Rede von
Dr.
Max
Becker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich schließe mich — und ich glaube, ich darf im Namen aller Abgeordneten dieses Hauses sprechen — dem Protest des Herrn Ministers gegenüber der Auffassung des Vertreters des Bundesrats an. Der Bundesrat hat nicht mehr Rechte, als ihm in der Verfassung konzediert sind. Der Bundesrat ist lediglich ein Oberhaus. Als wir im Parlamentarischen Rat diesen Bundesrat schufen, lag die Entscheidung bei uns, bei den Freien Demokraten. Es stand zur Frage, ob Bundesrat oder Senat; und es stand zur Frage, ob Vetorecht oder Mitbestimmungsrecht. Wir haben erklärt: Senat mit Mitbestimmung, Bundesrat nur mit Veto. Infolgedessen hat der Bundesrat nur ein Veto, abgesehen von dem Fall der später durch ein Kompromiß hinzugefügten Finanzgesetze, wo er das Zustimmungsrecht hat. Hat er also nur das Veto, dann kann er nicht auf dem Umweg über Art. 76 des Grundgesetzes, indem er der Bundesregierung die Zensur gibt: Die Gesetzesvorlage war schlecht, ich gebe sie dir deshalb zurück, sich den Weg zu einer Ablehnung des Gesetzes verschaffen. Er kann die Note „Ungenügend" schreiben, aber er kann niemals sagen: Der Schüler hat seine Aufgabe nochmal zu machen. Deshalb protestieren wir dagegen. In diesem Verfahren liegt eine Anmaßung von Rechten, die mit dem Wortlaut, dem Sinn und der von mir geschilderten Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes in Widerspruch steht.
Das parlamentarische Kontrollrecht über die Regierung steht nur diesem Hohen Hause und nicht dem Bundesrat zu.
— Deshalb spreche ich ja, Herr Kollege Mellies. Wir Freien Demokraten sind uns schon dessen bewußt.
Wenn im übrigen hier gesagt worden ist, daß es nur der weisen Mäßigung des Bundesrates zu verdanken sei, daß die Zensur nicht noch schlimmer ausgefallen sei, dann begnüge ich mich für heute damit, diese Bemerkung niedriger zu hängen.