Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich begrüße diese Zusammenfassung, weil die Gesetzentwürfe in sich selbst einen inneren Zusammenhang haben. Der Nachtragshaushalt und die Ergänzungsvorlage gibt Ihnen das Bild über die Gesamtentwicklung des Bundeshaushalts im Jahre 1951/52.
Die Gesetzesvorlage für die Inanspruchnahme eines Anteils der Einkommen- und Körperschaftsteuer baut auf der Entwicklung auf, die das Haushaltsjahr 1952/53, also das kommende Haushaltsjahr, voraussichtlich bieten wird, und schafft die gesetzliche Grundlage, einen Haushalt für das Jahr 1952/53 überhaupt aufstellen und durchhalten zu können. Das Finanzausgleichsgesetz sucht die Be- lastung, die den Ländern durch die Inanspruchnahme des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer zuwächst, in sich in der Form auszugleichen, daß die steuerschwachen Länder durch das Finanzausgleichsgesetz in die Lage versetzt werden, auch diesen Bundesanteil von 40 0/o, wie er vorgeschlagen ist, wirklich zu tragen.
Wenn ich mich zuerst mit dem Nachtragshaushalt und der Ergänzungsvorlage beschäftige, so bitte ich, es mir nicht übelzunehmen, wenn ich hier zunächst einmal einen nüchternen Vortrag halten muß, einen Vortrag, der sich noch dazu mit einer Vorlage beschäftigt, die am Ende des Haushaltsjahres kommt,
für das sie bestimmt ist. Trotzdem kommt diesem Nachtragshaushalt und der Ergänzungsvorlage auch für die Zukunft eine große Bedeutung zu, weil die Bundesregierung ein Haushaltsgesetz 1952/53 vorbereitet hat — dieses Haushaltsgesetz ist bereits durch den Bundesrat gegangen —, wonach der Haushalt 1951/52 in der Form, in der er durch den Hauptplan, Nachtragshaushalt und die Ergänzungsvorlage geschaffen worden ist, die Grundlage als Überrollungshaushalt für das Jahr 1952/53 bilden soll. Die Bundesregierung hat sich nach Fühlungnahme mit den Fraktionen dieses Hauses zu diesem Entschluß deshalb durchgerungen, weil es der einzig mögliche Weg ist, um nach den ersten Aufbaujahren, die ja auch finanzpolitisch Jahre des Aufbaus waren, endlich einmal dazu zu kommen, daß die Haushaltspläne zu dem verfassungsmäßigen Termin, also zum Ende des jeweils vorausgehenden Haushaltsjahrs, vorgelegt werden können.
Wenn das Haushaltsgesetz 1951/52 die Grundlage für das Haushaltsgesetz 1952/53 bietet, kann gehofft werden — da die Vorarbeiten für das nächste Haushaltsjahr dann sofort einsetzen können —, daß die Bundesregierung in der Lage ist, zum Ende des Haushaltsjahres 1952/53 den Haushaltsplan 1953/54 rechtzeitig vorzulegen.
Nun darf ich zu der Vergangenheit sprechen. —
Herr Kollege Mellies, Sie wissen ebenso gut wie
ich und alle im Hause, daß der Nachtragshaushalt
für das Rechnungsjahr 1951/52 schon im August
und September in Vorlage beim Bundesrat war.
Aber die gesetzliche Voraussetzung für die Durchführung dieses Nachtragshaushalts hat eine Veränderung erfahren; denn dieser Nachtragshaushalt sah damals einen Bundesanteil an Einkommen-
und Körperschaftsteuer von 31,3 % vor. Der Widerstand der Länder im Bundesrat und die Verhandlungen im Vermittlungsausschuß hatten das Ergebnis, daß dieser Bundesanteil damals mit 27 % festgesetzt wurde, was nach den damaligen Steuerschätzungen einen Ausfall von 300 Millionen DM bedeutet hat. Da aber der Bundesfinanzminister verfassungsmäßig die Pflicht hat, den Haushalt abgeglichen vorzulegen, mußten neue Grundlagen geschaffen werden.
Diese neuen Grundlagen haben in nicht leichten Entschlüssen dazu geführt, daß der Ausgleich in erster Linie durch Streichung von Ausgaben in Höhe des ausfallenden Betrages von 300 Millionen DM gefunden wurde. Erst nachdem diese Voraussetzungen für die sachliche Abgleichung des Nachtragshaushalts gegeben waren, konnte der Nachtragshaushalt als abgeglichener Haushalt vorgelegt werden.
Die Ergänzungsvorlage hat einen ganz anderen Sinn. Die Stellenmehrungen, im besonderen die personellen Änderungen, die in der Verwaltung — ich bemerke, auch die Verwaltung ist im Aufbau und leider, aber notwendigerweise in einem starken Wachstum begriffen — vorgenommen werden mußten und in dem Überrollungshaushalt nicht enthalten waren, sind der besondere Anlaß für die Vorlage des Ergänzungshaushalts gewesen.
Ich möchte nun einmal ein ganz kurzes zahlenmäßiges Bild über den Gesamthaushalt geben, wie er sich aus der Zusammenstellung — Hauptplan, Nachtragshaushalt und Ergänzungsvorlage — ergibt. Der ordentliche Haushalt des Bundes schließt — in diesen drei Haushaltsplänen zusammengefaßt — in Einnahmen und Ausgaben mit
17 269 488 700 DM ab. Davon entfallen auf den
ordentlichen Haushalt an fortdauernden Ausgaben
15 419 255 350 DM, an einmaligen Ausgaben des ordentlichen Haushalts 1 850 233 350 DM. Der außerordentliche Haushalt schließt in Einnahmen und Ausgaben — wieder alle drei Haushaltspläne gerechnet — mit 3 809 621 600 DM ab. Wir haben also im ordentlichen und außerordentlichen Haushalt im Rechnungsjahr 1951/52 die Summe von 21 079 110 300 DM, während wir im vorausgehenden Rechnungsjahr 1950/51 die Summe von
16 270 625 760 DM hatten. Wir haben also in diesem einen Jahr wieder eine Steigerung im Volumen des Haushalts von mehr als 4,8 Milliarden DM. Diese Steigerung ist in erster Linie im Nachtragshaushalt ausgewiesen. Die Steigerung ist in folgenden Posten des Nachtragshaushalts enthalten: Die Steigerung der Besatzungskosten entsprechend den Anforderungen durch die Besatzungsmächte auf Grund des Besatzungsstatuts betragen 3 060 000 000 DM; die sozialen Ausgaben — einschließlich Berlin — haben in diesem Jahr ein Wachstum von 1 550 000 000 DM gezeigt. Dazu kommt die Erhöhung der Ausgaben für Subventionen zur Verbilligung von Lebensmitteln um 225 Millionen DM. Dies ergibt eine Gesamtsumme von 4,8 Milliarden DM.
Äußerlich verschiebt sich das Bild vielleicht etwas dadurch, daß für Berlin eine andere Haushaltsbehandlung eingetreten ist. In Übereinstimmung mit dem Lande Berlin hat sich die Bundesrepublik entschlossen, Berlin haushaltsmäßig als zwölftes Land zu betrachten. Infolgedessen erscheinen sämtliche Einnahmen und sämtliche Ausgaben, die in Berlin anfallen, bei den Kapiteln des Bundeshaushalts, zu denen sie der Materie nach gehören. Sie sind vorläufig noch mit einer beson-
deren Kennziffer versehen insofern, als für diese besonderen Ausgaben im Haushalt der Buchstabe B enthalten ist. Das ist für die Übergangszeit berechnet gewesen. Vom nächsten Jahre an wird eine Scheidung zwischen Bundesausgaben und Bundeseinnahmen in Berlin und außerhalb Berlins im Gebiet der Bundesrepublik überhaupt nicht mehr sichtbar sein. Daneben enthält der Einzelplan XXIII den besonderen Zuschußfonds für Berlin in Höhe von 550 Millionen DM. Die haushaltmäßigen Gesamtaufwendungen der Bundesrepublik für das Land Berlin belaufen sich nach diesem Haushaltsplan auf 995 Millionen DM. Das ist nicht das einzige, was die Bevölkerung der Bundesrepublik ihren Brüdern im Lande Berlin zukommen läßt. Wenn ich die gesamte Berlin-Hilfe im volkswirtschaftlichen Sinne nähme, wenn ich auch das nähme, was auf dem Gebiet der Postverwaltung, auf dem Gebiet der Versicherungsanstalten und dergleichen auch in wirtschaftlichen Maßnahmen für Berlin aus dem Kapital der deutschen Bundesrepublik insgesamt geleistet wird, dann bekäme ich eine Summe von rund 1300 Millionen DM jährlich.
Die Steigerung der Ausgaben in diesem Jahr teilt sich in eine Steigerung der Ausgaben im ordentlichen Haushalt und im außerordentlichen Haushalt. Im außerordentlichen Haushalt, in den ja ein großer Teil der gesteigerten Besatzungskosten übernommen worden ist, beträgt die Steigerung rund 2,1 Milliarden. Für den Rest, der in den ordentlichen Haushalt zu übernehmen war, mußten Einnahmen geschaffen werden, um die Abgleichung des Haushalts durchzusetzen. Diese Einnahmen mußten im vergangenen Jahr in der Form von Steuergesetzen gefunden werden, erstens in der Erhöhung des Steuersatzes auf dem Gebiet der Umsatzsteuer und Umsatzausgleichssteuer von grundsätzlich 3 % auf 4 %, die mit einem Erträgnis von 1025 Millionen DM eingesetzt wurde, dann in der Erhöhung des Anteils des Bundes an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer der Länder auf 27 %, die mit 720 Millionen DM angesetzt war. Dazu kommen jetzt aus haushalttechnischen Gründen die Steuereinnahmen in der Stadt Berlin mit 460 Millionen DM, soweit sie Bundessteuern sind, dann die Erhöhung der Zolleinnahmen und verschiedener kleinerer Steuern mit 205 Millionen DM, dann der Nachtragshaushalt, der noch einen Ansatz von 200 Millionen DM für Aufwandsteuer und Benützungsgebühr für Autobahnen enthält, der aber gleichzeitig mit einem Mehrertrag von Steuern in Höhe von 225 Millionen DM rechnete, die als Globalposten eingesetzt worden sind.
Im Rechnungsjahr 1951/52 kann mit einem Aufkommen an Aufwandsteuer und Autobahnbenutzungsgebühr nicht mehr gerechnet werden. Es ist infolgedessen selbstverständlich, und die Bundesregierung ist einverstanden, wenn dieser Haushaltsansatz gestrichen wird. Es ist möglich, den Haushaltsansatz, den Mehrertrag an Steuern, von 225 Millionen auf 425 Millionen DM zu erhöhen und damit den notwendigen Ausgleich zu schaffen. Ich darf aber bemerken, daß der Gesamtabschluß des Haushalts einen Überschuß der Ausgaben über die Einnahmen ergeben wird, der über 200 Millionen DM, also über das Erträgnis, das für Aufwandsteuer und Autobahnbenützungsgebühr angesetzt war, hinausgehen wird.
Über die tatsächliche Entwicklung der gesamten Einnahmen des Haushalts gibt Ihnen in den Einzelheiten die Anlage 1 in der Drucksache Nr. 3168
Aufschluß. Ich brauche deswegen auf Einzelheiten nicht mehr einzugehen.
Ich möchte hier zu den Gesamtzahlen noch eine Bemerkung machen. Wenn die Bundesregierung die Politik verfolgt, eine inflationäre Entwicklung möglichst zu verhindern, wenn sie infolgedessen ihr ganzes Bemühen dareinsetzt, die Preise und Löhne möglichst stabil zu halten, muß selbstverständlich eine Berechnung von Steuerschätzungen auf der Grundlage aufbauen, daß diese Politik auch Erfolg hat und daß die Preise und Löhne festbleiben.
Unter dieser Voraussetzung wären die Steuerschätzungen, . die am Anfang des Jahres gemacht worden sind, zweifellos richtig gewesen. Wir haben auch im letzten Jahr eine Steigerung der Löhne und Preise erhalten,
die wir nicht gewünscht haben, und das hat selbstverständlich auf der andern Seite zu einer Mehreinnahme an Steuern im Bundeshaushalt geführt. Meine Damen und Herren, ich bemerke offen, daß der Finanzminister viel zu wenig Fiskalist ist, um sich ohne weiteres über eine Steigerung von solchen Steuereinnahmen zu freuen. Es wäre dem Finanzminister um des Ganzen willen und um des großen volkswirtschaftlichen Zieles willen lieber, wenn solche Entwicklungen sich nicht abzeichneten. Er begrüßt deshalb eine Erscheinung, die in den letzten Monaten eingetreten ist und die ihm rein fiskalisch eher Sorgen machen müßte, nämlich die Erscheinung, daß die sogenannten konjunkturempfindlichen oder besser: die der Konjunktur im Erträgnis sofort folgenden Steuern — Umsatzsteuer und gewisse Verbrauchsteuern — in den letzten Monaten keine steigende Kurve mehr aufzeigen, sondern in den letzten Monaten zur Ruhe gekommen sind. Wenn ich dieses Sinnbild der Ruhe als Sinnbild nicht nur der Ruhe in den Steuereinnahmen, sondern auch als Sinnbild der Ruhe im Wirtschaftsleben betrachten darf, dann begrüße ich diese Erscheinung.
Diese Erscheinung hat im Verhältnis Bund und Länder natürlich eine Begleiterscheinung. Früher haben die Länder immer darüber geklagt, daß sie auf Steuern angewiesen seien, die der Konjunktur um einen gewissen Zeitraum, man kann sagen, um ein Jahr, nachhinken: Einkommen- und Körperschaftsteuer. Diese Erscheinung ist in Zeiten einer gleichbleibenden Konjunktur für die Länder ein Vorteil, weil die Steigerung, die im vorausgegangenen Jahre in der Konjunktur eingetreten war, im nächsten Jahre in den Einnahmen bei den Ländern — Einkommen- und Körperschaftsteuer — sich logischerweise fortsetzen muß. Während also die Erträge der Bundessteuern im allgemeinen im nächsten Jahr voraussichtlich in gleicher Höhe hereinkommen werden, werden die Ländersteuern wahrscheinlich wie in den letzten Monaten so auch in dem nächsten Jahr noch die Tendenz einer Steigerung haben.
In der Drucksache Nr. 3168 sind die Schätzungen der Steuereinnahmen des Bundes angegeben. Sie belaufen sich auf ungefähr — das war der Stand vom Januar — 15 625 Millionen DM. Dieser Betrag wird erreicht werden. Wenn es allein Bundessteuern wären, würde er nicht erreicht werden; da aber in diesem Betrag der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer mit seiner steigenden Tendenz mit enthalten ist, wird dieser Betrag erreicht werden.
Ein kurzes Bild noch, wie es sich ergeben hat. Die Einnahmen aus den Zöllen sind, wie erwartet, hinter den Steuerschätzungen zurückgeblieben. Die Einnahmen aus Umsatzsteuer und Verb rauch-steuern sind gestiegen und gleichen dieses Zurückbleiben weitgehend aus. Das macht es mir möglich, einen Wunsch zu erfüllen, der aus den verschiedensten Parteien, die im Deutschen Bundestag vertreten sind, immer wieder an mich herangetragen worden ist. Wir waren im Vorjahr, wie ich bereits betont habe, gezwungen, wegen des Ausfalls an Einnahmen, der sich durch die Minderung des Bundesanteils an Einkommen- und Körperschaftsteuer mit 300 Millionen DM ergeben hatte, 300 Millionen DM Ausgaben einzusparen. Ein Posten dieser Ausgaben waren 100 Millionen, genauer gesagt 91 Millionen DM, die für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen waren und in den außerordentlichen Haushalt übernommen worden sind. Der außerordentliche Haushalt konnte nicht bedient werden, da die Möglichkeit einer langfristigen Anleihe für Bund und Länder heute noch nicht gegeben ist. Die Entwicklung der Steuererträge erlaubt nach meiner Überzeugung, diesen Posten von 91 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt in den ordentlichen Haushalt zu übernehmen und damit diese Mittel in Höhe von 91 Millionen DM dem sozialen Wohnungsbau noch auf Rechnung des Jahres 1951/52 in der Auswirkung für das Jahr 1952/53 zur Verfügung zu stellen.
Das kann in der Form geschehen, daß die 100 Millionen DM, die im außerordentlichen Haushalt stehen und voraussichtlich nie mehr bedient werden können, gestrichen werden und dafür der entsprechende Posten von 91 Millionen DM — 9 Millionen sind schon ausgegeben, für den Beamtenwohnungsbau usw. — in den ordentlichen Haushalt eingesetzt wird.
In dem Nachtragshaushalt war mit einer Ausgabeneinsparung von 250 Millionen DM bei den Unterstützungen der Arbeitslosenfürsorge gerechnet worden. Man hat damals damit gerechnet, daß die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung rechtzeitig errichtet werden könnte. Durch die verschiedenen Schwierigkeiten hat sich die Errichtung dieser Bundesanstalt- sehr verzögert. Infolgedessen konnten die Maßnahmen für wertschaffende Arbeitslosenfürsorge, die die Errichtung der Bundesanstalt zur Voraussetzung haben, nicht rechtzeitig eingeleitet werden.
Es war deswegen nicht möglich, die Einsparungen an Ausgaben für Arbeitslosenfürsorge — die wir alle doch aus sozialem Herzen begrüßen müßten, weil diese Einsparungen bedeuten, daß ein Heer von bisher Arbeitslosen wieder in Arbeit kommen, in die Wirtschaft eingegliedert werden und ihre Leistung zur Geltung kommt — durchzuführen. Wahrscheinlich wird sich dieser Einsparungsposten von 250 Millionen DM bei diesem Etatkapitel am Schluß des Jahres nicht verwirklichen lassen. Auf der anderen Seite werden an anderer Stelle, z. B. bei Subventionen und, was ich an sich bedauere, durch die Verzögerung, die in der verwaltungsmäßigen Aufarbeitung der neuen Sozialgesetze eingetreten ist, gewisse Einsparungen eintreten, die vermutlich diesen Wegfall der Einsparung von 250 Millionen DM bei der Arbeitslosenfürsorge wieder ausgleichen werden.
Nun ein Wort zum außerordentlichen Etat, und zwar deswegen, weil im außerordentlichen Etat
neben einem Investitionskredit für Schleswig-Holstein von 40 Millionen DM auch rund 1,6 Milliarden DM Besatzungskosten enthalten sind. Die Entwicklung der 'Besatzungskosten zum Schlusse des lahres läßt sich nicht mit Sicherheit voraussehen. Wir haben seinerzeit — Drucksache Nr. 3168 — mit Ist-Ausgaben von 6,8 Milliarden DM gerechnet. Wir werden wahrscheinlich, wie die Dinge heute stehen, für das laufende Rechnungsjahr mit IstAusgaben von wenigstens 7000 Millionen DM rechnen müssen. Die Besatzungskosten haben seit dem April 1951 Monat für Monat immer wieder eine Steigerung aufgewiesen. Das hängt auf der einen Seite mit der Vermehrung der Truppen zusammen, es hängt zusammen mit der Vermehrung der Baukosten, die hierbei j a eine ungeheuer große Rolle spielen, und es hängt zusammen mit der Steigerung der Löhne. Ich darf nur darauf verweisen, daß die Besatzungsmächte — wenn ich die Ziffer richtig im Kopf habe — rund 450 000 deutsche Angestellte beschäftigen, das ist etwa das Zehnfache von dem, was der Bund in seiner Bundesverwaltung überhaupt an Beamten und Angestellten hat, und etwa das Doppelte von dem, was die deutsche Bundespostverwaltung an Angestellten beschäftigt. Infolgedessen spielen diese Punkte eine große Rolle. Die Besatzungskosten sind vom monatlichen Beginn mit 350 Millionen DM im Monat März auf einen Betrag gestiegen, der 700 Millionen im Monat wesentlich übersteigen wird. Es bestände unter Umständen die große Gefahr, wenn nicht in der weltpolitischen Entwicklung — ich darf persönlich sagen: Gott sei Dank! — eine Wandlung eintreten würde, daß diese Steigerung der Besatzungskosten sich auch im nächsten Jahre abgezeichnet hätte, weil ja die Ursachen des Vorjahres auch in diesem Jahre fortbestehen.
Nun ein Wort zum Ergänzungshaushalt im besonderen. Der Ergänzungshaushalt, der eine Summe von rund 781 Millionen DM in Einnahmen und Ausgaben ausweist, hat den Haushalt insofern nicht sehr belastet, als es sich hier meistens um durchlaufende Posten handelt. Im ordentlichen Etat betragen die durchlaufenden Posten 147,4 Millionen DM, im außerordentlichen Etat 432,5 Millionen DM. Im ordentlichen Etat handelt es sich hauptsächlich um Flüchtlingssiedlung aus Soforthilfemitteln, um Ausgaben nach dem Milch- und Fettgesetz, für den Wohnungsbau für Bergarbeiter, Rückflüsse aus dem Wohnungsbau, — sämtlich durchlaufende Posten. Es verbleibt da nur ein Betrag von 70 Millionen DM, der im ordentlichen Haushalt noch zu decken ist und der voraussichtlich aus den Einnahmen des Abschöpfungsbetrages des Zentralbüros für Mineralöl G.m.b.H. gedeckt werden kann.
Im außerordentlichen Etat sind durchlaufende Mittel gegeben aus ERP-Mitteln mit rund 242 Millionen DM, STEG-Erlöse mit rund 140 Millionen DM, Zuschüsse der HICOG für Bevorratung Berlins 50 Millionen DM. Es verblieb noch ein Rest von 120 Millionen DM, der sich auf 20 Millionen DM ermäßigt, wenn, meinem Vorschlag entsprechend, die 100 Millionen DM für Wohnungsbau aus dem außerordentlichen Etat in den ordentlichen Etat übernommen werden.
Das Schwergewicht der Ergänzungsvorlage liegt auf den Personalanforderungen. Es handelt sich um insgesamt 9205 Bundesbedienstete, davon 5714 Beamte, von denen ein großer Teil in der Zollverwaltung — 2700 — schon vorwegbewilligt werden mußte, weil das mit der Überwachung der Inter-
zonengrenze, mit dem Kampf gegen den Schmuggel usw. zusammenhängt und unaufschiebbar gewesen ist.
Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister hat ehrlich das Bestreben, die Zahl der Angestellten auch in der Bundesverwaltung nicht zu hoch steigen zu lassen. Ich muß aber ebenso aus einer Gewissenspflicht heraus folgendes betonen. Sie brauchen nur daran zu denken, daß wir, um eine Haushaltsziffer zu nehmen, im Jahre 1949/50 mit einer Etatsumme von ungefähr 11/2 Milliarden DM begonnen haben und heute bei einer Etatsumme von 21 Milliarden angekommen sind. Sie brauchen nur daran zu denken, dann sehen Sie den Umfang auch der Aufgaben, die dem Bund zugewachsen sind. 21 Milliarden DM Geldbewegung bedeutet auch eine kolossale Arbeitsleistung. Der Beamtenapparat, insbesondere in den leitenden Stellen, wird durch diese stürmische Entwicklung mehr und mehr belastet, ich darf sagen: überlastet. Ich schätze die Arbeit meiner Mitarbeiter hoch, und ich verlange von ihnen, daß sie sich in ihrer Arbeitsleistung um des Volkes willen auch ganz einsetzen. Aber ich muß heute feststellen: die Fälle gesundheitlicher Zusammenbrüche nicht bloß in meinem Hause, sondern in allen Bundesministerien sind so erschreckend, daß wir gegen unser menschliches Gewissen handeln würden, wenn wir uns nicht bemühten — und ich glaube, das Parlament wird das verstehen —, eine Überlastung, die über das gesundheitlich Mögliche hinausgeht, den Mitarbeitern in den Verwaltungen und Ministerien abzunehmen;
es würde sich auch gar nicht lohnen! Ich habe in einer gewissen Zeit von meinen sechs Abteilungsleitern drei. im Krankenhaus liegen gehabt. Ich muß mit meinen entscheidenden Referenten jede Woche wieder eine neue Mitteilung, eine Hiobsbotschaft von einem Nerven- oder Herzzusammenbruch erfahren. Wir sind verpflichtet, nicht nur auf der einen Seite platonisch diese Arbeitsbelastung anzuerkennen, sondern im Rahmen des Möglichen auch Abhilfe zu schaffen. Es würde sonst gar nicht möglich sein, die Arbeit zu bewältigen, die Tag für Tag steigend an die Bundesverwaltungen und an die einzelnen Ministerien herantritt. Ich bitte also, es dem Bundesfinanzminister nicht übelzunehmen, wenn er eine solche Vorlage auf Vermehrung von Personal in der Bundesverwaltung vorlegen muß.
Ich betone ausdrücklich: ich begrüße gerade deshalb auf der andern Seite die Einrichtung des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Es mag bei einem so stürmischen Tempo die Möglichkeit gegeben sein, daß in einzelnen Zweigen auch ein unorganisches Wachstum eintritt. Es kann sein, daß sich die Arbeit auf einem Gebiet neu häuft, während sie auf einem anderen Gebiet zurückgeht und man trotzdem die alte Zahl von Kräften behält, so daß infolgedessen hier eine Minderbelastung vorliegt. Ich würde es als eine Hauptaufgabe dieses Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung ansehen, darüber einen Überblick zu gewinnen und dem Parlament und der Bundesregierung aufzuzeigen, wo organisches und wo unorganisches Wachstum vorhanden ist, damit die Kräfte auf der einen Seite nicht überbelastet werden, während sie auf der andern Seite vielleicht minderbelastet sind. Ich wünsche also von dieser Stelle aus, daß der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung
seine Tätigkeit möglichst bald beginnt, damit er
uns die Ergebnisse dieser Prüfung vorlegen kann.
Nun ein Wort zu dem voraussichtlichen Abschluß des Rechnungsjahres 1951/52. Ich verweise wieder auf die Anlage zur Drucksache Nr. 3168, in der die Entwicklung in Einnahmen und Ausgaben des Jahres 1951/52 dargestellt und eine Vorausschau für das Jahr 1952/53 gegeben ist. Für das Jahr 1951/52 kommt diese Übersicht zu einem voraussichtlichen Ausgabenüberschuß von 588 Millionen DM. Ich glaube voraussagen zu können, daß sich der wirkliche Betrag von dieser Schätzung nicht weit entfernen wird. Ein endgültiges zahlenmäßiges Bild läßt sich ja vor Abschluß des Monats April nicht geben, da im Monat April die Restausgaben des vergangenen Rechnungsjahres erst anlaufen und gebucht werden müssen und auf der andern Seite Einnahmen in diesem Monat nicht mehr zu erwarten sind. Außerdem haben unter Umständen in den letzten Monaten einzelne Ausgaben, wie Besatzungskosten, die Tendenz, noch unerwartet zu steigen. Vom 1. April ab beginnt nicht nur kalendermäßig ein neues Jahr, sondern auch insofern ein neuer Zeitabschnitt, als eine Zusage vorliegt, die Besatzungskosten von diesem Zeitpunkt ab möglichst niedrig zu halten, also die unteren und mittleren Stellen einer besonderen Überwachung zu unterwerfen. Es ist möglich und menschlich, daß diese unteren und mittleren Stellen, bevor diese Überwachung durchgeführt werden kann, ihre Etatstitel, wenn ich so sagen darf, ausschöpfen wollen und daß wir infolgedessen in diesem letzten Zeitabschnitt noch mit einer Steigerung der Besatzungskosten zu rechnen haben.
Zusammenfassend möchte ich sagen: nach dem Überblick, der bis heute gewonnen werden kann, wird der Überschuß der Ausgaben über die Einnahmen sich ungefähr auf der Höhe bewegen, wie sie in der Drucksache Nr. 3168 geschätzt worden ist.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit wenigstens an einigen Hauptposten einmal die Entwicklung der Ausgaben des Bundeshaushalts darstellen. Die Hauptposten, die den gesamten Bundeshaushalt mit mehr als 80 % in Anspruch nehmen, sind Besatzungskosten und künftig Verteidigungsbeitrag; vorläufig sind es einmal nur Besatzungskosten, die wir unter dem Namen Verteidigungslasten in den Haushalt übernommen haben. Im Jahre 1949/50 waren sie mit 4598 Millionen DM angesetzt. Im Jahre 1951/52 mußten sie mit 7657 Millionen DM eingestellt werden; das bedeutet in diesen zwei Jahren eine Steigerung von 3059 Millionen DM.
Die Soziallasten haben in dem gleichen Zeitraum eine Steigerung von 5329 Millionen DM auf 7459 Millionen DM im Rechnungsjahr 1951 erfahren; das ist eine Erhöhung um 2130 Millionen DM.
Vielleicht darf ich, weil die Leistungen, die das deutsche Parlament hier in dem Bewußtsein seiner Verantwortung gegenüber dem ganzen Volk, also auch gegenüber dem Steuerzahler, vollbracht hat, in der Öffentlichkeit oft nicht voll gewürdigt werden, einmal an diese Zahlen erinnern. Als die Länder abgeschlossen und die Aufgaben dem Bund übertragen haben, haben die Ausgaben der Länder im Jahre 1949 für Kriegsfolgenhilfe, Umsiedlung, Gesetz nach Art. 131 und Kriegsopferversorgung im Jahre 2998 Millionen DM betragen. Als die Bundesrepublik — wobei Berlin eingeschlossen ist — diese Aufgaben übernahm, wurden sie im Jahre 1950, im ersten Jahr, in diesen Posten auf
3448,2 Millionen DM und im Jahre 1951 auf 4666,5 Millionen DM gesteigert. Zusammen mit den Ausgaben für Arbeitslosenhilfe, betriebliche Altersfürsorge und Sozialversicherung haben sie in der Zeit der Länder 4077 Millionen DM betragen, in der Zeit der Bundesrepublik im ersten Jahr 5269 Millionen DM und im zweiten Jahr 7468 Millionen DM.
Wenn wir die Dinge prozentual betrachten, ergibt sich, daß gegenüber dem Rechnungsjahr 1949 diese sozialen Ausgaben im Rechnungsjahr 1950 um 29 %, im Jahre 1951 gegenüber dem Jahre 1950 wieder neu um 46 % gesteigert wurden und daß sie im Jahre 1951 um 83 % gegenüber dem Jahre 1949 gesteigert waren.
Wenn ich zu diesen sozialen Ausgaben noch Leistungen rechne, die ihrem Wesen und ihrer Zweckbestimmung nach auf sozialem Gebiet liegen - sozialer Wohnungsbau und Subventionen zur Verbilligung von Lebensmitteln —, dann ist die Steigerung folgendermaßen: 1949 Sozialhaushalt insgesamt 4077 Millionen DM, sozialer Wohnungsbau und Lebensmittelsubventionen 25 Millionen DM und 44R Millionen DM, Sozialleistungen insgesamt 4550 Millionen DM. Im Jahre 1950, in der Zeit des Bundes, betrugen diese drei Posten zusammen bereits 6194 Millionen DM. Im Jahre 1951 beliefen sich diese drei Posten zusammen auf 8620 Millionen DM!
Ich glaube, daß das deutsche Volk auf diese Leistungen, die es auf sozialem Gebiet aufbringen kann, stolz sein darf.
Die Leistungen für Besatzungskosten leisten wir nicht aus freiem Willen; die Leistungen für soziale Ausgaben leisten wir aus freiem Willen;
und wir leisten diese sozialen Ausgaben, obwohl wir die Last aus dem Zusammenbruch des Krieges, die Erbschaft aus der Zeit derer, die den totalen Krieg wollten und die Frage nach ihm mit Ja beantwortet haben, haben übernehmen müssen.
Daß trotzdem - trotz dieses Zusammenbruchs,
trotz dieser außenpolitischen Belastungen, trotz der Wiederaufbauarbeit — das deutsche Volk diese sozialen Leistungen vollbracht hat, muß ein Ehrentitel für das deutsche Volk sein.
Aber es kommt nichts, ohne daß nicht irgend jemand auch zu geben hat; und ich darf deswegen an den denken, der diese Lasten trägt. Das ist der deutsche Steuerzahler.
Bei den Verhandlungen mit den „drei Weisen" in Paris und bei den vorausgehenden Verhandlungen war es ja die schwere Aufgabe, die Welt davon zu überzeugen, daß das deutsche Volk von allen Kulturvölkern der Erde, behaupte ich, zur Zeit, gemessen an seinem Volkseinkommen, am BruttoSozialprodukt, die höchste Last für öffentliche Abgaben aller Art — Steuern, Sozialabgaben — trägt. Es ist auch gelungen, diese Herren zu überzeugen, und in den bereits veröffentlichten Empfehlungen der „drei Weisen" ist ausdrücklich erklärt, daß das deutsche Volk wenigstens eine der höchsten — tatsächlich die höchste! — Steuerlasten aller Kulturvölker trägt und daß eine wesentliche Steigerung der Steuerlasten in Deutschland nicht mehr möglich ist. Ich darf zur Begründung noch auf einige Zahlen verweisen.
Wir haben im Jahre 1950 an Besitz- und Verkehrsteuern 5020 Millionen DM im öffentlichen Haushalt eingenommen. Sie sind nunmehr gesteigert auf 7287 Millionen DM. Die Einnahmen aus Verbrauchsteuern und Zöllen betrugen im Jahre 1950/51 4283 Millionen DM und sind im Jahre 1951/52 auf 5519 Millionen DM gestiegen. Die Gesamteinnahmen des Bundes — ich unterstreiche: des Bundes allein — an Steuern sind von 9698 Millionen DM im Rechnungsjahr 1950/51 auf 15 576 Millionen DM im Rechnungsjahr 1951/52 gestiegen.
Wenn ich die Steuerbelastung des deutschen Volkes in Bund, Ländern und Gemeinden und durch Soforthilfeabgaben und Umstellungsgrundschulden zusammenrechne, ergibt sich folgendes Bild: im Jahre 1949 war die Steuerlast des deutschen Volkes 19 455 Millionen DM, im Jahre 1951 28 185 Millionen DM, und im Jahre 1952/53 würde nach unseren Schätzungen — wobei wir davon ausgehen, daß eine Steigerung des Volkseinkommens ohne inflationäre Entwicklung, also bei festen Preisen, um 5 % erreicht werden kann die Gesamtsteuerbelastung des deutschen Volkes 32 120 Millionen DM sein.
Der Bundesfinanzminister weiß, daß es volkswirtschaftlich unmöglich und, ich darf sagen, sittlich nicht mehr zu rechtfertigen wäre, die Steuerlast, die auf dem deutschen Volke und auf der deutschen Wirtschaft liegt, noch irgendwie wesentlich zu steigern. Er muß aber daraus auch seine Schlußfolgerungen ziehen. Der deutsche Steuerzahler muß in den deutschen Parlamenten seinen Schützer und seinen Freund sehen.
Ich möchte deshalb an Sie den dringenden Appell richten, nachdem wir soviel notwendige Ausgaben zu leisten haben, nachdem wir mit Stolz darauf verweisen können, daß wir an notwendigen Ausgaben in der Vergangenheit das Möglichste geleistet haben, bei einer Bewilligung von nicht notwendigen Ausgaben, insbesondere von Ausgaben, hinter denen nicht Not und sachliches Recht, sondern nur der Druck einer Organisation steht,
vorsichtig zu sein und sich der Verpflichtung zu erinnern, Schützer und Wahrer auch des deutschen Steuerzahlers zu sein und zu bleiben.
Mit dieser Betrachtung darf ich meine Ausführungen zu dem Nachtragshaushalt abschließen. Ich möchte noch dringend bitten, daß wir uns, wenn wir der Meinung sind, daß eine Beruhigung in der Wirtschaftsentwicklung und feste Preise, um damit auch den gerechten Lohn halten zu können, unser Ziel sind, auch in der Steuerpolitik und in der Finanz- und Ausgabenpolitik nicht einem uferlosen Optimismus hingeben, sondern uns offen gestehen, daß, wenn der Bundesfinanzminister die Steuerschätzungen für das nächste Jahr auf der Annahme aufgebaut hat, daß das Volkseinkommen gegenüber dem vergangenen Jahr um weitere 5 bis 6 % gesteigert werden kann, diese Schätzung schon eine günstige ist und infolgedessen zu einem darüber hinaus gehenden Optimismus, weitere Steuereinnahmen zu haben, kein Anlaß ist. Auch die unerwartete Steigerung der Steuereinnahmen des letzten halben Jahres hängt mit einer Entwicklung zusammen, die Gott sei Dank zu Ende ist, die aber bei einem weiteren
Fortschreiten zu einer gewissen Sorge hätte Anlaß geben können. Sie sind nicht nur der Retter und Wahrer des deutschen Steuerzahlers, Sie sind auch der Schützer und Wahrer des deutschen Sparers. Von diesem Gesichtspunkt aus muß es unser Stolz sein, den Vorsprung — ich wage dieses Wort —, den wir währungspolitisch und finanzpolitisch zur Zeit vor anderen Ländern Europas gewonnen haben, in einer soliden deutschen Finanzpolitik auch künftig zu bewahren.
Ich darf damit zu den beiden anderen Gesetzentwürfen übergehen, die ja nur der Ausfluß all dieser Erkenntnisse sind. Wir haben zunächst das Gesetz über den Finanzausgleich. Ich darf es vorausnehmen, um einiges dabei zu erklären. Für denjenigen, der sich für die finanzpolitische Entwicklung und, ich möchte sagen, für Finanzwissenschaft interessiert, ist die Begründung des Gesetzentwurfs — die natürlich nicht aus meiner Feder, sondern aus den Federn meiner Mitarbeiter stammt — eine wahre Fundgrube. Ich möchte allen Damen und Herren des Hauses, die sich für Finanzen, Finanzpolitik und Finanzentwicklung interessieren, dringend empfehlen, diese Gesetzesbegründung wie auch die Drucksache Nr. 3168 zu studieren. Da ich es als selbstverständlich vorausnehme, daß dieser Appell gehört wird, darf ich mich mit der Feststellung begnügen, daß das Finanzausgleichsgesetz den Bundesrat passiert hat und die einstimmige Zustimmung des Bundesrats gefunden hat. Ich darf damit die Hoffnung aussprechen, daß es auch in diesem Hause kein Gegenstand von streitigen Meinungen mehr sein wird.
Ich darf auf etwas, was an diesem Finanzausgleichsgesetz neu ist, besonders hinweisen. Neu ist das Kapital II des Gesetzes. Das Kapitel II dieses Gesetzes enthält neben dem schon gewohnten, in diesem Jahr nur abgeänderten Finanzausgleich unter den Ländern noch einen besonderen Ausgleich, den Ausgleich für Jahre, die weit hinter uns liegen, in denen der Bund noch nicht bestanden hat und in denen es — ich stelle nur eine Tatsache fest, ohne irgendeinen Vorwurf zu erheben — unter den Ländern nicht möglich gewesen ist, in einer freien und freiwilligen Zusammenarbeit einen Ausgleich der Härten zu schaffen, die sich aus dem verwirrten Zustand in der Zeit vor der Bundesrepublik ergeben haben.
- Der Föderalismus besteht darin, daß man keine Gelegenheit versäumt, auf die ethischen Grundlagen des Föderalismus hinzuweisen.
Und die ethischen Grundlagen des Föderalismus bestehen nun einmal in einem freiwilligen Zusammenarbeiten. Insofern ist der Föderalismus eine urgesunde demokratische Idee.
— Es mag eine Demokratie geben, Herr Kollege Schoettle, die auch nicht alle Ideale der demokratischen Idee verwirklicht; es mag einen Föderalismus geben, der auch nicht alle Ideale der föderalistischen Idee von vornherein verwirklicht. Aber der wahre Demokrat wird seiner Überzeugung treu bleiben und wird an der Verwirklichung
seiner Ideale arbeiten, und der wahre Föderalist tut das auch.
Jetzt darf ich auf die Bedeutung des Art. 2 dieses Finanzausgleichsgesetzes zurückkommen. In den Jahren 1945, 1946 und 1947 war es fast ein Zufall, wie sich die Finanzquellen innerhalb des jetzigen Bundesgebietes entwickelt haben. Es konnte ein Land, ohne das bös zu meinen, beispielsweise gewissermaßen ein Monopol in der Form haben, daß die gesamte Tabaksteuer in diesem Lande einging, aber von den Rauchern des gesamten jetzigen deutschen Bundesgebietes bezahlt wurde. Das ist die eine Seite. Die andere Seite war, daß das Kriegsgeschehen und die Kriegsfolgen dem einen Lande, und vielleicht gerade dem, das das Glück solcher besonderen Finanzquellen nicht hatte, besondere Lasten aufgebürdet hat. Ich erinnere nur an die Frage der Heimatvertriebenen, die sich in gewissen und gerade agrarischen Ländern zusammengeballt haben. Es ist ein Verdienst der Länder, daß sie die Aufgaben nach bestem Können zu leisten versucht haben und daß sie das auch über die Möglichkeiten ihrer ordentlichen Einnahmen hinaus getan und deswegen das Risiko einer zum Teil starken Verschuldung auf sich genommen haben.
Ein Ausgleich für diese Verschiedenartigkeit der inneren Verschuldung ist bis heute unter den Ländern nicht erfolgt, war bisher nicht Gegenstand des sogenannten horizontalen Finanzausgleichs. Die Bundesregierung hat sich nun, um einen solchen Ausgleich für diese aus jener Zeit stammende kurzfristige Verschuldung unter den Ländern zu finden, entschlossen, den eigenen Kredit zur Verfügung zu stellen. Das ist der Sinn des Art. 2, in dem der Bund seinen Kredit in Höhe von 100 bzw. 250 Millionen DM zur Verfügung stellt, um langfristige Schatzanweisungen zu ermöglichen. Allerdings ist es so gedacht, daß die Länder im Wege des Art. 106 Abs. 3 insofern abtragen, als die Zinsen und Ausgaben für diese Anleihen als Bundeslast den Ländern bei Anwendung des Art. 106 Abs. 3 angerechnet werden dürfen. Da Art. 106 Abs. 3 ein Zustimmungsgesetz ist, hoffe ich, daß gerade diese Gentleman-Verpflichtung der Länder künftig dazu beitragen wird, den Art. 106 Abs. 3 als innerlich gerechtfertigten Ausgleich zwischen Bund und Ländern begreiflicher zu machen.
Die Wirkung wird sein, daß diese im Wege des Kredits beschafften Mittel in erster Linie den Ländern Baden, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und WürttembergHohenzollern entsprechend ihrer Schlechterstellung in den Jahren vor 1949/1950 und ihrer aus dieser Zeit stammenden starken Verschuldung zur Tilgung der kurzfristigen Verbindlichkeiten zur Verfügung gestellt werden können.
Damit setzt die Bundesregierung ein Bemühen fort, das in ihrer inneren Finanzpolitik ihr ständiges Bemühen war und auch durch ein Gesetz, das erst in der letzten Zeit vom Bundestag und Bundesrat genehmigt worden war und das in den nächsten Tagen im Bundesanzeiger veröffentlicht werden wird, durch das Zerlegungsgesetz, dokumentiert ist. Die Bundesregierung hat sich immer bemüht, das Mißverhältnis zwischen reichen Ländern mit Überschüssen in den Kassen und den armen Ländern mit ständigen Fehlbeträgen möglichst auszugleichen. Die kulturpolitische Aufgabe, die die Länder haben, ist eine Aufgabe, die in allen
Ländern erfüllt werden muß, in armen genau so wie in reichen.
Diese Aufgaben, die die Länder haben, sind gemeinsame Aufgaben für das deutsche Volksganze und müssen deswegen allen Ländern ermöglicht werden.
Es darf unter den Ländern nicht der Fall sein, daß die Kasse des einen zu voll ist, die Kasse des andern nicht voll genug ist und daß deswegen der Steuerzahler in dem einen Land überlastet ist und in dem andern Land vielleicht eine Oase findet. Nicht die Nivellierung unter den Ländern ist das Ziel dieser Politik gewesen, aber ein Spitzenausgleich; daß die Extreme verschwinden und alle zu einer gesunden Lösung kommen, das ist das Ziel dieser Politik des horizontalen inneren Finanzausgleichs, verbunden in letzter Zeit mit dem Zerlegungsgesetz. Daß diese Politik bereits Erfolge gezeitigt hat, beweist sich allein darin, daß die sogenannte Ausgleichsumme, die im Vorjahr noch 287 Millionen DM betragen hat, in diesem Jahre nur mehr 181 Millionen DM zu betragen brauchte. Die Sonderfälle sind zahlenmäßig stark zurückgegangen. Eine Sonderbestimmung war nur mehr notwendig für Schleswig-Holstein, und eine zweite Sonderbestimmung bezieht sich auf die besonderen Verhältnisse in der badischen Stadt Kehl, die dem Lande Baden infolgedessen einen Zuschuß von jährlich 2 Millionen DM für den Wiederaufbau Kehls zur Verfügung stellt.
Nach dem Finanzausgleichsgesetz würden jetzt erhalten: Baden einen Zuschuß von 0,9 Millionen, Bayern von 17 Millionen, Niedersachsen von 30 Millionen, Rheinland-Pfalz von 32 Millionen und Schleswig-Holstein von 109 Millionen DM. Die letzte Ziffer zeigt, daß Schleswig-Holstein eigentlich insofern ein unheilbarer Fall ist, als Schleswig-Holstein mit den normalen Mitteln eines horizontalen Finanzausgleichs nie geholfen werden kann, sondern Schleswig-Holstein immer auf einem außerordentlichen Weg wird mit unterstützt werden müssen. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn im Hause, in der deutschen Öffentlichkeit und gerade bei den steuerschwachen Ländern Verständnis dafür gefunden würde, daß durch diesen horizontalen Finanzausgleich, den j a die Bundesregierung immer vermittelt hat, und das Zerlegungsgesetz, das auch die steuerschwachen Länder begünstigt, und vor allem die Abkehr von dem Interessenquotensystem und den Übergang zu Art. 106 Abs. 3, also Bundesanteil, der sich nach der Steuerkraft berechnet und nicht wie bisher bei der Interessenquote nach der Höhe der politischen und sozialen Belastung im einzelnen Land, gerade die steuerschwachen Länder eine Stärkung erfahren haben und die Differenzen, die bisher kraß in der Finanzkraft der Länder zutage getreten sind, doch haben abgemindert werden können.
Ich möchte dies betonen, weil der weitere Gesetzentwurf über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 — Drucksache Nr. 3168 — mit dem Finanzausgleichsgesetz, mit der Umschuldungsaktion nach Art. 2 des Finanzausgleichsgesetzes und natürlich mit der gesamten Haushaltslage in einem wesentlichen inneren Zusammenhang steht. Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes sieht vor, daß der Bund mit Zustimmung der Länder einen Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Anspruch nehmen kann, um
die durch andere Einkünfte nicht gedeckten Ausgaben des Bundes zu decken.
Wenn ich das Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 zur Anwendung bringe, muß ich also drei Fragen beantworten können. Erstens: in welcher Höhe liegen nicht gedeckte Ausgaben des Bundes vor? Zweitens: können sie durch andere Einkünfte gedeckt werden? Drittens: ist die Inanspruchnahme des entsprechenden Anteils aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer für die Länder auch zumutbar? Die ersten beiden Fragen ergeben sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, die dritte Frage ergibt sich aus einer gerechten, geist- und sinnentsprechenden Auslegung des Gesetzes. Das Zustimmungsrecht ist nicht etwa so zu verstehen — das ist meine Überzeugung —, daß es in der vollen freien Willkür eines einzelnen liege, ob er seine Zustimmung geben wolle oder nicht. Jedes Gesetz und jede Verfassung appelliert an das Gewissen des einzelnen, an seine innere Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit unter Wahrung dessen, was er als sein Recht beanspruchen kann. Es kann und darf die Frage aufgeworfen werden: Ist diese Lösung für mich zumutbar? Aber wenn die Fragen 1 und 2 ergeben, daß es um des Volksganzen willen notwendig ist, dann muß auch das Zustimmungsrecht im Sinne des Ethos gehandhabt werden, also unter ernsthafter, gewissenhafter Überlegung: ist die Grenze des Zumutbaren überschritten oder nicht?
Ich darf nun einmal auf die einzelnen Fragen antworten. Die Entwicklung des Bundeshaushalts für das nächste Jahr ist in Drucksache Nr. 3188 geschildert, allerdings unter Prämissen, die sich in der Zwischenzeit zahlenmäßig notwendigerweise ändern mußten. Ich bitte das Gesetz Drucksache Nr. 3168 nicht mit der Frage des Verteidigungsbeitrages in einen inneren Zusammenhang zu bringen. Auch der Berichterstatter im Bundesrat, Finanzminister Troeger, hat ausdrücklich hervorgehoben, daß ein solcher innerer Zusammenhang oder etwa gar ein politischer Zusammenhang zwischen Verteidigungsbeitrag und diesem Gesetzentwurf nicht besteht.
Er besteht schon aus zwei Gründen nicht. Wir brauchen die Frage, ob Verteidigungsbeitrag oder nicht, deswegen nicht aufzuwerfen, weil wir eine andere Frage ruhig beantworten können. Diese Frage lautet dahin: Wenn der Verteidigungsbeitrag nicht zustande käme, würden die alten Besatzungskosten unter dem alten Besatzungsstatut weiterlaufen? Deswegen würde die Frage des Verteidigungsbeitrages für diesen Gesetzentwurf nur dann eine Rolle spielen, wenn die für das Haushaltsjahr 1952/53 vorgeschlagene Lösung eine höhere Belastung gegenüber der Belastung erbrächte, die unter Geltung des Besatzungsstatuts nach menschlicher Berechnung erwartet werden könnte. Ich habe heute schon darauf hingewiesen, daß die Besatzungsmächte bereits im letzten Haushaltsjahr einen Besatzungshaushalt von 7,6 Milliarden verlangt haben. Ich habe hervorgehoben, daß an sich das formelle Recht besteht, die nicht gedeckten Ausgaben der Vorjahre jederzeit vom deutschen Bundesfinanzminister zu verlangen. Diese Ausgaben, diesen Überhang, habe ich bisher auf 1,3 Milliarden geschätzt. Von der Gegenseite wird mir heute erklärt, diese Schätzung sei zu nieder. Ich mache darauf aufmerksam, daß sich in diesem Überhang, in diesem Betrag nicht gedeckter Ausgaben viele Hunderte, wenigstens 400 Millionen
DM Ausgabenbeträge befinden, von denen wir wünschen müssen, daß sie zur Auszahlung gelangen. Das sind die Besatzungsschäden, angefangen von den Flurschäden und Manöverschäden bis zu den Schäden der Altbesatzungsverdrängten etc. etc. Hier ringen wir schon seit Jahren mit den Besatzungsmächten darum, daß diese Frage endlich einmal nach deutschem Rechtsempfinden und deutschem Rechtsgefühl gelöst wird.
Würde diese Frage nicht von den Besatzungsmächten gelöst, dann würde wahrscheinlich einmal der Zeitpunkt kommen, in dem der deutsche Finanzminister und der deutsche Bundeshaushalt diese Frage lösen müßten. Das ist allein ungefähr ein Betrag von 400 Millionen. Dieser Betrag würde allerdings in dem Moment, in dem es keine Besatzungskosten mehr, sondern einen Verteidigungsbeitrag gäbe, seinem Charakter nach zu dem Verteidigungsbeitrag gehören; er wäre infolgedessen aus diesen Mitteln zu bezahlen, denn es liegt im Sinne des Verteidigungsbeitrags, daß alle fremden Mächte auch die Schäden, die sie im Lande anrichten und zu vergüten haben, aus ihren Mitteln vergüten müssen. Schon unter dieser Voraussetzung wäre also auf der einen Seite mit einem Betrag „Fortdauer der Besatzungskosten" von rund — will ich einmal sagen — 9000 Millionen DM zu rechnen. Ich habe diese Zahl ja auch im vertrauten Kreise schon genannt, bevor die Verhandlungen über den Verteidigungsbeitrag begonnen hatten oder abgeschlossen waren.
Ich darf noch mit einer anderen Rechnung zu genau demselben Ergebnis kommen. Ich habe vorhin erwähnt, daß die monatlichen Besatzungskosten vom März bis zum Ende des Jahres von 350 Millionen auf wenigstens 700 Millionen — ich schätze bedeutend mehr — gestiegen sind wegen Steigerung der Baukosten, wegen Steigerung der Löhne, wegen Verstärkung der Truppen. Diese Tatsachen werden am Ende dieses Jahres nicht aufhören, sondern fortdauern zu wirken. Ich müßte also wohl, wenn mir durch Befehl Besatzungskosten auferlegt würden, damit rechnen, daß sie die Höhe dessen, was wir im letzten Monat gehabt haben, auch in den folgenden zwölf Monaten beibehalten würden. Da 12 X 750 9000 gibt, wäre also mit einer ähnlichen Summe zu rechnen gewesen. Infolgedessen kann diese Frage ausscheiden.
Außerdem darf ich bemerken: man darf bei einer Haushaltsbetrachtung nur davon ausgehen, ob der Finanzminister und die Regierung nach menschlichem Ermessen berechtigt sind, mit einer solchen Ausgabe zu rechnen. Daß sie veranlaßt sind und Grund haben, mit dieser Ausgabe, die in der Drucksache Nr. 3168 mit 8000 Millionen vorgesehen war und heute mit 8800 Millionen einzusetzen ist, zu rechnen, kann füglich niemand bestreiten. Wenn in der Drucksache Nr. 3168 die Zahl 8000 Millionen eingesetzt ist, so brauche ich das dem Hause nicht weiter zu erklären. Nachdem die Drucksache vor Beginn der Verhandlungen erschienen ist, wäre es töricht gewesen, eine höhere Zahl einzusetzen als die unterste Grenze dessen, was erreichbar erschien.
Weiter kommt hinzu: Nachdem die Gesamtsumme für Besatzungskosten plus Verteidigungsbeitrag in diesem Haushaltsjahr mit 8800 Millionen anzusetzen war, ergab sich ein gewisser Spielraum, um vielleicht noch Wünschen Rechnung zu tragen, deren innere Berechtigung anerkannt werden kann. Infolgedessen habe ich damit gerechnet, daß im nächsten Jahr für soziale Ausgaben, insbesondere den Sozialen Wohnungsbau, noch eine Steigerung von weiteren 200 Millionen DM zu erwarten ist. Wenn ich dann noch dazurechne, daß Berlin, das wirtschaftlich ständig einem neuen Dumping und einer neuen Störung aus der Ostzone heraus ausgesetzt ist,
im nächsten Jahr wohl einen um etwa 50 Millionen erhöhten Zuschußbedarf haben wird, und wenn ich dann noch mit gewissen kleineren Ausgaben rechne, dann komme ich also zu dem Bild, daß im nächsten Jahr nicht, wie es in der Drucksache Nr. 3168 auf der Grundlage von 8000 Millionen usw. ausgerechnet war, mit einem Überschuß der Ausgaben über die Einnahmen von rund 1400 Millionen zu rechnen ist, sondern mit einem Überschuß von etwa 2900 Millionen.
Im Laufe von Verhandlungen ist davon gesprochen und geschrieben worden, daß der Bundesfinanzminister dieselbe Sparsamkeitspolitik zu treiben habe, die er von den Länderfinanzministern erwarte. Ich bemerke dazu, um gewisse Irrtümer, die in der Presse aufgetaucht sind, richtigzustellen: Wenn der Bundesfinanzminister infolgedessen nicht in der Lage ist, alle Anforderungen der Ressorts zu erfüllen, die an ihn herangetragen werden, und wenn er davon spricht, daß diese Anforderungen mit all den anderen Ausgaben zusammen einen Überschuß der Ausgaben von 4400 Millionen ergeben würden, er aber dann zur selben Stunde sagt, daß er nicht mit einem Überschuß der Ausgaben von 4400 Millionen, sondern von etwa 2900 Millionen rechne, dann bedeutet das eben, daß er keinen Fehlbetrag von 4400 Millionen DM in Risiko stellen will und — seiner Überzeugung nach — darf, sondern daß er hier betont, er sei gezwungen, eine politische schwere Arbeit zu erfüllen, nämlich an sich wünschenswerte Ausgaben zu streichen, weil sie in der heutigen Situation des Haushalts von Bund und Ländern nicht geleistet werden können.
Ich möchte an dieser Stelle folgendes sagen. Wenn sich ergibt, daß nichtgedeckte Ausgaben in Höhe von 2900 Millionen DM anfallen werden, dann ist die zweite Frage, ob diese 2900 Millionen DM auf anderem Wege als durch Inanspruchnahme des Bundesanteils an Einkommen- und Körperschaftsteuer gedeckt werden können, klar zu beantworten. Ich kann mit der Begründung, daß ich neue Steuern im Lande nur deshalb ausschreibe, weil die eine Kasse zu viel und die andere Kasse zu wenig hat, nicht vor das deutsche Volk hintreten.
Eine solche Finanzpolitik wäre das Fiasko jeder Finanzpolitik in Bund und Ländern zusammen,
und beide würden sie die Verantwortung vor der deutschen Öffentlichkeit schmerzlich zu tragen haben.
Zweitens — ich spreche ganz offen —: Nachdem der Bund ja nur die Umsatz- und Verbrauchsteuern hat, wäre es sozial unverantwortlich, den Bund zu einer Erhöhung von Umsatz- und Verbrauchsteuern zu zwingen,
während der andere aus seinen direkten Steuern heraus, sagen wir einmal, noch mit gewissen Überschüssen rechnen kann.
Das wäre also auch sozial unmöglich.
Die weitere Frage ist dann: kann ich durch Anleihen den Fehlbetrag decken? Die langfristige Anleihe steht mir nicht zur Verfügung. Soweit eine Möglichkeit zu langfristigen Anleihen auf dem Kapitalmarkt vielleicht durch neue Gesetzgebung überhaupt geschaffen werden kann, muß die Anleihe meiner Überzeugung nach in erster Linie außerhalb der öffentlichen Haushalte dem deutschen Wohnungsbau zur Verfügung stehen, indem vor allem die erstrangigen niedrigverzinslichen Hypotheken berücksichtigt werden, die der deutsche Wohnungsbau braucht. Solange diese Frage nicht gelöst werden kann, würden nach meiner Überzeugung die Bundeshaushalte auch nicht in der Lage sein, die Anforderungen auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus nach den Wünschen aller zu erfüllen, die an sie gerade mangels solcher Hypothekenmöglichkeiten herantreten.
Des weiteren muß ich ja meinen Kredit für die Umschuldung der Länder zum Teil mit zur Verfügung stellen. Infolgedessen ist es auch unter diesem Gesichtspunkt notwendig, daß die Leistungsfähigkeit und der Kredit des Bundes aufrechterhalten bleiben, damit die Ausgaben des nächsten Jahres auch zugunsten der Länder geleistet werden können. Es ist der Öffentlichkeit vielleicht gar nicht bekannt, daß es manche Länder in Deutschland gibt, bei denen das Erträgnis an allen Bundessteuern und an Soforthilfeabgabe, das im Lande aufkommt, geringer ist als die Leistungen, die aus der Bundeskasse und aus der Soforthilfekasse jährlich in die einzelnen Länder fließen. Wenn ich also dieses Gefüge nicht stören will, muß die Leistungsfähigkeit der Zentrale — erlauben Sie einmal das Wort — aufrechterhalten bleiben.
Wenn der Bund langfristige Verschuldung nicht im Bereich des Möglichen sieht, bleibt nur die Frage der kurzfristigen Verschuldung, mit der wir ja auch in diesem Jahr den Ausgabenüberschuß überwunden haben. Aber immerhin, kurzfristiger Verschuldung ist eine enge Grenze gesetzt, und wenn ich einmal erklärt habe, daß eine neue Steigerung der kurzfristigen Verschuldung um 1500 Millionen DM — im Bundesgebiet, sage ich ausdrücklich — das Höchstmaß dessen ist, was, glaube ich, ohne monetäre Gefahr noch hingenommen werden kann, so ist diese meine innere Überzeugung inzwischen durch die Auskünfte, die ich mir von den maßgebendsten Persönlichkeiten auf diesem Gebiet geholt habe, wesentlich gestärkt worden. Ich halte eine Erhöhung der kurzfristigen Verschuldung ohne monetäre Gefahr für das nächste Jahr über den Betrag von 1500 Millionen DM hinaus für unverantwortlich.
Infolgedessen bleibt uns gar keine andere Möglichkeit — wenn ich keine neuen Steuern erheben will und wenn ich den Ausgabenüberschuß von 2900 Millionen DM mit höchstens 1500 Millionen DM übernehmen kann —, als diesen Weg, den der Gesetzentwurf vorschlägt, zu gehen und den Bundesanteil an Einkommen- und Körperschaftsteuer von 27 auf 40 %, d. h. ich will eine absolute Zahl nennen, um rund 1300 bis 1400 Millionen DM im Jahre zu erhöhen. Ich nenne diese Zahl jetzt absichtlich, weil ich auf die Frage zu sprechen kommen muß: ist es für die Länder zumutbar?
Wir haben auf Grund der Entwicklung, die wir für das nächste Jahr, wie ich glaube, mit gutem Gewissen annehmen können, festgestellt, daß die Länder die gesamten Mehreinnahmen, die sie in diesem Jahr an steuerlichem Mehraufkommen gehabt haben, behalten werden, wenn der Bundesanteil 40 % beträgt. Die Länder haben in diesem Jahr aus den Landessteuern nach der Drucksache Nr. 3168 rund 850 Millionen DM Mehreinnahmen; aber ich kann feststellen, daß die Ländersteuern mit ihrer steigenden Tendenz - nach. dem Bild der letzten Monate — weiterhin günstige Ergebnisse gebracht haben, daß ich mit einem Mehrerträgnis der Steuereinnahmen der Länder im Jahre 1951/52 gegenüber dem Jahr 1950/51 nicht von 840, sondern insgesamt von 1010 Millionen DM rechnen darf. Bei den Gemeinden - Gewerbesteuer — ist das Mehrerträgnis im Jahre 1951/52 gegenüber dem Jahre 1950/51 mit 800 Millionen DM anzunehmen. und nach den letzten Zahlen über das Aufkommen der Gewerbesteuer müssen wir heute für dieses Jahr 975 Millionen DM annehmen.
Die Gemeinden und die Länder haben ein Steuermehraufkommen, das ihnen im vergangenen Jahr eine große Bewegungsfreiheit - ich sage: erfreulicherweise — verschafft hat. Die Tatsache, daß auch die Gemeindefinanzen sich so günstig entwickelt haben, wird den Ländern zumindest die Sorge nehmen, daß sie im nächsten Jahr wie bisher immer mit höheren Finanzzuweisungen an die Gemeinden gegenüber dem Vorjahr zu rechnen haben. Wenn unser Bemühen, Preise und Löhne festzuhalten, Erfolg haben wird, dann werden auch die Ausgaben, die auf personellem Gebiet liegen, für die Länder im Rahmen des Möglichen liegen; denn die Erhöhung des Bundesanteils nimmt den Ländern nicht mehr weg, als sie über das Erträgnis des Jahres 1952 noch hinaus im Jahre 1952/53, also im nächsten Haushaltsjahr, zu erwarten hätten. Die Steuereinnahmen der Länder betragen um etliche gute Millionen schon nach den ersten Schätzungen des Januars in der Drucksache Nr. 3168 mehr, als die Erhöhung des Bundesanteils betragen würde. Die Gesamtsituation der Länder sollte sich nach den Berechnungen vom Januar mit der starken Steigerung der Steuereinnahmen um 200 Millionen auch bei einem Bundesanteil von 40 % gegenüber dem Vorjahr günstiger stellen. Ich kann heute erklären, daß — wir werden das mit den Ländern nachprüfen - die Ländereinnahmen auch bei einem 40%igen Bundesanteil im nächsten Jahr um rund 400 Millionen höher sein werden, als sie im Jahre 1951/52 mit seinen gesteigerten Einnahmen gewesen sind.
Da wir gleichzeitig das Bemühen hatten, durch Zerlegungsgesetz, Finanzausgleichsgesetz und so fort zwischen den steuerschwachen und den steuerstarken Ländern ein besseres Gleichgewicht herzustellen, dürfen wir auch die Frage, ob einzelne Länder besonders schwer betroffen werden, als beantwortet betrachten.
Ich glaube also mit ehrlichem Gewissen vor .der deutschen Öffentlichkeit sagen zu können, daß diese Mehrbelastung von 13 %, die aus einem Einkommen- und Körperschaftsteueraufkommen von rund 10 000 Millionen im nächsten Jahr also mit rund 1300 bis höchstens 1400 Millionen DM zu errechnen ist, den Ländern nicht nur den Stand
des Jahres 1951/52, sondern noch darüber hinaus eine gewisse Manövriermöglichkeit läßt. Damit ist diese Lösung für die Länder nach meiner ehrlichen Überzeugung zumutbar.
Wenn die Länder auf der anderen Seite zugeben müssen, daß der Bund in einer Lage ist, in der es notwendig ist, diese Einnahmen zu schaffen, und sie wohl zugeben müssen, daß die Überwindung der außenpolitischen Schwierigkeiten, die Erhaltung des Friedens in der Welt, die Erhaltung des inneren sozialen Friedens im deutschen Volk — was sich beides in Zahlen des deutschen Bundeshaushalts ausdrückt — dem Volksganzen zugute kommt, dann darf ich auch zum Schluß sagen: wenn ich diesen Gesetzentwurf vertrete, vertrete ich ihn gar nicht, weil ich an irgendeine Organisationsform des deutschen Volkes denke, ich denke nicht in Länderbegriffen, ich denke nicht in Bundesbegriffen — ich denke in Begriffen des deutschen Volkes. Die Frage, ob der äußere Frieden, die Frage, ob der innere soziale Frieden erhalten werden kann, die Frage, ob wir das leisten können in finanzieller Gerechtigkeit und ohne neue Belastung der schon überbelasteten deutschen Wirtschaft durch Steuern, — das ist eine Frage, die jeden einzelnen im deutschen Volk angeht,
eine Frage, die das Volksganze berührt. Das Volksganze wohnt in elf Ländern und in einem Bund. Nicht die elf Länder und nicht der Bund sind entscheidend, das Wohl des Volkes ist entscheidend!
Der Bund hat durch seine Gesetzgebung nach meiner Überzeugung bewiesen, daß er gerade auch hier völlig loyal den Ländern gegenübergetreten ist. Er hat nicht vorgeboten; er hat nicht mehr verlangt, als er unbedingt braucht. Er hat aus freien Stücken auf die Leistungsfähigkeit der Länder hingewiesen, weil das Volk in den Ländern genau so wohnt, wie es im Bund wohnt, und jedes seine Aufgaben zu erfüllen hat. Aber ich möchte den Appell an die deutschen Länder und den Appell an das deutsche Volk richten, diese Fragen in gegenseitiger Loyalität wirklich zu lösen und die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Es ist nie leicht, einem anderen begreiflich zu machen, daß er von dem Geld, das er hat, aus der Kasse, auf der er sitzt, etwas abgeben soll an eine andere Kasse oder an einen anderen Geldverwalter, aber wir sollten uns allmählich von diesem Denken freimachen. Wenn wir uns alle als Sachwalter des deutschen Volkes fühlen, dann werden wir alle um des deutschen Volkes willen zu einer Lösung der Gerechtigkeit und einer Lösung der Vernunft in diesem Falle kommen.