Rede von
Georg
Peters
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation der FDP, die uns heute unter der Drucksache Nr. 2828 vorliegt, soll in der ganzen Art der Fragestellung lediglich den Beweis für die Notwendigkeit der Herabsetzung der Zigarettensteuer erbringen. Das ergibt sich sehr klar und eindeutig aus der Frage 6 der Interpellation. Ich bedaure es außerordentlich, daß Herr Schamberg, der den Antrag der CDU begründet hat, sich noch viel eindeutiger als Herr Wellhausen für die Herabsetzung der Zigarettensteuer ausgesprochen hat.
Zu Punkt 5 der Interpellation ist zu bemerken, daß die Fragestellung falsch ist. Das Jahr 1938 war infolge der bereits angelaufenen Rüstungskonjunktur kein Normaljahr mehr und kann nicht zu gültigen Vergleichen herangezogen werden. Allgemein nimmt man dafür das Jahr 1936. Das hätte man auch in diesem Fall tun sollen. Wenn man die Produktionszahlen für Zigaretten aus den Jahren 1936 und 1938 miteinander vergleicht, findet man sehr leicht die Begründung für diese meine Behauptung. Es ist ebenfalls falsch, den Zigarettenverbrauch in den USA und anderen Staaten mit dem Zigarettenverbrauch in Deutschland vergleichen zu wollen. In den anderen Staaten ist der Zigarettenkonsum schon deshalb höher, weil der Lebensstandard teilweise unvergleichlich höher ist. Herr Wellhausen hat gerade dieses Argument sehr unterstrichen, indem er herausgestellt hat, wie lange der Arbeiter in den einzelnen Staaten für 20 Zigaretten zu arbeiten hat.
— Doch! — Im übrigen ist es ja so, daß der Deutsche schon immer nicht nur Zigarettenraucher, sondern auch Zigarren- und Pfeifenraucher gewesen ist. Aus einem einfachen Vergleich des Verbrauchs in den einzelnen Staaten kann man also keinesfalls schließen, wieviel Zigaretten bei uns in Deutschland noch verbraucht werden könnten.
Die beiden Fragen von Ziffer 4 der Interpellation können eigentlich nicht im Zusammenhang gestellt werden. Die echte Steuersenkung, die bei der Zigarre vorgenommen ist, konnte zu einer Verdoppelung des Konsums führen. Die Einführung eines steuerbegünstigten Feinschnitts im vergangenen Jahr mit dem Beimischungszwang hat eine verminderte Qualität ohne genügende preisliche Angleichung gebracht.
Die seinerzeit vorgenommene Preisberichtigung
war keine Preisermäßigung, sondern eben nur eine
Berichtigung und insofern auch unvollkommen. Die Mehrheit des Hohen Hauses hat seinerzeit unseren Antrag auf Festsetzung des Preises von 30 DM je kg abgelehnt. Das wäre eine echte Angleichung gewesen.
Der Antrag der CDU/CSU auf Drucksache Nr. 3171 spricht lediglich von einer Neuregelung der Tabaksteuer, ohne aber konkrete Vorschläge für eine Herabsetzung der Steuer zu enthalten. Er findet leider auch nur in der Bekämpfung des sogenannten Besatzungsschmuggels seine Begründung. Das Hohe Haus hat sich schon öfter mit der Schmuggelbekämpfung beschäftigt. Sooft das geschehen ist, hat der Herr Finanzminister — so auch heute — eine Herabsetzung der Steuern und Preise abgelehnt und geglaubt, er könne mit einer Vermehrung der Grenzbeamten und mit sonstigen Verwaltungsmaßnahmen Wesentliches erreichen. Ich glaube, wir dürfen feststellen, daß der Herr Finanzminister sich geirrt hat, ebenfalls die Mehrheit des Hohen Hauses, die ihm die Gefolgschaft dabei nicht versagen konnte. Was der Schmuggler an der „Grünen Grenze" verloren hat, hat er über den „Besatzungsschmuggel" wieder aufgeholt. Solange derartig krasse Unterschiede zwischen ausländischen und inländischen Preisen bei Tabakwaren oder auch bei Kaffee und Tee bestehen wie bisher, wird der Schmuggel nicht eingedämmt werden. Zu geordneten Verhältnissen kommen wir nur über eine fühlbare Herabsetzung der Steuern und der Preise.
Wir sollten uns angesichts der hohen Steuersätze für die genannten Waren ruhig einmal daran erinnern, daß wir es auch hier mit einem Stück Besatzungsdiktat zu tun haben. Wenn der Herr Finanzminister aus durchsichtigen Gründen dagegen nicht opponiert, sollte das Hohe Haus es dennoch tun.
— Er will ja nicht davon abgehen. Vor dem Kriege hat die billigste Normalzigarette 3 1/3 Pf. gekostet, heute kostet sie 10 Pf. Das Päckchen Feinschnitt hat vor dem Kriege 50 Pf. gekostet, heute kostet es 1,60 DM. Eine so enorme Steigerung der Belastung hätte, glaube ich, von keiner deutschen Stelle eingeführt werden können. Sie sollte auch auf keinen Fall aufrechterhalten bleiben. Vor dem Kriege war die Zigarette mit 15 Mark Steuer per tausend belastet, heute beträgt die Belastung 67 DM. Der Feinschnitt war vor dem Kriege mit 3,94 Mark steuerbelastet, heute mit 17,50 DM. Diese Zahlen zeigen ganz eindeutig, wie — um mit dem Herrn Kollegen Neuburger zu reden — „unvernünftig hoch die Steuer für Zigaretten und Tabak ist" und wie notwendig eine Steuersenkung sowohl bei der Zigarette als auch bei dem Tabak ist.
Eine Senkung der Steuer und damit des Preises alle in bei der Zigarette wäre vor allem eine bittere und schwere Ungerechtigkeit gegenüber dem minderbemittelten Raucher, der sich auch eine Zigarette für 8 Pf. nicht leisten kann. Man würde also eine Herabsetzung der Steuer vornehmen, ohne aber gleichzeitig den am schlechtesten gestellten Raucher überhaupt zu erfassen und ihm eine Ermäßigung zuteil werden zu lassen. Die Zigarette ist immer in gewissem Umfange ein Konsumartikel des Wohlstandes. Der Tabak dagegen ist, gleichgültig ob er aus der Pfeife oder in Form der selbstgedrehten Zigarette geraucht wird, der Konsumartikel der unbemittelten breiten Schichten. Die Verbilligung der Zigarette allein würde den Genuß von Tabak zweifellos relativ verteuern.
Ein solches steuerliches Unrecht sollte keiner von uns hier vertreten. Eine nicht entsprechende Senkung der Preise für Rauchtabak würde darüber hinaus der vorjährigen Wiedereinführung des „Feinschnittes besonderer Eigenart" mit Beimischungszwang für deutschen Tabak weitgehend ihren Sinn nehmen. Der Sinn lag ja in der Erhaltung des deutschen Tabakanbaus. Eine einseitige steuerliche Maßnahme zugunsten der Zigarette würde jedoch einen ins Gewicht fallenden Umsatz des Feinschnitts mit Beimischungszwang und damit deutscher Tabake unmöglich machen. Auch eine Einschränkung des Umsatzes müßte die Existenz von 60 000 Tabakpflanzern erneut gefährden, mindestens aber stark negativ beeinflussen. Der Tabak ist nun einmal in weiten Gegenden Deutschlands das einzige Produkt, das mit Nutzen angebaut werden kann. Er ist vor allem außerordentlich arbeitsintensiv, und erhebliche Teile der Bevölkerung sind auf diesen kleinbäuerlichen Anbau entscheidend angewiesen. Schließlich darf noch darauf hingewiesen werden, daß Millionenbeträge investiert worden sind, um den deutschen Tabakanbau überhaupt auf die heutige Stufe zu bringen.
Wir sollten uns davor hüten, durch einseitige Preissenkungen die Wettbewerbsverhältnisse in der Tabakwarenindustrie zu verschieben. Da wir mit unserer Entscheidung über die steuerliche Belastung gleichzeitig den Kleinverkaufspreis bestimmen, entscheiden wir damit auch über das Schicksal eines ganzen Gewerbes. Wenn rein fiskalisch gesehen eine Überleitung von der Rauchtabakproduktion auf die Zigarettenherstellung steuerlich einen Vorteil bedeutet — und der Herr Finanzminister liebäugelt wohl aus diesen Gründen besonders mit der Zigarette —, so muß doch darauf verwiesen werden, daß eine Ausweitung der Zigarettenproduktion erhebliche zusätzliche Dollarbeträge erfordern würde.
Aus diesen und anderen Erwägungen habe ich Ihnen namens der Fraktion der SPD folgenden Antrag zu unterbreiten:
Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Herabsetzung der Tabaksteuer vorzulegen, in dem folgendes bestimmt ist:
1. Die niedrigste allgemeine Preisklasse für Zigaretten beträgt 8 Dpf. per Stück.
2. Die niedrigste Preisklasse für Feinschnitt mit Beimischungszwang für deutschen Tabak beträgt 26 DM per Kilo oder 1,30 DM pro Päckchen.
3. Die niedrigste Preisklasse für Feinschnitt ohne Beimischungszwang beträgt 40 DM per Kilo oder 2 DM pro Päckchen.
4. Die niedrigste Preisklasse für Pfeifentabak besonderer Eigenart, ausschließlich aus Tabakstengeln hergestellt, beträgt 5 DM per Kilo.
5. Die niedrigste Preisklasse für Tabak mit Beimischungszwang von mindestens 50 % Tabakstengeln beträgt 12 DM per Kilo.
6. Die niedrigste Preisklasse für Tabak ohne
Beimischungszwang beträgt 16 DM per Kilo.
Wir wollen mit diesem Antrag eine alsbaldige fühlbare Ermäßigung des Preises für Zigaretten, Feinschnitt und Pfeifentabak und machen deshalb diese konkreten Vorschläge. Die Preissenkungen müssen einander entsprechen und dürfen die Relation keinesfalls zugunsten der Zigarette verschie-
ben. Der Kleinverkaufspreis von 1,30 DM für das 50-Gramm-Päckchen Tabak entspricht etwa dem vorgeschlagenen Zigarettenpreis von 8 Pf. per Stück. Bei der Zigarette wollen wir die Einführung einer vorgelagerten billigeren Preisklasse offenlassen und haben deshalb den Antrag so formuliert, daß die allgemeine niedrigste Preisklasse 8 Pf. betragen soll.
Wir bitten Sie, unseren Antrag mit der Drucksache Nr. 3171 dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen.
Zur Schmuggelbekämpfung bei der Zigarette sollte man sich überlegen, ob man nicht in beschränktem Umfang amerikanische Zigaretten verzollt hereinnehmen könnte. Diese Zigarette wird vielfach nicht wegen des preislichen Vorteils, sondern aus geschmacklichen Gründen geraucht. Selbst in Griechenland werden heute normal versteuerte amerikanische Zigaretten verbraucht. Durch den Verbrauch von monatlich schätzungsweise 300 Millionen unversteuerter Zigaretten wird dem Staat eine ins Gewicht fallende Einnahme entzogen. Leider ist es so, daß auch der Schmuggel mit Rauchtabak erheblich zugenommen hat.