Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist nicht nur eine Verschlechterung gegenüber dem derzeitigen miserablen Zustand; hinter ihm steht auch die Absicht, die lächerliche Leistung von 3 DM, die damals gewährt worden ist, durch Einengung des Personenkreises noch mehr zu entwerten. Das ist die klare Absicht, die hinter diesem Gesetzentwurf steht. Mit Recht hat der Herr Vorredner gesagt, daß das Gesetz, das sie am 10. August 1951 — so mit der Holzaxt behauen — hier geschluckt haben, das schlechteste ist, das bisher im Bundestag verabschiedet worden ist. Damals stand man unter dem Druck der Notschreie der Sozialberechtigten draußen. Damals hatten die Organisationen bereits erklärt, daß die von der Regierung geplanten allgemeinen Verbesserungen ungenügend seien, und um diese Proteste zum Schweigen zu bringen, hat man dann dieses Pflästerchen auf die Sozialleistungsgesetzgebung geklebt. Wir haben damals gesagt, daß das Gesetz, sowohl was den Personenkreis als auch was die Höhe der Leistungen angeht, völlig ungenügend ist; und wenn wir jetzt in der Regierungsvorlage in § 4 sehen, welche Höchsteinkommenssätze für die Gewährung der Teuerungszulage vorgesehen sind, wenn es in diesem Paragraphen z. B. heißt, daß für Sozialleistungsempfänger der Betrag, neben dem die Teuerungszulage gewährt werden soll, ganze 105 DM pro Monat betragen soll, dann ist meines Erachtens bewiesen, daß wir den neuen Gesetzentwurf und die hinter ihm stehende Absicht hier richtig beurteilen.
Aber auf etwas anderes möchte ich noch mit zwei Sätzen eingehen. Das Teuerungszulagengesetz ist, wie gesagt, mit Wirkung vom 1. Juli vorigen Jahres in Kraft getreten. In einigen Gemeinden ist man unter dem Druck der erbärmlichen Richtsätze und Sozialleistungen dazu übergegangen, Vorausleistungen auf das Gesetz zu gewähren, obwohl die Durchführungsbestimmungen bis heute nicht da sind. Das ist in einigen Großstädten, z. B. bei uns im Ruhrgebiet, geschehen. Und nun lesen wir in § 9 Abs. 4 des Entwurfs, daß diese Fürsorgeleistungen, die die Gemeinden aufgebracht haben, ihnen nur unter gewissen Voraussetzungen rückerstattet werden sollen.
Noch einen letzten Satz. In diesem Gesetzentwurf werden den kommunalen Wohlfahrtsbehörden auch die Aufgaben der Nachprüfung der tatsächlichen Bedürftigkeit zugemutet. Ich finde in dem Gesetzentwurf keinen einzigen Paragraphen, in dem geregelt ist, wie den Gemeinden diese Arbeitsaufwendungen ersetzt werden sollen. Heute haben wir in den Gemeinden schon den Zustand, daß sie mit einer Reihe von wesensfremden Aufgaben belastet werden, ohne daß ihnen die Länderregierungen den dafür notwendigen Ersatz zahlen.
Also dieses Gesetz muß, wenn es überhaupt als ein Gesetz zur Verbesserung der Notlage der Rentenberechtigten angesprochen werden soll, im Ausschuß wesentliche Änderungen erfahren. Wir stimmen ebenfalls zu, daß dieser Gesetzentwurf dem Ausschuß zugewiesen wird, und behalten uns vor, bei der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs im Plenum die uns notwendig erscheinenden Änderungsanträge einzubringen.