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ID0121105700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 211. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 9255 211. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 9256B, 9262C Eintritt des Abg. Moosdorf in den Bundestag 9256C Begrüßung des Abg. Bazille nach seiner Genesung 9256C Austritt des Abg. Wittmann aus der Fraktion der DP/DPB 9256C Einspruch des Abg. Loritz gegen den ihm in der 210. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 520) 9256C, 9258B Beschlußfassung 9258C Ausscheiden des Abg. Dr. Schäfer aus der deutschen Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarats und Zuwahl des Abg. Dr. Freiherrn von Rechenberg 9256D, 9262C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze 9256D Gesetz über die Aufhebung einiger Polizeiverordnungen auf dem Gebiet des Verkehrs mit Arzneimitteln 9256D Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 9257A Bericht des Bundesministers der Justiz über die Angelegenheit des tschechoslowakischen Staatsangehörigen Frantisek Kroupa (Nr. 3368 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über den Ausbau der Bundesstraßen 51 und 54 (Nr. 3357 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über das Freiburger Flugplatzprojekt (Nr. 3358 der Drucksachen) 9257A Zwischenbericht des Bundeskanzlers über die Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 3359 der Drucksachen) 9257A Ergänzende Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit zur Anfrage Nr. 231 der Fraktion der SPD betr. Möglichkeiten der Einberufung einer europäischen Regionalkonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (Nrn. 2826, 2895, 3046, 3366 der Drucksachen) 9257A Kleine Anfrage Nr. 260 der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen gegen Besatzungsnotstände in Bad Oeynhausen (Nrn. 3299, 3367 der Drucksachen) . . . . 9257B Kleine Anfrage Nr. 263 der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer u. Gen. betr. Wertpapierbereinigung (Nrn. 3309, 3361 der Drucksachen) 9257B Zur Tagesordnung 9257B Antrag der Gruppe der KPD auf Aufsetzung eines Antrags auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses betr. Überprüfung der Vorgänge in Essen am 11. Mai 1952 auf die Tagesordnung . 9257C Renner (KPD) 9257C Unterbrechung der Sitzung . . . 9258B Widerspruch gegen Aufsetzung 9258B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe (Nr. 3333 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 3345 der Drucksachen) 9258C Dr. Semler (CSU), Berichterstatter . 9258C Wehner (SPD) ' 9259C Abstimmungen 9259C, 9260A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Teuerungszulagenänderungsgesetz — TZAndG —) (Nr. 3217 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3337 der Drucksachen) 9260A Meyer (Hagen) (SPD), Berichterstatter 9260B Abstimmungen 9261B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) (Nr. 3354 der Drucksachen) 9261C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 9261C Beschlußfassung 9262B Unterbrechung der Sitzung . . . 9262C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nr. 1800, z u 1800, 3300, z u 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nr. 515; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 516 bis 519, 521 bis 534) 9262D Zur Geschäftsordnung: Schütz (CSU) 9262D Unterbrechungen der Sitzung . . 9262D Allgemeine Beratung: Ollenhauer (SPD) 9263A Kriedemann (SPD) 9265D, 9292B Kunze (SPD) 9269A Schütz (CSU) .9271B Dr. Kather (CDU) 9273D Dr. Keller (Fraktionslos) 9275D Rische (KPD) 9277C Dr. Atzenroth (FDP) 9280A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 9281A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 9283A von Thadden (Fraktionslos) 9284C Dr. Reismann (FU) 9285D Loritz (Fraktionslos) 9288C Farke (DP) 9290B Dr. Ott (DP-Gast) 9291B Weiterberatung vertagt 9292C Ausschluß des Abg. Renner für 20 Sitzungstage 9292C Nächste Sitzung 9292D Die Sitzung wird um 9 Uhr 5 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Da ich das Pech habe, gerade an dieser Stelle auf der Rednerliste zu stehen, ist es meine Aufgabe, zu versuchen, die Debatte wieder in eine sachliche Form zu bringen.

    (Abg. Rische: Es war sachlich genug!)

    Gerade dieses Gesetz, das so große Opfer fordert

    (Zuruf von der SPD: Von den Geschädigtengruppen!)

    und entsprechend große Hilfen bringen soll, hätte von Anfang an nur mit rein sachlichen Argumenten behandelt werden dürfen. Denn es steht unter der Tragik, daß jede Lösung der Aufgabe, einen Lastenausgleich zu schaffen, als weitgehend unbefriedigend empfunden wird. Bei einem solchen Gesetz ist es leicht, Dinge herauszuzerren, an denen sich propagandistische Angriffe aufhängen lassen. Ich bedauere es daher außerordentlich, daß der Herr Kollege Ollenhauer in seiner Rede den Anfang zu solchem Verfahren gemacht hat.
    Wir haben im Ausschuß sachlich miteinander verhandelt und dabei auch viele Kompromisse gefunden. Daß wir in bestimmten Fällen nicht einig werden konnten, liegt an der grundsätzlichen Verschiedenheit unserer Auffassung. Wir wollten eine gerechte Lösung dieser uns gestellten Aufgabe unter Berücksichtigung der erlittenen Schäden. Sie haben von Anfang an erklärt, man dürfe nicht zurückblicken, sondern müsse sich damit begnügen, die vorhandenen sozialen Mängel und Schäden zu beseitigen. Wenn aber Herr Ollenhauer jetzt plötzlich erklärt, seine Fraktion habe so ungefähr allein das Interesse der Flüchtlinge vertreten, so übersteigt das doch schon das Maß des Erträglichen.

    (Sehr gut! bei der FDP. — Zuruf links.)

    Wir haben in ehrlichem Bemühen, unserem Volke zu helfen, diese Aufgabe angepackt und sind in der Belastung des erhalten gebliebenen Vermögens bis an die äußerste Grenze gegangen. Diese Tatsache ist zwar bestritten worden, sie wird aber leider schon in kurzer Zeit an manchen Stellen of fen-kundig werden. Wenn aus dem deutschen Volksvermogen zur gleichen Zeit Milliardenleistungen für Besatzungskosten und soziale Aufgaben, Investitionshilfe usw. erbracht werden, so ist das nur unter schärfster Anziehung der Steuerschraube möglich. Kommen dazu noch jährlich fast 2 Milliarden Abgabe für den Lastenausgleich, so ist damit in vielen Fällen die Grenze des Tragbaren bereits überschritten. Die bisherigen Leistungen konnten überhaupt nur dadurch erbracht werden, daß unsere Wirtschaftspolitik diese Erfolge aufgewiesen hat. Hinzu kommt, daß es auch in der Binnenwirtschaft eine Art von Transferproblem gibt, und niemand von uns kann heute schon voraussehen, welche Wirkungen sich aus dieser gewaltigen Eigentumsübertragung — der Vertreter des BHE hat das zwar bestritten, es handelt sich aber tatsächlich um eine gewaltige Eigentumsübertragung — für unsere Volkswirtschaft und für unser nationales Arbeits- und Sozialsystem ergeben werden.
    Die Vermögensabgabe, die hier vorgesehen ist, ist insbesondere bei dem ertraglosen Hausbesitz schon über das erträgliche Maß hinaus gesteigert worden. Die Vorwürfe, daß die Abgabesätze zu niedrig seien, entkräften sich selbst durch die Tatsache, daß in Grenzfällen den Abgabepflichtigen nur noch 40 % ihres Vermögens verbleiben, während die Empfangsberechtigten nach dem jetzigen Entwurf — ebenfalls in Grenzfällen natürlich — Entschädigung bis zur Höhe von 75 % erhalten. Der Ausgleich der Lasten ist hier also fast schon übersteigert.
    Diese Abgabe vom erhalten gebliebenen Vermögen war ja ursprünglich dazu bestimmt, einen Ausgleich für verlorenes Vermögen zu schaffen. Nach der jetzigen Fassung des Gesetzes wird aber ein erheblicher Teil der aus dem Vermögen kommenden Mittel als Hilfe für Bedürftige verwandt, also in den sozialen Teil der Leistungen geleitet. Wir haben diese Regelung von Anfang an unterstützt, und zwar nicht erst nach heftigen Auseinandersetzungen, Herr Kriedemann, wie Sie behauptet haben.
    Wir nehmen daraus aber die Berechtigung zu unserer Forderung, daß zusätzlich auch Mittel aus der öffentlichen nand gegeben werden. Die Linderung von Not, wie sie aus dem verlorenen Krieg entstanden ist, ist Aufgabe des gesamten Volkes, also der Gesamtheit der Steuerzahler, die sich in der öffentlichen Hand zusammenfinden. Die soziale Staffelung ist hierbei durch unser sehr progressives Steuersystem eingebaut. Auch die Heranziehung der Vermögensteuer zum Lastenausgleich ist aus dem Gedanken einer breiteren Streuung des Kreises der Abgabepflichtigen entstanden. Auch die nächste Generation, die in dem jetzt vor uns liegenden Menschenalter zu Vermögen kommt, soll ihren Anteil an der Gesamtlast mittragen.
    Ein Wort noch zur Währungsgewinnabgabe. Es wird beanstandet, daß die sogenannten Währungsgewinne nicht restlos erfaßt werden. Hier liegt nach unserer Meinung ein Versäumnis bei der Währungsreform vor. Was damals voll und ganz zur Verfügung gestanden hätte, wäre heute nur noch unter schweren volkswirtschaftlichen Erschütterungen erfaßbar. Übrigens wird die Hypothekengewinnabgabe in Anlehnung an die Regelung der Umstellungsgrundschulden immer in eine enge Verbindung mit dem Wohnungsbau gebracht, meiner Ansicht nach zu Unrecht. Bei dieser Abgabe handelt es sich um eine sehr harte Maßnahme gegen die Gläubiger, nicht etwa gegen die Hypothekenschuldner. Man sollt vielmehr auf die enge Verbindung dieser Abgabe mit dem Altsparerproblem hinweisen, und wir haben die feste Absicht, uns dieses Problems mit aller Entschlossenheit anzunehmen.
    Wenn unsere Ansichten über den Umfang der Mittel, die für die Wohnraumhilfe eingesetzt werden sollen, auseinandergehen, so darf ich noch darauf hinweisen, daß auch von der Wirtschaft in erheblichem Umfang Wohnraum für Geschädigte geschaffen worden ist. Diese Hilfe sollte man in jeder Weise weiterfördern und stützen.
    Wir alle, die wir eine quotale Entschädigung, also die Hauptentschädigung, begrüßen, bedauern es, daß für diesen wichtigen Zweck gerade in den ersten Jahren so geringe Mittel zur Verfügung stehen. Deshalb drängt sich die Frage auf, ob nicht ein Teil der für Förderungsmaßnahmen vorgesehenen Beträge für eine echte Eingliederung verwendet werden sollte. Wir werden vor allem alle Maßnahmen unterstützen, die dazu dienen, Mittel durch eine Vorfinanzierung zu beschaffen. Im übrigen aber werden wir in der dritten Lesung jeden der Anträge, die uns hier vorgelegt werden, ehrlich prüfen. Wir werden überprüfen, ob wir diesen Gedankengängen zustimmen können.

    (Abg. Seuffert: Also!)



    (Dr. Atzenroth)

    — Wir haben nicht die Absicht, Herr Kollege Seuffert — wie uns einmal bei einer Gelegenheit vorgeworfen worden ist —, rücksichtslos alle Anträge der Opposition mit Mehrheit niederzustimmen. Wir haben nur dann von unserer Mehrheit Gebrauch gemacht, wenn wir uns von den Argumenten, die uns vorgetragen worden sind, nicht haben überzeugen lassen können. Dann werden Sie uns das Recht, von der Mehrheit Gebrauch zu machen, nicht streitig machen können.
    Der Lastenausgleich muß jetzt endlich Wirklichkeit werden, selbst wenn wir noch einzelne Mängel an diesem Gesetz feststellen. Wir werden diesem Gesetz auf jeden Fall zustimmen. Deswegen rufe ich dem Bundestag zu: Fangen wir an!

    (Lachen bei der SPD und bei der KPD. — Abg. Seuffert: Hören wir auf!)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon einmal stand das Parlament unseres deutschen Volkes vor einer Lage, die der heutigen ähnlich ist — der Präsident des damaligen Reichstages sitzt ja noch unter uns —, als im Hochsommer 1925 von dem Deutschen Reichstag die Aufwertungsgesetzgebung beschlossen werden mußte. Während der schweren Ausschußverhandlungen habe ich manchmal nächtlicherweile die Protokolle gelesen. Auch die damaligen Kollegen, wenn ich so sagen darf, hatten oft die Sorge, ob die damaligen Probleme überhaupt lösbar seien. Oft scheinen gute, berühmte Männer, auch der Bürokratie, an der Aufgabe zu verzweifeln. Das Gesetz ist dann schließlich doch zustande gekommen. Aber die gestellte Aufgabe ist damals leider nur sehr unvollkommen gelöst worden. Viele enttäuschte Sparer verloren den Glauben an die Demokratie und an die Weimarer Verfassung. Die Söhne dieser enteigneten Familien sind dann in die braunen Bataillone gegangen und haben mitgeholfen, den 30. Januar 1933 herbeizuführen. Ein gnädiges Geschick möge uns vor einer Wiederholung einer solchen Entwicklung bewahren!
    In dieser Stunde müssen wir ruhig und sachlich das Pro und das Kontra der Vorlage prüfen, so wie sie jetzt für die dritte Lesung vorliegt und voraussichtlich Gesetz werden wird. Es ist leicht, draußen unsere Arbeit zu kritisieren. Es ist leicht, scheinbar selbstverständliche Forderungen zu erheben, die leider anderen, die zustimmen müssen, nicht selbstverständlich sind. Ich gebe Herrn Kollegen Kriedemann recht: es ist schon ein Unterschied, ob man ein solches Problem in der Stille der Studierstube löst oder hier steht und sich im Vordergrund aller Erwägungen immer die Frage erhebt: Wie bekomme ich eine Mehrheit, welche Ideen haben Aussicht, daß andere mitziehen? Das ist die Schwierigkeit, die auch von unseren Mitbürgern draußen gesehen werden muß. Wir müssen uns alle darüber klar sein — und ich glaube, meine Freunde haben es auch im Ausschuß bewiesen —, daß wir eben Kompromisse schließen und uns zusammenfinden müssen, um eine tragbare Basis für das Gesetz zu bekommen.
    In meiner Fraktion sind viele Kollegen in Sorge, ob dieses Gesetz durchzuführen und ob es volkswirtschaftlich und vom Standpunkt der Geschädigten aus einigermaßen vertretbar ist. Die Einwendungen gegen das Gesetz — um damit anzufangen — liegen auf der Hand. Zunächst die lange
    Laufzeit von 30 Jahren! Ich gehe noch einmal in die Vergangenheit, in das Jahr 1925, zurück. Die damals ausgegebene Altbesitzanleihe des Reiches lief auch 30 Jahre. In drei Jahren — 1955 — hätte sie abgelaufen sein sollen. Was ist aus dieser Altbesitzanleihe geworden, aus jenem Versuch, das riesenhafte Unrecht der Inflation etwas zu mäßigen! Bei einer solch langen Laufzeit weiß niemand, wie sich der Tauschwert der Währung entwickeln wird. Für die Auswirkung des Gesetzes ist es sehr wesentlich, ob der Tauschwert bleibt, wie er heute ist, ob er sich womöglich steigert oder ob er weiter sinkt. Dadurch kann das Gesetz in seinen Auswirkungen vollständig geändert werden. Ein weiterer großer Einwand ist die Unzulänglichkeit der Entschädigungsleistungen, die wir ja hier oft diskutiert haben und die uns besonders kraß beim Hausrat entgegentritt, also gerade der Entschädigung, die für die Masse der Betroffenen die entscheidende ist. In einer großen Anzahl von Punkten fühlt sich das dem Menschen angeborene Rechtsgefühl verletzt. Wie soll man es draußen verteidigen, wenn der Hauseigentümer seine Hypothekenschuld nicht mit seinen Geldverlusten bei der Währungsreform kompensieren kann, während umgekehrt bei der Kreditgewinnabgabe diese Saldierungsmöglichkeiten in großem Umfang gewährt werden. Ein weiteres Problem, das uns ja gerade auch in der zweiten Lesung viel Sorge gemacht hat, ist der § 38, die Saldierung der Verluste mit erhalten gebliebenem Vermögen. Der Mann draußen, der vielleicht ein Vielfaches des geretteten Vermögens im Bombenhagel oder als Ostflüchtling verloren hat, versteht es nicht recht, wenn er nun von dem Rest seines Vermögens noch eine Abgabe leisten muß und nur in bescheidenem Umfang Abgabeerleichterungen bekommt, die aber nachher wieder auf seine Entschädigung angerechnet werden. Wir wissen, daß dieser Regelung ein bestimmtes System zugrunde liegt, das schon die Regierungsvorlage enthielt und das wir auch während der Ausschußberatungen nicht mehr einfach ändern konnten. Diese Regelung belastet das ganze Gesetz und steht auf der negativen Seite.
    Aber neben diesen negativen Punkten, die klar herausgestellt werden müssen, stehen doch unzweifelhaft positive. Denjenigen, die abgeben müssen, kann man klar und deutlich nachweisen, daß gegenüber der Abgabenregelung im Soforthilfegesetz eine gerechtere Bemessung der Abgaben erfolgt ist, insbesondere dadurch, daß der Schuldenabzug zugelassen wird. Als zweiter Pluspunkt ist zu erwähnen, was schon Herr Kollege Atzenroth angedeutet hat: jetzt kommt wenigstens eine Heranziehung der Währungsgewinne! Die Tatsache, daß bei der Währungsreform 1948 große Gewinne gemacht worden sind, belastet das Rechtsgefühl jedes einzelnen von uns. Hier wird nun, wenn auch in einem durch die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten eingeschränkten Umfang, zugegriffen.
    Nun zur Entschädigungsseite. Gering sind die Hausratentschädigungen; aber sie sind doch sehr viel besser, als sie bisher waren. Das ist immerhin etwas, was erreicht worden ist.
    Wir schätzen es hoch ein, daß wir jetzt wenigstens einen klaren Rechtsanspruch auf die Hauptentschädigung haben, diese Hauptentschädigung, die sicherlich nicht, wie es, glaube ich, hier angedeutet worden ist, als Ausfluß einer kapitalistischen Haltung bezeichnet werden kann. Ach, meine Damen und Herren, lesen Sie doch die Prozentsätze der Entschädigung im § 269! Vielleicht wäre es


    (Dr. Dr. Nöll von der Nahmer)

    besser gewesen, man hätte im § 269 nicht gesagt, wieviel Prozent noch entschädigt werden, sondern hätte umgekehrt gesagt, daß die großen Vermögen zu 98 % enteignet bleiben und nicht entschädigt werden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    So sehen doch die Zahlen praktisch aus. Aber es ist wenigstens der Wille dokumentiert, den Rechtsanspruch zu gewähren und im Rahmen des Möglichen hier zu entschädigen.
    Wir halten es endlich für begrüßenswert, daß sich gerade auf dem Gebiete des Wohnungsbaus demjenigen, der sein Haus verloren hat, wieder eine gewisse Aussicht eröffnet, daß er auch Darlehen bekommt und auch wieder zu einem Eigenheim gelangen kann. Die entsprechenden Bestimmungen sind ja gerade in der zweiten Lesung eingeführt. An Stelle der bisherigen Ruinen soll wieder neues Hauseigentum entstehen.
    Wenn man so das Pro und Kontra abwägt, kommt man leider noch nicht zu einem zuverlässigen Ergebnis, weil wir noch mit einer Reihe von Unbekannten rechnen müssen, die für die Auswirkung und die Beurteilung des Gesetzes von schlechthin entscheidender Bedeutung sind. Da ist einmal das Problem der Vorfinanzierung. Es ist dazu schon von anderer Seite gesprochen worden; ich brauche hierzu nichts mehr zu sagen. Es ist ausschlaggebend, ob eine Vorfinanzierung in einem volkswirtschaftlich vertretbaren Ausmaß gelingt oder ob wir auf die unzulänglichen Mittel gerade jetzt in den entscheidenden Anfangsjahren angewiesen bleiben. Leider war es nicht mehr möglich, etwa beabsichtigte Novellen zu § 7 d des Einkommensteuergesetzes schon jetzt hier vorzulegen.
    Dann soll man eines nicht unterschätzen. Man soll früher gesagt haben, in Preußen seien die Gesetze schlecht, aber die Verwaltung gut, und das sei praktisch das Wesentlichere. Ich komme auch auf Grund meiner parlamentarischen Erfahrungen immer mehr zu der Überzeugung, daß die Auswirkung der Gesetze weitgehend von der Verwaltung abhängt, die die Gesetze durchführt. Diesen Punkt soll man nicht gering schätzen. Einer meiner Fraktionskollegen, der besonders sorgfältig arbeitet, hat sich die Mühe gemacht, festzustellen, daß in dem Buch, das dieses Gesetz darstellt, nicht weniger als 51 Rechtsverordnungen vorbehalten sind.

    (Hört! Hört!)

    Ich freue mich für unseren juristischen Nachwuchs, der später in den Ministerien sitzen und der jedenfalls ein großes Betätigungsfeld finden wird.

    (Abg. Seuffert: Wieviel Novellen haben Sie sich dazu vorbehalten?)

    — Das ist eine andere Frage, Herr Kollege Seuffert!

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Auf die kommt es dann auch nicht mehr an, Herr Kollege!)

    Es ist weiter entscheidend, ob es gelingen wird, die Veranlagung der neuen Abgaben möglichst rasch durchzuziehen. Hier sind Sorgen am Platze. Wir wissen, daß unsere Finanzämter jetzt schon überlastet sind. Die neuen Abgaben müssen so rasch wie möglich veranlagt werden, damit die Gelder dann auch eingehen. Wir haben hier die Bitte an die Bundesfinanzverwaltung, zusammen mit den Länderfinanzverwaltungen alles zu tun, was möglich ist, um die Finanzämter in die Lage zu versetzen, diese Aufgaben durchzuführen.
    Endlich ein Wort der Sorge an die vierzig oder fünfzig Männer in Deutschland, die als Länderminister praktisch die Mehrheit des Bundesrats darstellen und die nun nach der Verfassung innerhalb von zwei Wochen zu diesem von uns beschlossenen Gesetz Stellung nehmen müssen.

    (Zuruf rechts: Zustimmen müssen!)

    — Sie müssen zustimmen, jawohl. Wir können hier nur den Appell an diese Männer richten — die ja doch auch, wie wir, meistens Parlamentarier sind — und sie bitten, sich der Tatsache bewußt zu sein, daß es hier um grundsätzliche politische Fragen des ganzen deutschen Volkes geht. Niemand nimmt diesen Männern übel und niemand verwehrt ihnen ihr gutes Recht, wenn sie die unmittelbaren Landesinteressen im Bundesrat wahrnehmen und vertreten. Dafür ist der Bundesrat da. Aber wir haben Sorgen, wenn der Bundesrat seine bisherige Politik weiter fortsetzt und über die Wahrnehmung der unmittelbaren Länderaufgaben hinaus immer mehr und mehr Einfluß auf die allgemeine Bundespolitik ausübt. Auf der einen Seite stehen etwa fünfzig Länderminister und auf der anderen die 402 gewählten Abgeordneten ,des Volkes. Die Machtbefugnisse scheinen doch wohl in der Praxis nicht ganz klar ausbalanciert zu sein! Wir haben nur die Bitte und den Wunsch an die verantwortlichen Länderminister, daß sie bei den Bundesratsverhandlungen alles tun, um dieses Gesetz so rasch wie möglich — —

    (Abg. Seuffert: Schieben Sie doch nicht immer auf andere die Verantwortung!)

    — Ja, Herr Kollege Seuffert, — —

    (Abg. Seuffert: Tun Sie doch etwas dafür!)

    — Das heißt nicht, daß wir die Verantwortung abschieben wollen. Sie können doch nicht leugnen, daß diese Männer nach der Verfassung zu diesem Gesetz Stellung nehmen und zustimmen müssen

    (Abg. Seuffert: Wirklich?)

    und daß wir ohne die Mitarbeit dieser Männer gar nichts erreichen können.

    (Abg. Seuffert: Das hätten Sie schon lange überlegen sollen!)

    Wenn dieses Gesetz in Kraft treten wird — und hoffentlich sehr bald —, werden wir auch für unsere deutsche Volkswirtschaft ganz allgemein von diesem Gesetz weitere Auftriebskräfte erwarten können und dürfen. Je mehr wir die Geschädigten wieder eingliedern, je mehr neue Unternehmungen entstehen, je mehr auch das Gefühl wächst, daß hier versucht worden ist 'zu helfen, und je mehr das bedrückende Gefühl schwindet, daß keinerlei berechtigte Wünsche erfüllt sind, desto mehr können wir hoffen, daß die Produktivität und die Arbeitskraft unseres Volkes vermehrt werden und daß wir damit auch durch dieses Gesetz, so unvollkommen es ist, wieder einen Schritt vorwärtskommen.
    Wir haben eine Erbschaft übernommen, über deren Schwere wir uns täglich mehr klarwerden müssen. Die über uns hereingebrochene Katastrophe ist nicht rasch zu überwinden. Das wird Zeit erfordern und eine ungeheure, ständig steigende Kraftanstrengung nötig machen. Aber ich glaube mit meinen Freunden, daß dieses Gesetz trotz aller Mängel bei einem Vergleich der negativen und positiven Punkte doch positiv zu bewerten ist und daß es auf die Dauer auch eine gute Auswirkung innerhalb unserer gesamten Volkswirtschaft und in unserem gesamten Volkskörper zeitigen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)