Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Wir haben schon in der vergangenen Woche bei der Beratung der andern vorgelegten Handwerksanträge unsere Meinung zu den verschiedenen Fragen und Wünschen des Handwerks dargelegt. Ich will mich deshalb den jetzt vorliegenden Anträgen zuwenden.
Zweifellos ist in der Frage der Regiebetriebe eine Überprüfung notwendig. Es gibt eine Reihe von Menschen draußen in den Kommunen, die sehr für die Regiebetriebe schwärmen und die davon träumen, daß solche Regiebetriebe preisregulierend wirken könnten. Wir sind nicht dieser Meinung. Wir glauben, daß es eine ganze Reihe von Arbeiten und Aufträgen der öffentlichen Hand gibt, die sehr wohl von Regiebetrieben, aber auch von Handwerksmeistern durchgeführt werden können, und alle Arbeiten der öffentlichen Hand, die nicht unmittelbar schädigend oder hemmend für öffentliche Betriebe wirken, sollten öffentlich ausgeschrieben und an Handwerksbetriebe vergeben werden. Dieser Grundsatz sollte auf jeden Fall in den Kommunen wie auch hier im Bund Geltung erhalten.
Nun zu der Installations- und Verkaufstätigkeit der Versorgungsbetriebe. Gewiß kann man sich in der Praxis sehr darüber streiten, wo das Bedürfnis
besteht, Handwerksbetriebe einzuschalten, oder wo die Installationstätigkeit durch öffentliche Betriebe selbst durchgeführt werden sollte. Ich denke aber, wenn die Handwerker in den Kommunen, auch soweit Landes- oder Bundesarbeiten in Frage kommen, sich frühzeitig einschalten, wäre absolut eine Übereinstimmung zu erzielen, inwieweit nun die Arbeiten getrennt und gemeinsam durchgeführt werden können.
Noch einige Worte zu dem Belegschafts- und Behördenhandel. Ich wundere mich, daß man gerade von der CDU/CSU und FDP heute so Sturm dagegen läuft, und ich glaube, daß auch die Begründung etwas schief liegt. Ich möchte doch darauf hinweisen, daß der Behörden- und Belegschaftshandel deshalb so hochgekommen ist, weil eine Reihe von Groß- und auch Mittelunternehmern in der Notzeit einen regelrechten Handel, d. h. eine regelrechte Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs selbst sabotiert und selbst in starkem Maße Kompensationsgeschäfte durchgeführt hat. Ich mache daraus den Unternehmern keinen generellen Vorwurf, weil eine Reihe ihrer betrieblichen Arbeiten ohne solche Kompensationsgeschäfte einfach nicht weitergegangen wäre. Aber man kann auch nicht andererseits nun den Angestellten, Arbeitern oder Betriebsräten daraus einen Vorwurf machen. Grundsatz sollte sein — und das ist unsere Meinung —, daß sich Arbeitervertreter, Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte nicht irgendwie als Kaufleute oder als Händler in den Betrieben betätigen sollten. Grundsätzlich sollten alle Geschäfte eben durch die Mittelständler bzw. durch die Geschäftsleute getätigt werden. Die Arbeitervertreter haben andere Aufgaben, als für billigere Kartoffeln oder verbilligte Schuhe oder blaue Arbeitsanzüge zu sorgen. Aber hier muß man selbstverständlich in jedem einzelnen Falle die Dinge noch überprüfen.
Damit erhebt sich nämlich zugleich auch die Frage, was z. B. mit den Werkskonsumvereinen geschieht. Ich möchte daran erinnern, daß die frühere Firma Krupp in großem Maße solche Konsumvereine unterhielt. die früher mit dem Werk unmittelbar gekoppelt waren. Alles das sind Fragen, die jedenfalls einer ernsten Prüfung bedürfen. Wir sind der Meinung. daß grundsätzlich kein Rehörden und kein Belegschaftshandel durchgeführt werden soll.
Allerdings möchte ich den Vertretern der CDU/ CSU folgendes sagen: Es ist reichlich übertrieben, wenn man hier die Dinge so darlegt, als wären dadurch 25 000 ältere Angestellte nun arbeitslos. Das ist doch reichlich übertrieben. Damit werden doch wirklich die Dinge auf den Kopf gestellt. Die 25 000 Angestellten sind aus ganz anderen Gründen arbeitslos, nämlich deswegen, weil die Kaufkraft der breiten Massen tatsächlich zurückgegangen ist und da auch eine Reihe von Mittel- und Großbetrieben sich weigert, ältere Angestellte weiter zu beschäftigen, weil sie vom Standpunkt der sogenannten Rentabilität dieser Betriebe angeblich nicht ganz einsatzfähig seien. Also man soll doch nach Möglichkeit mit solchen Zahlen bei der Begründung der Notwendigkeit der Aufhebung des Belegschafts- und Behördenhandels nicht operieren.
Nun zur Frage der Gewerbefreiheit und des Gewerberechts. Neu war, daß heute der Herr Staatssekretär sagte, in den Nebenverträgen zum Generalvertrag solle nur festgelegt werden, daß die Lizenzen und die Rechte, die man in der amerikanischen und in der französischen Zone an be-
stimmte Handwerker oder Firmen schon gegeben hat, nicht wieder aufgehoben werden sollen. Mir war bisher diese Lesart nicht bekannt. In allen Zeitungen liest man es anders, und wir begegnen den Erklärungen des Herrn Staatssekretärs gerade in der Frage des Gewerberechts mit einer großen, großen Skepsis. Wir sind der Meinung, daß im Zuge der Zurückgabe der vollen nationalen Souveränität uns auch diese Rechte zurückgegeben werden müssen. Wir können keiner Besatzungsmacht zubilligen, im Zuge der militärischen Aufrüstung und Kriegsmaßnahmen nun zu versuchen, für Finanzkreise in Amerika besondere Zugeständnisse, gelinde gesagt, hier herauszupressen.
Zu all den Fragen, die angestanden haben, noch eine grundsätzliche Bemerkung. Ich habe mich sehr gewundert, wie die Serie der Anträge hier von der CDU/CSU vorgelegt wurde. Es wäre doch viel einfacher gewesen! Die CDU/CSU sitzt seit einigen Jahren in der Bundesregierung. Der Bundeskanzler wird von dieser Koalition gestellt,
die Bundesminister werden von dieser Koalition gestellt. Weshalb hat man sich denn nicht schon vor zwei Jahren an diese Regierung gewandt und in direkten Verhandlungen mit der Regierung die notwendigen Maßnahmen für die Rettung des Handwerks eingeleitet? Ich sage Ihnen ganz offen, ein Teil dieser Anträge ist von ganz anderen Grundsätzen bedingt, ist bedingt von einer gewissen Wahlpropaganda.
Das muß man hier einmal ganz deutlich sagen. Die Lage des Handwerks kann durch solche Anträge und durch kleine Teilzugeständnisse gar nicht behoben werden. Sie haben z. B. in der vergangenen Woche, als wir höhere Mittel für die Handwerksförderung forderten, gefragt, wo das Geld herkommen solle. Bei dem Investitionshilfegesetz waren Sie gar nicht so bescheiden, und auch in Ihrer Bereitwilligkeit für die Wiederaufrüstung sind Sie gar nicht so bescheiden,
aber wenn es um die Handwerksförderung geht, dann sind Sie reichlich, reichlich zurückhaltend: Sie haben nur fünf Millionen beantragt.