Rede von
Dr.
Siegfried
Bärsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die nach 1945 in verschiedenen deutschen Ländern auf der Basis des Besatzungsrechts geschaffenen Gesetze zur Bekämpfung der Ge-
schlechtskrankheiten haben das Reichsgesetz aus dem Jahre 1927 in diesen Ländern abgelöst. Sie sind charakterisiert durch ihren mehr oder weniger ausgeprägten Polizei- und Zwangscharakter und durch die rigorose Unterordnung individueller Belange unter die Forderungen des Staates und der Besatzungsmacht. Diese Gesetze und Verordnungen stellen heute einen Fremdkörper im Rechtsgebiet und -gefüge des Grundgesetzes dar. Deshalb und im Interesse der Rechtseinheit ist die Ablösung der nach 1945 geschaffenen Ländergesetze durch ein Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten erforderlich, das sich nach dem Willen des Bundestags im Rahmen des alten Reichsgesetzes halten soll.
Die Vorlage der Regierung hat wesentlich länger auf sich warten lassen, als notwendig erscheint und vom gesundheitspolitischen Standpunkt aus vertretbar ist. Leider wird das Hohe Haus auch nicht dadurch mit der Vorlage ausgesöhnt, daß man für sie das alte Sprichwort geltend machen könnte: „Was lange währt, wird gut". Das alte Reichsgesetz hat sich bewährt, wenn man den Erfolg in der Geschlechtskrankheitenbekämpfung nach 1927 zum Maßstab seiner Beurteilung nimmt. Die Geschlechtskrankheiten sind in den Jahren bis zum Beginn des Krieges so enorm abgesunken, daß z. B. in den Universitätskliniken große Schwierigkeiten bestanden, die Studierenden mit dem klinischen Bild frischer syphilitischer Infektionen des primären und sekundären Stadiums vertraut zu machen, ein ,.Übelstand", der dann allerdings während des Krieges und unmittelbar danach mehr als ausgeglichen wurde. Damit soll selbstverständlich nicht gesagt werden, daß das Gesetz der entscheidende oder gar alleinige Faktor für diesen Erfolg gewesen ist. Ohne die unermüdliche und aufopfernde Tätigkeit aller Diener an der Volksgesundheit müßte jedes, auch das beste Gesetz toter Buchstabe bleiben.
Der Beschluß des Bundestags, der die Regierung auffordert, ein Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten auf der Grundlage des alten Reichsgesetzes vorzulegen, kann nur so ausgelegt werden, daß der Gesetzgeber eine klare Distan- zierung von den augenblicklich geltenden besatzungsbedingten Rechtsverhältnissen und eine Hinwendung zu den alten bewährten Grundsätzen des früheren Reichsgesetzes wünscht. Daß dieser Wille des Gesetzgebers bei der Regierungsvorlage nur mangelhaft respektiert worden ist, liegt auf der Hand, und es wird Aufgabe der Ausschußberatungen sein müssen, den Regierungsentwurf in dieser Hinsicht einer aufmerksamen und kritischen Betrachtung und Umgestaltung zu unterwerfen. Selbstverständlich hat auch der Bundestag seinerzeit nicht daran gedacht, das alte Gesetz in Bausch und Bogen zu übernehmen ohne die Berücksichtigung entsprechender Fortschritte in der medizinischen Wissenschaft und ohne Verwertung neuer Erfahrungen, nicht zuletzt auch auf den Gebieten der Psychologie und der Gesundheitsfürsorge im Speziellen.
Worum geht es bei diesem Gesetz? Gestatten Sie mir ein kurzes Wort über die Materie, mit der der Gesetzgeber hier befaßt wird. Geschlechtskrankheiten sind Infektionskrankheiten, die, von verschwindenden Ausnahmefällen abgesehen, durch den Geschlechtsverkehr übertragen werden und die unter besonderen äußeren und inneren Lebensumständen, in Zeiten gesellschaftlicher und sozialer Krisen, seuchenhaften Charakter annehmen können. Geschlechtskrankheiten haben die Volksgesundheit mehr geschädigt als vergleichbare andere Erkrankungen und tun das auch heute noch, wenn auch infolge der modernen Behandlungsmöglichkeiten ihre Spätschäden erheblich reduziert werden konnten. Die Geschlechtskrankheiten- unterscheiden sich von den meisten anderen Infektionskrankheiten vornehmlich durch vier Momente, wenn man die Frage unter dem Gesichtswinkel dieses Gesetzes sieht. Ihr Übertragungsmodus ist einfach und klar, von wenigen Ausnahmefällen abgesehen. Die Übertragung einer Geschlechtskrankheit beruht weit mehr — um nicht zu sagen: fast ausschließlich — auf einem schuldhaften Verhalten des Überträgers, als das bei anderen Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Flecktyphus, Malaria usw. der Fall ist. Geschlechtskrankheiten sind nicht nur persönliches, sondern in vielen Fällen persönlichstes Schicksal, insofern nämlich, als ihr Erwerb sich innerhalb derjenigen Sphäre des menschlichen Lebens vollzieht, von der wir wohl alle der Meinung sind, daß ihr individueller Charakter am ausgeprägtesten ist. Dabei werden wir, wie ich hoffe, auch dahingehend einer Meinung sein, daß dieser Tatbestand bei der endgültigen Fassung des vorliegenden Gesetzes respektiert werden muß.
Geschlechtskrankheiten werden — ich möchte meinen, in sehr vielen Fällen zu Unrecht — als unmoralisch angesehen und führen deshalb bei ihrem Bekanntwerden häufig zu einer gesellschaftlichen Kompromittierung. Darin liegt eine enorme soziale Gefährdung desjenigen, der nicht in der Lage ist, das Geheimnis seiner Krankheit zu hüten.
Diese kurze Darstellung der wesentlichsten Gesichtspunkte zur Beurteilung einer gesetzlichen Regelung der Geschlechtskrankheitenbekämpfung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben will, zeigt, daß eine sorgfältige Abwägung der verschiedenen Rechtsgüter dringend nötig und bei einer vernünftigen Selbstbescheidung des Staates das gesundheitspolitische Ziel erreichbar ist, ohne die berechtigten persönlichen und sozialen Belange der vom Gesetz Betroffenen mehr als notwendig zu tangieren. Der Bundestag will ein Gesetz auf der Grundlage des alten Reichsgesetzes, weil er der Meinung ist, daß in diesem Gesetz die Interessen des einzelnen mit denen der Gesellschaft zu einem gesunden und vertretbaren Ausgleich gebracht worden sind: Worauf es also ankommt, ist die Wiederherstellung des früheren Grundsatzes in der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, nicht mehr als nötig in die private Sphäre des einzelnen Staatsbürgers einzugreifen und diese Sphäre nur insoweit einzuengen, als es ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft erforderlich macht. Dabei muß das bedrohte Rechtsgut der Gesellschaft in seiner Größenordnung und Bedeutung die staatliche Intervention in die persönliche Freiheitssphäre rechtfertigen, und der staatliche Eingriff in das private Leben des einzelnen Bürgers muß der Sache angemessen sein.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle ein Wort über das grundsätzliche Problem, das das vorliegende Gesetz vor uns als Gesetzgeber aufwirft und das dieses Gesetz über den Rahmen der Gesundheitspolitik im engeren Sinne hinaushebt. Das wird ohne weiteres klar, wenn man sich den § 2 des Gesetzes näher ansieht, in dem die Grundrechte der Artikel 2 und 12 zum Zwecke der Durchführung des Gesetzes eingeschränkt werden sollen und müssen. Angesichts der Tatsache, daß der Verfassungsgesetzgeber im Grundgesetz die menschlichen Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht
verankert und damit ihrer Bedeutung für die demokratische Ordnung Rechnung getragen hat, stellt sich dieser Paragraph und damit das Gesetz überhaupt als ein Gesetzgebungsakt von außerordentlich allgemein-politischer Bedeutung dar. Keine demokratische Gemeinschaft ist auf die Dauer lebensfähig, in der der einzelne einer zügellosen, durch keinerlei geschriebenes oder ungeschriebenes Gesetz eingeschränkten Freiheit, auch auf Kosten der übrigen Mitglieder dieser Gemeinschaft, leben kann. Ebensowenig aber ist die Demokratie möglich in einer Gesellschaft, in der das Staatswohl und das Staatsinteresse oberste oder gar ausschließliche Richtlinie der Politik sind. Die Demokratie macht einen echten und gesunden Ausgleich dieser nicht selten antagonistischen Interessen zwischen Staatsbürger und Staat notwendig und lebt von diesem permanent schöpferischen Konflikt. Die Freiheit des einzelnen muß ihre natürliche Grenze dort finden, wo sie zu Lasten und auf Kosten anderer oder aller geht. Mit anderen Worten: der Staat soll und darf die als Grundrecht verfassungsrechtlich garantierte persönliche Freiheit seiner Bürger einschränken, wo ihre uneingeschränkte Aufrechterhaltung die berechtigten Interessen anderer Staatsbürger oder der Gesellschaft insgesamt schädigen würde oder zu schädigen droht. Ich möchte meinen, daß in der Balance dieses natürlichen Interessengegensatzes ein wesentliches, wenn nicht überhaupt das eigentliche Problem der Demokratie liegt.
Im totalitären Staat existiert dieses Problem nicht, weil er praktisch nur ein Interesse, das Staatsinteresse kennt und rücksichtslos durchsetzt. Die Demokratie kann auf die Dauer nicht von Untertanen leben, die sich willenlos der Allmacht des Staates unterwerfen oder von der obrigkeitlichen Gewalt dazu gezwungen werden. Sie verlangt Staatsbürger, die bei allem notwendigen und gesunden Gemeinsinn jederzeit bereit sind, ihre Rechts- und Freiheitssphäre gegen jeden sittlich und verfassungsrechtlich unzulässigen oder auch ungerechtfertigten Übergriff des Staates zu verteidigen.
Sie mögen vielleicht der Meinung sein, daß die Ausführlichkeit dieser Ausführungen in keinem rechten Verhältnis zur Sache steht,
der Frage nämlich, inwieweit wir als Gesetzgeber der Gesundheitsverwaltung das Recht einräumen sollen und wollen, Geschlechtskrankheiten als eine die Ordnung und gesundheitliche Sicherheit der Gesellschaft betreffende Sache anzusehen und insoweit sich in die private Sphäre des einzelnen Staatsbürgers einzumischen. „Wer ist schon geschlechtskrank", können Sie vielleicht sagen, oder: „Dieses Gesetz eignet sich zuallerletzt, um grundsätzliche Rechtsprobleme unserer Gesellschaftsordnung zu erörtern". Ich möchte hingegen solcherlei Einwände in zweierlei Hinsicht zurückweisen. Die Stärke und Gerechtigkeit einer Rechtsordnung zeigt sich nicht gegenüber dem gesellschaftlich Starken und Mächtigen, sondern in erster Linie in der Sicherung der Gleichheit vor dem Gesetz und vor der Verfassung auch des letzten Bettlers in dieser Gesellschaft. Es besteht immer die Gefahr der Ausnahmegesetze für Bevölkerungsgruppen, die sich gegenüber dem Gesetzgeber und der Verwaltung in einer schwachen Position befinden. Ich glaube, daß die Entwicklung und Aufrechterhaltung des Rechts- und Freiheitsbewußtseins der Staatsbürger überall und in jedem Fall vordringlich ist und von der Sache unabhängig sein sollte und nicht relativiert werden darf. Es gibt nur einen einzigen zuverlässigen Damm gegen den totalitären Staat und seine Gesellschaftsauffassung, der in diesem freiheitlichen Selbstbewußtsein rechtlich denkender und dem Recht verpflichteter Staatsbürger besteht. .Man darf dieses freiheitliche Selbstbewußtsein nicht um der Zweckmäßigkeit oder Opportunität willen aushöhlen und im gegebenen Zeitpunkt verlangen wollen, daß dieser Staatsbürger der Belastungsprobe in der Auseinandersetzung mit einer totalitären Weltanschauung standhält.
Die Demokratie hat ihren Preis, und dieser Preis besteht eben darin, daß man häufig unter dem Gesichtswinkel der Zweckmäßigkeit auf das Maximale verzichten muß, um das Existenzminimum demokratischen Lebensgefühls nicht zu unterschreiten.
Schließlich und endlich sollten wir uns bei diesem Gesetz der Tatsache bewußt sein, daß noch beträchtliche Ruinen einer zusammengebrochenen Staats- und Gesellschaftsordnung und eines undemokratischen Lebensgefühls in Deutschland abgebaut werden müssen, auch im Bewußtsein der Menschen und vor allem im Bewußtsein der staatlichen Bürokratie, wenn der Neubau unseres demokratischen Staates erfolgversprechend sein soll. Damit wir uns hier recht verstehen: es soll nicht einem ohnmächtigen Staat das Wort geredet werden, jenem Zerrbild der Demokratie in der Vorstellungswelt der Antidemokraten, in dem die Gesellschaft schutzlos den asozialen Instinkten gesellschaftsfeindlicher Elemente ausgeliefert ist. Es soll vielmehr das staatspolitische Grundproblem der vorliegenden gesetzgeberischen Aufgabe verdeutlicht und dabei darauf hingewiesen werden, daß die größere Gefahr in der Überbetonung der Staatsraison besteht und daß diese Gefahr um so größer ist, je mehr wir den Interessenkonflikt zwischen Individuum und Staat mit reinem Zweckmäßigkeitsdenken lösen wollen.
Die Grundtendenz des alten Reichsgesetzes bestand darin, jeden Geschlechtskranken, der sich gegenüber seinen Mitmenschen die durch seine Krankheit gebotene Zurückhaltung auferlegt und seiner Behandlungspflicht nachkommt, ungeschoren zu lassen, d. h. von jeder Meldepflicht und Kontrolle seiner Erkrankung, geschweige denn der Zwangshospitalisierung auszunehmen, weil insoweit ein gesellschaftliches Schutzbedürfnis nicht gegeben ist.
Dieser Grundsatz war gut, demokratisch und erfolgreich. Wir glauben, daß er auch heute die Richtschnur unseres gesetzgeberischen Handelns sein und bleiben muß.
Wie aber sieht demgegenüber die Regierungsvorlage aus? Sie unterscheidet sich bei näherer Betrachtung in sehr vielen Punkten und sehr wesentlich von dem alten Reichsgesetz und weicht dabei nicht nur im einzelnen und Organisatorisch-Technischen, sondern auch im Allgemein- und Gesundheitspolitischen davon ab. Es ,soll anerkannt werden, daß die Regierungsvorlage in mancher Beziehung in positiver Weise über das alte Gesetz hinaus entwickelt worden ist durch Ergänzung, Er-
weiterung und Verbesserung und die Hereinnahme neuer Aufgaben unter Berücksichtigung der Forschungsergebnisse und sonstiger Erfahrungstatsachen der letzten Jahrzehnte. Andererseits muß jedoch eindeutig festgestellt werden, daß der Entwurf in seinem Kern einen freiheitlich-demokratischen Geist vermissen läßt und mehr und schärfer reglementieren, registrieren und subordinieren will, als wir dies für notwendig, nützlich und vertretbar halten, und daß er mit der einen oder andern neuen Aufgabenstellung über das Mögliche hinausgeht.
Es ist hier keine Gelegenheit zur Einzelberatung des Gesetzes gegeben. Ich muß mir aber trotzdem gestatten, in groben Zügen auf einige der wesentlichsten Veränderungen hinzuweisen, soweit sie die grundsätzliche Problematik der Materie betreffen und den Willen des Gesetzgebers in erheblichem Maße verletzen. Die Schwerpunkte dieses Gesetzes liegen in den §§ 3 und 12, in denen einmal die gesetzliche Behandlungspflicht statuiert wird und Möglichkeiten geschaffen sind, um gegebenenfalls diese Behandlung zu erzwingen, und in denen andererseits das Problem der namentlichen Meldung oder der Anzeigepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt behandelt ist. Nach diesem Gesetz wird die Gesundheitsbehörde ermächtigt, jeden Geschlechtskranken in ein Krankenhaus zur Behandlung einzuweisen, wenn sie der Meinung ist, daß das zur Verhütung der Ansteckung o der zur Behandlung erforderlich erscheint. Das bedeutet gegenüber dem früheren Gesetz eine ungeheure Erweiterung. In dem früheren Gesetz war nämlich diese Möglichkeit durch zwei Dinge ganz entscheidend eingeengt: einmal dadurch, daß es sich um eine mit Ansteckungsgefahr verbundene Geschlechtskrankheit handeln mußte, zum andern dadurch, daß der Patient dringend verdächtig sein mußte, die Geschlechtskrankheit weiterzuverbreiten. Das neue Gesetz ermöglicht dem Gesundheitsamt die Einweisung in ein geeignetes Krankenhaus. Das alte sprach nur von einem Krankenhaus. Wer Gelegenheit gehabt hat, während des Krieges die Ritterburgen unseligen Angedenkens und nach dem Kriege die geschlossenen Anstalten kennenzulernen, der wird verstehen, welch enorme Tragweite die Ausweitung des alten Gesetzes in dieser zweierlei Hinsicht hat.
Oder nehmen Sie den § 12 der Vorlage. Da wird die Anzeigepflicht gegenüber dem alten Reichsgesetz auf Jugendliche unter 18 Jahren ausgedehnt, wenn man sie dann auch im folgenden Absatz wieder etwas einschränken will, und auf alle diejenigen, die nicht bereit oder in der Lage sind, ihr Privatleben uneingeschränkt dem Arzt zu offenbaren oder denen es nicht gelingt, dem Arzt die eigenen Angaben ausreichend glaubhaft zu machen. Man muß sich diesen letzten Passus einmal in die Praxis übertragen vorstellen, um zu erkennen, in welch eine ohnmächtige und würdelose Abhängigkeit der Patient gegenüber einem Arzt geraten kann. Praktisch wird damit die an sich unumstritten notwendige und mögliche Forschung nach der Ansteckungsquelle und eventuellen Kontaktinfektionen mit einer Art Erpressungsmöglichkeit gekoppelt. Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, welches Interesse der Patient an der Geheimhaltung seiner Erkrankung hat und verständlicherweise haben muß und daß die Geheimhaltung eben nur dann wirklich gesichert ist, wenn Arzt und Patient als einzige durch dieses Geheimnis verbunden sind. Ich möchte auch die Meinung vertreten, daß die generelle Verpflichtung des Arztes zur Information des Erziehungsberechtigten im Falle einer venerischen Erkrankung eines jungen Menschen von nahezu 18 Jahren nicht in allen Fällen gut und begründet ist. Man muß immer bedenken, daß das Bekanntwerden der Erkrankung für den Betroffenen die erheblichsten sozialen Folgen nach sich ziehen kann, und man sollte die Abdichtungsmöglichkeit eines größeren Personenkreises, dem bei der Meldung an das Gesundheitsamt oder der Einschaltung anderer Behörden ein solches Geheimnis anvertraut wird, ohne daß die Mitwisser sich in jedem Falle über den Wert des ihnen anvertrauten Rechtsgutes in vollem Maße klar sind, nicht allzu hoch einschätzen.