! —
    in Notwehr begangen und daher als rechtmäßig anzuerkennen ist.
    Denn eine Notwehrhandlung kann nie widerrechtlich sein. Wir wollen die Frage also nach der heutigen geläuterten Rechtsauffassung ansehen und sagen: die damalige Staatsgewalt hat den Widerstand als Staatsnotwehr hervorgerufen, und wenn man deswegen verfolgt wurde, so hat man Unrecht erlitten, wie es im ersten Satzteil ja auch lautet. Wir wollen also an der Tendenz nichts ändern; wir können nur ein Kollektivverdienst nichtanerkennen, getreulich unserer Grundhaltung, daß es ein Recht und ein Unrecht für eine Gesamtheit im Rechtsstaat überhaupt nicht gibt, sondern daß der Anspruch, den der einzelne hat, nach seinem persönlichen Verhalten gewürdigt und zuerkannt werden muß; genau das gleiche gilt auch für ein rein ethisches Verdienst.
    Im übrigen bemerke ich — und ich freue mich, das anerkennen zu können —, daß Sie meine nicht sehr leichten Worte, die ich hier nach den eindrucksvollen Ausführungen des Herrn Kollegen Arndt vorbringen mußte, in dieser vorbildlichen Ruhe angehört haben, so daß wir nach außen hin bei dieser Beratung den geschlossenen Eindruck hervorrufen konnten, den wir allerdings als Parlament des deutschen Volkes alle wünschen müssen.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schneider.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß wir uns in diesem Hause mit dem Problem der Wiedergutmachung, sei es in der Form der inneren Wiedergutmachung, sei es in der Form der speziellen Restitution, beschäftigen. Ich selbst habe ja auch schon verschiedentlich dazu Stellung genommen. Meine Fraktion ist der Auffassung, daß das Unrecht, das der Nationalsozialismus angerichtet hat, unter allen Umständen wiedergutgemacht werden soll und muß. Wir sind deshalb mit der vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorgelegten Drucksache Nr. 3583, die die Prinzipien darlegt, nach denen dieses Gesetz von der Bundesregierung gestaltet werden soll, 'durchaus einverstanden. Ich will die sehr heiße Frage, ob man hier moralische Wertungen in den Vordergrund stellen soll oder nicht, nicht mehr vertiefen. Ich würde mich persönlich lieber der Formulierung anschließen, die Herr Kollege Ewers eben vorgetragen hat; aber wir sind auch bereit, der andern Formulierung zuzustimmen, wobei wir natürlich den Einwand machen, den wir auch schon im Rechtsausschuß gemacht haben, daß nicht alles und jedes, was heute von dem einzelnen als Widerstand deklariert wird, von uns als solcher anerkannt wird, sondern daß es 'im jeweiligen einzelnen Fall der individuellen Prüfung des jeweils gegebenen Tatbestandes bedarf.

    (Abg. Dr. Arndt: Völlig einig!)

    Diese Einschränkung möchte ich allerdings machen, damit es nicht so aussieht, als ob man alles über einen Kamm scheren könnte.
    Aber ich muß einen materiellen Einwand machen, Herr Kollege Arndt, so leid es mir tut; ich bin von meiner Fraktion ausdrücklich dazu beauftragt. Sie gehen auch in Ihrem Entwurf davon aus, daß die materielle Wiedergutmachungsregelung für diejenigen, die Sie hier meinen, nämlich diese speziellen Opfer des nazistischen Regimes, aus der Gesamtregelung der Kriegsschäden insoweit herausgenommen werden müßte, als sie ein ganz besonders spezielles Unrecht erlitten haben, das durch eine Vollentschädigung, wenn ich einmal so sagen darf, wiedergutgemacht werden könnte. Meine Fraktion ist der Meinung, daß es sehr wünschenswert wäre, wenn das geschehen könnte. Sie ist aber des Glaubens, daß das leider nicht geschehen kann bei der Größe der Summen, die, wenn man die individuellen Ansprüche 'zusammenzieht, schließlich herauskommen müßten. Meine Fraktion Ist der Meinung, daß hier nicht grundsätzlich andere Entschädigungsvorstellungen Platz greifen können als für alle anderen Gruppen von 'Kriegsgeschädigten, die Sie ja auch erwähnt haben, nicht, weil wir meinten, daß hier nicht ein Sonderfall gegeben wäre, sondern weil wir der Auffassung sind, daß das andere einfach die Leistungskraft unseres Volkes übersteigen würde.
    Insoweit möchte ich hier noch ein berichtigendes Wort sagen. Herr Kollege Arndt, Sie haben gesagt, wir hätten gar keine Staatsschulden durch den Währungsschnitt.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    — Ich habe diesen Teil Ihrer Ausführungen nicht selbst gehört; natürlich nicht in diesem Sinne, wenn ich von den Staatsschulden absehe, die wir jetzt im Londoner Schuldenabkommen anerkannt haben. Aber wir haben ja auch im Innern Schulden, wenn auch nicht in der Gestalt der Anleihe; aber wenn Sie sich die Kriegsfolgelasten, die wir als Folge des Naziregimes und des Zusammenbruchs zu tragen haben und die beinahe an die 4 Milliarden herangehen — ich kenne die Zahl nicht ganz genau, aber in der Nähe dieser Summe liegt sie ungefähr —, kapitalisiert vorstellen, dann haben Sie gewissermaßen die innere Verschuldung in ihrer Größe, die schon heute infolge des Zusammenbruchs zu verzeichnen ist.

    (Abg. Dr. Wuermeling: 7 Milliarden!)

    — Oder gar 7 Milliarden; ich kenne die Zahl nicht. Das braucht man sich nur. kapitalisiert vorzustellen, um zu wissen, was das für eine Schuldenlast ist. Denn das ist ja ein jährlich sich wiederholender Kostenfaktor, und es ist ganz genau so, als ob man eine Anleihe in ;gleicher Höhe aufgenommen hätte, die man jährlich verzinsen müßte.
    Meine Fraktion ist also der Meinung, daß da andere Grundsätze Platz greifen müssen, Grundsätze, die einfach durch den Mangel an Möglichkeiten, wenn das Ganze nicht finanziell zusammen-


    (Dr. Schneider)

    brechen soll, gezogen sind. Aber das sind Fragen der speziellen Einzelberatung, und ich bin deshalb auch der Meinung, daß Ihr Gesetzentwurf nicht allein an den Rechtsausschuß gehen sollte. Auch die Finanzierungsvorschläge, die Sie in den letzten Paragraphen Ihres Gesetzentwurfs machen, berühren sehr einschneidende Probleme, die unsere Währung unter Umständen sehr entscheidend tangieren, zumindest tangieren können. Deshalb bin ich der Meinung, daß neben dem Rechtsausschuß unter allen Umständen auch der zuständige Ausschuß — ich glaube, es ist der Ausschuß für Geld und Kredit — mitberatend tätig sein müßte. — Das zu dem ersten Teil der Drucksache Nr. 3583.
    Nun komme ich zu dem zweiten Teil unter II. Auch da wissen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie an den Arbeiten beteiligt waren, wie schwierig es war, diese ganzen Dinge zu behandeln und einer tragbaren Lösung zuzuführen. Unser Antrag, den wir schon im Jahre 1950 oder gar 1949 — ich weiß es gar nicht mehr — gestellt hatten und der hier miterwähnt ist, ging von der Voraussetzung aus, daß es möglich sein müßte, diese prekäre Gesetzesmaterie in die deutsche Hand zu bekommen. Wir haben dann einsehen müssen, daß das damals nicht möglich war. Sie wissen ja — und ich verrate Ihnen kein Geheimnis, Kollege Arndt hat es Ihnen auch schon ausdrücklich gesagt, es ist ja nun auch endlich so geblieben, leider, muß ich sagen —, daß auch jetzt noch diese Gesetzesmaterie nach den Prinzipien weiter gehandhabt werden soll, die uns in dem Besatzungsrecht auferlegt worden sind. Das einzige, was wir als Konzession bei den ganzen Verhandlungen erreicht ha- ben, ist, 'daß jetzt auch für die britische und amerikanische Zone nicht 'ein oberstes fremdbesetztes Gericht tätig ist, sondern ein gemischtes Schiedsgericht; und das ist ja auch nicht so ohne weiteres erreicht worden, auch dafür hat man bei den Verhandlungen noch ganz bestimmte Konzessionen machen müssen, die ich hier nicht im einzelnen darlegen will. Es ist wenig genug, was wir auf dem Gebiet erreicht haben. Denn die generelle Zwangsvermutung, wie sie die Besatzungsmächte aufgestellt haben, hat doch in der Praxis — das läßt sich gar nicht leugnen; diejenigen, die wie ich jahrelang täglich mit derartigen Dingen von Berufs wegen zu tun gehabt haben, wissen es genau — Tatbestande einfach heraufwachsen lassen, die man nach deutschen Rechtsbegriffen nicht mehr als Recht anerkennen kann, sondern die derartige Härtefälle darstellen, daß sie eben aus diesem Tatbestand heraus zu Unrecht werden. Ich will Einzelheiten da nicht anführen. Ich könnte eine ganze Reihe von solchen Tatbeständen aus Einzelfällen darlegen. Dazu reicht mir meine Zeit nicht.
    Wir sind also der Meinung, daß da etwas geschehen muß, wenn schon nicht in der Gestalt, daß wir das gesetzliche Verfahren abändern können, dann in der Gestalt, wie sie der Ausschuß unter II C vorgeschlagen hat. Aber gerade gegen diesen Vorschlag haben wir entscheidende Bedenken und melden sie hier ausdrücklich an. Wir wollen den Antrag insgesamt annehmen, aber mit der Modifikation, die ich jetzt schon ausführe. Uns scheint nämlich, daß die Verklausulierung unter C 1, 2 und 3 viel zu weit geht, daß auch die Kumulierung viel zu weit geht, und wir lehnen es auch deshalb ab, weil wir der Meinung sind, daß hier wieder Vorstellungen dieses fremden Rechtes mitverarbeitet worden sind.
    Wir wollen einfach — meine Fraktion hat es durch meinen Mund hier bei anderer Gelegenheit schon einmal vortragen lassen —, wenn ich mal ins Unreine sprechen darf, haben, daß in all den Fällen, wo auch nach deutschem Rechtsdenken ein wirklich gutgläubiger Erwerb — dieser Begriff müßte in den einzelnen Beratungen definiert werden — vorliegt, eine volle Entschädigung durch den Bund eintreten muß. Denn wir sind der Meinung: Wenn die Situation schon gegeben war, daß alle diejenigen, die heute rückerstattungsberechtigt sind, damals in einer Zwangslage handelten, dann hat diese Zwangslage nicht der einzelne verursacht, sondern der 'damalige Staat. Dia wir hier bei anderer Gelegenheit gesagt haben: wir sind das gleiche in einer anderen organisatorischen Form, nicht nur Rechtsnachfolger, sondern identisch, so ist es nicht mehr als recht und billig und rechtskonsequent, daß dieser Staat dann auch die Folgen trägt für das, was er in diesem speziellen Falle, wozu der einzelne nichts kann, angerichtet hat. Mit diesem Vorbehalt sind wir bereit, den Antrag Drucksache Nr. 3583 anzunehmen.
    Ich brauche nun zu dem Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Fraktion im einzelnen nicht mehr Stellung zu nehmen. Die Prinzipien, die ich Ihnen dargelegt habe, gelten auch dort. Im Prinzip sind wir auch dort einverstanden.
    President Dr. Ehlers: Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Müller.