Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß bereits bei der ersten Lesung dieses Gesetzes über die Fragwürdigkeit der Methode so viel gesagt worden ist, daß ich mich in diesem Stadium der Beschlußfassung auf einige wenige Bemerkungen beschränken kann. Die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion haben bei den Ausschußberatungen in einer Reihe von Fragen die Mehrheit des Ausschusses davon überzeugen können, daß ihre Vorschläge richtig sind. Infolgedessen ist die Beschlußfassung in allen Punkten, wo Änderungen des Gesetzes vorgenommen wurden, in der Regel einstimmig erfolgt. Wir haben damit gezeigt, daß es uns bei unserer Arbeit im Ausschuß darauf ankommt, ein Gesetz so zu formulieren, daß es unter sachlichen Gesichtspunkten und nach seinem materiellen Inhalt hin vertreten werden kann.
Wir sind indessen nicht in der Lage, dem Gesetz zuzustimmen, einmal, weil wir glauben, daß die Methode anfechtbar ist. Ich will mich hier nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier angewandte Art der Verabschiedung eines Haushaltsplans für ein ganzes Haushaltsjahr sprechen, nämlich die Art der einfachen Wiederholung eines Haushaltsplans aus dem bereits abgelaufenen Haushaltsjahr. Das Bundesjustizministerium soll über diese Frage ein Rechtsgutachten erstattet haben, das dem Haushaltsausschuß noch nicht vorgelegen hat. Ich kann mich zum Inhalt dieses Gutachtens nicht äußern, aber vielleicht wird sich noch Gelegenheit geben, auch die verfassungsrechtliche Seite der Frage zu erörtern.
Andererseits sind wir nicht nur auf Grund der sachlichen Bedenken gegen die Methode außerstande, dem Gesetz zuzustimmen, sondern auch aus den Ihnen hier im Hause sehr oft dargelegten politischen Gründen. Wir glauben, daß die Politik, die letzten Endes auch hinter der Haushaltsgesetzgebung steht, bedenklich, ja gefährlich ist und daß wir der Regierung, die diese Politik vertritt und die wir auf allen Gebieten der politischen Auseinandersetzung bekämpfen, nicht dadurch ein Vertrauensvotum aussprechen können, daß wir ihrem Haushaltsplan zustimmen.
Es handelt sich auch nicht nur um ein einfaches Gesetz. Das Gesetz hat zwar nur acht oder neun Paragraphen; aber hier wird doch tatsächlich eine Sache übers Knie gebrochen, die das Leben des gesamten Staates, das gesamte öffentliche Leben, ja sogar das Leben jedes einzelnen Bürgers im Staate berührt. Eine Haushaltsberatung, wie wir sie hier vorgenommen haben, ist doch eigentlich im Grunde genommen eine Farce und nicht das, was man von einer solchen Beratung erwarten sollte.
Ich nenne Ihnen in diesem Zusammenhang nur einige Zahlen. Sie mögen daraus ersehen, zu welchem Punkt uns die anomale Lage in der Haushaltsgesetzgebung der Bundesrepublik bis jetzt geführt hat. In diesen Tagen wird den Mitgliedern des Hohen Hauses eine Vorlage unterbreitet — ich glaube, sie ist sogar schon ausgegeben worden —, die Drucksache Nr. 3351. In dieser Drucksache finden Sie eine Zusammenstellung der Vorwegbewilligungsbeschlüsse, die der Haushaltsausschuß auf Grund des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 und auf Grund der drei Änderungsgesetze zu diesem ersten Gesetz über die vorläufige Haushaltsführung gefaßt hat. Das Ergebnis ist: Für das Rechnungsjahr 1950 hat der Ausschuß, der im Grunde genommen nur ein Instrument des Hohen Hauses sein soll, Vorwegbewilligungen im Gesamtbetrag von dreieinhalb Milliarden DM beschlossen!
Ich glaube, daß eine Ermächtigung an einen Ausschuß, die solche Konsequenzen hat, viel, viel weiter geht, als das Parlament es verantworten kann. Wenn ich hinzufüge, daß vom Haushaltsausschuß für das Rechnungsjahr 1951 inzwischen erneut 2,6 Milliarden DM vorweg bewilligt werden mußten, können Sie sehen, was dieser Ausschuß im Laufe des Zeitraumes vom September 1950 an bis heute an Verantwortung auf sich geladen hat. Er hat mehr als 6 Milliarden DM Ausgaben des Bundes, die Einrichtung von Planstellen, die Schaffung von neuen Behörden, Ausgaben für alle möglichen sächlichen und persönlichen Zwecke beschlossen, ohne daß das Parlament im wesentlichen dabei wirklich mitsprechen konnte. Ich glaube, meine Damen und Herren, Sie werden mir zustimmen, daß eine solche Methode auf die Dauer zu unmöglichen Zuständen führt und das Haushaltsrecht des Parlaments geradezu zu einer Komödie macht. Wir sind auch aus diesem Grunde nicht in der Lage, dem Gesetz, das jetzt zur Abstimmung steht, zuzustimmen.
Ich darf im übrigen im Namen meiner Fraktion namentliche Abstimmung beantragen, weil es
sich hier nicht um eine Bagatelle, sondern um das
wichtigste Gesetz handelt, das das Parlament im
Laufe eines Haushaltsjahres zu beschließen hat.