Rede von
Hans-Gerd
Fröhlich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(WAV)
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Herr Präsiden! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens des Blocks der Heimatvertriebenen und der Entrechteten habe ich folgende Erklärung zum Generalvertrag und zum Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft abzugeben.
Der BHE ist nicht gegen die Tendenz der Verträge, die Bundesrepublik als Partner in den Kreis der freien Nationen Europas einzugliedern. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch die uneingeschränkte Gleichberechtigung nach innen und nach außen. Die Vertragswerke tragen diesen Forderungen aber nicht Rechnung. Sie werden noch in starkem Maße von dem Geist des Besatzungsstatuts beherrscht, der im besonderen Ausdruck findet in
erstens der Notstandsklausel im Art. 5, die sich nicht nur auf die Bundesrepublik, sondern auf alle Vertragspartner beziehen sollte; denn die Gefahr innerer Unruhen besteht auch und viel mehr bei anderen Partnern dieser Verträge als bei der Bundesrepublik;
zweitens in der Bindungsklausel im Art. 7, die eine Wiedervereinigung Deutschlands von der Zustimmung aller Vertragspartner abhängig macht, jedem von ihnen also ein Vetorecht zubilligt und dadurch deutschen Bestrebungen im Sinne einer Wiedervereinigung jede Selbständigkeit nimmt;
drittens in dem Verzicht auf das deutsche Auslandsvermögen in einem Gesamtwert von 20 bis 25 Milliarden DM, eine Forderung, die, da auch das Vermögen im neutralen Ausland betroffen ist, weit über die Bestimmungen des Versailler Vertrages hinausgeht;
viertens in den Reparationen und Restitutionen, aus deren Regelung eindeutig der Grundsatz zu erkennen ist, daß Unrecht nur von Deutschen, nicht aber von Alliierten begangen worden sein kann;
fünftens in der unbefriedigenden Lösung des sogenannten Kriegsverbrecherproblems und
sechstens in den 'Bestimmungen über die Dekartellierung und Entflechtung, die die völlig unnötige, mit dem Charakter des Vertrages unvereinbare Einmischung in innerdeutsche Verhältnisse bedeutet.
Der BHE ist davon überzeugt, daß der unangemessen hohe finanzielle Beitrag der Bundesrepublik die für einen echten Verteidigungswillen notwendige soziale Befriedung hemmend beeinflussen muß. Wirtschaftliche Schwierigkeiten und ein sozialer Niedergang werden die unausbleibliche Folge sein und den inneren und äußeren Feinden der Bundesrepublik und ihrer demokratischen Ordnung überzeugendes Material in die Hand geben, um unseren jungen Staat von innen und außen in verstärktem Maße auszuhöhlen. Der BHE will keinem Vertrag seine Zustimmung geben, von dem er überzeugt ist, daß er auf die Dauer nicht gehalten werden kann. Er hält es für richtiger, vor der Ratifikation offen und ehrlich die notwendigen und bei gutem Willen erfüllbaren Forderungen auf eine Revision anzumelden.
Der BITE begrüßt Viermächte-Verhandlungen über die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit mit dem Ziel, im Interesse des gesamten deutschen Volkes und der freiheitliebenden Völker Europas zu klären, wer die deutsche Wiedervereinigung will und wer sie zu verhindern sucht.
Der BHE erkennt dankbar an, daß sich die Vereinigten Staaten von Nordamerika bei der Beratung des Vertragswerks in hohem Maße für die Gleichberechtigung und Souveränität verwendet haben. Ihre ernsthaften Bemühungen sind jedoch im besonderen an den Hemmungen der französischen, Verhandlungspartner gescheitert. Der BHE hat Verständnis für die im französischen Volke noch bestehenden Bedenken gegenüber der politischen Aufrichtigkeit und dem ehrlichen Willen aller Deutschen für eine dauernde Freundschaft mit ihrem französischen Nachbarn. Er glaubt aber, daß sich angesichts der Bedrohung der noch freien Völker des Westens das französische Volk und seine politische Führung überzeugen sollten, daß es für Frankreich, für Deutschland und für das gesamte freie Europa ein Unglück wäre, wenn durch mangelndes gegenseitiges Vertrauen neue nationalistische Bestrebungen in beiden Ländern genährt würden, die eine Vereinigung der europäischen Völkerfamilie verhindern könnten.
Im übrigen stellt der BHE fest, daß es den deutschen Verhandlungspartnern nicht gelungen ist, die der Bundesrepublik in dem Washingtoner Abkommen zugesicherte völlige Gleichberechtigung durchzusetzen. Die Ursachen hierfür müssen, wenn sie nicht auf mangelnde Gründlichkeit, Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit der Verhandlungen von deutscher Seite zurückzuführen sein sollten, sorgfältig geprüft werden.
Der BHE wird sich nicht in der Lage sehen, dem Vertragswerk in der jetzigen Fassung zuzustimmen.