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ID0121104500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 211. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 9255 211. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 9256B, 9262C Eintritt des Abg. Moosdorf in den Bundestag 9256C Begrüßung des Abg. Bazille nach seiner Genesung 9256C Austritt des Abg. Wittmann aus der Fraktion der DP/DPB 9256C Einspruch des Abg. Loritz gegen den ihm in der 210. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 520) 9256C, 9258B Beschlußfassung 9258C Ausscheiden des Abg. Dr. Schäfer aus der deutschen Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarats und Zuwahl des Abg. Dr. Freiherrn von Rechenberg 9256D, 9262C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze 9256D Gesetz über die Aufhebung einiger Polizeiverordnungen auf dem Gebiet des Verkehrs mit Arzneimitteln 9256D Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 9257A Bericht des Bundesministers der Justiz über die Angelegenheit des tschechoslowakischen Staatsangehörigen Frantisek Kroupa (Nr. 3368 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über den Ausbau der Bundesstraßen 51 und 54 (Nr. 3357 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über das Freiburger Flugplatzprojekt (Nr. 3358 der Drucksachen) 9257A Zwischenbericht des Bundeskanzlers über die Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 3359 der Drucksachen) 9257A Ergänzende Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit zur Anfrage Nr. 231 der Fraktion der SPD betr. Möglichkeiten der Einberufung einer europäischen Regionalkonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (Nrn. 2826, 2895, 3046, 3366 der Drucksachen) 9257A Kleine Anfrage Nr. 260 der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen gegen Besatzungsnotstände in Bad Oeynhausen (Nrn. 3299, 3367 der Drucksachen) . . . . 9257B Kleine Anfrage Nr. 263 der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer u. Gen. betr. Wertpapierbereinigung (Nrn. 3309, 3361 der Drucksachen) 9257B Zur Tagesordnung 9257B Antrag der Gruppe der KPD auf Aufsetzung eines Antrags auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses betr. Überprüfung der Vorgänge in Essen am 11. Mai 1952 auf die Tagesordnung . 9257C Renner (KPD) 9257C Unterbrechung der Sitzung . . . 9258B Widerspruch gegen Aufsetzung 9258B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe (Nr. 3333 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 3345 der Drucksachen) 9258C Dr. Semler (CSU), Berichterstatter . 9258C Wehner (SPD) ' 9259C Abstimmungen 9259C, 9260A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Teuerungszulagenänderungsgesetz — TZAndG —) (Nr. 3217 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3337 der Drucksachen) 9260A Meyer (Hagen) (SPD), Berichterstatter 9260B Abstimmungen 9261B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) (Nr. 3354 der Drucksachen) 9261C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 9261C Beschlußfassung 9262B Unterbrechung der Sitzung . . . 9262C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nr. 1800, z u 1800, 3300, z u 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nr. 515; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 516 bis 519, 521 bis 534) 9262D Zur Geschäftsordnung: Schütz (CSU) 9262D Unterbrechungen der Sitzung . . 9262D Allgemeine Beratung: Ollenhauer (SPD) 9263A Kriedemann (SPD) 9265D, 9292B Kunze (SPD) 9269A Schütz (CSU) .9271B Dr. Kather (CDU) 9273D Dr. Keller (Fraktionslos) 9275D Rische (KPD) 9277C Dr. Atzenroth (FDP) 9280A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 9281A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 9283A von Thadden (Fraktionslos) 9284C Dr. Reismann (FU) 9285D Loritz (Fraktionslos) 9288C Farke (DP) 9290B Dr. Ott (DP-Gast) 9291B Weiterberatung vertagt 9292C Ausschluß des Abg. Renner für 20 Sitzungstage 9292C Nächste Sitzung 9292D Die Sitzung wird um 9 Uhr 5 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Schütz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Haus hat in seiner nun fast dreijährigen Arbeit manches Gesetz in einer Zeit verabschiedet und verabschieden müssen, die einen Bruchteil von der Zeit ausmacht, in der man in den sogenannten normalen Zeiten gleich bedeutungsvolle Gesetze zu verabschieden pflegte. Wenn das Lastenausgleichsgesetz, das wir heute in dritter Beratung zu verabschieden beginnen, unvoreingenommen betrachtet wird, wenn es einmal in Geltung sein sollte, dann wird es im Bereich der Bundesrepublik nur ein einziges Gesetz geben, das man mit diesem Gesetz vergleichen kann, nämlich das Bürgerliche Gesetzbuch,

    (Lachen links — Abg. Loritz: Oho!)

    was Umfang und Tiefenwirkung betrifft. Daran aber haben unsere Großväter volle 22 Jahre gearbeitet.

    (Zurufe von der KPD: Da findet man sich auch nicht durch! Wir erleben das Gesetz nicht mehr! — Abg. Loritz: So ein Senf!)

    Meine Damen und Herren, ich darf alle Beteiligten, auch diejenigen draußen im Lande, bitten, einmal an die bitteren Vorwürfe zu denken, die man diesem Hause gemacht hat — diesem Hause ohne Unterschied der Fraktionen —, weil es etwa 15 Monate dazu gebraucht hat, dieses Gesetz zu verabschieden. Nein! Diese Generation ohne Unterschied der politischen Richtung ist nicht um so viel gescheiter und um so viel gelenker, als es unsere Großväter waren. Ich will gar nicht für uns in Anspruch nehmen, daß unser Gesetz, das heute zur Diskussion steht, etwa so fein ausgearbeitet ist wie das Bürgerliche Gesetzbuch. Aber ich bitte, auch zu vergleichen, daß zwischen 15 Monaten und 22 Jahren auch in der deutschen Bundesrepublik 1951 etliche Unterschiede bestehen.

    (Zurufe links: 1952! — Lachen links. — Zuruf von der KPD: Kluges Kerlchen!)

    — Es sind nicht alle so gescheit wie die anderen
    Leute. —

    (Heiterkeit.)

    Wir wissen es: 2560 Tage warten die Betroffenen, oft in einer unvorstellbaren Notlage, auf diesen Lastenausgleich.

    (Zuruf von der SPD: Auf diesen?— Abg. Loritz: Daran seid ihr schuld, daß sie schon so lange warten müssen!)

    Aber dieser Bundestag ist erst rund 950 Tage überhaupt am Leben.

    (Lachen links. — Abg. Loritz: Das langt, um ein Gesetz zu machen!)

    Er ist nicht dafür verantwortlich, daß eine Diskrepanz zwischen 2500 Tagen und den 950 Tagen entstanden ist.

    (Zuruf von der SPD: Wieviel Minuten sind das?)

    Die ungeduldig Wartenden haben recht mit ihrer Ungeduld. Aber die Männer und Frauen dieses Hauses — und ich darf sagen, trotz der spöttischen Zwischenrufe, ohne Unterschied der politischen Richtung — haben mit der Hingabe ihrer ganzen Persönlichkeit in diesen 15 Monaten an der Gesetzwerdung und an der Fertigstellung gearbeitet.
    Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf, der heute diesem Hause zur dritten Beratung vorliegt, ist — davon sind wir überzeugt — nicht der Weisheit letzter Schluß. Dieses Gesetz wird die deutsche Bevölkerung in drei Teile einteilen: in solche, die etwas abzugeben haben;

    (Zuruf von der KPD: Dreiklassenwahlrecht!) in solche, die etwas zu empfangen hoffen;


    (Zuruf von der KPD: Wirklich? Hoffen?)

    und in solche, die weder — noch!


    (Schütz)


    (Zuruf von der KPD: Die enttäuscht werden!)

    — Enttäuscht werden sie alle sein; das steht außer Zweifel.

    (Zuruf links: Die einzige Wahrheit!)

    — Meine Damen und Herren von dort drüben (zur KPD), wir hätten der Bevölkerung diese Enttäuschung ersparen können, wenn Sie nicht dieses Unglück veranlaßt hätten!

    (Beifall bei der CDU. — Lachen und Zuruf bei der KPD: Herr Schütz, denken Sie an Ihre Vergangenheit!)

    Wo die letzte Grenze für die möglichen Belastungen liegt, das kann mit einer absoluten Sicherheit weder auf dieser Seite noch auf jener Seite jemand bis ins letzte sicher behaupten. Auf beiden Seiten kann nur mit der größten Vorsicht geschätzt und angenommen werden. Aus diesen beiderseitigen Schätzungen, Überlegungen und Annahmen ist das Ergebnis, wie es dieser Entwurf enthält, zustande gekommen. Wesentliche Differenzen über das Ausmaß der Belastungen und der Belastungsmöglichkeiten sind während der 15monatigen Beratungen im Ausschuß nicht aufgetreten.

    (Sehr gut! und Sehr richtig! bei der CDU.) Soweit sie vorhanden waren, hat die Spezialdebatte in der zweiten Beratung die deutsche Öffentlichkeit darüber unterrichtet.

    Dagegen gab es von Anfang an über die sogenannte Verteilerseite grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten. Auch sie sind in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit eingehend diskutiert worden. Im wesentlichen standen einander zwei Auffassungen gegenüber. Einmal sagte man, man solle bei der Verteilung nicht nach rückwärts schauen; man solle die Mittel nach dem Zustand der Geschädigten, wie er hier und heute gegeben ist, nach den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen verteilen. Unter allen anderen grundsätzlichen Einwendungen schienen uns — d. h. meinen politischen Freunden — aber für eine solche Entscheidung die letzten objektiven Maßstäbe zu fehlen. Wer entscheidet denn darüber, wo die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse im einzelnen beginnen? Daher entschied sich meine Fraktion und mit ihr die Mehrheit im Ausschuß dafür, daß der tatsächliche Verlust an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, an Hausbesitz, an Betriebsvermögen sowie an Gegenständen zur Berufsausbildung der Ausgangspunkt für die Entschädigung sein sollten. Für diese Entscheidung plädierten ohne Ausnahme auch alle Geschädigtenverbände, sowohl die der Heimatvertriebenen als auch die der Kriegssachgeschädigten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Was also die prinzipielle Frage der Verteilerseite betrifft, so befindet sich die Mehrheit dieses Hauses und die Mehrheit des Ausschusses im Einvernehmen und in Übereinstimmung mit den beiden großen Geschädigtengruppen bzw. ihren Repräsentanten. Daß darüber hinaus auch den dringendsten sozialen Erfordernissen Rechnung zu tragen versucht wurde, beweisen die im Gesetz vorhandenen Lösungen.
    Lassen Sie mich mit ein paar Zahlen darauf eingehen! Von den etwa 45 Milliarden DM, die aufzubringen sind, entfallen auf die Kriegsschadenrente rund 10 Milliarden DM, auf die Hauptentschädigung mit Zinsen rund 18 Milliarden DM, auf die Hausratentschädigung 7 Milliarden DM, auf die Wohnraumhilfe rund 3 Milliarden DM, auf den Härtefonds 1 Milliarde DM und auf die sonstigen
    Förderungsmaßnahmen rund 2 Milliarden DM. Wenn Sie diese Summen jetzt auseinanderlegen, dann werden Sie, ohne daß Sie es vielleicht beabsichtigen, feststellen, daß rund 21 Milliarden DM — nämlich die 10 Milliarden DM für die Kriegsschadenrente und die Summen für die Wohnraumhilfe, den Härtefonds und die Hausratentschädigung
    — auf den sozialen Sektor entfallen.

    (Abg. Kriedemann: Die Hausrathilfe eine soziale Leistung?)

    — Wenn Sie die Hausrathilfe auf die Entschädigungsseite nehmen, dann bleiben auf beiden Seiten 21 Milliarden, sowohl auf der Entschädigungsseite
    — nämlich die 18 plus 3 für die Hausratentschädigung — als auch auf der anderen, der sozialen Seite.

    (Zurufe links.)

    Meine Damen und Herren, aus diesen Zahlen ist ersichtlich, daß hier niemand sagen kann, daß es ein einseitiger, nur nach der Hauptentschädigung, also nach den ehemaligen Besitzbürgern hinneigender Lastenausgleich wäre.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber noch einmal wiederholen, was der Kollege Kunze schon ausgesprochen hat. Herr Kollege Kriedemann, Sie werden es nicht bestreiten können, daß bei der ersten Lesung, wo das Thema „Unterhaltshilfe" angesprochen wurde, überhaupt niemand im Ausschuß dagewesen ist, der nicht damit übereingestimmt hätte, an der Lösung der Unterhaltshilfe, wie sie das Soforthilfegesetz vorsah, zum mindesten nach unten hin nicht zu rütteln.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Darauf hat von Anfang an die ganze Arbeit gefußt.
    Nun lassen Sie mich ein Wort zu der Hauptentschädigung sagen! Der Kollege Kriedemann hat dankenswerterweise gar nicht bestritten, daß sich die Kollegen von seiner Fraktion im Grundsatz für eine Hauptentschädigung ausgesprochen haben. Ich stimme mit dem Kollegen Kunze und vielleicht auch — auch wenn Sie manchmal ein spöttisches Wort über die kleinen Geister haben —

    (Zuruf von der SPD)

    mit Ihnen überein, daß man über die Höhe streiten kann Das ist die Wahrheit. Aber ich glaube, Sie werden mit mir übereinstimmen, daß es in der Demokratie eine Spielregel gibt: Wenn sich eine Mehrheit für ein System ausgesprochen hat, dann ist eben durch diese Majorität eine Autorität gesetzt, und wer diese Spielregel lächerlich macht, der macht die Demokratie lächerlich!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist wahr — und Sie brauchen uns davon nicht zu überzeugen —, daß man mit einer Majorität nicht immer Wahrheit finden und setzen kann.

    (Zurufe von der SPD.)

    Aber in der Demokratie ist uns keine andere Spielregel gesetzt als die, durch eine Mehrheit eine Autorität zu setzen.

    (Zurufe links. — Abg. Loritz: Welch merkwürdige Auffassung von Demokratie!)

    — Herr Kollege Ollenhauer. ich habe nicht die Absicht. mit Ihnen in der gleichen Art zu diskutieren wie Sie mit uns! Ich darf Ihnen sagen, es war ein Schmerz

    (Abg. Ollenhauer: So?)

    — jawohl! —, bei diesem Anlaß die Töne — um mit Ihrem Wort zu sprechen: die Musik — in der


    (Schütz)

    Art feststellen zu müssen, wie wir das bei Ihren Ausführungen erlebt und gehört haben. Ich möchte es mit dem großen Sozialisten Ignazio Silone halten, an dessen Buch „Brot und Wein" sich in der schlimmen Zeit der Diktatur mancher aus Ihren Kreisen erbaut und aufgerichtet hat. Er sagt:
    Die wahre Demokratie, der ehrliche politische Kampf kann nur auf Toleranz, dem friedlichen Beisammenleben und der gegenseitigen Achtung aller Bürger, welcher verschiedenen Anschauung sie auch sein mögen, begründet sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Loritz: Das wäre gut! Das merkt euch wohl! — Gegenrufe von der Mitte: Ruhe!)

    Aber ein paar Worte möchte ich doch dazu sagen. Man hat hier gesagt, dieses Lastenausgleichsgesetz sei einfach ein Glied in der Kette einer sehr abscheulichen Politik, die in den letzten Jahren abgelaufen ist. Selbstverständlich gibt es in der Politik — auch in der Wirtschaftspolitik — keine Dogmen; da kann man sowohl — als auch denken. Aber wenn wir uns heute fragen, ob sie wirklich so verwerflich war nach all dem, was seit 1949 seit dieses Haus angetreten ist, geschah,

    (Abg. Rische: Angetreten ist gut! — Abg. Loritz: Abgetreten wäre besser!)

    dann möchte ich doch sagen, daß diese Politik vor der Geschichte unseres Volkes durchaus bestehen kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Als wir 1949 die Regierung Adenauer bildeten, da gab es 20 Millionen Menschen in diesem Staate, die Löhne, Gehälter, Unternehmergewinne, Für-
    ;) sorge oder Renten oder Pensionen empfingen. 1948 lag bei fast 7 Millionen dieser 20 Millionen — das ist mehr als jeder Dritte — das monatliche Durchschnittseinkommen unter 100 DM. Heute sind es 22 Millionen Menschen, die Löhne, Gehälter oder andere Einkommen haben. Von diesen 22 Millionen Menschen sind — Gott sei es geklagt — noch 3 Millionen in der gleichen armseligen sozialen Lage wie die 7 Millionen, die 1948 in dieser Lage waren.

    (Abg. Frau Krahnstöver: Und die Preissteigerung!)

    Sie können nun sagen: das ist eine Schande, daß es noch die 3 Millionen gibt. Ich darf aber sagen: Es ist ein Verdienst, daß es 4 Millionen weniger geworden sind!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mellies: Von den Preissteigerungen inzwischen haben Sie nichts gehört, Herr Schütz? — Abg. Loritz: Dafür sind die Preise höher geworden! — Zurufe von der KPD und Gegenrufe von den Regierungsparteien.)

    Es ließe sich aber auch noch ein anderes Wort sagen, Herr Kollege Mellies, z. B. folgendes: In diesem Raum, in dem es heute 47 Millionen Menschen gibt, gab es 1938 36 Millionen Menschen. In den letzten Kriegsjahren und in den ersten Nachkriegsjahren sind durch den Bombenhagel und
    die Demontagen rund 50 vom Hundert aller industriellen Arbeitsplätze zerstört worden. Wir beschäftigen heute an den restlichen 50 % der Arbeitsplätze dreieinhalb Millionen Menschen mehr als in Hitlers größtem Aufrüstungsmonat, dem Oktober 1936.

    (Zuruf des Abg. Loritz.) Das ist nicht allein das Verdienst der Regierung

    Adenauer, ganz gewiß nicht. Aber das ist auch
    ein Verdienst dieser Regierung Adenauer,

    (Abg. Loritz: Aha!)

    und so schlecht war die Wirtschaftspolitik, wie Sie sie hier darzustellen versuchten, nicht.

    (Abg. Kriedemann: Aber schlecht genug!)

    Sie haben mit Recht gesagt, daß sich der grüßte Teil der Geschädigten aus den kleinen Leuten, den Arbeitnehmern rekrutiere. Wer dazu einen Beitrag geleistet hat, diesen kleinen Leuten einen Arbeitsplatz zu verschaffen, der hat wahrlich auch einen Beitrag zum Lastenausgleich geleistet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieser Lastenausgleich — ich sagte es schon — wird auf beiden Seiten keine Begeisterung auslösen; dessen sind sich alle, die daran mitgearbeitet haben, voll bewußt. Aber dieser Lastenausgleich will ein Beitrag sein auf dem Wege zur Schaffung einer neuen sozialen Ordnung in diesem armen Deutschland.
    Ich möchte noch ein Wort nach der andern Seite sagen. Es gibt viele Leute — auch auf dieser Seite —, die es gerne gesehen hätten, wenn es möglich gewesen wäre, daß für dieses Gesetz eine Mehrheit hätte geschaffen werden können, die weit über die sogenannte Regierungsmehrheit hinaus geht.

    (Abg. Schoettle: Das haben Sie noch immer in der Hand!)

    — Jawohl, wir geben die Hoffnung noch nicht auf.

    (Abg. Frau Krahnstöver: Wir auch nicht! — Abg. Schoettle: Dafür muß man aber auch etwas tun!)

    Lassen Sie mich nur ein Wort sagen. Von 1884 bis zur Jahrhundertwende ist in diesem Deutschland kein Sozialversicherungsgesetz beschlossen worden, für das diese Seite ja gesagt hätte.

    (Zurufe von der SPD: Na, na!)

    — Jawohl, bis zur Jahrhundertwende habe ich gesagt, Frau Schroeder. Es hat aber nicht lange gedauert nach der Jahrhundertwende, da war man sich nicht nur bei den Vätern dieser Seite (rechts), sondern auch bei den Vätern dieser Seite (links) darüber einig, daß es eine klassische deutsche Sozialgesetzgebung gewesen sei, die damals begonnen worden ist.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Vielleicht gibt die Entwicklung auch den paar unverbesserlichen Optimisten dieses Hauses recht, daß selbst in den Kreisen, die sich heute nicht entschließen können, einmal die Stunde reift, in der man sagt: es ist etwas Ordentliches daraus geworden.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Dazu wollten wir heute mit dieser dritten Lesung den ersten Grundstein legen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Linus Kather


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anläßlich der dritten Lesung dieses Gesetzes erscheint es mir angebracht, noch einmal auf einen Punkt hinzuweisen, der auch in der Präambel angesprochen ist, nämlich darauf, daß I das Lastenausgleichsgesetz und der damit erstrebte


    (Dr. Kather)

    Zweck, die Eingliederung der Vertriebenen, in keinem Widerspruch steht zu unserm Anspruch und unserm Recht auf die Heimat. Im Gegenteil, wir sind der Überzeugung, daß die Rücksiedlung, wenn wir sie eines Tages vornehmen können, mit Erfolg nur durchgeführt werden kann, wenn die körperliche, seelische und auch die wirtschaftliche Substanz der Vertriebenen erhalten geblieben ist,

    (Sehr richtig! bei der CDU)

    und das kann nur geschehen, wenn sie in die westdeutsche Wirtschaft eingegliedert werden.
    In der Präambel ist auch das Wort von dem Anspruch enthalten und das Wort „Rechtsanspruch" vermieden. Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen und möchte mich auch durch keine Kritik davon abhalten lassen, noch einmal herauszustellen, daß wir einen Rechtsanspruch auf eine gerechte Verteilung der Kriegs- und Kriegsfolgelasten zu haben glauben. Wir sind durchaus für die Ausgestaltung des Lastenausgleichs nach sozialen Gesichtspunkten und haben uns diesen Anforderungen auch nicht verschlossen; aber es darf nicht in die Umkehr gegangen werden, als ob der Rechtsanspruch überhaupt nur noch etwas ist, das ganz hinten rangiert und auf das angewiesen ist, was übrigbleibt. Ich habe schon neulich gesagt, daß gerade die Höchstgrenze, die Entschädigung von 15.000 DM, uns eine Negation nicht nur des Rechtsanspruchs, sondern auch des Begriffs vom Privateigentum zu sein schiene, auch wenn man da nur an mittlere Vermögen dachte. Herr Kriedemann hat heute vorgetragen, daß für 50 000 oder 52 000 Menschen eine Milliarde aufgewendet werden solle. Ich glaube, die Zahl ist etwas zu hoch gegriffen. Aber, meine Damen und Herren, wenn man von dem Gesamtaufkommen von 60 Milliarden ausgeht und dann zu der Konsequenz kommt, daß davon 59 Milliarden für kleine und mittlere Vermögen Verwendung finden sollen und eine Milliarde für größere Vermögen, dann scheint mir das auch kein sicherer Beweis für eine asoziale Haltung zu sein.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien. — Abg. Pelster: Außerdem ist es nur behauptet!)

    Meine Damen und Herren, der Lastenausgleich nach unseren Begriffen schließt die Forderung nach einer echten Vermögensumschichtung, nach einem Eingriff in die Substanz ein; denn sonst kann man nicht von einer Neuverteilung des Zufallsbesitzes, wie ihn der Krieg übriggelassen hat, sprechen. Es ist festzustellen, daß im Gesetz, wie es uns jetzt in der Fassung der zweiten Lesung vorliegt, davon nichts zu finden ist. Der von uns gestellte Antrag, daß gewisse Abgabepflichtige eine anderthalbfache statt der einfachen Annuität zahlen sollen — das war das letzte, was man als direkten Eingriff in die Substanz wohl ansehen konnte —, ist abgelehnt worden. Man hat die Form der Vermögensteuer gewählt und hat die Abgabe auf 30 Jahre verrentet. Wir stehen damit vor der Tatsache, daß der Lastenausgleich von einer falschen Grundkonzeption ausgeht, nämlich von der Verrentung auf 30 Jahre, und dann doch für die Abgabe ein Stichtagvermögen zugrunde lest. Das ist -bei so langer Zeitdauer nicht sinnvoll. Es ist unzweifelhaft, daß nach 30 Jahren — schon ein sehr viel kürzerer Zeitraum wird das erweisen — diese Vermögen sich fast ganz oder zum großen Teil verflüchtigt haben werden. Deshalb ist für die Vertriebenen nach meiner Auffassung diese Konzeption, die sich in diesem Stadium leider nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg angreifen läßt, nur tragbar, wenn diese Mängel durch eine starke Vorfinanzierung ausgeglichen werden und dadurch der Bedarf für die ersten Jahre sichergestellt wird.

    (Richtig! bei der CDU.)

    Wir haben diesen Bedarf für die ersten Jahre — ich brauche das hier nicht zu sagen —, sonst kommt für allzu viele die Hilfe zu spät.
    Die Bilanz sieht traurig aus; daran ist kein Zweifel möglich. Darüber wollen wir aber nicht verschweigen oder_ übersehen, daß dieses Gesetz auch wesentliche Verbesserungen bringt. Ich nenne nur zwei: die Kriegsschadenrente und die Hausratentschädigung. Die Hausratentschädigung ist natürlich für die Forderungen, die von unseren Leuten gerade in dieser Hinsicht erhoben werden, auch dann unbefriedigend, wenn 500 Millionen im' Jahr dafür zur Verfügung gestellt werden. Aber vergleicht man diese Zahl mit dem, was bisher gegeben worden ist, so ist fraglos ein Fortschritt festzustellen.
    Schlechter sieht die Situation für eines unserer ersten Anliegen aus, nämlich für die produktive Eingliederung der Vertriebenen. Auch darüber brauche ich nichts mehr zu sagen, nachdem ich neulich auf die Notlage der Bauern, der Gewerbetreibenden usw. hingewiesen habe, die endlich wieder einen Start machen wollen. Nach der Rechnung, die uns aufgemacht ist, haben wir im ersten Jahre 200 Millionen für die Eingliederungshilfe. Diese 200 Millionen sind wegen der Übergangsschwierigkeiten noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen. Ich glaube aber, daß sich das kassenmäßig überwinden lassen wird. Damit ist jedoch der Bedarf, den wir auf eine Milliarde pro Jahr in den ersten drei Jahren beziffert haben, nicht gedeckt. Er kann nur auf zwei Wegen gedeckt werden: durch Erhöhung der Abgabe und Vorfinanzierung.
    In der Frage der Heranziehung der öffentlichen Hand können wir uns der Auffassung der Sozialdemokratischen Partei nicht anschließen, einfach aus der Tatsache heraus, daß wir jetzt schon zu wenig Gelder haben.

    (Zuruf des Abg. Kriedemann.)

    — Ja, Herr Kriedemann, wir können es nicht machen wie der Bundesrat, der auf der einen Seite durch Erhöhung der Ausgaben um 300 Millionen den Topf geschmälert und auf der anderen Seite — um das „auszugleichen" — die Einnahmen um 300 Millionen gekürzt hat.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

    Ich glaube aber auch — ich sagte das heute schon —, daß ein Grund vorliegt, die öffentliche Hand insoweit heranzuziehen, denn sie hat echte Ersparnisse. Kein Vertriebener wird meiner Auffassung nach das Gefühl haben, daß er nun doch Wohlfahrtsempfänger ist, wenn die öffentliche Hand diese 250 Millionen zurückgibt. Denen ist das vollkommen egal; Hauptsache, daß sie selbst nichts mit dem Wohlfahrtsamt zu tun haben und daß sie einen Rechtsanspruch haben.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir haben in der zweiten Lesung vier Vorschläge zur Erhöhung des Aufkommens gemacht: Vermögensteuer, Erhöhung der Abgabe bei Landwirtschaft und Hausbesitz um 1 %, Heranziehung des Hausratsvermögens und des Kirchenvermögens. Den Antrag auf Heranziehung des Hausratsver-


    (Dr. Kather)

    mögen haben wir in zweiter Lesung zurückgezogen. Ich möchte den Grund dafür angeben: wir haben diese Forderung, die wir für gerechtfertigt halten, nicht aufgegeben; wir wollten aber, nachdem feststand, daß die Mehrheitsparteien und die Opposition diesen Antrag nicht unterstützen, das Haus nicht damit aufhalten. Wenn ich jedoch Unterstützung bekomme, dann könnten wir darüber reden.
    Wir haben Vorschläge für die Vorfinanzierung gemacht. Im Gesetz haben wir den Bonus. Es ist uns zugesagt worden — allerdings bisher nicht in verbindlicher Form —, daß der Weg über den 7 d gegangen werden soll. Unser Antrag sieht weiter eineinhalbfache Annuitäten, steuerliche Vergünstigungen und die Möglichkeiten von Anleihen vor. Man braucht nicht alle diese Wege zu gehen, aber man sollte sie doch insoweit gehen, daß unser Rechtsanspruch und das Bedürfnis für die ersten Jahre wenigstens annähernd gedeckt wird.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, wäre es nicht eine reizvolle Angelegenheit, Herrn Kriedemann einmal den Nachweis zu erbringen, daß es doch manchmal ganz gut ist, wenn sich einer auf dem Marktplatz hinstellt und schreit?

    (Abg. Heiland: Er wird nur heiser dabei! — Heiterkeit.)

    — Ich bin nicht davon heiser geworden, denn ich habe letzten Sonntag den Marktplatz ängstlich gemieden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich habe auf diesen beiden Kundgebungen eine
    Vorfinanzierung von etwa 3 Milliarden für die
    ersten drei Jahre gefordert. Es wäre doch sehr
    schön, wenn sich bei dieser Gelegenheit im Bundestag herausstellte, daß ich damit nichts Unmögliches
    gefordert habe, und wenn Sie diese Forderung uns
    wenigstens in etwa bewilligten. Herrn Kriedemann
    muß ich aber sagen, daß das echte Anliegen und
    die echte Not, die uns zu dieser Demonstration gezwungen haben, mit derartigen Vokabeln kaum
    richtig gewürdigt und von den Vertriebenen — —

    (Abg. Kriedemann: Da müssen Sie anders reden! Diese Vokabeln nützen den Leuten nichts!)

    — Tun Sie das ruhig, Herr Kriedemann; aber Sie tun sich damit keinen Dienst.
    Der Vergleich der Leistungen aus dem Lastenausgleich mit den Leistungen zum Wehrbeitrag drängt sich geradezu zwangsläufig auf. Es wird immer so sein, daß die Vertriebenen und die anderen Geschädigten sagen: Dort ist in einem Jahr mehr da als für uns in drei Jahren! Oder man wird sagen: Die eine Milliarde, die wir für die produktive Eingliederung haben wollen, bekommen wir nicht, aber für den Wehrbeitrag ist fast die gleiche Summe in einem Monat zu zahlen! Meine Damen und Herren, der Zusammenhang kann auch gar nicht in Abrede gestellt werden. In der Begründung zu diesem Gesetzentwurf ist ausdrücklich gesagt, daß jede Leistung aus dem Lastenausgleich einen echten Beitrag zur Verteidigung darstellt. Der Herr Bundeskanzler hat das von dieser Stelle am 7. Februar betont und sogar von einem Vorrang der sozialen Leistungen gesprochen. Ich glaube auch, daß die Erkenntnis, daß das eine ohne das andere — und das gilt für beide — wenig sinnvoll ist, Allgemeingut und unbestritten ist.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Deshalb sollten wir die Relationen und Vergleiche
    der Größenordnungen sehr ernst nehmen. Denn die
    Leute, die auf den Lastenausgleich warten, werden
    diese Vergleiche anstellen und sie werden das alles sehr ernst nehmen. Ich glaube, daß die Bundesregierung gerade diesem Gesichtspunkt in den Verhandlungen mit den Westmächten eine besondere Bedeutung und eine besondere Aufmerksamkeit beimessen sollte. Nur wenn wir den sozialen Frieden durch dieses Gesetz gewinnen, hat ein Verteidigungsbeitrag Sinn und Zweck.
    Die Vertriebenen haben — das ist ebenfalls nicht zu bestreiten — einen großen Anteil an dem Aufbau der westdeutschen Wirtschaft.

    (Abg. Schütz: Sehr richtig!)

    Leider ist auch nicht zu bestreiten, daß dieser Anteil größer an der Arbeit war als am Gewinn. Wir sollten auch eines nicht außer acht lassen; auch was aus dem Lastenausgleich den Geschädigten zugute kommen wird, wird letzten Endes wieder der gesamtdeutschen Volkswirtschaft zugute kommen. Wir dürfen gerade in dieser Stunde die Gesamthaftung des deutschen Volkes — das ist heute schon einmal angedeutet worden — für einen gemeinsam geführten und verlorenen Krieg nicht außer acht lassen. Wenn man aber diesen Gesichtspunkt wirklich bewertet und berücksichtigt, dann kann man nicht zu dem Ergebnis kommen, hier sei etwas ex caritate zu bewilligen. Hier ist vielmehr ein echter Anspruch auf Entschädigung festzustellen, das wollen wir nicht außer acht lassen. Der Deutsche Bundestag darf gerade bei dieser Frage nicht versagen. Ich bitte doch einmal zu überlegen, ob es nicht möglich ist, durch eine Erhöhung des Aufkommens, z. B. durch die Heranziehung des Stichtagvermögens zur Vermögensteuer und durch ins Gewicht fallende Vorfinanzierungsmaßnahmen, den Geschädigten wenigstens für die ersten drei Jahre den Betrag zu geben, den sie zur Eingliederung ihrer Schicksalsgenossen brauchen und den ja auch das ganze deutsche Volk braucht. Denn letzten Endes ist nichts so teuer wie das Geld, das für Arbeitslose dahingegeben wird.

    (Abg. Schütz: Sehr richtig!)

    Mit Deklamationen und der Aussicht auf Novellen können wir uns allerdings nicht abfinden. Es müßten dann schon konkrete Vorschläge hierzu gemacht werden. Es geht hier schließlich um mehr als Geld und Geldeswert.
    Meine Damen und Herren, ich habe die herzliche Bitte gerade an die Mehrheit des Hauses — denn sie ist kraft ihrer Mehrheit für das Gesetz verantwortlich —: prüfen Sie, wie das heute schon von anderer Seite gefordert wurde, noch einmal ernsthaft die Situation! Prüfen Sie wirklich ernsthaft die Möglichkeiten, die die deutsche Wirtschaft hat, und geben Sie uns einen Lastenausgleich, zu dem auch wir ja sagen können!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD. — Abg. Kriedemann: Wo sind die Anträge? — Abg. Dr. Kather: Die kommen, die sind noch in der Bearbeitung! — Gegenruf von der SPD: Das freut uns!)