Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die Feststellungen, die soeben Kollege Schoettle bezüglich der Methode, die man mit dieser Art der Haushaltsgesetzgebung angewendet hat, getroffen hat, sind absolut zutreffend. Ich möchte sie durch die Frage ergänzen: Aus welchen Gründen geht die Bundesregierung dazu über, in dieser Form, in der Form des Überrollungshaushalts, in der Form der Übernahme der Etatsansätze des Haushalts 1951 auf das Haushaltsjahr 1952 zu verfahren? Ich glaube, man wird sofort zu einer Schlußfolgerung kommen, die eigentlich jeden in diesem Hause und draußen in der Öffentlichkeit bedenklich machen müßte. Mit dieser Methode wird praktisch nämlich eine Verschleierungspolitik durchgeführt.
Der Herr Bundesfinanzminister und die Bundesregierung wären verpflichtet, dem Bundestag einen ordnungsmäßigen Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 vorzulegen und dabei nicht allein über die gesamte Finanz- und Steuerpolitik, nicht nur über die Frage Aufschluß zu geben, wie die Mittel für diesen Haushalt aus dem Volk aufgebracht werden, sondern auch darüber Aufschluß zu geben, wofür sie Verwendung finden sollen. Es ist eines der primärsten Rechte und eine der vornehmsten Pflichten des Bundestages, in einer eingehenden Prüfung der einzelnen Haushalte sich selbst und dem Volk über die Frage der Aufbringung und der Verwendung der Mittel Rechenschaft abzulegen und Aufschluß darüber zu geben, in welcher Form unser Volk steuerlich belastet wird und inwieweit den Forderungen der breiten Kreise unserer Bevölkerung hinsichtlich der Verwendung dieser Mittel Rechnung getragen wird. Einer solchen Rechnungslegung und Darlegung der Finanz- und Steuerpolitik will diese Regierung entgehen.
Aber dieses Gesetz hat noch eine andere Bedeutung. Es bedeutet praktisch eine Ermächtigung für die Bundesregierung. Herr Kollege Schoettle hat über die Summen gesprochen, die auf dem Wege der Vorwegbewilligungen 1950 und 1951 durch den Haushaltsausschuß der Bundesregierung zur Verfügung gestellt worden sind. Diese Methode soll weitestgehend unter Ausschaltung des Bundestages weiterverfolgt werden. Wir werfen in diesem Zusammenhang die Frage an die Bundesregierung auf, warum sie dem Bundestag und der Öffentlichkeit keinen Aufschluß darüber gibt, wie sie die Mittel, die sie durch die Steuergesetze aus der Bevölkerung herausholt, verwendet. Wir haben ja in den letzten 8 bzw. 14 Tagen hier im Bundestag gehört, welche Pläne der Bundesfinanzminister nicht nur hinsichtlich der Belastung der Länder, sondern auch hinsichtlich neuer Steuern für die Massen hat. In allen diesen Ausführungen ist immer wieder zum Ausdruck gekommen, daß die Direktive, von der sich die Bundesregierung bei ihrer Finanz- und Steuerpolitik leiten läßt, ausschließlich die ist, die vom Volk auf zubringenden Mittel für die sogenannte Verteidigung zu verwenden.
— Jawohl, meine Damen und Herren, das ist das
oberste Gesetz, das die Bundesregierung beherrscht I und das auch die Regierungsparteien unterstützen.
In der bekannten Freitagsitzung ist durch das Verhalten der Regierungsmehrheit praktisch dem Bundeskanzler eine Ermächtigung erteilt worden, ohne das Volk zu befragen — seit 1945 ist das wohl der schwärzeste Tag in der Geschichte des deutschen Volkes —, den berüchtigten, verbrecherischen Generalvertrag und den sogenannten Verteidigungsvertrag zu unterschreiben. Die Finanzpolitik der Bundesregierung besteht nun darin, für die in diesem Generalvertrag liegenden Angriffsabsichten die entsprechenden Milliardenbeträge zur Verfügung zu stellen. Das ist die Grundlage auch für das Haushaltsgesetz, das heute zur Verabschiedung steht.
Gegen eine solche Politik der Ausschaltung des Bundestages und dagegen, daß das Volk selbst nicht darüber befragt wird — aber Sie werden die Antwort dafür vom Volk selbst bekommen! —, wenden wir uns mit aller Entschiedenheit.
Wir wenden uns dagegen, einem solchen Gesetz die Zustimmung zu geben. Und Sie selbst müßten in Ihrer eigenen Verantwortung die Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, eine solche Politik der Bundesregierung zu verhindern.
Deswegen ist das auch für uns der Anlaß, mit aller Entschiedenheit dieser Regierung den Kampf anzusagen, die mit ihrer gesamten Politik unser Volk nur ins Verderben stürzen wird.