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ID0120402000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 204. Sitzung. Bonn, den 3. und 4. April 1952 8743 204. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 3. April, und Freitag, den 4. April 1952. Erster Tag: 3. April 1952 Geschäftliche Mitteilungen 8744D, 8799D, 8800A Zur Tagesordnung 8745A, 15 Erweiterung des Punktes 2 durch die Anträge Nrn. 3268 und 3276 der Drucksachen betr. Truppenübungsplatz Bergen-Belsen 8745A Antrag auf Erweiterung des Punktes 1 durch den Antrag der Fraktion der SPD betr. Verhandlungen über das Saargebiet (Nr. 3236 der Drucksachen): Mellies (SPD) 8745A Dr. von Brentano (CDU) 8745C Widerspruch gegen Aufsetzung 8745D, 8799D Absetzung der Punkte 3 a bis f betr. Zollfragen: Dr. Horlacher (CSU) 8745D Mellies (SPD) 8746A Sperrfrist für Fragen zur nächsten Frage- stunde 8745A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU, betr. Deutschen Verteidigungsbeitrag (Nrn. 3163, 3084 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Erklärungen des Staatssekretärs Prof. Dr. Hallstein (Nrn. 3203, 3279 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einheit Deutschlands (Nrn. 3210, 3277, 3288 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Auswärtiges Amt (Nr. 3211 der Drucksachen) 8746B Dr. Kopf (CDU): als Berichterstatter 8746C als Abgeordneter 8798A Eichler (SPD), Anfragender 8748C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8751C, 8758A, 8767C Wehner (SPD), Antragsteller . . . . 8753B Dr. Reismann (FU), Antragsteller . 8762A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 8763C 011enhauer (SPD) 8763D, 8790A Euler (FDP) 8768D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 8771B Dr. von Merkatz (DP) 8776B Dr. von Brentano (CDU) 8779B Fürst zu Oettingen-Wallerstein (FU) 8782D Reimann (KPD) 8784A Dr. Tillmanns (CDU) 8787A Kiesinger (CDU) 8791D Hedler (Fraktionslos) 8795B Loritz (Fraktionslos): zur Sache 8796A persönliche Bemerkung 8800B Dr. Reif (FDP) 8797C Abstimmungen 8798B Zur Geschäftsordnung, betr. Weiterberatung: Dr. von Brentano (CDU) 8800A Unterbrechung der Sitzung 8800B Zweiter Tag: 4. April 1952 Geschäftliche Mitteilungen . 8800C, 8801A, 8816C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU betr. Beschlagnahmen durch die Besatzungsmächte für militärische Zwecke (Nrn. 3246, 3006 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FU betr. Beschlagnahmung von Geländeteilen für militärische Zwecke (Nrn. 3247, 3145 der Drucksachen), mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Flugplatzbau in Söllingen-Stollhofen und den Antrag der Fraktion der KPD betr. Freigabe des Städtischen Schwimmbades in Frankfurt/Main- Fechenheim durch die Besatzungsmacht (Nrn. 3248, 2961, 2968 der Drucksachen), mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Verhinderung von Landbeschlagnahmung für militärische Zwecke und den Antrag der Fraktion der FU betr. Militärflugplatz in Münster-Handorf (Nrn. 3249, 2922, 3007 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Truppenübungsplatz Bergen-BelsenMunster-Fallingbostel (Nr. 3268 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Erweiterung des Truppenübungsplatzes Bergen-Belsen (Nr. 3276 der Drucksachen) 8745A, 8800C Dr. Hasemann (FDP): als Berichterstatter 8801A als Abgeordneter 8807D Matthes (DP), Antragsteller 8802C Frau Korspeter (SPD), Antrag- stellerin 8803D Majonica (CDU) 8804B Niebergall (KPD) 8804C Morgenthaler (CDU) 8805A Müller (Frankfurt) (KPD) 8805D Dr. Bertram (FU) 8806B, 8807B Jaffé (DP) 8806D • Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 8807A Dr. Arndt (SPD) (zur Abstimmung) . 8808A Abstimmungen 8808A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Teuerungszulagenänderungsgesetz) (Nr. 3217 der Drucksachen) . . . 8808B Arndgen (CDU), Antragsteller 8808B, 8810C Freidhof (SPD) 8808D Renner (KPD) 8810A Ausschußüberweisung 8810D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Gastarbeitnehmer vom 23. November 1951 (Nr. 3208 der Drucksachen) 8810D Ausschußüberweisung 8810D Erste Beratung des von der Fraktion der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Abschnitts I des Grundgesetzes (Nr. 3206 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. steuerliche Erleichterungen für Handwerks- und Kleingewerbebetriebe (Nr. 3212 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3213 der Drucksachen) 8810D Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8811A Dr. Preusker (FDP), Antragsteller 8811D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 8812A Loritz (Fraktionslos) 8812B Renner (KPD) 8812D Ausschußüberweisungen 8813A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zúm Strafverfahren gegen den Abg. Hilbert gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 14. Februar 1952 (Nr. 3222 der Drucksachen) 8813B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8813B Beschlußfassung 8813D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und ,Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Reimann gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 7. März 1952 (Nr. 3235 der Drucksachen) 8813D Löbe (SPD), Berichterstatter . . . 8814A Renner (KPD) 8814B Dr. Mende (FDP) 8814C Ritzel (SPD) 8814D Beschlußfassung 8815A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik (37. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Devisen für den deutschen Kunst- handel (Nrn. 3231, 3099 der Drucksachen) 8815A Dr.-Ing. Decker (FU), Berichterstatter 8815B Hennig (SPD) 8815D Beschlußfassung 8816C Nächste Sitzung 8816C Erster Tag: Donnerstag, den 3. April 1952. Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich darf noch auf einige weitere Bemerkungen des Herrn Kollegen Wehner eingehen. Er hat gesagt, wir müßten auf jede echte Alternative eingehen. Durchaus meine Meinung! Aber Herr Kollege Wehner hat keine Alternative genannt.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Herr Kollege Wehner hat über die Reihenfolge der zukünftigen Entwicklung gesprochen. Dazu möchte ich auch sprechen und Ihnen folgende drei Möglichkeiten aufzählen. Wir wollen die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit als das vordringlichste Ziel unserer Politik. Wir glauben, damit auch der Sache des Friedens in Europa und in der Welt einen ausgezeichneten Dienst zu leisten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der SPD.)

    Wie kommen wir zu der Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit? Durch eigene Kraft? Ich glaube nicht. Wir können immer nur Anstöße geben, wir können mahnen, wir können uns an die Mächte wenden, die jetzt in der Welt zu sagen haben. Wir müssen aufmerksam jede Entwicklung beobachten. Wir dürfen dabei nicht ruhen und nicht rasten. Das ist das, was wir tun können.
    Die zweite Möglichkeit wäre folgende. Glaubt jemand, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit uns dadurch geschenkt würde, daß wir uns an die Sowjetunion wenden? Ich glaube, die Frage stellen heißt sie verneinen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Dann bleibt nur noch die dritte Möglichkeit, daß wir nämlich versuchen — und mit aller Intensität versuchen —, diese Wiedervereinigung .Deutschlands in Freiheit mit Hilfe der Westalliierten zu erreichen.

    (Abg. Renner: Und mit dem Krieg!)

    Eine weitere Möglichkeit sehe ich nicht.

    (Weitere Zurufe von der KPD.)

    Das versuchen wir nun zu erreichen.

    (Abg. Rische: Erläutern Sie mal ein bißchen den dritten Weg! Wie sieht er konkret aus? — Gegenrufe von den Regierungsparteien.)

    — Nun, wenn ich gefragt werde: „Erläutern Sie uns diesen Weg!" — und damit möchte ich auf die Schlußforderung von Herrn Kollegen Wehner zu sprechen kommen, in der er eine Zusammenstellung der wechselnden Stellungnahmen Sowjetrußlands und auch der westalliierten Auffassungen verlangt —, ich glaube, die Politik, die der Bundestag und die Bundesregierung bis jetzt in diesen Jahren verfolgt haben, zeigt, daß wir auf dem richtigen Wege sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, gerade diese verlangte Zusammenstellung wird jedem klarmachen, daß sowohl in der Auffassung der Westmächte wie auch in der Stellungnahme Sowj etrußlands in den letzten Jahren erhebliche Wandlungen zum Vorteil Deutschlands eingetreten sind.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, die erzielten Erfolge berechtigen uns, die von uns — wenn ich sage „uns", meine ich nicht nur die Bundesregierung, sondern auch den Bundestag — bisher eingeschlagene Politik weiter zu verfolgen.
    Ein Wort möchte ich noch über den Zuruf „Mit dem Krieg" sagen. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht an einen heißen Krieg, und zwar deswegen nicht, weil die Westmächte — auch Eisenhower —, wie sie in der feierlichsten Weise erklärt haben, einen solchen Krieg nicht wollen.

    (Abg. Renner: Alle Generäle schwören Frieden!)

    Ich bin weiter der Auffassung, daß auch nicht einmal die sowjetrussischen Generäle Krieg wollen, Herr Renner,

    (Abg. Renner: Das ist das einzige, was stimmt! — Große Heiterkeit)

    und zwar deswegen nicht — ich möchte das gegenüber gewissen Sorgen in der deutschen Bevolkerung sagen —, weil jetzt schon der Westen so stark ist, daß Sowjetrußland keinen Krieg vom Zaune brechen wird.

    (Unruhe links.)

    Es kommt ein Weiteres hinzu, was uns, glaube ich, berechtigt, mit Optimismus in die Zukunft zu sehen. Sowjetrußland hat große innere Aufgaben zu erfüllen,

    (Abg. Renner: Friedensaufgaben! — Zustimmung bei der KPD)

    Aufgaben, zu denen es Kapital und Menschen braucht.

    (Zuruf von der KPD: Gute Erkenntnis! — Abg. Rische: Da haben Sie mal endlich recht! — Gegenrufe von den Regierungsparteien.)

    Auch Sowjetrußland ist deshalb gar nicht in der Lage, ewig diese Rüstungen fortzusetzen und sein Geld und seine Menschen lediglich zu Rüstungszwecken zu verwenden.

    (Abg. Rische: Da haben Sie recht! — Weitere Zurufe von der KPD.)

    Daher glaube ich, wenn wir mit Ruhe und Geduld

    (Abg. Loritz: Das hätten Sie bei der Verteidigungsdebatte sagen sollen! — Gegenrufe von der Mitte)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    und mit großer Vorsicht und auf alles achtend den bisherigen Weg fortsetzen, werden wir eines Tages zu dem von uns allen ersehnten Ziele, zur Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit kommen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zunächst zur Begründung des Antrags der Fraktion der Föderalistischen Union Drucksache Nr. 3211. Wer wünscht zu begründen? -- Herr Abgeordneter Dr. Reismann, bitte!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Bernhard Reismann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Auswärtige Amt ist das Instrument zur Beratung des Außenministers und die Visitenkarte unseres Landes. Seit man mit dem Aufbau des Auswärtigen Amtes befaßt war, habe ich es beobachtet, und ich habe schon vor zwei Jahren, namlich im Marz 1950, dem Herrn Bundeskanzler eine Warnung zukommen lassen über die Beobachtungen, die man damals schon machen konnte. Da ich damals von ihm keine Antwort erhielt, auch noch nicht, als ich ihn im September des Jahres erinnerte, habe ich die Flucht in die Öffentlichkeit ergritten. Ich habe am Ende des Jahres 19b0 Veroffentlichungen vorgenommen, die überall Resonanz hatten, aber nicht bei der Bundesregierung. Von da an ist sowohl in der Öffentlichkeit ais auch hier im Bundestag die Erörterung der Zustände in der Personalpolitik des Auswartigen Amtes nicht abgerissen. Man hat trotz alledem keine Wahrnehmungen von nennenswerten Anderungen in dieser Personalpolitik machen konnen. Der Vorwurf richtete sich von Anfang an dagegen, daß in hervorragendem und besonders auffahligem Maße — nicht also etwa in dem kleinen Rahmen, wie es in jeder Behörde mal vorkommen kann — Cliquenwirtschaft, Mißwirtschaft, persönlicher Beziehungs-Klüngel und gesellschaftliche und politische Beziehungen in rücksichtslosester und fast schamloser Art die Restauration alter Zustände betrieben.

    (Abg. Dr. Horlacher: Sehr richtig!)

    — Damals habe ich die Unterstützung, Herr Kollege Horlacher, die Sie mir jetzt geben, in den Regierungsparteien bedauerlicherweise nicht bekommen. Damals haben sie, obwohl mir bekannt ist, daß einigen Kollegen aus den Koalitionskreisen dieselben Zustände auch bekannt waren, sie diese privat auch beanstandet haben, Vogel-Strauß- Politik betrieben, den Kopf in den Sand gesteckt und an den Dingen vorbeigeschwiegen. Letzten Endes ließ sich das aber nicht mehr totschweigen. Als dann der Oberlandesgerichtspräsident Schetter, ut aliquid fieri videatur, damit es den Anschein hätte, als ob etwas geschähe, den Auftrag bekam, eine Disziplinaruntersuchung zu veranstalten, ging das neben die Sache; denn disziplinär waren die Sachen zum geringsten Teil zu erfassen. Es handelte sich in Wirklichkeit um politische Vorwürfe, solche, die man entweder nicht wichtig nehmen wollte oder die man gar nicht einmal erfaßte. Dieser sehr angesehene Richter versuchte nun eine Mohrenwäsche, die zu nichts anderem führte, als daß er seinen eigenen Ruf auf die alten Tage noch begrub. Die Dinge ließen sich nicht länger verheimlichen. Sie sind ja durch Presseverlautbarungen in Zeitungen der verschiedensten Richtungen bekanntgeworden. Man kann also nicht sagen, es seien nur von einer Richtung, sei es nun von Ärger über
    persönliche Benachteiligung oder von parteipolitischer Abneigung dirigiert, nur auf Befangenheit beruhende Vorwürfe aufgestellt worden. Also von der Publizistik der verschiedensten Richtungen sind V orwürfe gegen das Auswärtige Amt erhoben worden, die allesamt denselben Kern betrafen. Deswegen hat der Bundestag schon vor mehreren Monaten einen besonderen Ausschuß eingesetzt, der sich mit der Prüfung dieser Vorwurte zu befassen hat. Die Öffentlichkeit hat in weitgehendem Umfang von seinen Verhandlungen Kenntnis bekommen. Das beruht nun nicht etwa auf öffentlichen Verhandlungen, denn bedauerlicherweise hat der Ausschuß im großen und ganzen geheim, unter dem Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt. Es steht zwar jedem Abgeordneten frei, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Aber, Gott, wer kann das denn, wer hat denn die Zeit dazu, da die Abgeordneten durch andere Sitzungen gebührend in Anspruch genommen sind? Ich selber habe einige Male zugehort. Das Haus hat aber ein Recht darauf, über den Ablauf der Verhandlungen mindestens ebensoviel zu erfahren, wie die Öffentlichkeit durch kurze Zwischenberichte in der Presse erfahren hat. Der Zustand ist nicht schön, daß von einigen Mitgliedern des Ausschusses in einer Konferenz Mitteilungen an Presseorgane gemacht werden, über die die Abgeordneten des Hauses selber noch nicht unterrichtet sind. In erster Linie müßten wir darüber unterrichtet werden.
    Wenn man nun in der Presse lesen kann, daß schon nach der Vernehmung von 19 oder 20 Betroffenen oder Beteiligten oder Zeugen 5 Persönlichkeiten des erst jungen Auswärtigen Amts nicht nicht mehr als tragbar angesehen wurden, so muß das zu denken geben. Es muß uns veranlassen, den Dingen auf den Grund zu gehen und einen Zwischenbericht zu verlangen. Denn inzwischen gibt der Herr Staatssekretär Hallstein — meistens auf Reisen —, obwohl im übrigen mit der Politik und am wenigsten mit dem befaßt, was er eigentlich tun und sein sollte, nämlich der Behördenchef, der auch die Personalien zu überwachen hat und für den stabilen und ruhigen Gang der laufenden Geschäfte Sorge tragen muß, Verlautbarungen an die Presse, daß das alles gar nicht so schlimm sei, daß man sich noch zurückhalten müsse, daß man nicht vorschnell urteilen dürfe — ich bitte Sie: vorschnell nach so viel Zeitablauf, nachdem schon so viel daruber gesprochen worden ist! —, also, daß das alles gar nicht so schlimm sei.
    Inzwischen wird aber durch dieses selbe Auswärtige Amt im Ausland wie im Inland der gute Name der jungen Bundesrepublik weiter verdorben. Was soll man dazu sagen, wenn z. B. die Deutschen in Griechenland nur ungern auf das deutsche Konsulat und die deutsche Gesandtschaft in Athen gehen, weil sie dort einige sehr unbeliebte Gesichter aus der Nazizeit wiederfinden! Was soll man dazu sagen, wenn über die Sender der Südoststaaten auf dem Balkan ein deutscher Gesandter als der SS-Henker bezeichnet wird, ohne daß man dagegen mit großem Recht etwas tun könnte!
    Und was soll man dazu sagen, wenn jetzt aus den Dokumenten der Nürnberger Prozesse Vorwürfe auftauchen! Man hätte das seit zwei Jahren vermeiden können. Ich habe schon in dem Unterausschuß des Auswärtigen Ausschusses, der sich mit dem Aufbau — nicht so sehr mit den Personalien im einzelnen — befaßt hat, darauf hin-


    (Dr. Reismann)

    hingewiesen, daß in den Akten über den Nürnberger Wilhelm-Straßen-Prozeß äußerst kompromittierende Dinge enthalten seien. Der damalige Personalchef, Herr Haas, hat sehr bestürzt erklärt, daß diese Materialien so umfangreich seien, daß man keine Zeit gehabt habe, sie zu prüfen. Ich habe Gelegenheit genommen, ihm zu sagen, daß es alphabetische Verzeichnisse über die Zeugen gebe und daß ich bereit und in der Lage sei, ihm durch die Verbindung mit den Verteidigern in jenen Prozessen, den Rechtsanwälten, diese Arbeit zu erleichtern. Man ist nicht darauf zurückgekommen. Inzwischen ist der Skandal so groß geworden, daß das Ansehen der Bundesrepublik großen Schaden genommen hat.
    Ich kann verstehen, daß bei der Behörde, auch bei dem zuständigen Herrn Außenminister das Bestreben herrscht, von dieser schmutzigen Wäsche nicht mehr als unbedingt nötig in die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Ich teile diese Ansicht nicht. Ich bin im Gegenteil der Auffassung, daß es nichts Besseres geben kann, als nun vor aller Öffentlichkeit darzulegen, daß dieser „Sumpf mit Stumpf und Stil ausgerottet" wird, daß die Zustände definitiv bereinigt werden und daß das, was dann in der Behörde bleibt, nicht bloß das Vertrauen von uns, sondern auch das des Auslandes endgültig verdient. Das alles kann aber nicht erreicht werden, wenn wir weiter schweigen und die Zustände die alten bleiben, wie sie sich seit zwei Jahren entwickelt haben. Man kommt eben nicht daran vorbei, jetzt schon einen Zwischenbericht zu geben, zumal nach der ungeschickten Äußerung des Herrn Staatssekretärs Hallstein wiederum der Eindruck erweckt wird, daß es weitergehen soll wie bisher. Die Presse mag sich
    aufregen, man mag im Bundestag darüber reden, die Dinge gehen ihren Lauf wie bisher. Nennen wir den letzten Verantwortlichen beim Namen: das ist nicht der Herr Bundeskanzler, der irregeführt wird, aber die Verantwortung hat, das ist auch nicht Herr Hallstein, der die Zustände schon vorfand, als er hinkam — aber beide — Kanzler und Staatssekretär — decken sie —, das ist Herr Blankenhorn, der die Zustände heraufbeschworen, der sie begründet hat und der als die „Graue Eminenz" der neuen Wilhelmstraße im Hintergrund sitzt.
    Wir verlangen deshalb, daß diese Dinge bei erster Gelegenheit erörtert, daß sie jetzt schon vor dem endgültigen Abschluß erörtert werden. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, unserem Antrag zuzustimmen, daß unverzüglich ein Zwischenbericht gegeben wird.
    Gestatten Sie mir noch eins. Wir haben beabsichtigt, auch den Antrag einzubringen, daß der Ausschuß öffentlich verhandelt, weil wir der Ansicht sind, daß man nur in der Öffentlichkeit die Vorwürfe widerlegen und das Amt von dem Verdacht reinigen kann, daß es weiter so bleibt. Leider hat es der Ältestenrat nicht für richtig und nicht für mit der Geschäftsordnung vereinbar gehalten, daß das Plenum eine solche Anweisung an einen Ausschuß gibt. Wir vermögen diese Ansicht nicht zu teilen. Das Plenum kann nach unserem Dafürhalten Anweisungen erteilen. Wenn man das aber nicht will, so ist es mindestens notwendig, diesem zweiten Antrag stattzugeben, damit wir inzwischen schon einmal erfahren, was dort steigt, damit wir erfahren, in welcher Richtung die Verhandlungen laufen, inwieweit die Zeugenaussagen bisher schon
    vorliegendes Material bestätigt haben, und damit wir für die Zukunft richtunggebend unsere Ansicht äußern können. Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag.

    (Beifall bei der FU.)