Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an die Debatte nur einige kurze Bemerkungen anknüpfen, weil sich alle, die in der Praxis des Rechts und des Kulturlebens stehen, im Laufe der Jahre sicherlich schon das eine oder andere Mal über GEMA oder STAGMA furchtbar geärgert haben.
Es handelt sich um die Verbreitung von Musik. Wir stellen das alte Busch-Wort voran: „Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden." Das Geräusch macht aber nicht der Urheber, sondern der reproduzierende Künstler. Wenn es sich um Schallplatten handelt, ist die Sache schnell erledigt: da wird das Urheberrecht durch den Fabrikanten abgegolten.
Es handelt sich also um die Reproduktion musikalischer Werke. Mein Herr Vorredner hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der Oberbegriff „musikalische Werke" den denkbar weitesten Spielraum des Wertigen läßt von Beethovenschen oder Schubertschen Sinfonien bis zu den Schlagern jenes Herrn Herms Niels, der übrigens anders heißen soll. Aber das ist „musikalisches Werk", und überall daran gibt es musikalisches Urheberrecht.
Bedenken Sie nun bitte folgendes: Musikwerke werden verlegt, d. h. gedruckt. Je billiger und bösartiger der Schlager, um so leichter das Verlegen, je schwieriger und wertvoller das Werk, um so schwerer das Verlegen. Für die Reproduktion gelten aber für beide genau die gleichen Urheberschutzbestimmungen. Das halte ich für einen entscheidenden Fehler. Wir befinden bei dem Schlagerkomponisten uns nicht auf kulturellem Gebiet, sondern auf einem der niedrigsten Unterhaltungssektoren. Der Schlagerkomponist verdient schon sehr viel durch den Verkauf seiner gedruckten Schlagermelodien an Private. Der Komponist einer Sinfonie wird kaum einen Privatabnehmer finden. Ich meine daher, die Einziehung der Urhebertantieme bei Werken der Musik, die durch Reproduktion zum öffentlichen Vortrage kommen, sollte nur bei dem Künstler erfolgen, der das Musikstück reproduziert hat; denn dieser Künstler hat es j a in der Hand, einen Schlager durch sein schmissiges Spiel publik zu machen. An Wohltätigkeitsveranstaltungen dagegen, auf denen von einer kleinen Schar Musik ausübender Schüler ein Werk stümperhaft vorgetragen wird, ist der Schlagerkomponist so gut wie nicht interessiert.
Und nun ein Schlußwort. Die GEMA oder STAGMA hat sich zu einer bürokratischen Behörde schlimmster Sorte ausgewachsen.
Dieser Apparat gerade mit Kultur zusammen ist unausstehlich, ich spreche es offen aus.
Es kommt hinzu: Ein Verein, der meinetwegen für 500 Personen mit einem Festbeitrag von einer Mark ein Fest veranstaltet, ahnt gar nicht, was die Blechmusik da oben spielt; nachher erhält er eine Rechnung über 130 Mark, da ein moderner Schlager gespielt worden sei. Davon wußte der Verein bis dahin gar nichts. Das beste Abhilfemittel, das es dagegen gibt, ist folgendes: Bitte, graben Sie mal die alten schönen Revuemelodien der Jahrhundertwende wieder aus; die sind fünfzig Jahre alt, kosten nichts mehr und gehen uns alten Leuten bedeutend besser ein als das komische Jazzgezucke. Man kann sich also von Gebühren frei halten, wenn man an dem guten Alten sich den Geschmack bewahrt hat. Das ist meines Erachtens eines der besten Palliative gegen die heutige Musik, die viele von uns nicht immer schön finden.