Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich darf noch auf einige weitere Bemerkungen des Herrn Kollegen Wehner eingehen. Er hat gesagt, wir müßten auf jede echte Alternative eingehen. Durchaus meine Meinung! Aber Herr Kollege Wehner hat keine Alternative genannt.
Herr Kollege Wehner hat über die Reihenfolge der zukünftigen Entwicklung gesprochen. Dazu möchte ich auch sprechen und Ihnen folgende drei Möglichkeiten aufzählen. Wir wollen die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit als das vordringlichste Ziel unserer Politik. Wir glauben, damit auch der Sache des Friedens in Europa und in der Welt einen ausgezeichneten Dienst zu leisten.
Wie kommen wir zu der Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit? Durch eigene Kraft? Ich glaube nicht. Wir können immer nur Anstöße geben, wir können mahnen, wir können uns an die Mächte wenden, die jetzt in der Welt zu sagen haben. Wir müssen aufmerksam jede Entwicklung beobachten. Wir dürfen dabei nicht ruhen und nicht rasten. Das ist das, was wir tun können.
Die zweite Möglichkeit wäre folgende. Glaubt jemand, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit uns dadurch geschenkt würde, daß wir uns an die Sowjetunion wenden? Ich glaube, die Frage stellen heißt sie verneinen.
Dann bleibt nur noch die dritte Möglichkeit, daß wir nämlich versuchen — und mit aller Intensität versuchen —, diese Wiedervereinigung .Deutschlands in Freiheit mit Hilfe der Westalliierten zu erreichen.
Eine weitere Möglichkeit sehe ich nicht.
Das versuchen wir nun zu erreichen.
— Nun, wenn ich gefragt werde: „Erläutern Sie uns diesen Weg!" — und damit möchte ich auf die Schlußforderung von Herrn Kollegen Wehner zu sprechen kommen, in der er eine Zusammenstellung der wechselnden Stellungnahmen Sowjetrußlands und auch der westalliierten Auffassungen verlangt —, ich glaube, die Politik, die der Bundestag und die Bundesregierung bis jetzt in diesen Jahren verfolgt haben, zeigt, daß wir auf dem richtigen Wege sind.
Ich glaube, gerade diese verlangte Zusammenstellung wird jedem klarmachen, daß sowohl in der Auffassung der Westmächte wie auch in der Stellungnahme Sowj etrußlands in den letzten Jahren erhebliche Wandlungen zum Vorteil Deutschlands eingetreten sind.
Ich glaube, die erzielten Erfolge berechtigen uns, die von uns — wenn ich sage „uns", meine ich nicht nur die Bundesregierung, sondern auch den Bundestag — bisher eingeschlagene Politik weiter zu verfolgen.
Ein Wort möchte ich noch über den Zuruf „Mit dem Krieg" sagen. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht an einen heißen Krieg, und zwar deswegen nicht, weil die Westmächte — auch Eisenhower —, wie sie in der feierlichsten Weise erklärt haben, einen solchen Krieg nicht wollen.
Ich bin weiter der Auffassung, daß auch nicht einmal die sowjetrussischen Generäle Krieg wollen, Herr Renner,
und zwar deswegen nicht — ich möchte das gegenüber gewissen Sorgen in der deutschen Bevolkerung sagen —, weil jetzt schon der Westen so stark ist, daß Sowjetrußland keinen Krieg vom Zaune brechen wird.
Es kommt ein Weiteres hinzu, was uns, glaube ich, berechtigt, mit Optimismus in die Zukunft zu sehen. Sowjetrußland hat große innere Aufgaben zu erfüllen,
Aufgaben, zu denen es Kapital und Menschen braucht.
Auch Sowjetrußland ist deshalb gar nicht in der Lage, ewig diese Rüstungen fortzusetzen und sein Geld und seine Menschen lediglich zu Rüstungszwecken zu verwenden.
Daher glaube ich, wenn wir mit Ruhe und Geduld
und mit großer Vorsicht und auf alles achtend den bisherigen Weg fortsetzen, werden wir eines Tages zu dem von uns allen ersehnten Ziele, zur Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit kommen.