Rede von
Dr.
Viktoria
Steinbiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens hat zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Aufhebung einiger Polizeiverordnungen auf dem Gebiet des Verkehrs mit Arzneimitteln Stellung genommen und legt Ihnen den Gesetzentwurf in leicht veränderter Fassung zur Beschlußfassung vor. Es ist die Drucksache Nr. 2818.
Aus kriegsbedingten Gründen wurden in den Jahren 1939 und 1941 verschiedene Arzneien und Arzneistoffe durch Polizeiverordnung rezeptpflichtig gemacht. Es handelte sich in der Hauptsache um Leberpräparate und um Jodverbindungen, ferner um weibliche Geschlechtshormone. Durch die Rezeptpflicht wollte man vor allem eine Einschränkung des Verbrauchs erreichen, weil die Rohstoffe zur Herstellung der Arzneien nur oder fast nur aus dem Ausland zu bekommen waren. Bei den Hormonpräparaten führte noch der Gesichtspunkt zur Rezeptpflicht, daß man aus bevölkerungspolitischen Gründen eine Verhütung oder eine Unterbrechung von Schwangerschaften durch diese Mittel unterbinden und erschweren wollte.
Es wird Ihnen, meine Herren und Damen, verständlich sein, daß wir heute Ausnahmebestimmungen auf gesundheitlichem Gebiete nicht mehr wollen, wo sie nicht unbedingt nötig sind. Der Gesundheitspolitische Ausschuß hat darum dem Grundgedanken des Gesetzes einstimmig zugestimmt. Die Beschränkungen der Abgabe von Leberpräparaten und der Herstellung von Jodverbindungen fallen vollkommen fort; beide Stoffe sind in ihren Arzneien in den Apotheken frei erhältlich. Hierauf bezieht sich der erste Abschnitt des § 1. Die Nummer 2 des § 1 im ursprünglichen Gesetzentwurf wird vom Ausschuß dahingehend eingeschränkt, daß nur Chinin freigegeben wird und damit auch frei verkäuflich ist. Wir haben einen neuen Paragraphen eingeführt, der als § 1 a in der Ihnen vorliegenden Drucksache erscheint. Es ist darin die Rede von den weiblichen Geschlechtshormonen. Der Paragraph besagt, daß die weiblichen Geschlechtshormone soweit freigegeben werden sollen, als sie einmal zur Herstellung von kosmetischen Mitteln und zum anderen zur Zubereitung von Geflügelfutter verwandt werden. Anderweitige Verwendung von weiblichen Geschlechtshormonen möchte der Ausschuß rezeptpflichtig halten. Wenn wir auch im Ausschuß der Ansicht waren, daß weibliche Geschlechtshormone nicht zur Abtreibung geeignet sind, so glaubten wir doch dem Bedenken des Bundesrats zustimmen zu sollen, der aus gesundheitlichen Rücksichten und gesundheitspolitischen Erwägungen die weiblichen Geschlechtshormone soweit unter Rezepturpflicht halten will, als sie nicht für die obengenannten Ausnahmen Verwendung finden. Der Ausschuß hält die Anfertigung eines Rezepts für Sexualhormone nicht für so erschwerend für den Patienten, als daß er nicht jedem, wenn auch schwach begründeten gesundheitspolitischen Bedenken Rechnung tragen möchte.
Der Ausschuß hat die Ihnen vorliegende Drucksache einstimmig angenommen, und ich möchte das Hohe Haus bitten, dem Gesetz in dieser Form seine Zustimmung zu geben.
Ich habe nun noch den Antrag anzufügen — und ich hoffe, Sie geben mir auch dazu Ihre Zustimmung —, daß ein § 2 a eingefügt wird, der die Berlin-Klausel in der uns bekannten Form bringt, d. h.:
Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, sobald es gemäß Art. 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung dieses Gesetzes beschlossen hat.
Ich bitte das Hohe Haus um Zustimmung.