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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 221. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Juli 1952 9785 221. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. Juli 1952. Geschäftliche Mitteilungen . 9786B, 9801C, 9841C Glückwünsche zum 60. Geburtstag der Abg. Dr. Köhler, Ludwig und Rath und zum 64. Geburtstag des Abg. Schill . . . 9786C Aufnahme des Abg. Wittmann als Gast in die Fraktion der CDU/CSU 9786C Mandatsniederlegung des Abg. Vesper (KPD) 9786C Vorlage der Rechnungen über den Haushalt des Rechnungshofs im Vereinigten Wirtschaftsgebiet für das Rechnungsjahr 1948 bzw. 1949 9786D Ausschußüberweisung 9786D Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr 9786D Gesetz über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Arbeitslosenversicherung 9786D Gesetz über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1952/53 und über besondere Maßnahmen in der Getreide-und Futtermittelwirtschaft (Getreidepreisgesetz 1952/53) 9786D Gesetz betr. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik (Österreich über Gastarbeitnehmer vom 23. November 1951 . . . 9787A Gesetz 'über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 9787A Gesetz betr. das Protokoll vom 16. Februar 1952 über Zollvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik- Deutschland und der Türkei 9787A Gesetz über das Erste Berichtigungs- und Änderungsprotokoll zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens (GATT) . . . 9787A Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung 9787A Kleine Anfrage Nr. 274 der Fraktion der SPD betr. Unterrichtung der diplomatischen Vertretungen über das Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für die im Ausland lebenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nrn. 3447, 3519 der Drucksachen) . . . . 9787A Kleine Anfrage Nr. 273 der Fraktion der SPD betr. Jugendarbeitsschutzgesetz (Nrn. 3446, 3553 der Drucksachen) . . . 9787A Kleine Anfrage Nr. 275 der Fraktion der SPD betr. Bauaufträge der Besatzungsbehörden (Nrn. 3448, 3554 der Drucksachen) 9787B Kleine Anfrage Nr. 280 der Fraktion der CDU/CSU betr. Anwendung der Soforthilfe — DVO — (Nrn. 3469, 3555 der Drucksachen) 9787B Kleine Anfrage Nr. 271 der Fraktionen der FDP, DP/DPB, FU betr. Verbilligung von Dieselkraftstoff (Nrn. 3378, 3556 der Drucksachen) 9787B Kleine Anfrage Nr. 278 der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für durch Schließung der Zonengrenze im Kreis Eschwege arbeitslos gewordene Eisenbahner (Nrn. 3467, 3557 der Drucksachen) 9787B Kleine Anfrage Nr. 279 der Fraktion der SPD betr. Unterbindung der Werbung für die Fremdenlegion (Nrn. 3468, 3558 der Drucksachen) 9787B Kleine Anfrage Nr. 269 der Abg. Albers, Dr. Pünder u. Gen. betr. Absichten der belgischen Besatzungsbehörden auf Beschlagnahme von Gelände im äußeren Grüngürtel der Stadt Köln für Zwecke von Kasernenbauten (Nrn. 3348, 3401, 3564 der Drucksachen) 9787C Zur Tagesordnung, betr. Absetzung der Beratung der Mündlichen Berichte des Vermittlutngsausschusses zu den Gesetzentwürfen über den Lastenausgleich (Nr. 3548 der Drucksachen), zur Einfügung eines Art. 120 a in das Grundgesetz (Nr. 3550 der Drucksachen), über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Nr. 3549 der Drucksachen) und zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Nr. 3560 der Drucksachen) . . . 9787C Dr. Mende (FDP) 9787C Beratung vertagt 9787D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 (Nrn. 3547, 3168, 3245, 3355 der Drucksachen) . . . 9787D Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 9787D Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 9788C Beschlußfassung (namentliche Abstimmung) 9788D, 9842 Erste Beratung der Entwürfe 1. eines Gesetzes betr. den Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten mit den Zusatzverträgen, 2. eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 26. Mai 1952 über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder (Nr. 3500 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung der Entwürfe 1. eines Gesetzes betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, 2. eines Gesetzes betr. das Abkommen vom 27. Mai 1952 über die Rechtsstellung der Europäischen Verteidigungsstreitkräfte und über das Zoll- und Steuerwesen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (Nr. 3501 der Drucksachen, Umdruck Nr. 599), sowie in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Wiedervereinigung Deutschlands durch freie Wahlen (Nr. 3495 der Drucksachen) 9788D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 9789B Unterbrechung der Sitzung . 9801C Dr. Gerstenmaier (CDU) 9801C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 9807D Dr. Schäfer (FDP) 9819A Dr. von Merkatz (DP) 9823D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 9829C, 9839A Schoettle (SPD) 9834A Weiterberatung vertagt 9841C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 597) 9841C Beschlußfassung 9841C Nächste Sitzung 9841C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 (Nr. 3547 der Drucksachen) 9842 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Namentliche Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 (Nr. 3547 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Höfler Ja Hohl Ja Dr. Adenauer Ja Dr. Holzapfel — Albers Ja Hoogen Ja Arndgen . . . .. . • Ja Hoppe . . . . . . . . Ja Dr. Bartram (Schleswig-Holstein) Ja Dr. Horlacher Ja Bauereisen J a Horn Ja Bauknecht . . . . . .. . Ja Huth Ja Dr. Baur (Württemberg) . . . . Ja Dr. Jaeger (Bayern) enthalten Bausch Ja Junglas Ja Becker (Pirmasens) Ja Kahn Blank (Dortmund) Ja Kaiser Ja Bodensteiner Ja Karpf Ja Frau Brauksiepe Ja Dr. Kather Ja Dr. von Brentano Ja Kemmer Ja Brese Ja Frau Dr. Brökelschen Ja Kemper Ja . . . . . Dr. Brönner Ja Kern . . . . . . . . . . entschuldigt Brookmann Ja Kiesinger Ja Dr. Bucerius Ja Dr. Kleindinst Ja . . . . . . . . Frau Dietz Ja Dr. Köhler . . . . . . . . . Ja . . . . . . .. Dr. Dresbach . . . . . . . . — Dr. Kopf Ja Eckstein Ja Kühling . . . . . . . . . . Ja Dr. Edert Ja Kuntscher . . . . . . . . Ja Dr. Ehlers . . . . . . . . . Ja Kunze . . . . . . . . . . Ja Ehren Ja Dr. Laforet . . . . . . . . . Ja Dr. Erhard Ja Dr. Dr. h. c. Lehr . . . . . . Ja Etzel (Duisburg) . . . . . . . Ja Leibfried Ja Etzenbach Ja Lenz Ja Even — Leonhard Ja Feldmann Ja Lücke Ja Dr. Fink Ja Majonica . . . . . . . . . Ja Dr. Frey Ja Massoth Ja Fuchs Ja Mayer (Rheinland-Pfalz) . . . Ja Dr. Freiherr von Fürstenberg . . Ja Mehs Ja Fürst Fugger von Glött . . . . Ja Mensing — Funk Ja Morgenthaler . . . . . . . . Ja Gengler Ja Muckermann . . . . . . . . Ja Gerns Ja Mühlenberg . . . . . . . . Ja Dr. Gerstenmaier Ja Dr. Dr. Müller (Bonn) Ja Gibbert Ta Müller-Hermann Ja Giencke .Ta Naegel Ja Dr. Glasmeyer Ja Neber Ja Glüsing Ja Nellen Ja Gockeln entschuldigt Neuburger krank Dr. Götz Ja Nickl Ja Frau Dr. Gröwel — Frau Niggemeyer Ja Günther Ja Dr. Niklas — Hagge Ja Frau Heiler Ja Dr. Oesterle Ja Heix Ja Dr. Orth Ja Dr. Henle Ja Pelster Ja Hilbert . . . . . . . . . . Ja Pfender Ja Name Abstimmung Name 1 Abstimmung Dr. Pferdmenges . . . . . . . Ja Bromme Nein Dr. Povel entschuldigt Brünen Nein Frau Dr. Probst Ja Cramer Nein Dr. Pünder . . . . . . . . . Ja Dannebom Nein Raestrup Ja Diel Nein Rahn Ja Frau Döhring . . . . . . . . Nein Frau Dr. Rehling Ja Eichler Nein Frau Rösch Ja Ekstrand Nein Rümmele Ja Erler Nein Sabel . Ja Faller . . . • . . . . . . Nein Schäffer Ja Franke Nein Scharnberg . . . . . . . . . Ja Freidhof . . . . . . . . . Nein Dr. Schatz Ja Freitag Nein Schill Ja Geritzmann . . . . . . . . Nein Schmitt (Mainz) Ja Gleisner . . . . . . . . . Nein Schmitz beurlaubt Görlinger . . . . . . . . . Nein Schmücker Ja Graf Nein Dr. Schröder (Düsseldorf) Ja Dr. Greve — Schüttler . . . . . . . . . Ja Dr. Gülich . . . . . . . . Nein Schütz entschuldigt Happe . . . . . . . . . . Nein Schuler Ja Heiland Nein Schulze-Pellengahr Ja Hennig Nein Dr. Semler Ja HenBler krank Dr. Serres Ja Herrmann Nein Siebel Ja Hoecker Nein Dr. Solleder Ja Höhne Nein Spies Ja Frau Dr. Hubert Nein Graf von Spreti Ja Imig Nein Stauch Ja Jacobi Nein Frau Dr. Steinbiß Ja Jacobs Nein Storch — Jahn Nein Strauß Ja Kalbfell krank Struve _ Kalbitzer Nein Stücklen Ja Frau Keilhack Nein Dr. Vogel Ja Keuning . . . . . . . . . Nein Wacker Ja Kinat Nein Wackerzapp Ja Frau Kipp-Kaule — Dr. Wahl . . . . . . .. . Ja Dr. Koch Nein Frau Dr. Weber (Essen) . . . . Ja Frau Korspeter Nein Dr. Weber (Koblenz) Ja Frau Krahnstöver Nein Dr. Weiß Ja Dr. Kreyssig Nein Winkelheide Ja Kriedemann Nein Wittmann Ja Kurlbaum beurlaubt Dr. Wuermeling . Ja Lange Nein Lausen entschuldigt Frau Lockmann Nein SPD Ludwig Nein Dr. Laetkens Nein Frau Albertz . . . . . . . . Nein Maier (Freiburg) Nein Frau Albrecht . . . . . . . . Nein Marx . . . . . . . . . . . Nein Altmaier Nein Matzner Nein Frau Ansorge . . . . . . Nein Meitmann Nein Dr, Arndt Nein Mellies . . . . . . . . . . Nein Arnholz Nein Dr. Menzel Nein Dr. Baade Nein Merten Nein Dr. Bärsch Nein Mertins Nein Baur (Augsburg) Nein Meyer (Hagen) Nein Bazille Nein Meyer (Bremen) Nein Behrisch Nein Frau Meyer-Laule . . . . . . Nein Bergmann Nein Mißmahl . . . . . . . . . Nein Dr. Bergstraeßer . . . . . . . Nein Dr. Mommer . . . . . . . . Nein Berlin Nein Moosdorf Nein Bettgenhäuser . . . . . . . Nein Dr. Mücke Nein Bielig Nein Müller (Hessen) Nein Birkelbach . . Nein Müller (Worms) Nein Blachstein . . . . . . . . . Nein Frau Nadig . . . . . . . . Nein Dr. Bleiß Nein Dr. Nölting . . . . . . . . Nein Böhm Nein Nowack (Harburg) Nein Dr. Brill Nein Odenthal Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Ohlig Nein Dr. Leuze Ja Ollenhauer Nein Dr. Luchtenberg . . . . Ja Paul (Württemberg) Nein Margulies Ja Peters Nein Mauk . . . . . . . . . . Ja Pohle Nein Mayer (Stuttgart) krank Dr. Preller entschuldigt Dr. Mende Ja Priebe Nein Dr. Miessner . . . . . , . . Ja Reitzner Nein Neumayer Ja Richter (Frankfurt) Nein Dr. Dr. Nöll von der Nahmer Nein Ritzel Nein Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . — Ruhnke Nein Onnen krank Runge Nein Dr. Pfleiderer Ja Sander Nein Dr. Preiß Ja Sassnick Nein Dr. Preusker Ja Frau Schanzenbach Nein Rademacher entschuldigt Dr. Schmid (Tübingen) Nein Rath Ja Dr. Schmidt (Niedersachsen) . . Nein Dr. Freiherr von Rechenberg . krank Dr. Schöne Nein Revenstorff Ja Schoettle Nein Dr. Schäfer Ja Dr. Schumacher krank Dr. Schneider Ja Segitz Nein Stahl Ja Seuffert Nein Stegner Ja Stech Nein Dr. Trischler Ja Steinhörster Nein Dr. Wellhausen Ja Stierle Nein Wirths . . . . . . . . . . Ja Striebeck Nein Dr. Zawadil . . . . . . . . — Frau Strobel Nein Temmen Nein DP-DPB Tenhagen Nein Troppenz Nein Ahrens . . . . . . . . . , Ja Dr. Veit krank Bahlburg Ja Wagner — Frau Bieganowski Ja Wehner Nein Eickhoff Ja Wehr Ewers Ja Weinhold Nein Farke . . . . . . . . . . . Ja Welke . . . . . . . . . . Nein Dr. Fricke Ja Weltner Nein Frommhold Dr. Wenzel Nein Hellwege Ja Wönner Nein Jaffé Ja Zühlke . . . . . . . . . . Nein Frau Kalinke Ja Kuhlemann Ja Dr. Leuchtgens Ja FDP Löfflad Ja Matthes Ja Dr. Atzenroth . . . . . . . . Dr. von Merkatz . . . . . . . Ja Dr. Becker (Hersfeld) . . . . . Ja Dr. Mühlenfeld Ja Dr. Blank (Oberhausen) . . . . Ja Reindl Ja Blücher . . . . . . . . . Ja Schmidt (Bayern) . . . . . . . Ja Dannemann Ja Schuster Ja Dr. Dehler — Dr.Seebohm . . . . . . . . Ja Dirscherl krank Tobaben — Euler Ja Wallner Ja Fassbender Ja Walter Ja Freudenberg Ja Wittenburg . . . . . . . . — Dr. Friedrich Ja Frühwald Ja FU Funcke Ja Gaul Ja Freiherr von Aretin Nein Dr. von Golitschek Ja Frau Arnold Nein Grundmann Ja Dr. Bertram (Soest) — Dr. Hammer Ja Dr. Besold Nein Dr. Hasemann Ja Clausen Nein Dr. Hoffmann (Lübeck) . . . . . Ja Dr.-Ing. Decker Nein Dr. Hoffmann (Schönau) . . . . Ja Determann Nein Frau Hütter . . . . . . . . Ja Eichner Nein Frau Dr. Ilk . . . . . - . . Ja Dr. Etzel (Bamberg) Nein Juncker Ja Hoffmann (Lindlar) Nein Dr. Kneipp . . . . . . . . . Ja Lampl Nein Kühn Ja Mayerhofer Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Dr. Meitinger . . . . . . . . Nein Renner — Fürst zu Oettingen-Wallerstein . krank Rische entschuldigt Pannenbecker Nein Frau Strohbach Nein Parzinger Nein Frau Thiele Nein Dr. Reismann Nein Ribbeheger Nein Volkholz — Fraktionslos Wartner Nein Frau Wessel . . . . . . . . Nein Aumer — Willenberg Nein Donhauser Ja Dr. Dorls . . . . . . . . . — Fröhlich enthalten KPD Goetzendorff Nein Agatz Nein Hedler Ja Fisch — Frau Jaeger (Hannover) . . . . Nein Gundelach Nein Dr. Keller — Harig Nein Langer Ja Kohl (Stuttgart) . . . . . . krank Loritz entschuldigt Müller (Frankfurt) krank Müller (Hannover) — Niebergall Nein Dr. Ott krank Paul (Düsseldorf) . . . . . . . Nein von Thadden Nein Reimann Nein Tichi — Zusammenstellung der Abstimmung: I Abstimmung Abgegebene Stimmen . • • • 349 Davon: Ja 196 Nein 151 Stimmenthaltung . . . . 2 Zusammen wie oben . . . . 349 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung I Name I Abstimmung CDU/CSU Neumann Nein Dr. Friedensburg — Dr. Schellenberg krank Dr. Krone Ja Frau Schroeder (Berlin) . . . . Nein Lemmer Ja Schröter (Berlin) Nein Frau Dr. Maxsein Ja Frau Wolff krank Dr. Tillmanns Ja FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt Nein Hübner Ja Dr. Koenigswarter Nein Frau Dr. Mulert Ja Löbe Nein Dr. Reif Ja Neubauer Nein Dr. Will Ja Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abgegebene Stimmen . . . . 16 Davon: Ja . . . . . • . 9 Nein . . . . . . . . 7 Stimmenthaltung . . . . — Zusammen wie oben 16
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung das große Vertragswerk, über das wir zu beraten haben, in die Reihe der großen Bündnissysteme gestellt, die die Geschichte des 19. und des Beginns unseres Jahrhunderts charakterisiert haben: Dreibund, Tripel-


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    allianz, Entente cordiale usw. Er hat uns weiter in seinen Ausführungen dargelegt, die Lage, in der sich Deutschland befinde, schlösse es aus, daß wir ohne Bündniszusammenhang mit anderen Staaten lebten, und er hat uns gesagt, daß dieses Vertragswerk gerade dies leisten werde und daß es den alten Bündnissystemen gegenüber einen grundsätzlichen Wandel bringe. Es integriere nämlich — wenn ich ihn recht verstanden habe — ehemalige Feinde, künftige mögliche Feinde zu neuen politischen Einheiten und mache so Kriege unter ihnen unmöglich; schon das sei ein absoluter Wert.
    Ich frage mich, ob diese Feststellung ganz schlüssig ist. Wenn ich mir die alten Bündnisverträge anschaue, so stelle ich fest, daß sie mit dem neuen Vertragswerk sicher eines gemein haben: sie waren Militärbündnisse wie dieses Vertragswerk auch, und sie haben ein anderes gemein: sie haben die Integration einer Gruppe von Staaten, wenn auch eine lose, bewirkt und damit die Verhärtung des Zusammenhangs einer anderen Gruppe von Staaten eingeleitet. Zwischen beiden blieb aber und verbreiterte sich die Kluft. Zwar gab es innerhalb dieser Bündnissysteme keine Kriege mehr, aber zwischen den beiden Gruppen von Bündnissystemen gab es leider noch Kriege,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    obwohl sie beide mit der Behauptung und mit der ernsten Versicherung angetreten sind, sie seien nur zu Verteidigungszwecken geschlossen worden.
    Ich will daraus keine Folgerungen ziehen. Ich glaube nicht daran, daß man in einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung allzu viel mit Analogien operieren sollte. Ich glaube auch nicht, daß, was sich einmal ereignet hat, sich auch bei einigermaßen vergleichbaren äußeren Voraussetzungen notwendig wieder ereignen müsse. Aber es scheint mir eine gefährliche Sache zu sein, mit historischen Analogien überzeugen zu wollen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Man kann nämlich Analogien und Antithesen recht nach Belieben zusammensuchen, wenn man in den Handbüchern der Geschichte blättert.

    (Abg. Strauß: Siehe jetzt!)

    — Herr Strauß, sehen Sie, ich verzichte darauf, Ihnen die Freude zu machen, etwa mit der Rheinbundakte zu operieren und daraus Analogieschlüsse zu ziehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es wäre vielleicht reizvoll und würde Sie sicher
    unterhalten, aber es wäre eine schlechte Methode,

    (Abg. Strauß: Aber auch eine schlechte Analogie!)

    und darum will ich es nicht tun.
    Ich glaube, in der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers ist mit voller Wahrheit gesagt worden, daß es diesen Vertragswerken gegenüber nur ein fundamentales Ja oder ein fundamentales Nein geben kann; aber ich glaube nicht, daß es richtig ist, zu sagen, es sei deswegen nötig, auf die Betrachtung von Einzelheiten zu verzichten. Denn die Einzelheiten in ihrer richtigen Zusammenfügung ergeben ja das Diagramm, die große Linie, in der der Sinn und die Möglichkeiten dieser Verträge zum Ausdruck kommen.
    In der Begründung zu den Verträgen ist gesagt worden, daß mit diesen Verträgen ein Stück Weltgeschichte gemacht worden sei. Nun, sicher! Weltgeschichte geschieht immer und geschieht meistens
    dort, wo man nicht weiß, daß man sie bewegt und wer sie bewegt. Es gibt da ein beherzigenswertes Wort Oliver Cromwells ... Ich glaube, daß es da schon richtiger ist, auf die Behauptung einzugehen, die heute morgen aufgestellt worden ist, durch diese Verträge sei die Geschichte Deutschlands an einen Wendepunkt gekommen. Denn die Frage, die sich uns stellt, ist doch in Wirklichkeit die: Begründen diese Verträge einen neuen Anfang oder sind sie der krönende und konservierende Abschluß einer Politik, die 1945 begonnen hat? Das ist die Frage. Ich glaube. darüber muß man sich auseinandersetzen, und darüber sollte man sich leidenschaftslos auseinandersetzen in dem Bewußsein, daß jeder nach bestem Vermögen sich zu den Gründen bekennt, von denen er annehmen muß, daß sie die guten sind.
    Es ist viel davon gesprochen worden, was alles seit 1945 erreicht worden ist, und es unendlich viel erreicht worden.

    (Beifall des Abg. Majonica.)

    Aber ich glaube, daß man bei der Buchführung darüber — Herr Kollege Majonica, Sie haben zu früh geklatscht — zwischen den Abschnitten 1945 his 1949 und 1949 bis 1952 trennen muß.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Euler: Auch da sieht es nicht anders aus!)

    Denn es ist schon in der ersten Periode, Herr Euler, eine Reihe von Dingen geschehen, in denen sehr viel Geschichte steckt und die Wendepunkte brachten, ehe es eine Bundesrepublik und eine Bundesregierung gab.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Diese Wenden sind eingetreten auf Grund der Schwerkraft der Tatsachen, denn die Zeit bleibt nicht stehen am Tage nach dem Siege, sondern sie wandelt sich und verschiebt dabei die Machtverhältnisse durch sich selbst. Koalitionen zerfallen, und man weiß — es hat das schon sehr oft gegeben —, daß sich nach Koalitionskriegen das Bedürfnis erweist, die Bündnissysteme herumzuwerfen. Der entscheidende Wandel ist aber bewirkt worden durch den elementaren Willen des deutschen Volkes, nicht nur zu überleben, sondern sein Schicksal neu zu bezwingen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Nach dem Zusammenbruch vor 7 Jahren haben die Sieger dieses zweiten Weltkrieges sich nicht damit begnügt, nur die obrigkeitliche Gewalt in Deutschland an sich zu reißen. Sie haben sehr viel mehr getan: sie haben versucht, dieses Deutschland aus dem Kräftefeld des politischen Geschehens auszuklammern. Das ist mehr, als es nur zu einem Objekt zu degradieren, — sie haben es zu einem Stück ihrer eigenen Politik gemacht, und was man Besatzungsregime nennt, war zumindest im Anfang nichts anderes als die Technik, Deutschland nicht nur zum Gegenstand, sondern zum Feld ihrer eigenen Politik machen zu können.
    Diese Politik haben sie nicht von ungefähr und nicht zusammenhanglos gemacht. Sie haben diese Politik in Teheran vereinbart, und ein Stück dieser Vereinbarung war, daß Deutschland dadurch aus dem Kräftefeld der Politik ausgemerzt werden sollte, daß man einen Teil des Landes in den Westen hinein integriert und den anderen in den Osten. Alles, was nach 1945 zunächst kam, sollte diesem Zweck dienen. Sogar das Zonenregime, das man eingeführt hatte, sollte so etwas wie Integrationswasserscheiden in Deutschland bilden, und zwar nicht nur in der Richtung Nord-Süd, sondern


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    auch in der Richtung Ost-West. Man hat deutsches Gebiet abgegliedert, obwohl man in den Urkunden, die wir kennen, erklärt hat, daß man deutsches Gebiet nicht annektieren wolle, und im Potsdamer Abkommen heißt es, daß die endgültige Festlegung der Ostgrenze durch einen Friedensvertrag erfolgen soll und daß Rußland und Polen in diesem Friedensvertrag die Gebiete östlich Oder und Neiße zugeschlagen bekommen sollten. Nun, wir wissen, daß die Russen und daß die Kommunisten bei uns in Deutschland der Meinung sind, daß damit eine endgültige Grenze im Osten Deutschlands geschaffen worden sei, obwohl die Texte des Potsdamer Abkommens klar sind, und in einer der letzten Noten auf die sowjetische Anregungsnote hin haben die Besatzungsmächte im Westen erklärt, daß die russische Behauptung, die Ostgrenze sei endgültig, nicht richtig sei. Aber — und darauf muß hingewiesen werden! — in diesem Potsdamer Abkommen, auf das man sich auch im Westen heute noch beruft, haben sich der Präsident der Vereinigten Staaten und der britische Premierminister verpflichtet, auf dieser Friedens-Konferenz den Vorschlag der Potsdamer Konferenz zu unterstützen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Und nun frage ich: Haben unsere Vertragspartner mit ihrer Versicherung, ihre Politik auf die Herstellung der Einheit Deutschlands zu richten, diese Verpflichtung den Russen gegenüber für gegenstandslos erklärt oder nicht?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich glaube nicht, daß man das wird ohne weiteres annehmen können. Denn in Art. 1 des ersten Teils des „Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen" heißt es, daß Rechtsvorschriften. welche die vorläufigen Grenzen der Bundesrepublik festlegen, nur mit Zustimmung der drei Mächte geändert oder aufgehoben werden dürfen. Ich muß gestehen, daß ich den Sinn dieser Bestimmung nicht recht begriffen habe. Ich wäre dankbar dafür, wenn man uns hier Aufklärung geben könnte, und ich glaube, daß wir im Ausschuß sehr lange über den Sinn und die Tragweite dieser Bestimmung werden sprechen müssen.
    Zu diesen vorläufig abgetrennten Gebieten gehört ja auch das Saargebiet. Das Saargebiet liegt im Westen. Über das Saargebiet kann man sprechen, ohne mit den Russen verhandeln zu müssen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Frankreich ist einer der Vertragspartner, und Frankreich kann das Recht an der Saar herstellen, wenn es das Recht und die Einheit Deuschlands will.

    (Erneuter starker Beifall bei der SPD.)

    Ich hoffe nicht und ich glaube nicht, daß es hier Leute gibt, die sagen werden: „Angesichts der großen Vorhaben, die vor uns stehen, ist die Sache mit der Saar eine relativ gleichgültige Angelegenheit." Ich glaube nicht, daß irgend jemand hier so denkt. Aber wenn wir weiter so verfahren, daß wir die Sache der Saar bei jeder Verhandlung ausklammern, könnte doch im deutschen Volk da und dort eine schlimme Vermutung wachsen und Nahrung bekommen;

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    und ich meine, daß alles geschehen sollte, um das zu verhindern.
    Man erklärt uns, wenn wir davon sprechen, immer wieder, es seien sich doch alle darüber einig, daß der Zustand an der Saar nur ein vorläufiger Zustand sei und daß die endgültige Regelung im Friedensvertrag erfolgen werde. Aber schon darüber, was „vorläufiger Zustand" heißt, bestehen offizielle Kontroversen und Meinungsverschiedenheiten, die man noch nicht einmal auszutragen versucht hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Für uns bedeutet „vorläufig": Es ist dort nur de facto ein anderer als der alte Rechtszustand geschaffen worden. Aber die französische Regierung hat uns zu wiederholten Malen erklärt, daß dort etwas materiell Endgültiges geschaffen worden sei und daß ..Vorläufigkeit" nicht mehr bedeute, als daß der Notar noch nicht erschienen sei, der die Begebenheiten und die Unterschriften beurkundet und beglaubigt.
    Wir wissen auch, daß die Vereinigten Staaten und Großbritannien auf der Londoner Konferenz des Jahres 1948 Frankreich die Zusicherung gemacht haben, auf der Friedenskonferenz für die französischen Saarpläne einzutreten. Ich frage: Hat sich an dieser Haltung unserer Vertragspartner durch den Abschluß dieser Verträge etwas geändert? Vielleicht kann uns die Bundesregierung darüber Auskunft geben und auch darüber, was in Anbetracht der wiederholten Erklärungen des offiziellen Frankreich, daß die Saar nie wieder deutsch werden werde, die jüngsten Erklärungen — auch des offiziellen Frankreich — bedeuten: die Saarfrage müsse vor Ratifikation des Generalvertrages und des EVG-Vertrages endgültig geregelt werden. Man konnte in der Presse lesen, daß Herr Staatssekretär Hallstein mit Mr. Acheson darüber Gespräche geführt habe; vielleicht können wir Auskunft über den Inhalt dieser Gespräche bekommen.
    Die Haltung, die in diesen Dingen zum Ausdruck kommt, hätte man noch verstehen können zu der Zeit, in der uns die Gedanken des heute so oft.— und mit Recht oft — zitierten Herrn Morgenthau regieren sollten, der unser Land in ein Land von Hirten und Bauern verwandeln wollte. Das ist ihm nicht geglückt, obwohl zu Anfang einiges getan wurde, um diesen Plan zu verwirklichen; er ist letzten Endes gescheitert an seiner eigenen Stupidität, und er ist gescheitert an dem unorganisierten, anonymen inneren Widerstand des ganzen deutschen Volkes. Ich werde nie vergessen, wie im südlichen Württemberg ein alter Arbeiter dem französischen Offizier, der Maschinen, die demontiert werden sollten, mit weißer Farbe abzeichnete, sagte: „Wenn ihr es nicht fertig bringt, uns die Hände abzuhacken — solange wir noch einen rostigen Nagel und einen Stein haben, mit dem wir klopfen können, werden wir in unserem Lande Maschinen bauen!" An dieser Haltung des deutschen Volkes ist das Morgenthaudenken primär gescheitert. Aber man hat uns Böses genug angetan; im Bereich des rein Politischen mit jenem negativistischen Föderalismus der Amerikaner und Franzosen — ich betone, Herr Strauß, negativistischen Föderalismus —,

    (Heiterkeit — Abg. Strauß: Daran tun Sie auch gut!)

    mit den Maßnahmen zur wirtschaftlichen Niederhaltung Deutschlands, der politischen Entmündigung und dem uferlosen Interventionismus der ersten Jahre. Eine Weile ist das gegangen. Man


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    glaubte ja am Anfang auf beiden Seiten an die Allmacht der Besatzungsmächte. Aber dieser Glaube schwand; er schwand auch in Ihrer Heimat, Herr Kollege Strauß.
    Da gab eines Tages eine Rede des Außenministers Byrnes — die Rede, die er in Stuttgart hielt das Zeichen, daß ein neues Denken im Begriff war zu wachsen. Ich möchte es hier offen sagen: es ist ein Ruhm der Vereinigten Staaten von Amerika, daß sie als erste umzudenken begonnen haben!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Ich glaube, sie haben es nicht getan aus sentimentalen Gründen, sie haben es nicht getan, weil wir so besonders sympathisch geworden wären, sondern sie haben es getan, weil man erkannte, daß ein verfaulendes Deutschland die ganze übrige Welt krank machen mußte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es war vernünftiges Selbstschutzdenken, das den Wandel gebracht hat!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Richtiges Denken in der Politik geht meistens aus vom richtig verstandenen Eigeninteresse. Man sollte das nicht beklagen, Herr Kollege Gerstenmaier; man sollte diese Tatsache hinnehmen und versuchen, damit etwas anzufangen. Schließlich haben die Besatzungsmächte eingesehen, was für ein schweres Erbe ein totaler Sieg ist. Mancher hat früh erkannt. daß es recht schwer ist, sein eigenes Land zu regieren, und auf die Dauer unmöglich, ein zweites dazu — vor allen Dingen ein zweites in der Lage Deutschlands!
    Aber das entscheidende Ereignis war dann schließlich doch der von dem Außenminister General Marshall eingeleitete Akt: die Marshallhilfe. Das war ein echtes Stück weltgeschichtliche; Leistung, die erste wirklich große Tat der Solidarität einer großen Demokratie mit den anderen Demokratien in der Welt. Ich glaube. wir, nicht nur wir, die ganze Welt, hätten alle Ursache, dafür dankbar zu sein!

    (Lebhafter Beifall hei der SPD und FDP. — Abg. Strauß: Und die Konsequenzen zu ziehen!)

    Die Notwendigkeit, für die Verteilung der
    Marshallgelder ein Instrument zu schiffen, führte zur Bildur:g der Bizone und des Frankfurter Wirtschaftsrates. Frankreich blieb fern, weil es sich seine Zustimmung durch die Anerkennung seiner Saarpolitik abkaufen lassen wollte. Es kam die Währungsreform, die die Russen zum Anlaß nahmen, Deutschland zu spalten und den Kontrollrat lahmzulegen. Es kann die Blockade Berlins, und es kam der Widerstand des deutschen Volkes in Berlin; und dieser Widerstand war abermals etwas. das eine weltgeschichtliche Wende herbeigeführt hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Denn was dort geschah, hat die Welt davon überzeugt, daß das deutsche Volk ein unentbehrlicher Aktivfaktor einer jeglichen Politik des Westens ist.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Das brachte, wie ich glaube, die radikale Umkehr.
    Während vorher die politische Weisheit darin bestand, das deutsche Volk aus dem Kräftefeld der
    Politik auszuklammern, begann man nunmehr einzusehen, daß man Deutschland braucht, wenn man
    den Westen politisch verteidigen will. Denn der
    Westen kann ja in Deutschland selber tödlich getroffen werden, und ohne daß das deutsche Volk sich an diesem politischen Kampf mit allen Kräften beteiligt, kann er nicht verteidigt werden. Aber mit dem deutschen Volk kann er wirksam verteidigt werden.

    (Zustimmung in der Mitte und rechts.)

    Man ist auf die Deutschen so angewiesen — hat man damals gelernt — wie wir auf die Völker des Westens. Sie können die Grenzwerte unserer politischen Möglichkeiten letztlich nicht mehr bestimmen als wir die übrigen trotz aller vorhandenen oder fehlenden Divisionen. Diese Erkenntnis hat die entscheidende Wendung gebracht, noch bevor es eine Bundesrepublik gab.
    Die Erkenntnisse, die damals entstanden, führten zu den Londoner Empfehlungen vom Juni 1948, durch die den Deutschen im Westen die Möglichkeit gegeben werden sollte, auf dem Gebiet der drei westlichen Besatzungszonen — ohne das Saargebiet — ein eigenes Staatswesen zu schaffen. Ich erlaube mir — ich bitte um die Erlaubnis des Herrn Präsidenten, zitieren zu dürfen —, aus den Londoner Empfehlungen einen Satz anzuführen. Er heißt:
    Die Verfassung soll so beschaffen sein, daß die den Deutschen ermöglicht, ihr Teil dazu beizutragen, die augenblickliche Teilung Deutschlands wieder aufzuheben.
    Die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands war also damals schon das erklärte Ziel und ein Faktor der westalliierten Politik, zu einer Zeit, als man noch nicht an deutsche Soldaten dachte und als noch nicht von Gegenleistungen die Rede war, wie sie heute verlangt werden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Man hat diese Einheitspolitik zu einem Stück alliierter Politik gemacht, weil man eingesehen hatte, daß jede andere Politik gegen die eigenen Interessen gehen mußte.
    Inmitten der Freude über die neuen Möglichkeiten, die sich durch diese Londoner Erklärung boten, wurde von einer Reihe verantwortlicher Leute in Deutschland eine besondere Gefahr erkannt, die Gefahr nämlich, ein westdeutscher Staat mit eigenem Staatsgefühl und eigener Geschichtspersönlichkeit müsse sich zwangsläufig der östlichen Hälfte Deutschlands gegenüber absetzen. Es tauchte das Bild von den möglichen „Zwei Deutschland" auf. Der nicht erfaßte Teil Deutschlands wäre damit selber zu einer eigenen Staatspersönlichkeit gepreßt worden, und die Spaltung wäre dann ein Stück öffentlichen Rechtes Deutschlands geworden. Das mußte vermieden werden; und das Verdienst, es vermieden zu haben, liegt bei den deutschen Länderministerpräsidenten. die in der Mantelnote vom 10. Juli 1948 einstimmig feststellten — und ich bitte auch hier, mir zu erlauben, zu zitieren —:
    Die Minister glauben jedoch, daß unbeschadet der Gewährung möglichst vollständiger Autonomie an die Bevölkerung dieses Gebietes alles vermieden werden müßte, was dem zu schaffenden Gebilde den Charakter eines Staates verleihen würde. Sie sind darum der Ansicht, daß auch durch das hierfür einzuschlagende Verfahren zum Ausdruck kommen müsse, daß es sich ausdrücklich um ein Provisorium handelt sowie um eine Institution, die ihre Entstehung lediglich dem augenblicklichen Zu-


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    stand der mit der gegenwärtigen Besetzung
    Deutschlands verbundenen Umstände verdankt. In Anbetracht der bisherigen Unmöglichkeit — heißt es weiter
    einer Einigung der vier Besatzungsmächte über Deutschland müssen die Ministerpräsidenten besonderen Wert darauf legen, daß bei der bevorstehenden Neuregelung alles vermieden wird, was geeignet sein könnte, die Spaltung zwischen Ost und West zu vertiefen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das war politisch und gesamtdeutsch gedacht. Es beruhte auf der Erkenntnis, daß die Spaltung Deutschlands nur beseitigt werden kann, wenn man seine Politik auf die Anerkennung gewisser Konsequenzen der durch die Spaltung geschaffenen Voraussetzungen einer jeden möglichen gesamtdeutschen Politik im Westen aufbaut. Wer sich verhält, als sei Westdeutschland eine eigenständigpolitische Potenz, macht Westdeutschland zu einem Staat mit eigenem politischen Schicksal und macht so das andere Stück Deutschland auch zu einem Wesen mit eigenem geschichtlichen Schicksal. Und umgekehrt macht jener, der seine Politik auf der Erkenntnis des fragmentarischen Charakters jeder Organisation deutscher Staatsgewalt im Zustand der Spaltung einrichtet, gesamtdeutsche Politik; denn er erhält die Einheit der politischen Schicksalslinie aller Teile Deutschlands.

    (Beifall bei der SPD.)

    Diese Koblenzer Erklärung der Ministerpräsidenten widerlegt jene, die behaupten, daß unsere Opposition gegen die Schaffung gewisser vollendeter Tatsachen im Westen nur Opposition um des Opponierens willen sei. Schon ehe es eine Bundesregierung gab, der man opponieren konnte, haben sich verantwortliche Männer in Deutschland dagegen gewehrt, daß man durch Schaffung definitiver politischer Realitäten und Bindungen im Westen der Separierungspolitik im Osten Vorschub leiste und Tatbestände schaffe, die die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands erschweren könnten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und dann begann der Kampf um das Grundgesetz. Heute morgen wurde Herrenchiemsee zitiert. Ich erinnere mich mit Kummer daran, daß sich in Herrenchiemsee noch eine Reihe deutscher Landesregierungen auf den Standpunkt stellte, daß Deutschland nicht mehr existiere und neu geschaffen werden müßte. Doch lassen wir das. Das Grundgesetz sagt in seiner Präambel ausdrücklich, daß die Bundesrepublik geschaffen werde, um dem staatlichen Leben für die Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben. Damit ist wiederum klar zum Ausdruck gekommen, daß die Bundesrepublik nur ein Provisorium sein sollte, und ein Provisorium kann nur Provisorisches schaffen und sich nicht anmaßen, Endgültiges aufzurichten, das den Status Gesamtdeutschlands präjudizieren könnte; es sei denn, dieses Provisorium könne sich so stark machen — und es kann das nun einmal nicht —, daß es eine Chance hätte, eine Irredenta zu befreien. Ich zitiere hier nicht aus dem Artikel von Herrn Ingrim im „Rheinischen Merkur".

    (Heiterkeit.)

    So wurde auf einem Teil des gesamtdeutschen Staatsgebietes eine fragmentarische deutsche Staatsgewalt geschaffen, wobei vermieden wurde, daß die Bundesrepublik zu- einem eigenen west-
    deutschen Staat wurde. Die Bundesrepublik ist kein Selbstzweck und sollte es von Anfang an nicht sein, und diese Erkenntnis mußte die Außenpolitik, die in diesem Teil Deutschlands betrieben wurde, bestimmen.

    (Abg. Euler: Hat sie auch bestimmt!)

    Für diese Außenpolitik gab es eine ganze Reihe sicher bestimmbarer Aufgaben zu bewältigen. Zunächst die Schaffung des richtigen Verhältnisses zu den Besatzungsmächten; ich glaube, darüber braucht man nicht besonders viel zu sagen. Daneben aber mußten und das war eine Aufgabe jedes einzelnen Tages — mit allen Kräften die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der deutschen Einheit geschaffen und gefördert werden, wozu auch nicht nur die Modifizierung des Besatzungs statuts, sondern die Aufhebung des Besatzungs regimes selbst gehört. Das sollte das erste Ziel aller Politik der Bundesregierung und das oberste politische Ziel von uns allen sein. Demgegenüber konnten und können alle anderen Ziele nur sekundär sein, weil wir ohne die Erreichung dieses obersten Zieles die anderen nicht mit Aussicht auf Dauerwirkung erreichen können. Mit diesem Geist mußte man darangehen, an der Gestaltung der Voraussetzungen mitzuwirken, ohne deren vorherige Verwirklichung ein politisch geeintes Europa nicht zustandekommen kann. Man mußte das tun im ständigen Bewußtsein, daß dieses Europa nicht auf Kosten der deutschen Einheit geschaffen werden kann, nicht aus deutschem Interesse allein, sondern im Interesse Europas selbst. Denn ein halbes Deutschland in Europa einzubringen, das wäre ein Danaergeschenk für Europa,

    (Beifall bei der SPD.)

    Man mußte verhindern, daß das deutsche Volk aufs neue zu der verhängnisvollen Außenpolitik des Revisionismus gezwungen wurde, zu der es nach 1919 gezwungen worden ist. Deswegen darf man keine Verträge unterzeichnen, von denen man bei der Unterzeichnung schon weiß, daß man sie in Bälde nicht mehr wird halten können und wollen. Revisionismus ist noch nicht Dynamik, Herr Gerstenmaier.

    (Unruhe und Zurufe von der Mitte.)

    So mußte vermieden werden, daß man mit Dauerwirkung als eigene vertragliche Verpflichtung übernahm oder wenigstens zum Teil übernahm, was einst auf Grund Besatzungsrechts einseitig auferlegt worden war. Denn durch diese Methode verewigt man die Deklassierung Deutschlands, und die Folgen für die Chancen der Demokratie in Deutschland werden gefährlich sein.

    (Abg. Arnholz: Sehr wahr!)

    Der Herr Bundeskanzler hat uns heute morgen dargelegt, von welchen großen Prinzipien seine Politik getragen ist. Ich glaube, man kann diese Prinzipien noch durch ein weiteres ergänzen, und das heißt: eine der großen Aufgaben, die bewältigt werden müssen, sei, das Mißtrauen Frankreichs zu beseitigen — was richtig ist —, und das könne nur geschehen durch Integration der Bundesrepublik in ein westlich bestimmtes politisches System, das im Zeichen Europas das, was den Franzosen als deutsche Gefahr erscheinen könnte, einer supranationalen Autorität unterstellt, d. h. der alleinigen Verfügungsmacht der Deutschen entzieht, was nicht schlüssig ist und in seinen Erfolgschancen durch das bisherige Verhalten der Franzosen widerlegt worden ist. Daraus sollte schließ-


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    lich das Europa der Sechs hervorgehen. Dieses Europa der Sechs würde dann aus innerer Notwendigkeit unseren deutschen Anliegen die Erfüllung bringen.
    Was ist auf diesem Wege geschehen und mit welchem Erfolg? Es ist da manches geschehen, das jeder von uns wird bejahen können. Es ist aber auch manches geschehen, das gegen die elementarsten Notwendigkeiten verstieß. Man hat heute morgen das Petersberger Abkommen gerühmt. Sicher hat es Erleichterungen gebracht,

    (Abg. Dr. Hasemann: Aha!)

    wenn auch nicht in entscheidenden Punkten, Herr Hasemann.

    (Abg. Euler: Könnten Sie denn die anderen verurteilen, mehr zu geben?)

    Wenn man vom Geiste spricht, der durch dieses Abkommen zu wehen begonnen hat, warum verhindern dann die Interessenten, daß die AugustThyssen-Hütte und Watenstedt-Salzgitter die Kredite bekommen, die sie brauchen, um wiederaufgebaut werden zu können?

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist aber noch ein anderes geschehen. Man hat diese Erleichterungen dadurch erkauft, daß durch die Unterschrift einer deutschen Regierung das Verfügungsrecht der Besatzungsmächte über Kohle und Eisen der Ruhr - das diese sich bisher nur kraft ihrer tatsächlichen Macht angeeignet hatten — als für Deutschland rechtlich verbindlich anerkannt worden ist. Damit hat man sich auf einen schlechten Weg begeben.

    (Abg. Strauß: Theoretiker!)

    Wir sind in den Europarat eingetreten und haben
    es hingenommen, daß auch die Saar dort vertreten wird, als wäre sie ein selbständiger Staat, statt daß wir darauf gedrängt hätten, daß vorher das Unrecht an der Saar in das Recht zurückverwandelt wird.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir haben in der Zwischenzeit erfahren, welche rechtlichen Konsequenzen Außenminister Schuman im französischen Parlament aus dieser Tatsache gezogen hat. Wir haben den Schumanplan ratifiziert und damit die Verfügung über die Wirtschaftskraft der Ruhr in die Hand der Konkurrenten Deutschlands gelegt und haben diesen ganzen Bereich der parlamentarischen Kontrolle in Deutschland entzogen.

    (Abg. Euler: Die Gaullisten in Paris behaupten genau das Gegenteil!)

    Dazu kommt, daß dieser Vertrag so geschlossen worden ist, daß die Ausdehnung seines Anwendungsbereichs auf Gesamtdeutschland nur mit Zustimmung aller Vertragspartner erfolgen kann. Wenn bei einem Vertrag, dann sind bei diesem Vertrag die Deutschen die Gebenden und Angeforderten gewesen, und ich frage: warum hat man diese Situation nicht genutzt, um diesmal wenigstens die Saarfrage ein Stück vorwärtszubringen?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Mit dem Schumanplan hat man weiter eine Reihe von Staaten, die kein Mitspracherecht bei der Regelung der gesamtdeutschen Frage gehabt hätten, ökonomisch an der Aufrechterhaltung der deutschen Spaltung interessiert.
    Das Thema der deutschen Einheit ist nicht erst in diesen Jahren auf die Tagesordnung gesetzt worden. Schon im Jahre 1947 und 1949 ist darüber

    (Bildung einer westeuropäischen Armee Deutschland bereit sei, einen Beitrag in Form eines deutschen Kontingents zu leisten. Dieses Angebot wurde angenommen, und im Deutschland-Kommuniqué der New Yorker Außenministerkonferenz von 1950 heißt es, daß die Streitkräfte... der Besatzungsmächte in Deutschland außer ihrer Besatzungsaufgabe noch die wichtige Rolle zu übernehmen hätten, als Sicherheitstruppen zum Schutz und zur Verteidigung der freien Welt einschließlich der Bundesrepublik und Westberlins zu dienen; sie würden jeglichen Angriff auf die Bundesrepublik und Berlin, von welcher Seite er auch kommen möge, als einen Angriff auf sich selber betrachten. Das ist genau das, was im Generalvertrag steht. Ich frage: Wo liegt demgegenüber im Generalvertrag der Fortschritt? Ein Fortschritt hätte vorausgesetzt, daß über diese allgemeinen Erklärungen, die jeder einseitigen Interpretation offenstehen, hinaus präzise quantitative und qualitative Verpflichtungen übernommen worden wären, und das ist nicht der Fall. Dann kamen die Beratungen der Außenminister der Atlantikpaktstaaten in Brüssel; es kamen die Verhandlungen über den EVG-Vertrag und schließlich die Washingtoner Erklärungen, in denen man uns zur Förderung unserer Zustimmungsbereitschaft gesagt hat, wir würden gleichberechtigt werden, wir bekämen „Sicherheit" und wir würden nunmehr Partner sein. Das Ergebnis der Verhandlungen sind die Verträge, über die wir heute beraten. Man hat uns den amerikanischen Senat •gepriesen, der so einmütig ratifiziert habe, und man sprach von dem großen Mut, den dieser Senat dabei aufgebracht habe. Ich glaube aber, zur Ratifikation in Washington brauchte es nicht viel Mut; die Amerikaner erhalten doch einen Vertrag, der ihre Politik krönt, einen Vertrag, der ihnen nunmehr vertraglich einschneidende Rechte in Deutschland einräumt, ohne daß sie dadurch Verpflichtungen übernommen hätten, (lebhafter Widerspruch bei den Regierungsparteien — Abg. Dr. Wuermeling: Was heißt denn das?)


    (Abg. Arnholz: Sehr gut!)


    (Abg. Dr. von Brentano: Welche zum Beispiel?) — „Welche z. B." fragen Sie? Nun, die Verpflichtung, was man bereit ist für die Verteidigung Europas einzusetzen und was man bereit ist für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands konkret zu tun.


    (Sehr richtig! bei der SPD)

    die über das hinausgehen, was von ihnen schon übernommen worden ist und in ihrem unmittelbaren Interesse liegt.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien. — Abg. Kunze: Präzise!)

    Für die Amerikaner sind diese Verträge die Ordnung eines Stückes ihrer Außenpolitik; für uns sind sie etwas, das die Existenz des deutschen Volkes unmittelbar betrifft, und das ist ein Unterschied!

    (Abg. Euler: Unmittelbar sicherstellt!)



    (Dr. Schmid [Tübingen])

    — Das werden wir sehen, Herr Euler!

    (Abg. Kunze: Nicht in so allgemeinen Redensarten! Bitte klare Tatsachen! — Abg. Schoettle: Herr Kunze, wir haben auch alles angehört, was Sie uns gesagt haben!)

    Dieser EVG-Vertrag — Herr Kunze, ich komme jetzt darauf — ist in Wirklichkeit die Verpflichtung, die Bundesrepublik unlöslich in ein politisches und militärisches Vertragssystem einzubringen, das die russische Besatzungsmacht, ohne deren Zustimmung wir die Voraussetzungen für die Schaffung der Einheit Deutschlands nicht erfüllen können — ob mit Recht oder Unrecht —, nun einmal als gegen sich gerichtet betrachtet, und wir übernehmen darin recht präzise Verpflichtungen. Aber weder die Briten noch die Amerikaner übernehmen präzise Verpflichtungen für konkrete Leistungen, und wenn NATO ihnen solche Verpflichtungen auferlegen sollte, dann wird das ohne unsere Beteiligung geschehen, und nichts im Generalvertrag außer der allzu allgemeinen Generalklausel hindert die Vereinigten Staaten, ihre Truppen zurückzuziehen oder das Maß ,der Truppen, die sie in Europa halten, nach ihren Vorstellungen zu bestimmen.
    Gewiß, wir haben die Garantieerklärung der Vereinigten Staaten erhalten. Aber der amerikanische Senat hat sie mit dem einstimmigen Vorbehalt ratifiziert, daß diese Garantieerklärung und ihre Ratifikation keine Ermächtigung für den Präsidenten der Vereinigten Staaten bedeute, mehr Truppen nach Europa zu schicken, als bisher schon dort stehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zurufe rechts.)

    Also jede Vermehrung der Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Europa wird einen besonderen Kongreßbeschluß nötig machen, und dieser Beschluß

    (Abg. Dr. von Brentano: Haben Sie dafür kein Verständnis?)

    wird nur dann im Sinne unserer Wünsche ergehen, wenn der Kongreß die Vermehrung der USA-Truppen als im Interesse der Vereinigten Staaten liegend betrachtet, und der Generalvertrag zwingt ihn nicht, einen solchen Beschluß zu fassen.

    (Abg. Dr. Hasemann: Wenn wir nichts tun, werden sie nichts schicken!)

    Gleichzeitig übernehmen wir die Verpflichtung, Kosten zu tragen, von denen ich nicht weiß, wie man sie je wird aufbringen können, wenn man an die Zahlen denkt, die der Herr Kollege Blank neulich bekanntgegeben hat, Aufwendungen, von denen ich fürchte, daß sie die Widerstandskraft des deutschen Volkes im Kalten Krieg recht nachteilig beeinflussen könnten, und ich frage Sie: was geschieht denn in der Welt, wenn der Kalte Krieg in Deutschland verlorengehen sollte, und wer hat ihn geführt und wer kann ihn denn letzten Endes führen, wenn nicht in erster Linie die breiten Massen unseres Volkes?

    (Zurufe und Unruhe.)

    Es heißt in der Begründung der 'Bundesregierung zu den Verträgen, daß zu echter Partnerschaft wechselseitiges Vertrauen gehöre.

    (Zuruf von der FDP.)

    Warum gestattet man dann nicht den Deutschen den Eintritt in das Atlantikpaktsystem, wo die eigentlichen Entscheidungen fallen? Dieses deutsche Kontingent steht doch zur Verfügung von
    NATO, und wer nicht in NATO vertreten ist, der bleibt das Objekt, das er heute schon ist.

    (Zustimmung bei .der SPD.)

    Und wenn Partnerschaft wechselseitiges Vertrauen bedeutet, warum dann die Erklärung des französischen Außenministers kurz vor der Unterzeichnung der Verträge, daß er nur unterzeichnen könne, wenn Großbritannien und die Vereinigten Staaten die Garantie übernehmen, daß die Bundesrepublik nicht aus diesem Vertragssystem ausbrechen kann? Das könnte sich eines Tages seltsam auswirken. Genau betrachtet ist damit ein neues Bündnis gegen Deutschland geschaffen worden, und die Garantieverträge von 1947 und 1949, von denen heute morgen die Rede war und die gegen Deutschland gerichtet waren, scheinen von unseren Vertragspartnern aufrechterhalten werden zu wollen. Jedenfalls hat man bisher noch nichts davon gehört, daß man sie für gegenstandslos erklärt hätte.
    Wir schaffen durch diesen Vertrag die Organisation des Europäischen Verteidigungskommissariats, das nicht nur weithin Herr über Maßnahmen sein wird, die tief in das Leben unseres Volkes eingreifen werden, — auf wichtigsten Lebensgebieten wird durch seine Kompetenzen die Kontrolle des Parlaments, die doch ein Kernstück unserer Demokratie sein soll, gegenstandslos gemacht werden,

    (Zustimmung bei der SPD)

    und durch die „europäische" Zentralisierung der Beschaffung und der Verwendung der finanziellen Verteidigungsbeiträge wird dieses Kommissariat zusammen mit der Hohen Behörde des Schumanplans ohne jede echte parlamentarische Kontrolle zum Herrn über die Wirtschaft unseres Landes werden.

    (Abg. Dr. Hasemann: Bei Väterchen Stalin haben Sie gar nichts zu sagen!)

    — Ach, Herr Hasemann, reden Sie doch nicht so gemütlich und sinnig von Väterchen Stalin, bleiben Sie ernsthaft!

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD.)

    Man erklärt, dies alles sei der Preis dafür, daß wir nunmehr verteidigt würden;

    (Abg. Ewers: Europäer werden!)

    denn ohne diese Unterwerfungen hätten wir weder die EVG-Garantien noch die NATO-Garantien noch die Großbritanniens und der Vereinigten Staaten erhalten. Nun, man soll Garantien, wie sie erklärt werden, gewiß nicht unterschätzen. Man sollte sie aber auch nicht überschätzen und man sollte insbesondere nicht vergessen, was sich hinter diesen Garantien in Wirklichkeit vollzieht. Schließlich ist es doch so, daß diese Garantiemächte mit den Truppen in unserem Lande auch ihr eigenes Land verteidigen wollen und daß sie die von uns zu stellenden Truppen haben wollen, damit auch ihr Land besser verteidigt werden kann.

    (Zuruf von der Mitte: Unerhört! — Weitere lebhafte Zurufe von den Regierungsparteien. — Große Unruhe.)

    Man hat uns schon oft genug gesagt: „Wir können Frankreich nur in Deutschland verteidigen" und „wir können es nur unter Mitwirkung der Deutschen verteidigen".

    (Abg. Euler: Wir können Deutschland nur hier verteidigen und mit Hilfe der anderen!)



    (Dr. Schmid [Tübingen])

    Die Vertragspartner garantieren in Deutschland, Herr Euler, ihre eigene Sicherheit mit,

    (fortgesetzte Zurufe von den Regierungsparteien)

    und es hätte auf dieser Grundlage vielleicht nicht jeder Preis bezahlt zu werden brauchen, den Sie zu bezahlen bereit sind.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir wissen durch die Erklärung Mr. Achesons zu der Garantieerklärung der USA, daß die dort vorgesehenen Leistungen nicht automatisch ausgelöst werden, und wir wissen aus anderen Erklärungen, daß jede der Garantiemächte selbst beurteilen wird, ob die Voraussetzungen für die Garantieleistungen vorliegen oder nicht. Dieses ganze Geflecht von Verträgen verbindet uns mit Staaten, von denen einige heute noch Bündnisverträge mit Sowjetrußland unterhalten.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wie stellt man sich denn das Wechselspiel der Verpflichtungen aus beiden Vertragssystemen vor? Wofür wird sich denn im konkreten Fall Frankreich entscheiden, wenn wir in die Krise kommen? Es ist doch nach zwei Seiten hin gebunden! Wird es sich entscheiden für die Verpflichtungen aus seinem Bündnisvertrag mit Rußland oder für die Verpflichtungen aus den Verträgen mit uns? Und ich wiederhole, daß auch die Bündnisverträge des Westens, die gegen uns gerichtet sind, noch weiter aufrechterhalten werden sollen.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Wollen Sie denn angreifen? — Das ist doch der Punkt! — Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    — Herr Schröder, Sie bleiben unterhalb Ihres Niveaus! In allen diesen Verträgen gehen die echten Leistungen — von wenigen Ausnahmen abgesehen — zu unseren Lasten. Was man im Generalvertrag „Leistungen" unserer Vertragspartner nennt, das ist doch im wesentlichen nicht mehr als Verzicht auf Befugnisse und Kommandohebel, die man sich kraft des Sieges angeeignet hatte. Und man verzichtet dabei im Grunde doch nur auf das, was sowieso nach sieben Jahren einseitig nicht mehr zu halten war oder was bis zum heutigen Tage schon durch Erfüllung konsumiert worden ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir haben kein Vertragswerk vor uns, das gleichwertige gegenseitige Leistungen vorsieht. Wir haben ein Vertragswerk vor uns, in dem zum Teil wenigstens Deutschland Leistungen zugemutet werden, die freien Völkern nicht zugemutet zu werden pflegen. Wir sollen dadurch Souveränität und Gleichberechtigung bekommen, und das Besatzungsregime soll dadurch verschwinden: Nun — wir erhalten weder Souveränität noch Gleichberechtigung, noch wird in der Wirklichkeit. das Besatzungsregime abgeschafft. Sicherlich erhalten wir gewisse Erleichterungen und auf manchen Gebieten auch sehr schätzbare Erleichterungen.

    (Lebhafte Rufe bei den Regierungsparteien: Aha!)

    Aber um welchen Preis erhalten wir sie?

    (Zurufe rechts.)

    Wir erkaufen sie durch die vertragliche Übernahme von Lasten, die bisher alle Nachteile des einseitig Auferlegten an sich trugen und

    (Zuruf des Abg. Euler)

    darum jedem politischen Angriff deutscherseits offen standen. Das wird nunmehr für uns unangreifbar, es sei denn, wir wollten unsere Unterschrift verleugnen. Wir erkaufen diese Erleichterungen weiter dadurch, daß wir bei allen vitalen Entscheidungen, die unser Volk betreffen, in den Schatten der Politik der Drei zu treten haben.
    Gleich in Art. 1 des Generalvertrages sagt man uns, wie es um die Souveränität der Bundesrepublik stehen soll. Herr Kollege Gerstenmaier, ich bin wie Sie der Meinung, daß Souveränität eine alte Sache, eine abgestandene Sache ist. Aber man überwindet sie nicht schon dadurch, daß man sich Souveränitätsansprüchen Dritter unterwirft!

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf des Abg. Dr. Gerstenmaier.)

    Es heißt im Generalvertrag:
    Die Bundesrepublik hat volle Macht über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten, vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Vertrages.
    Im alten Besatzungsstatut hieß es in Ziffer 1:
    Der Bund und die Länder haben — lediglich
    den Bestimmungen dieses Statuts unterworfen — volle gesetzgebende, vollziehende und
    rechtsprechende Gewalt gemäß dem Grundgesetz und den Länderverfassungen. Zugegeben, die heutige Ausdrucksweise ist konzilianter, dem Inhalt, dem Prinzip nach aber ist die neue Regelung von der alten nicht sehr verschieden. Aber zum Unterschied gegen früher sollen wir uns jetzt rechtlich verpflichten, diesen zustand als Internationales Statut Deutschlands anzuerkennnen!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die Vorbehaltsrechte der Drei im Generalvertrag betreffen letztlich die Grenzwerte unserer staatlichen Existenz. Das Recht, den Grenzfall zu be- stimmen, ist aber, was die Souveränität ausmacht. Der Unterschied gegen früher ist, daß auf einer Reihe von Randgebieten Vorbehalte gefallen sind, daß auf wesentlichen Sachgebieten die Vorbehalte des Besatzungsstatuts in die Zusatzverträge verbannt worden sind und daß ihr eigentlicher politischer Kern nunmehr im Generalvertrag als öffentliches Recht Deutschlands anerkannt wird. Diese Vorbehalte sind — wenigstens in Krisenzeiten — unsere Oberverfassung. Es gibt ein Schiedsgericht, das Schiedsgericht des Generalvertrages kann die Ausübung der wesentlichen unter diesen Vorbehalten nicht kontrollieren. Dagegen kann dieses Schiedsgericht jedes Gesetz, das im Bundesgebiet gilt, aufheben; es kann jeden Verwaltungsakt, jedes Urteil aufheben, ja dieses Gericht kann sogar Urteile des Bundesverfassungsgerichts aufheben, wenn es der Meinung ist, eines seiner Urteile stehe Bestimmungen des Generalvertrages entgegen. Dagegen können Urteile der alliierten Militärgerichte nicht aufgehoben werden!

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Über diese Grenzfälle entscheiden nach dem Generalvertrag die Besatzungsmächte selbst und allein. Dadurch, daß man sie in Schutzmächte umbenannt hat, ändert man nichts an der Tatsache, daß sie Besatzungsmächte geblieben sind.

    (Abg. Arnholz: Sehr richtig!) Außenminister Schuman hat gleich nach der Unterzeichnung dieser Verträge erklärt — ich bitte ihn zitieren zu dürfen —

    Deutschland wird besetzt bleiben, nicht weil
    es damit einverstanden ist, sondern weil


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    es unser Recht ist, das wir durch die Unterzeichnung der Verträge nicht verlieren.

    (Abg. Dr. von Brentano: Bis zur Ratifizierung!)

    Die Substanz der Souveränität liegt weiter bei den Besatzungsmächten.

    (Abg. Dr. von Brentano: Bis zur Ratifizierung!)

    — Hat er diese Einschränkung wirklich gemacht?

    (Abg. Dr. von Brentano: Es stand am nächsten Tage drin!)

    — Ich bedanke mich für die Belehrung.

    (Abg. Strauß: Darum schnell ratifizieren!)

    Die Substanz der Souveränität liegt jedenfalls auch nach der Ratifizierung weiter bei den Besatzungsmächten; so steht es im Vertrag. Diese treten ihre Ausübung für normale Zeiten an die Bundesregierung ab. In den Krisenzeiten aber nehmen sie sie für sich in Anspruch.

    (Abg. Dr. von Brentano: Nein!)

    Die Alliierte Hohe Kommission wird auf gehoben. Die Drei Mächte sollen nunmehr mit der Bundesrepublik nur noch durch Botschafter verkehren. Das Wort Botschafter hat seit einigen Ereignissen im Nahen Westen einen schlechten Klang bekommen. (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es steht fest: Überall, wo es sich um die für Deutschland entscheidenden politischen Fragen handelt, handeln die drei Botschafter gegenüber der Bundesregierung als Gemeinschaft. Im Bereich der Administration treten sie weit zurück — das ist richtig —, soweit nicht die Zusatzverträge alliierte Befugnisse aufrechterhalten. Aber ist im
    des
    Zentrum des Politischen, hei den zentralen Fragen
    unserer politischen und nationalen Existenz der Unterschied gegenüber der bisherigen Hohen Kommission wirklich so sehr groß? Das Entscheidende ist doch, daß dieser Botschafterrat das Monopol der auf die Herstellung der Einheit Deutschlands gerichteten Politik erhalten soll.

    (Abg. Dr. von Brentano: Es gibt keinen Botschafterrat!)

    Was bleibt dann noch an eigenständigen politischen Möglichkeiten für Deutschland dort übrig, wo es um unsere Existenz als Nation geht?
    Man sagt uns, diese Rechtsfigur habe vereinbart werden müssen wegen der Verträge von Jalta und Potsdam, damit die Geschäftsgrundlage der Verträge nicht zerstört werde, die zugunsten Berlins geschlossen worden sind. Das ist ein Gesichtspunkt, den ich anerkenne. Aber warum hat man nicht darauf verzichtet, ein Recht, das man der Substanz nach im Verkehr mit den Russen braucht, den Deutschen gegenüber im Innenverhältnis tatsächlich auszuüben?
    Art. 5 spricht vom Notstandsrecht. Man sollte dieses Recht nicht verkennen: es handelt sich dabei nicht um den bloßen polizeilichen Notstand — die Besatzungsmächte erhalten in gewissen Situationen, und zwar in den besonders schicksalsgeladenen Situationen, entscheidende Verfügungsmacht über unser Land!

    (Abg. Dr. Hasemann: Die auch in unserem Interesse angewendet werden kann!)

    authentische Interpretation dieser Einschränkungen ausschließlich bei den Alliierten liegt!

    (Sehr richtig! bei der SPD.) Dieser Notstand kann schon erklärt werden, wenn einer der vorgesehenen Fälle auch nur droht. Das gibt einen Spielraum, der Mißbrauch allzu leicht macht. Und was bedeutet denn im einzelnen die Klausel: Maßnahmen, die erforderlich sind, die Ordnung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen? Es gibt da einen verhängnisvollen Vorgang: das Urteil im Prozeß der Papen-Regierung gegen Preußen über die Auslegung des Art. 48 der Weimarer Verfassung. Das Gericht hat damals ausgesprochen, daß Art. 48 der Weimarer Verfassung der Reichsregierung das Recht gebe, für die preußische Regierung zu handeln. Ich hoffe nicht, daß man eines Tages bei der Anwendung des Art. 5 auf dieses Urteil zurückgreifen wird.

    Am schlimmsten ist aber, daß der Notstand schon im Falle eines drohenden Krieges erklärt werden kann. Was bedeutet denn das im einzelnen? Im Falle drohender Kriegsgefahr werden fremde Mächte bestimmen, was zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit der Verteidigungstruppen notwendig ist! Freilich — die Bundesregierung soll konsultiert werden - aber Konsultation bedeutet doch nicht Mitwirkung! Und was bedeutet die Möglichkeit der Berufung an NATO? Das bedeutet doch Berufung gegen eine Entscheidung der Drei an ein Organ, in dem die Drei vertreten sind, wir selber aber nicht!
    Und was bedeutet die gesamtdeutsche Klausel des Art. 7. Al s. 3? Der ursprüngliche Text ging dahin, daß die Verträge automatisch auch Gesamtdeutschland verpflichten sollten. Nun, das hat man als die völkerrechtliche Unmöglichkeit, die es ist, erkannt, und man hat nunmehr eine neue Formel gefunden. Nunmehr besagt die Klausel, daß Gesamtdeutschland die Rechte, die der Bundesrepublik eingeräumt werden, erwerben kann, wenn es gleichzeitig die Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem Generalvertrag und EVG-Vertrag übernimmt. Da kann man doch nicht gut davon sprechen, daß die künftige deutsche Regierung frei sei, sich zu entscheiden, wie sie wolle!

    (Abg. Dr. von Brentano: Wieso?)

    Wenn sie sich nämlich anders entscheidet, als es in diesen Verträgen vorgesehen ist, dann müßte — zumindest bei strikter Anwendung des Vertragstextes — ihr Statut geringer werden als das Statut, das die Bundesrepublik hat.

    (Zurufe von der Mitte: Wo steht denn das? Das steht nicht drin! — Das ist falsch!)

    (Abg. Dr. von Brentano: „Maximal" steht
    auch nicht drin!)
    einverstanden, wenn Gesamtdeutschland alle Verpflichtungen aus dem Generalvertrag und dem EVG-Vertrag übernimmt.
    Nun kann die Einheit Deutschlands doch nur zustandekommen, wenn die Russen — ja auch die Russen — mit gesamtdeutschen freien Wahlen einverstanden sind. Und glaubt man denn, daß sie dazu bereit sein werden, wenn von vornherein feststehen soll, daß der Teil Deutschlands, den sie aufgeben, auf Grund einer heute geschaffenen vertraglichen Verpflichtung einem Block zugeschlagen werden soll, den dieses Rußland nun einmal als feindselig empfindet? Als ich das in Straßburg einem Delegierten eines nordischen Landes sagte, gab er mir zur Antwort: „Ihr müßt euch eben damit abfinden: uns ist es lieber, wir haben das halbe Deutschland ganz als das


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    ganze Deutschland halb." Das mag da ein Gesichtspunkt für Dritte sein, aber für uns Deutsche kann das kein Gesichtspunkt sein!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir können uns dagegen nicht mit den Worten trösten, daß wir durch diese Verträge nunmehr zusammen mit dem Westen so stark werden, daß wir mit den Russen endlich die Sprache sprechen können, die sie allein verstehen. Glaubt man denn wirklich, mit diesen Verträgen die Russen zur politischen Kapitulation zwingen zu können? Wenn man die Zustimmung der Russen will, muß man ihnen doch eine Chance lassen, durch die sie kompensiert finden könnten, was sie aufgeben!
    Es hat allerdings keinen Sinn, von uns Deutschen, wie das gelegentlich geschieht, zu verlangen, daß wir einen Preis nennen sollten. Es ist nicht Sache der Deutschen, einen Preis vorzuschlagen; denn sie sind es ja nicht, die aushandeln können, was geschehen soll. Es ist Sache der Russen und der Amerikaner — der beiden einzigen Mächte, die den Frieden der Welt in der Hand haben und die Macht, ihn zu verwirklichen —, sich über das Soll und Haben auseinanderzusetzen, das ihrer Einigung zugrunde gelegt werden soll. Denn ohne eine Grundeinigung dieser beiden einzigen noch übriggebliebenen weltgeschichtlichen Mächte wird es keine echte Einigung über die Fehlordnungen irgendwo in der Welt geben. Wir sollten diesen Mächten sagen, daß sie es sind, die verhandeln, und nicht wir. Wir sollten aber nicht die Hand dazu bieten, was solche Verhandlungen erschweren könnte. Und es wird unsere Sache sein, diesen großen Mächten im rechten Augenblick zu sagen, was Deutschland akzeptieren kann und was es nicht akzeptieren wird.
    Ich brauche über die Revisionsklausel nicht sehr viel zu sagen. Diese Revisionsklausel spricht nichts aus als die Binsenwahrheit, daß revidiert werden kann, wenn alle einverstanden sind. Das versteht sich auch dann von selbst, wenn ein Vertrag keine Revisionsklausel enthält. Und ich brauche über die Reparationsbestimmungen in den Verträgen nichts zu sagen, darüber und über die Zusatzverträge wird ein anderer sprechen.
    Was haben wir letzten Endes unserer Entscheidung zugrundezulegen? Ein Vertragssystem, das mit dem Schumanplan anhebt, der die Verfügung über das mächtigste deutsche Wirtschaftspotential aus der deutschen Souveränität nimmt, wobei die Gleichheit der Vertragspartner nur scheinbar ist, denn nur Deutschland gibt in Wirklichkeit etwas her; wir haben vor uns den EVG-Vertrag, der die Verfügung über das deutsche militärische und einen Teil des finanziellen Potentials deutscher parlamentarischer Kontrolle entzieht und zur Verfügung Dritter stellt; wir haben den Generalvertrag zu beurteilen, durch den wir uns verpflichten, die Rolle eines besetzten Landes — partiell wenigstens — zu akzeptieren, und durch den wir uns das Recht zu einer eigenen aktiven, auf Wiederherstellung der Einheit Deutschlands gerichteten Politik blockieren lassen. Und wir werden in den Verband der westlichen Staaten aufgenommen um den Preis des Verzichts auf Wirkungsmöglichkeiten, die sich die anderen vorbehalten wollen. Das ist kein Neubeginn; das ist der Schlußstein des Gebäudes, das 1945 begonnen worden ist — und es geschieht sicher nicht mit Wissen und Wollen, aber aus Resignation. Im Grunde wollen wir uns damit begnügen, uns in der durch den Zusammenbruch geschaffenen und durch den Wandel der Zeit modifizierten Situation so gut wie möglich einzurichten — um den Preis des Verzichts auf die Möglichkeiten einer eigenständigen Politik, die uns geblieben sind, so schwer es auch sein mag, sie je und je zu aktualisieren. Wir haben zugelassen, daß deutsche Schicksalsfragen ausgeklammert wurden, die wir zusammen mit dem Westen lösen müssen, wenn wir zu einer tragfähigen Westintegration kommen wollen, zu einer Westintegration, die den Namen „europäische Politik" verdient. Es genügt nicht, die Europaflagge zu hissen, um die Gefahr, die in ungelösten Problemen liegt, zu bannen! Nicht das Europa, auf das Sie ohne Kompaß hinsteuern, wird die Probleme lösen, die auch Sie gelten lassen, sondern die Lösung dieser Probleme — zumindest aber die echte Bemühung um ihre Lösung — ist die Voraussetzung dafür, daß wir Europa bauen können!
    Ich glaube nicht, daß die Antithesen schlüssig sind, die heute morgen vorgetragen wurden: ob Anschluß an den Westen oder nicht; ob Schutz durch das Atlantikpaktsystem oder nicht; ob Integration Europas oder nicht; ob Integration Deutschlands in Europa oder nicht. Die Frage ist anders zu stellen: ob alle diese Dinge auf diese Weise und mit den Konsequenzen geschehen sollen, die diese Verträge vorsehen! Das ist die eigentliche Frage! Echt scheint mir nur die eine Antithese zu sein: ob die Teilung Deutschlands oder die Wiedervereinigung in Freiheit angestrebt werden soll. Die Frage ist, ob die Verträge uns diese Wiedervereinigung bringen können.

    (Zuruf des Abg. Dr. von Brentano.)

    Man sagt uns: durch den EVG-Vertrag und die militärische Beteiligung Deutschlands an der militärischen Verteidigung Europas schaffen wir Sicherheit und legen wir den Grund zur Möglichkeit einer wirksamen Verteidigung der Freiheit in Deutschland. So sagen S i e.

    (Abg. Dr. von Brentano: Sagen Sie uns doch, wie wir es machen sollen!)

    Sehen wir völlig ab von der Frage, ob diese Koalitionsarmee des Mißtrauens wirklich ein taugliches Instrument der Verteidigung sein kann und sein wird; sehen wir auch davon ab, den Widerspruch zu diskutieren, der zwischen Ihren Forderungen und der Behauptung besteht, die wir heute morgen hörten, daß der Westen auch ohne unseren Beitrag heute schon so stark sei, daß die Russen keinen Angriff riskieren könnten: ohne präzise Verpflichtungen der Westmächte für bestimmte konkrete militärische Leistungen werden uns Generalvertrag und EVG-Vertrag nur die Illusion der Sicherheit bringen. Aber darüber hinaus werden in den Verträgen Leistungen von uns verlangt, die uns in die Gefahr bringen, den Kalten Krieg zu verlieren!
    Sie sagen: Wir machen durch die Verträge uns und den Westen stark, und nur, wenn wir den Westen stark machen — in einer früheren Debatte wurde einmal gesagt: militärisch stark machen —, kann man den Russen gegenüber eine offensive Deutschland-Politik betreiben, denn sie verstehen nur die Sprache der Macht. Dazu sagen wir Ihnen: die Macht, die wir dazu brauchten, schaffen diese Verträge nicht.

    (Abg. Dr. von Brentano: Also, was sollen wir dann tun?)



    (Dr. Schmid [Tübingen])

    Keiner unserer Partner ist durch diese Verträge zu konkreten politischen Maßnahmen für die Einheit Deutschlands verpflichtet.

    (Abg. Dr. von Brentano: Was sollen wir machen?)

    Jeder einzelne bleibt in jedem einzelnen Falle Herr seiner Entscheidungen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Und was sollen wir machen?)

    Wie weit muß denn, Herr von Brentano, die militärische Kraft des Westens wachsen, bis — nach Ihrer Voraussetzung — die Russen ihre Zone unter den Bedingungen des Generalvertrages freigeben werden?

    (Abg. Dr. von Brentano: Was sollen wir machen?)

    Werden die Russen nicht jeden Machtzuwachs im Westen durch Schaffung neuer eigener Machtmittel — vielleicht sogar in dem von ihnen besetzten Deutschland — kompensieren und überkompensieren?

    (Abg. Dr. von Brentano: Welchen Weg sollen wir denn gehen?)

    Herr Kollege Ger s t e n m a i e r sagte uns, die Abrüstung sei sein Ideal. Es ist auch unseres; aber glauben Sie, auf Ihrem Wege kämen wir zur Abrüstung? Auf Ihrem Wege kommen wir zum Wettrüsten und nicht zur Abrüstung!

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Gerstenmaier: Das dürfen die Russen sagen, aber nicht unsere Vertreter!)

    Wir sagen Ihnen weiter, daß es gefährlich ist, eine
    politische Offensive auf Macht stützen zu wollen,

    (Abg. Strauß: Auf Reden kann man sie nicht stützen!)

    denn man muß dann auch bereit sein, seine Machtmittel anzuwenden — es sei denn, man sei überzeugt, der andere werde von vornherein in die Knie gehen. Aber niemand — keiner unserer Partner und auch nicht das deutsche Volk — will doch Machtmittel einsetzen, um die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf dem Wege der Gewalt zu erzwingen, denn niemand will den dritten Weltkrieg! Aber es ist eine Illusion, zu glauben, daß im Umgang mit den Russen die Kapitulation v o r dem Kriege komme!

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie sagen weiter: Deutschland kann nicht neutral bleiben, es gehört zum Westen, es muß sich daher für den Westen entscheiden, und die Entscheidung für den Westen fordert Entscheidung für diesen konkreten EVG-Vertrag und für diesen konkreten Generalvertrag! Dazu sagen wir Ihnen: Ja, Deutschland will keinen Neutralismus und kann ihn nicht wollen! Es hat sich längst für ein Leben auf Grund von Ordnungen entschieden, die heute nur im Westen dieses Kontinents existieren können.

    (Zurufe von der CDU: Bravo! — Also!)

    Und daß es diesen Willen hat, hat dieses deutsche Volk auch dort bewiesen, wo der Osten lockte. Aber diese Entscheidung für den Westen bedeutet doch nicht, daß man auf die Möglichkeit eigener deutscher Politik verzichten und eine Politik betreiben müsse, deren machtpolitische Versuche mit Sicherheit durch Gegenmaßnahmen im anderen Teile Deutschlands kompensiert werden!

    (Abg. Euler: Wann lüften Sie denn Ihren Schleier?)

    Was S i e Neutralität nennen, nennen wir die Weigerung, alle Möglichkeiten einer deutschen Politik zu Funktionen der Politik anderer reduzieren zu lassen. Es ist nicht wahr, daß es nur die eine Alternative gebe, Satellit des Ostens oder Vasall des Westens zu sein. Es gibt die dritte:

    (Zuruf von der CDU: Aha, jetzt kommt es!) sich dem Westen in Formen zu verbinden, die der Osten nicht bedrohlich zu finden braucht,


    (Lachen bei den Regierungsparteien)

    und mit dem Osten in ein Verhältnis freien Austausches zu treten,

    (Beifall bei der SPD)

    das den Westen stärkt, statt ihn zu schwächen.

    (Zuruf von der CDU: Eine Halbheit! — Abg. Dr. Wuermeling: Wie unwirklich!)

    Nur so können wir zur Wiederherstellung eines freien einheitlichen Deutschland kommen. Für die Einzel-Etappen .des Weges gibt es kein Patentrezept,

    (Zurufe: Aha! und Beifall bei der CDU) aber man muß auf dieses Ziel hin verhandeln, und das ist besser, als militärisch zu denken, wo politisch gedacht werden muß!


    (Beifall bei der SPD.)

    Sie sagen, auf dem Wege über den Generalvertrag und die anderen Verträge kämen wir zu den Vereinigten Staaten von Europa und über sie dann schließlich zur deutschen Einheit. — Auf Ihrem Wege kommt man vielleicht zu einer engen Verbindung von sechs Staaten im äußersten Westen Europas — aber dieses Klein-Europa, zu dem wir so kommen könnten, wird nichts anderes sein als bestenfalls ein neuer Bundesstaat, der einen Teil Europas staatlich organisiert. Das wird aber die Probleme des Kontinents als Ganzes nicht gegenstandslos machen, sondern wird zu den alten neue schaffen und vielleicht auf dramatischere Weise, als es heute der Falle ist. Denn auch dieses Europa der Sechs wird vor der Frage stehen: entweder mit den Russen auf eine gütliche Einigung hin zu verhandeln oder den Versuch zu machen, sie zu zwingen. Die Lage wird nicht anders sein als sie heute ist, sie wird nur gefährlicher sein!
    Und schließlich: Sie fragen mich immer wieder, Herr von Brentano: „Was wollen S i e denn?" Nun, jetzt frage ich Sie, Herr von Brentano: Glauben Sie denn, daß die Verträge die Einheit Deutschlands automatisch wirken werden?

    (Zuruf von der CDU: Automatisch?)

    Sie haben uns bisher nicht gesagt,

    (Zuruf von der CDU: Wir sind keine politischen Automaten!)

    Sie haben uns bisher nicht gesagt, Herr Tillmanns, was Sie mit diesen Verträgen m a c h en wollen, auf daß die Einheit Deutschlands zustande komme!

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Und das dem deutschen Volke zu sagen, wäre doch die entscheidende Frage.

    (Beifall bei der SPD.)

    Was wollen Sie mit dem Instrument dieser Verträge konkret anfangen? Denn mehr als ein Instrument ist das, was Sie schaffen wollen, nicht! Aber Sie können uns die Frage nicht beantworten; denn die Entscheidung liegt durch den Generalvertrag nicht in Ihrer Hand!

    (Anhaltende Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)



    (Dr. Schmid [Tübingen])

    Wir können die Einheit Deutschlands nur bekommen, wenn die vier Besatzungsmächte — und zu ihnen gehört leider auch Rußland — sich über gesamtdeutsche Wahlen einigen. Das ist auch Ihre Auffassung, wie wir heute hörten.

    (Zuruf von der CDU: Das ist unser aller Auffassung!)

    Wir sollten dabei die Initiative nicht den Russen überlassen, wie das bisher — zum mindesten von außen her gesehen — der Fall gewesen ist,

    (Zuruf von der CDU: Es ist traurig, daß Sie diese These aufnehmen!)

    und wir sollten alles tun — und die Westmächte mit uns —, um die Russen in die Situation dessen zu bringen, der antworten muß. Bisher haben wir uns immer in die Situation dessen drängen lassen, der antworten muß!

    (Abg. Dr. von Brentano: Sie vielleicht, wir nicht!)

    Es sollte das vornehmste Nahziel 'unserer Politik sein, auf die Abhaltung einer Viermächtekonferenz hinzuwirken, auf der der Osten und der Westen klipp und klar zum Ausdruck bringen sollen, wie man sich dort, wo man noch Geschichte machen kann, die Lösung unserer Schicksalsfrage vorstellt und welche Voraussetzungen von der einen oder von der anderen Seite für das Einverständnis verlangt werden. Einen anderen Weg gibt es schlechthin nicht!
    Aber das setzt voraus, daß wir heute keine vollendeten Tatsachen schaffen, die den Russen jedes Interesse an Verhandlungen nehmen könnten.
    Sie sagen uns: Die Ratifikation mache Verhandlungen nicht unmöglich. — Das ist natürlich theoretisch richtig. Aber sind einmal die Verträge in Kraft, sind einmal Rechte erworben und Institutionen geschaffen, dann bedeutet doch Einigung notwendig Verzicht auf erworbene Rechte oder das Eingeständnis der Schwäche, sich zu behaupten. Solche Verzichte sind verständlicherweise schwerer zu erzielen als der vorherige Ausgleich möglicher Chancen. Was heute noch möglich sein könnte, wird so morgen vielleicht unmöglich geworden sein.

    (Abg. Dr. von Brentano: Sehr richtig!)

    Sie scherzen, Herr von Brentano, aber bedenken Sie: die Verhärtung zu lösen, die durch die Verträge eintreten wird, wird einen viel größeren Kraftaufwand verlangen als den, den die heutige Lage erfordern mag.

    (Zuruf rechts: Also zurück?)

    So meine ich denn, daß unsere Bemühungen darauf konzentriert werden sollten, die Chancen für das Zustandekommen einer Viermächtekonferenz zu verstärken,

    (Sehr richtig! bei der CDU)

    zu einer Konferenz, in der ein echter Versuch gemacht werden muß, zu einer Einigung zu kommen, ein Versuch, der Entschlossenheit, Energie, Zielsicherheit, aber auch Geduld erfordert.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir möchten nicht, daß man eine Viermächtekonferenz allein zu dem Zweck einberuft, Herr Strauß, zu beweisen, daß es keinen Sinn habe, mit den Russen über gesamtdeutsche Wahlen zu verhandeln.

    (Abg. Euler: Wie wollen Sie es denn machen?)

    Wenn so verhandelt wird, daß das 'deutsche Volk
    die Überzeugung gewinnt, daß es dem Westen
    wirklich ernst ist, zu einem positiven Resultat zu kommen, und sollten die Russen durch ihr Verhalten unmißverständlich zeigen, daß sie die Einheit Deutschlands nicht wollen — es sei denn, in der Form einer russischen Provinz —, nun, dann wird eine neue Lage geschaffen sein;

    (Aha-Rufe von den Regierungsparteien — lebhafter Beifall bei der SPD — Abg. Dr. Wuermeling: Das wissen Sie noch nicht?)

    dann wird man sich überlegen müssen, was auf
    Grund dieser neuen Lage zu geschehen haben wird.

    (Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

    Was es sein wird, ist heute noch nicht zu sagen; denn wir kennen die Umstände nicht, die in jenem kritischen Zeitpunkt herrschen werden. Eines aber ist sicher: Sollte es nötig werden — und es mag nötig werden —, mit dem Westen Verträge zu schließen, dann werden es keine Verträge sein dürfen, die der Bundesrepublik Hypotheken auferlegen, wie der Generalvertrag und die anderen Verträge sie vorsehen. Denn diese Hypotheken sind nicht nur lästig, sondern sie sind eine Gefahr für den Bestand der Demokratie in Deutschland, die nur wachsen kann, wenn dieses Volk spürt, daß es in seinem ganzen Lebenskreis frei über sich entscheiden und sein Schicksal selbst verantworten kann.
    Und es wird auf der Grundlage einer anderen Europakonzeption verhandelt werden müssen als der bisherigen: es wird verhandelt werden müssen von der Vorstellung eines Europa aus, in dem alle gleiche Rechte und Pflichten haben — und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern in der Welt der Wirklichkeiten —, eines Europa, das nicht Angsttraum des Mißtrauens ist, sondern Frucht des Vertrauens und der Solidarität der Völker!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Ein solches Europa, Herr Euler, weisen uns die von Ihnen gewollten Verträge noch nicht.
    Man hat uns gesagt, die Haltung der Opposition, auf jeden Fall Viererverhandlungen zu fordern, ehe ratifiziert wird, sei Obstruktion, und es sei Obstruktion, wenn wir verlangen, daß erst das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu fallen habe, ehe wir uns über den politischen Wert dieser Verträge unterhalten. — Meine Damen und Herren! Wenn jemand nach sorgfältiger Prüfung zu sehen meint, daß die Weichen falsch gestellt sind und der Zug dem Unheil zutreibt, wenn der dann die Notleine zieht, dann treibt er keine Obstruktion, sondern dann tut er seine Pflicht.

    (Stürmischer Beifall bei der SPD.)

    So wie diese Verträge die Weichen für die künftige Entwicklung stellen, kommen wir nicht an das Ziel, das auch Sie sich als die Patrioten, die Sie sind, vorgenommen haben: die friedliche Wiederherstellung der Einheit eines freien Deutschland in einem Europa von Gleichberechtigten! Wir kommen so nicht nur nicht ans Ziel, sondern wir laufen Gefahr, der Ausweglosigkeit zuzutreiben. Darum sollten wir alle zusammen helfen, der verderblichen Entwicklung Einhalt zu gebieten, die diese Verträge unausweislich macht. Wir können es, wenn wir diesem Vertragswerk die Zustimmung verweigern.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schäfer von der Fraktion der Freien Demokratischen Partei.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Es wäre fruchtbarer für unsere Auseinandersetzung und es wäre vor allen Dingen dankbarer für denjenigen, der nach dem Herrn Kollegen Schmid zu sprechen hat, wenn er in der Lage wäre, sich zu einer echten politischen Auseinandersetzung hierher zu begeben und sich dann auseinanderzusetzen mit einer wirklich gezeigten Alternative zu den Wegen, die die Bundespolitik geht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD: Sie wollen sie ja nicht hören! — Unruhe.)

    Aber ich habe leider in den eineinhalb Stunden sehr aufmerksamen Zuhörens und auch des Willens, die Dinge zu begreifen — nämlich die Wege, die gegangen werden sollten —, nichts weiter wahrgenommen

    (fortgesetzte lebhafte Zurufe von der SPD) als eine wundervolle Zusammenstellung — —


    (Anhaltende Zurufe von der SPD. — Gegenrufe von den Regierungsparteien. — Unruhe.)

    — Ja, Sie werden mir auch gestatten müssen, daß ich mal eine andere Meinung habe als Sie. Ich glaube, Sie müssen von der Tatsache ausgehen, daß es zum Wesen des Parlaments

    (erneute Zurufe von der SPD)

    — für dessen Rechte Sie sich ja sonst so empfindsam gebärden — gehört, auch einmal einem Menschen mit anderer Überzeugung zuzuhören.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich habe mich in den letzten eineinhalb Stunden eifrig bemüht, etwas von einem anderen politischen Weg zu hören, mit dem ich den Weg der Bundesregierung hätte vergleichen können.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe eine Fülle von Ausschnitten aus dem
    Zettelkatalog der verschiedenartigen Geschehnisse
    — Notenwechsel, Verträge, was weiß ich, diplomatischen Geschehnisse — gehört, wobei der Versuch gemacht wurde, die Dinge immer so — nach einem relativ einfachen Rezept — zu deuten: Alles das,

    (Zuruf von der SPD: S i e deuten sie so!)

    was inzwischen innerhalb der Verträge niedergelegt ist, ist unwesentlich und geringfügig; denn
    irgendwo hat schon mal etwas Ähnliches gestanden;

    (Zustimmung und Heiterkeit bei den Regierungsparteien)

    infolgedessen ist es kein Fortschritt, wenn das jetzt in den hier verhandelten Verträgen vorhanden ist. Es ist eine Fülle von Punkten aufgezählt worden, die man gegebenenfalls hätte regeln können, die aber nicht geregelt sind. Es mag sein, daß manches darunter ist, was zu regeln wir für wünschenswert gehalten hätten.

    (Zuruf von der SPD: Na also!)

    — „Na also". Meinen Sie, dieses Vertragswerk sei für uns der Gipfel der Vollkommenheit? Aber wir haben eine ganz bestimmte realistische Vorstellung. Ich muß leider nach diesem Zwischenruf etwas primitiv anfangen,

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien — Zuruf von der SPD: Sind wir von Ihnen gewohnt! — weitere Zurufe)

    ich muß nämlich doch einmal auf einige Grundvorstellungen der Außenpolitik hinweisen. Sie unterscheidet sich nämlich von der Innenpolitik durch ein sehr wesentliches Merkmal. Man kann in der Innenpolitik seinen Einfluß geltend machen, indem man sich an die Spitze der Organe einer staatlichen Gruppe, eines Staatswesens heranmacht, um von dort auf die Entwicklung einzuwirken. Man kann auf diese Weise die innerstaatliche Entwicklung bestimmen und beeinflussen. Leider gibt es zwischen den Völkern keine Zentralinstanz, von der aus man die Dinge regeln könnte, sondern die außenpolitische Gestaltung vollzieht sich so, daß man Kräfte und Gegenkräfte in einer bestimmten Richtung so zwischen den Völkern zu gruppieren bemüht ist, damit sich aus bestimmten Konstellationen und Kräfteverhältnissen eine Entwicklung ergibt, innerhalb deren man für sein eigenes Volk und für die Völker in der Welt ein Höchstmaß an Frieden und Ordnung herbeizuführen gedenkt. Voraussetzung ist, daß man von dem Prinzip ausgeht, daß die Zwecke der Außenpolitik in erster Linie Frieden und Ordnung zwischen den Volksteilen der Menschheit sein sollen, wenn man nicht von vornherein hinter den Dingen machtpolitische Zielgedanken hegt.
    In den vorhin gehörten Ausführungen ging man z. B. von der Vorstellung aus. als ob diese Einederung Deutschlands ausschließlich ein Geschäft für die anderen wäre und alles, was wir mit den anderen zu tun bereit sind, immer nur zu deren Vorteil gereichte und für uns vorwiegend Nachteile darstellte. Ich glaube, es ist notwendig, diese Betrachtung vor der deutschen Öffentlichkeit doch einmal auf das richtige Maß zurückzuführen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.) Auch da wieder — nach der Fülle der gravitätisch einherschreitenden Negationen — eine sehr einfache tatsächliche Feststellung:


    (Beifall bei der FDP.)

    Man sehe auf die Weltkugel und studiere da die Größenverhältnisse dieser Bundesrepublik und der übrigen Inhalte der Oberfläche des Globus. Dann gewinnt man nämlich auch das Gefühl für die echten Maße und die Möglichkeiten, eine Sicherheitspolitik für unser Land zu betreiben.
    Ich wiederhole jetzt das, was ich nach unserem Zusammentritt hier vor etwas weniger als drei Jahren gesagt habe: All unser Mühen gilt der Festigung dieses neuen Staatswesens mit — ich will das jetzt nicht weiter erörtern — mehr oder weniger provisorischem Charakter! Dafür sind wir doch alle hierhergekommen. Jedenfalls haben alle diese Bemühungen nur dann einen Sinn, wenn der äußere Rahmen der Stetigkeit und der Sicherheit seiner Entwicklung so schnell wie möglich geschaffen wird. Diese einfache Vorstellung ist für alle Überlegungen maßgebend gewesen, die wir anzustellen haben. Dabei sind wir allerdings nicht davon ausgegangen, uns selbst mit der Vorstellung eines Übermaßes unserer Eigengewichte zu täuschen. Wir haben vielmehr davon auszugehen, daß wir unser Eigengewicht zu gewinnen, zu bekräftigen und zu verstärken haben mit dem Grade einer fortschreitenden Eingruppierung dieser Bundesrepublik in ein kollektives Sicherheitssystem der freien Völker.
    Auch da ist wieder ein sehr einfacher Grundgedanke — wenn wir schon von Ost und West reden — für die Himmelsrichtung dieser Entscheidung bestimmend gewesen. Wir sind davon ausge-


    (Dr. Schäfer)

    gangen: Man kann sich nicht im Inneren seines Volkes um eine Demokratie bemühen und für die Festigung demokratischer Entwicklungen eintreten, wenn man sich nicht darüber klar ist, daß man das nur innerhalb einer Gruppenbildung freier demokratischer Völker zu erreichen vermag.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Insofern besteht zwischen der Grundtendenz der
    Innen- und Außenpolitik eine absolute Kongruenz.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wenn man von dieser sehr einfachen Vorstellung ausgeht,

    (Zuruf von der SPD: Sehr einfach!)

    dann sagt man sich, daß demokratische Lippenbekenntnisse nach innen keineswegs genügen. Vielmehr muß die Außenpolitik so gegründet sein, daß der innere demokratische Fortschritt möglichst störungsfrei verläuft. Zum zweiten muß man — möglichst eingebaut in eine wechselseitige Sicherheitsgewährleistung — die Möglichkeit haben, auch innerhalb der weltpolitischen Entwicklung die politischen Grundprinzipien, die Grundformen des staatlichen Lebens, die man im Innern anstrebt, auch nach außen hin in der Ordnung der Welt zur Geltung zu bringen. Also diesen Maßstab sollte man einmal an dieses Vertragswerk anlegen.
    Es geht dabei um ein Ziel: die eigenen Freiheiten zu erhöhen und zu verteidigen. Nun darf ich wieder einmal darauf aufmerksam machen, daß sich j a dieses politische Streben nicht in einem Laboratorium, nicht in einem Vergnügungspark vollzieht, sondern in dieser weiten Welt mit ungeheuren Gegensätzen, Unterschieden und Spannungen zwischen Völkern und Interessen.

    (Abg. Kunze: Sehr richtig!)

    Alles, was neue politische Ordnung zu werden vermag, kann nur geschehen und gedeihen in der Stufenfolge eines organischen Wachstums. Vorhin wurde dem Herrn Kollegen Schmid zugerufen: Ja, wo ist denn dies oder jenes? Und dann machte er den Einwand: Diese Regelung hat ja nicht automatisch dieses oder jenes zur Folge. Als ob in der Außenpolitik überhaupt allein der Maßstab gelten kannte, eine Entwicklung sei deswegen gut oder böse, weil sie automatisch erfolgt!

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Außenpolitik ist keine exakte Wissenschaft. Sie beruht nicht auf bestimmten Kausalgesetzen. Sie hat keine zwangsläufigen Gesetzmäßigkeiten. So besteht schon bei der Ausgangsstellung, bei den Grundvoraussetzungen einer außenpolitischen Konzeption eine Fülle von Vermutungen und Schätzungen. Deswegen ist auch die Auseinandersetzung so schwierig. Deswegen ist es so entsetzlich leicht, eine geistvoll klingende Negation aneinanderzureihen und in Wirklichkeit keine einzige positive Idee einer Alternative zu unseren Vorstellungen zu entwickeln.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber, meine Damen und Herren, weil diese Außenpolitik im Grunde genommen deswegen so schwer ist, weil sie nicht mit mathematischen Berechnungen arbeiten kann, gerade deswegen setzt sie ein besonderes Maß an Verantwortung voraus. Ich weiß nicht. ob diese damit gegeben ist. daß man sich zu einzelnen Vorgängen und Vorsätzen mit formalen oder juristischen Einwänden begnügt.
    Ich greife als Beispiel die Frage der Souveränität heraus. Herr Kollege Gerstenmaier hat schon auf die Fragwürdigkeit dieses Begriffs hingewiesen. Herr Kollege Dr. Schmid hat ihm da in gewisser Weise zugestimmt. Ich will mich auf dieses Gebiet der Relativität aller Souveränitätsvorstellungen jetzt nicht begeben, sondern ich will nur fragen: Ja, ist denn das eine verwerfliche Beschränkung der Souveränität, wenn in einem System kollektiver Sicherheit alle Beteiligten zugunsten dieses gemeinsamen Zweckes Souveränitätsverzichte auf sich nehmen und der eigene Staat auch solche Verzichte auf sich nimmt? Diese Souveränitätsverzichte sind doch wechselseitig!

    (Abg. Kunze: Sehr richtig!)

    Daß je nach der Art der exponierten Lage unter Umständen die militärischen Bedingtheiten und die Voraussetzungen des Funktionierens des Sicherheitssystems verschiedenartig gestuft und geregelt werden müssen, ergibt sich nicht aus Rangunterschieden der Souveränitätshöhe, sondern aus den praktischen Notwendigkeiten einer folgerichtigen Anwendung des Sicherheitssystems. Daran wird aber wieder in dieser Polemik überhaupt nicht gedacht,

    (Abg. Kunze: Das verschweigt man!)

    und es wird nun gesagt: In Wirklichkeit ist, weil in einem bestimmten Stadium durch die Notstandsklausel die Möglichkeit des Eingreifens gegeben ist, um die innere Sicherheit herzustellen, eine Souveränität fragwürdig.
    Stellen Sie sich doch bitte die praktische Seite der Dinge vor. Da sind Truppen, da sind Menschen, die die Sicherheit dieses Gebietes aufrechterhalten sollen. Es wird dann in ihrem Rücken oder in diesem Staatsgebiet eine Unruhe angezettelt. Sollen sie dann erst ein kompliziertes System von allen möglichen Abstimmungen — oder was weiß ich — zur Durchführung bringen? Eine bessere Form, sich subversiven Kräften ausliefern zu wollen, könnte ich mir nicht vorstellen. Es ist heute nicht zitiert worden, aber es ging neulich einmal durch die Zeitungen, daß man sagte: Der ist ja der eigentliche Souverän, der den Belagerungszustand auslösen kann. Das ist genau so, als wenn Sie sagen würden, die Feuerwehr ist der eigentliche Hauseigentümer, weil sie bei einem Brand das Recht hat, das Haus zu betreten und eventuell sogar zu Löschzwecken eine Wand einzureißen.

    (Sehr gut! und Beifall hei der FDP.)

    Nein, wir müssen hier, glaube ich, die Dinge auf ihr richtiges Maß zurückführen.
    Die Frage, um die es hier bei uns geht, ist in diesem System eine Steigerung unserer Sicherheit. Für die Anwendung der Notstandsklausel besteht zudem auch eine Möglichkeit einer Besserung der Eigenständigkeit. Diese Möglichkeit besteht in dem Maße. in dem wir selbst, in dem diese Bundesrepublik eigene Mittel und Kräfte gewinnt, bei ihr selbst die innere Ordnung mit stärkeren Garantien auszustatten. Das haben wir selbst in der Hand. Insofern besteht also die Möglichkeit, den Anwendungsumfang der Notstandsklausel sehr weitgehend selbst weiter zu bilden.
    Hier ist über die Frage der deutschen Wiedervereinigung gesprochen worden in einer Weise, als sei dies Vertragswerk ein Hindernis solcher Wiedervereinigung. Einer meiner Fraktionskollegen wird im Laufe der Debatte sich ganz besonders dieser Frage zuwenden. Ich will nur soviel


    (Dr. Schäfer)

    dazu sagen: Ich habe in den Ausführungen des Vorredners auch wieder nach Lösungsvorschlägen gesucht. Sie sind dann gekommen mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Viermächtekonferenz. Es ist dabei sehr kräftig, ja sehr markig gesagt worden, dort müßten die Ost- und Westmächte klipp und klar erklären, was sie nun hinsichtlich der gesamtdeutschen Entwicklung zu tun beabsichtigten. Einverstanden! Aber, meine Damen und Herren, wenn die Dinge so einfach wären! Leider ist die gesamtdeutsche Frage, das Anliegen der deutschen Wiedervereinigung über den Rahmen ihres eigenen — wie soll ich sagen? — geographischen Raumes hinausgewachsen und hineingestellt in die weltpolitischen Zusammenhänge. Sie ist nicht isoliert zu behandeln. Wegen dieser Frage allein werden Sie ein derartiges Gespräch daher nicht haben. Sondern Sie werden es dann mit einer Fülle von verwickelten Problemen der Weltpolitik zu tun bekommen. Ich widerspreche nicht dem Wunsch nach solchen Gesprächen. Aber ich möchte davor warnen, weil man gar nichts Besseres zu sagen vermag, allein in solchen Gesprächen, in einer solchen Viermächtekonferenz, die doch im System von Panmunjon, oder was weiß ich, bis in alle Ewigkeit ausgedehnt werden könnte, die bessere Patentlösung für die gesamtdeutsche Wiedervereinigung zu sehen. Meinen Freunden und mir scheint es jedenfalls unbefriedigend, der Lösung, die in diesen Verträgen mit dem Versuch angestrebt wird, eine Eingliederung Deutschlands in eine große weltpolitische Kräftegruppierung zu bewirken, allein die Forderung nach einer Viermächtekonferenz entgegenzustellen.
    In dieser Eingliederung, in dieser Eingruppierung liegt für uns das bewegende Element. Das
    hat nichts zu tun mit aggressiven Absichten, sondern es geht um die Möglichkeit der Wandlung. Im Außenpolitischen haben Sie nie absolute Gewißheiten, sondern in solchen verwickelten Zusammenhängen immer größere oder geringere Wahrscheinlichkeiten. Es geht uns um die Erwartung, diese erstarrten Fronten, diese erstarrten Beziehungen, diese verkrampfte Welt des kalten Krieges erneut und zugleich unter unserer Beteiligung in Bewegung zu bringen. Ich halte es dabei als Gegenleistung für einen Fortschritt, daß nicht in den vagen Formen der Noten aus der Washingtoner Konferenz, sondern in echten vertraglichen Bindungen die Beteiligung des Westens an der Wiederbefreiung der besetzten, der unerlösten deutschen Gebiete klar und bestimmt zum Ausdruck gekommen ist.

    (Abg. Kunze: Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, es ist von den verschiedensten Unzulänglichkeiten gesprochen worden. Der Herr Bundeskanzler hat heute morgen gesagt, auch er hätte in vielen Dingen eine andere Fassung gewünscht. Ich gehe noch weiter: ich würde nicht nur eine andere Fassung, sondern in vielen Dingen einen anderen Inhalt vorgezogen haben; und ich stehe nicht an zu sagen, daß manches oder sogar vieles von dem, was hier in den Verträgen geregelt ist, in sehr bedenklicher Weise Restbestände von Gedankengängen und Denkweisen widerspiegelt, die im Grunde genommen in Vorstellungen des hinter uns liegenden Krieges ihre Wurzel haben.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Aber ist es nicht seltsam, was sich hier überhaupt
    vollzieht? Es werden viele historische Analogien
    versucht. Ich muß Ihnen sagen: ich sehe eigentlich keine für den einzigartigen Vorgang, der sich innerhalb der zur Erörterung stehenden außenpolitischen Entscheidungen des Bundestages abspielt. Da wird im Grunde genommen dreierlei zugleich gemacht. Da entsteht zunächst aus einem besetzten Gebiet, aus einem Besatzungszustand eine eigenständige staatliche Existenz. Da wird zum zweiten so etwas geschaffen wie eine Abwicklung des Kriegszustandes in den neugeordneten Beziehungen mit den bisherigen Besatzungsmächten, also so etwas wie ein Vorfriedensvertrag gemacht. Als drittes kommt dann ein Allianzverhältnis dazu, aber auch noch nicht einmal ein Allianzverhältnis in dem früheren Sinne einer Koalition, die einfach nationale Armeen addiert, sondern ein Allianzverhältnis, das mit einer Art von Fusion der Staaten, wenigstens mit einer Verschmelzung von Souveränitätsteilen dieser Staaten verbunden ist. Diese drei Stufen der Entwicklung sind nun in das eine Vertragswerk hineingepackt.
    Dieser ungewöhnliche Akt vollzieht sich in einer Welt voller Vorurteile und unter Beteiligung von mindestens sechs Parlamenten, sechs Regierungen und sechs öffentlichen Meinungen, vor allen Dingen, wie ich eben sagte, von sechs Parlamenten, die die in repräsentativen Demokratien übliche Aufteilung in Regierungs- und Oppositionsparteien haben. Hier übrigens zeigt sich eine Gefahr wie bei allen Integrationsbemühungen in der letzten Zeit: Diese Wechselwirkungen in den Parlamenten nach Regierungs- und Oppositionsparteien erschweren den Integrationsvorgang allenthalben. Früher war es so: wenn Staaten sich verbanden, in eine Form gebracht wurden, dann geschah das durch irgendeinen Gewaltakt, durch Annexion, oder was weiß ich. Hier sollen Staaten aus demokratischer, aus freier Entscheidung zusammenwachsen. Also sie sollen sich gemeinsame supranationale Institutionen schaffen; und nun steht dieser Vorgang immer unter dem Gesetz von Regierung und Opposition. Das Ergebnis ist, daß die Integrationsbemühungen der Regierungen oft dadurch behindert und gestört werden, daß die Oppositionsparteien die alten nationalstaatlichen Instinkte weiter umschmeicheln und so das Zusammenwachsen der Völker erschweren.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Da wird dann eine politische Erörterung zugespitzt nicht unter dem Gesichtspunkt: wie erreichen wir ein Höchstmaß an für alle gleich wirksamer und erfolgreicher Gemeinsamkeit?. sondern es wird nach dem Gesichtspunkt gehandelt: wie hole ich mir bei einem Konsortialgeschäft für mich selber möglichst viel heraus? Das ist noch nie ein Verfahren gewesen. ein erfolgreiches Konsortialgeschäft zu machen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Das ist aber der Denkfehler, der sich auch hier in unserem Hause immer wieder sehr verhängnisvoll zeigt. Die parlamentarische Demokratie der freien Völker des Westens darf sich nicht als langsam und lahm erweisen vor der Notwendigkeit, die Integrationsprozesse, zu denen unser Zeitalter drängt, möglichst rasch und schnell und entschlossen zu erledigen.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Wie gesagt, es ist sehr leicht für denjenigen, der Einwendungen aussprechen will, in diesen Verträgen manche Steckenpferde einer einst blühen-


    (Dr. Schäfer)

    den Besatzungspädagogik zu finden. Es ist nun einmal so, daß manche Pflänzchen — wenn Sie wollen, Unkräuter — leider noch weiter wuchern, auch da, wo man auf dem besten Wege ist, ein fruchtbares Gelände aus einem Brachland zu machen. Ich gebe zu, sie sind vorhanden. Aber da gibt es auch wieder eine sehr einfache Fragestellung für uns: wenn ich aus dem Zustand, sagen wir einmal, mit der Note fünf hineinwachsen kann in einen Zustand der Note drei bis zwei und nicht auf Anhieb die Note eins erreichen kann, soll ich dann lieber auf der Nummer fünf bleiben und auf die zwei bis drei verzichten?

    (Sehr gut! und Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Kunze: Sitzenbleiben!) Das ist die furchtbar einfache Frage, die hier zu stellen und zu entscheiden ist.


    (Abg. Mellies: „Furchtbar einfach"!)

    — Ja, furchtbar einfach, Herr Mellies. Es ist nämlich manchmal notwendig, dort, wo versucht wird, durch Kompliziertmachen von Geschehnissen und Ereignissen die Klarheit der Entscheidung zu vernebeln, durch den Nebel durchzustoßen und auf die einfachen Grundtatsachen hinzuweisen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.) Ich will nicht weiter auf diese Dinge eingehen.

    Wenn wir den Unterschied in der deutschen Außenpolitik zwischen Utopie und Realität erkennen wollen, dann bietet dazu auch Anlaß ein Ereignis, das sich vorgestern in Berlin abspielte, wo man einen meiner politischen Freunde einfach so von der Straße weg geraubt und irgendwohin gekidnapt hat. Das sind Tatbestände, Unterscheidungsmerkmale zwischen zwei Welten, die ein solches Ereignis symptomatisch verdeutlicht.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Sehen Sie, angesichts solcher Deutlichkeiten wird uns in der Frage: „dreieinhalb oder eins?" die Entscheidung nicht erschwert. Eine positive Entscheidung zu den unterzeichneten Verträgen wird durch ein solches Vorkommnis nur erleichtert.
    Im übrigen sehen wir auch als ein sehr positives Element des Vertragswerkes die europäischen Chancen an, die gerade in dem EVG-Vertrag unserer Meinung nach verstärkt erscheinen. Denn hier wird mehr, als das in den Institutionen von Straßburg der Fall ist, an einem sehr entscheidenden konkreten Beispiel ein Element supranationaler Willensbildung und supranationaler Ordnung geschaffen und bewirkt. Uns scheint das wesentlich. Wir haben vorhin von meinem verehrten Herrn Vorredner gehört, daß das alles geringfügig sei; das sei das Klein-Europa, unendlich weit entfernt von der großen europäischen Einheit, nach der wir streben wollten und von der wir träumten.

    (Abg. Wehner: Und mit sehr kontingentierter Demokratie!)

    — Ich komme gleich darauf! —

    (Abg Kunze: Es lohnt sich aber nicht!)

    Nun, meine Damen und Herren, ich will Ihnen auch da wieder einmal ein unabänderliches Lebensgesetz nennen. Es besteht nämlich darin, daß, wer groß werden will oder was groß werden soll, klein anfangen muß. Das gilt auch für die politische Verknüpfung in Europa. Dieses Lebensgesetz scheint mir im Vertragswerk vertreten. Oder wollen Sie sagen: Weil ich nicht sofort das ganze Große bekommen habe, bekommen kann, verzichte ich auf den kleinen Anfang? Schön, wenn Sie das wollen, dann müssen Sie sich auch darüber klar sein, daß
    Sie mit solchem Perfektionismus auf das Ganze und das Endgültige verzichten. Es gibt keine Vollkommenheit, die ohne einen Reifeprozeß entstehen könnte. Das Fertige ist niemals da wie bei einem Zauberer, der nur die Hand ausstreckt, um Armeen auf der flachen Hand zu entwickeln.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    So glauben wir an die Wirksamkeit der Entwicklungsgesetze. Wir werden uns durch den Einwand, daß das Anfänge, daß das unzulängliche Anfänge sind, nie abhalten lassen, die Anfänge zu bejahen und zu beschreiten. Wir betreiben eine positive Politik und nicht die Negation, die sich damit rechtfertigt, daß sie auf die Unzulänglicheit der Anfänge hinweist.
    Es ist eben ein Zuruf gemacht worden von der Beschränkung der Souveränitäten. Herr Kollege, in dieser Beschränkung der Souveränitäten sehe ich allerdings die einzige Möglichkeit, supranationale Wirklichkeit wachsen zu lassen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich sehe in diesen Verträgen keineswegs, daß ausschließlich Deutschland Souveränitätsverzichte auferlegt sind, sondern ich sehe, daß sie auch den anderen beteiligten Völkern auferlegt werden. Wenn ich mich in die Seele manches anderen Volks versetze — nach bestimmten Geschehnissen und Erlebnissen der jüngsten Zeit, auch im Hinblick auf Traditionen, die bestimmte Einrichtungen des Staates und des Landes zu Elementen des nationalen Stolzes und Selbstgefühls werden ließen — und wenn ich sehe, daß sie manche schon vorhandenen Einrichtungen, die uns als Bestandteil in dem neuen Gemeinsamen noch zuwachsen, genau so einbringen müssen, dann weiß ich nicht, ob der für alle wirksame Souveränitätsverzicht manchmal nicht für uns sogar leichter ist als für die anderen Partner dieses Vertragswerkes.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube — ich weiß, es wird mir dieser Satz mißdeutet werden —, wir werden den Mut haben müssen, auch einmal von der Seelenlage und dem psychologischen Innenverhältnis unserer Partner bei diesem Vertragswerk zu sprechen und davon auszugehen.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Dann ist hier weiter ein weniges von der Neutralität gesagt worden; d. h. man hat sie nicht direkt genannt. Man hat aber die Möglichkeit einer deutschen Verstärkung der Verteidigung, die beabsichtigte Erhöhung des Risikos für den Angreifer beiseite geschoben mit formalen Einwänden, mit Bezweiflungen der guten Absichten des einen oder des andern, mit der Fragwürdigkeit der materiellen Möglichkeiten. Auch darauf will ich ein kurzes Wort erwidern. Diese Neutralität ist doch nur eine Selbsttäuschung. Denken wir doch einmal zurück! Der Herr Bundeskanzler hat es heute morgen angedeutet, und ich glaube, man muß es noch einmal ein bißchen verdeutlichen. Warum kam denn dieser zweite Weltkrieg zustande? Weil die freiheitlichen Völker die rechtzeitige Vorbereitung von Gegenmitteln versäumt hatten. So konnte der tyrannische Eroberer zunächst glauben, er könne risikolos seinem Gewaltstreben nachgehen.

    (Abg. Dr. von Brentano: Richtig! — Abg. Mellies: Es kommt auch noch einiges andere hinzu!)

    Wer also in der Enthaltsamkeit von Verteidigungsmitteln eine außenpolitische Lösung andeutet, ach,


    (Dr. Schäfer)

    der findet leicht den Beifall all der Bequemen. Sicherlich ist es mühsam, was da verlangt wird; es ist teuer, was da zu erwarten ist. Dieser Appell an die leichten Auswege findet immer Widerhall bei allen, die die unbequeme Wirklichkeit nicht auf sich selbst beziehen wollen. Aber er bewirkt die Minderung des Wagnisses für den tyrannischen Machtstreber. Insofern fördert er mittelbar dessen Chancen. Hier handelt es sich einfach um die Verteilung der Chancen. Das muß man bei diesem ganzen Vertragswerk sehen.
    Es gibt noch viele Fragen. Eine will ich noch aufwerfen. Ich bitte, sich die Konsequenz der Ablehnung einmal klarzumachen. Der Herr Bundeskanzler hat bereits heute morgen davon gesprochen. Es bleibt dann bei dem gegenwärtigen Zustand mit seiner Beengtheit. Es bleibt bei Handelsbeschränkungen. Es bleibt bei Wirtschaftseingriffen. Es bleibt bei jenem „herrlichen" Sicherheitsamt, und es bleibt bei allen möglichen Beengungen von Handel und Wandel, von Ausfuhr und Einfuhr. Die Beharrung beim gegenwärtigen Zustand hätte doch nur Sinn, wenn andere Maßnahmen, die auch bleiben, einen Nutzen darstellen könnten. Man könnte für die Erhaltung des gegenwärtigen Zustandes doch nur eintreten, wenn man neben einigen Nachteilen auch einige Vorteile sähe. Leider ist dafür eine solche Beweisführung auch nicht gegeben worden. Wenn mir also die Frage gestellt wird, ob denn ein Nein eine bessere Situation bringt, so muß ich sie verneinen. Ich komme deswegen immer wieder zu dem Schluß: lieber die Stufe 31/2 als 5, auch wenn ich die 1 noch nicht erreichen kann.
    Im Zusammenhang mit Betrachtungen über die
    Möglichkeit von Vierer-Konferenzen sind auch Vorstellungen angeklungen, als ob sich eine andere Lösung ergeben könnte durch einen ähnlichen Status, wie wir ihn bei Österreich haben, oder in der Form eines Zustandes, wie wir ihn etwa unter einer Viermächte-Kontrolle hatten. Meine Damen und Herren, eine solche Einheit Deutschlands ist doch keine Einheit in Freiheit. Eine solche Einheit — ich darf Sie da auch einmal auf die wirtschaftliche Seite der Sache hinweisen — würde uns ja. gar nicht in die Lage versetzen, die Einheit zu realisieren.

    (Abg. Dr. von Brentano: Richtig!)

    In dem Augenblick, in dem der „Eiserne Vorhang" aufgeht, entsteht doch eine ungeheure Fülle von wirtschaftlichen Verpflichtungen, um diese große neue Kolonisationsaufgabe unseres Volkes zu verwirklichen,

    (Abg. Wehner: Hört! Hört! „Kolonialaufgabe", das ist ja toll!)

    aus einem verödeten, zerstörten und ausgepowerten Gebiet wieder einen fruchtbaren deutschen Lebensbereich zu machen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Das wird gewaltige Anstrengungen und gewaltige Belastungen für uns bedeuten. Wir wollen sie auf uns nehmen, meine Damen und Herren, aber wir wollen uns dabei darüber klar sein, daß wir dazu die Hilfe derer brauchen, die bereit sind, auch in dieser Hinsicht nicht nur ein theoretisch, sondern in seiner ganzen wirtschaftlichen Struktur faktisch freies Deutschland aus diesen jetzt verödeten Gebieten zu machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, wir haben also hier zu entscheiden, ob wir uns einfach bei der Aufzählung all der Unzulänglichkeiten verlieren wollen, die in dem Vertrag enthalten sind, oder ob wir von der Einsicht ausgehen wollen, daß ein Vertragswerk, das unter den parlamentarisch-politischen Verhältnissen in den beteiligten Völkern, wie wir sie vorauszusetzen haben, aus einer Fülle von Kräften und Gegenkräften heraus entwickelt werden mußte, immer ein Kompromiß bleiben muß, bei dem für den einen oder den andern unerfreuliche Dinge unvermeidlich sind. Ich bin auch bereit zu sagen, daß, wenn nicht sogleich die Gipfelstufe erreicht werden kann, das für die weitere Entwicklung Nächstliegende getan werden sollte, damit die Chance wächst, einst einen höheren Vollkommenheitsgrad unserer zwischenstaatlichen Beziehungen zu erreichen. Ich bin mir absolut. klar darüber, meine Damen und Herren, daß der Weg, den wir zu gehen bereit sind, nicht der bequemere, sondern der mühevollere Weg ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    — Der mühevollere, jawohl, aber es ist ein Weg, dem gegenüber ein anderer überhaupt gangbarer Weg bisher nie gezeigt worden ist,

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien) und ich lasse mich nicht davon abbringen.

    Wenn draußen Besserwisser sich so gebärden, sich so anstellen, als ob sie einen überlegenen Weg wüßten, und ich kriege hier nichts anderes zu hören als eine schier endlose Aneinanderreihung von sehr klangvoll formulierten Gemeinplätzen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien) gemischt mit allen möglichen Zettelkastenexzerpten, dann, meine Damen und Herren, kann mich doch damit niemand von einer positiven Entscheidung abbringen. Ich glaube deswegen, im Namen meiner politischen Freunde sagen zu können, daß wir in aufgeschlossener Bereitschaft


    (Abg. Wehner: Sehr aufgeschlossen!)

    in den Ausschüssen bei der Vorberatung der Ratifikation mitarbeiten werden. In diesen Verträgen sehen wir jedenfalls einen weiteren Schritt auf dem Wege der Außenpolitik, zu der wir ans bekannt und für die wir uns bereits in jenen Tagen entschieden haben, als wir hier zu den ersten Regungen unseres neuen Staatslebens zusammengekommen sind.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)