Rede von
Dr.
Johannes
Semler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorlage ist vom Finanzausschuß, vom ERP-Ausschuß und vom Auswärtigen Ausschuß beraten worden. Es handelt sich um den Abschluß eines Kreditvertrags zwischen der Export-Import-Bank in Washington und der Bundesrepublik über einen Anleihebetrag von 16,9 Millionen Dollar. Dieser Betrag stellt einen Teil der Wirtschaftshilfe dar, den die Bundesrepublik im Marshallplan-Fiskaljahr 1951/52 erhält. Die Gesamthilfe von 106 Millionen Dollar ist aufgeteilt in einen Anteil, der der Bundesrepublik als Schenkung zugewiesen ist in Höhe von 89,1 Millionen und in den vorgenannten Restbetrag, der der Bundesrepublik als Anleihe zur Verfügung gestellt werden soll. Diese Anleihe von 16,9 Millionen wird mit 2 1/2 % verzinslich sein und ist langfristig in Jahresraten tilgbar.
Angesichts dieser Bedingung der Anleihe haben der Finanzausschuß und der ERP-Ausschuß gegen den Abschluß eines entsprechenden Anleiheabkommens keine Bedenken und empfehlen dem Hohen Hause, dem Inhalt des Abkommens zuzustimmen.
Der Auswärtige Ausschuß hatte eine weitere Frage zu prüfen, und zwar die Frage, ob durch eine Genehmigung dieses Kreditvertrages der Notenwechsel zwischen dem amerikanischen Hohen Kommissar — in seiner Eigenschaft als Sonderbevollmächtigter für die ECA in Deutschland — und der Bundesrepublik etwa zunächst der Ratifikation bedürfte, bevor dieses Kreditabkommen geschlossen werden könnte oder ob die Bewilligung dieses Kreditabkommens für die später vorzunehmende Ratifikation dieses Notenwechsels in irgendeiner Weise präjudizierlich sein könnte.
Hierzu ist zu bemerken, daß nach den Ausführungen der Bundesregierung im Auswärtigen Ausschuß die Grundlage für diese Kreditbewilligung in dem Kongreßgesetz zu suchen ist, das als Mutual Security Act bekannt ist. Bei den Bedingungen für die Gewährung von Hilfe nach diesem Gesetz hat man zwei verschiedene Tatbestände zu
unterscheiden. In § 511 des Gesetzes finden sich im Abs. a die Bedingungen für militärische, wirtschaftliche oder technische Hilfe an andere Nationen. Die Gewährung dieser Hilfe ist an eine ganze Reihe von Voraussetzungen geknüpft. In dem Abs. b dieses Gesetzes ist gesagt, daß technische oder wirtschaftliche Hilfe anderen Nationen unter gewissen Umständen gewährt werden darf, und zwar, wenn der Präsident feststellt, daß die Gewährung einer solchen Hilfe die Sicherheit der Vereinigten Staaten stärkt und den Weltfrieden fördert, und wenn das Empfangsland sich bereit erklärt hat, an der internationalen Verständigung zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens mitzuarbeiten und diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die wechselseitig vereinbart werden, um die Ursachen internationaler Spannungen zu beseitigen.
Der Ausschuß hat die Frage geprüft, ob unter diesen Voraussetzungen das vorliegende Kreditabkommen in diesem Hause genehmigt werden kann, ohne daß vorher der Notenwechsel ratifiziert worden ist. Die Mehrheit des Ausschusses ist der Auffassung, daß in der Tat der Genehmigung des Kreditabkommens nichts im Wege steht, da es auf § 511 b, den ich soeben dem Hause bekanntgegeben habe, gestützt wird und vermutlich — das konnte uns die Bundesregierung nicht eindeutig sagen, aber man darf es vermuten — auch die Mittel aus Fonds stammen, die nicht etwa für militärische und ähnliche Hilfe an andere Staaten im amerikanischen Kongreß bewilligt sind. Immerhin, da diese Frage nicht ganz zweifelsfrei geklärt werden konnte, hat der Auswärtige Ausschuß einstimmig festgestellt, daß durch die Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf keine Entscheidung über die Ratifikationsbedürftigkeit des Notenwechsels zwischen dem Sondervertreter der ECA, dem amerikanischen Hohen Kommissar, vom 19. Dezember 1951 und dem Bundeskanzler vom 28. Dezember 1951 vorweggenommen werden soll.
Der Auswärtige Ausschuß hat mich beauftragt, Ihnen diese Entschließung ausdrücklich als seine Auffassung bekanntzugeben.
In dem Anleiheabkommen ist ferner vorgesehen, daß der Bundesjustizminister eine Erklärung über die Ordnungsmäßigkeit des für die Bewilligung notwendigen deutschen Verfahrens abgibt. Diese Bestimmung entspricht ähnlichen Bestimmungen, wie sie in internationalen Anleiheverträgen häufig zu finden sind. Immerhin legt der Auswärtige Ausschuß Wert darauf, festzustellen, daß durch das in Ziffer 5 b des dem Gesetzentwurf anliegenden Abkommens vorgesehene Gutachten des Bundesjustizministeriums keine authentische Interpretation des Grundgesetzes hinsichtlich der Ratifikationsbedürftigkeit des oben bezeichneten Notenwechsels gegeben wird.
Wenn das Hohe Haus dieser Auffassung des Auswärtigen Ausschusses zustimmt, die ich soeben in diesen beiden Punkten bekanntgegeben habe, empfiehlt auch der Auswärtige Ausschuß:
Der Bundestag wolle beschließen, dem Entwurf eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.