Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, in eine wirtschaftspolitische Diskussion mit meinem Herrn Vorredner einzutreten, um so mehr, als das Handwerk ja aus eigener Überlegung entscheiden kann, welche Wirtschaftspolitik seinem Wohl besser dient,
die sozialistische oder die von uns vertretene „kapitalistische Ausbeutung".
Im übrigen bieten ja im Augenblick gerade internationale Vergleiche ein besonders gutes Anschauungsmaterial, welche Wirtschaftspolitik zu besseren Erfolgen führt.
Ich komme zu der Beantwortung der Anfrage unter Punkt 8 der Tagesordnung betreffend Förderung des Handwerks. Das handwerk hat sowohl hinsichtlich seiner absoluten Betriebs- und Beschäftigtenzahl als auch hinsichtlich der Betriebs- und Beschäftigungsdichte, d. h. der Betriebs- und Beschäftigtenzahl je 1000 Einwohner; eine bemerkenswerte Stabilität gezeigt. Darüber hinaus ist die Beschäftigtenzahl je Betriebseinheit laufend gestiegen, und in noch größerem Maße hat die installierte Maschinenleistung je Betrieb laufend zugenommen. Dies kann als Beweis dafür gelten, daß das Handwerk auch in der modernen Wirtschaft lebensfähig ist und sich der allgemeinen technischen Entwicklung anzupassen vermag. Es kann
indessen nicht geleugnet werden, daß der allgemeine Technisierungs- und Verfeinerungsprozeß mit einer bislang nicht gekannten Geschwindigkeit fortgeschritten ist und bewußt vom Handwerklichen fort zum Ingenieurmäßigen hin strebt. Daraus ergeben sich zunehmende Schwierigkeiten für das Handwerk, sich gegenüber der industriellen Produktion zu behaupten oder ihr zu folgen, deren Behebung durch großangelegte Förderungsmaßmen aus drei Erwägungen notwendig erscheint.
Erstens: Sehr viele technische Leistungen können gerade von den mittleren und kleineren Betrieben besonders wirtschaftlich durchgeführt werden. Zweitens: Auch die industrielle Produktion bedarf zur Wartung und Unterhaltung sowohl ihrer Fertigungseinrichtungen als auch ihrer Erzeugnisse eines technisch hochstehenden Handwerks. Drittens: Im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung der Gesamtwirtschaft ist auch eine möglichst breite und leistungsfähige Schicht von mittleren und kleineren Unternehmern anzustreben, die als ausgleichender Faktor in wirtschafts-, sozial- und staatspolitischer Hinsicht wirken soll. Dies gilt vor allem, wenn von einseitig technischen, betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen getragene Überlegungen zu einer Geringschätzung der kleingewerblichen Betriebsform und zum Denken in großwirtschaftlichen, industriellen Gedankengängen verleiten könnten.
Gewerbeförderung gehört zwar in erster Linie zum Zuständigkeitsbereich der Länder. Trotzdem wird die Bereitstellung von Bundesmitteln zur Durchführung von Förderungsmaßnahmen für das Handwerk gerechtfertigt und geboten sein, wenn diese Maßnahmen entweder wegen der Größe oder der Allgemeingültigkeit des Anliegens über das dem einzelnen Land zumutbare Maß der finanziellen Hilfeleistung hinausgehen oder von vornherein als bundeswichtig angesprochen werden müssen. Durch den Bund können infolgedessen folgende Gewerbeförderungsmaßnahmen finanziell unterstützt werden:
1. Förderungsmaßnahmen, die das Handwerk in seiner Gesamtheit oder in wesentlichen Teilen mit neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen oder mit dem gegenwärtigen Stand der Technik in Übereinstimmung bringen sollen,
2. Maßnahmen mit dem Ziel, die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Forschungsarbeit an die einzelnen Handwerksbetriebe heranzutragen, durch Gewerbeförderungsanstalten, Gewerbeförderungsstellen und ähnliche Einrichtungen, durch bundeswirtschaftliche Fachschulen und sonstige Einrichtungen der zentralen Innungsverbände, durch Einbeziehung des Handwerks in die Arbeit des Rationalisierungskuratoriums der deutschen Wirtschaft,
3. Maßnahmen zur Ertüchtigung des handwerklichen Nachwuchses im Sinne einer echten Begabtenförderung,
4. Maßnahmen, die geeignet sind, durch Förderung des Wettbewerbs auf Ausstellungen und Messen eine allgemeine Leistungssteigerung im Handwerk selbst und gegenüber den industriellen Erzeugnissen herbeizuführen,
5. Hilfsmaßnahmen für Handwerke, in denen sich strukturelle Notstände abzuzeichnen beginnen, die durch die technische und wirtschaftliche Entwicklung bedingt sind,
6. Maßnahmen zur planmäßigen Einschaltung des Handwerks in den Export.
Eine von der Unterabteilung Handwerk vorgenommene Überprüfung des für alle diese Maßnahmen erforderlichen, aus Bundesmitteln zu deckenden zusätzlichen Geldbedarfs hat ergeben, daß einschließlich der Exportförderung ein Gesamtbedarf in Höhe von etwa 6 Millionen DM jährlich erforderlich sein wird. Der Antrag der CDU/CSU verdient deshalb nachdrückliche Unterstützung.
Zu dem Punkt 11, betreffend Kreditversorgung des Handwerks, habe ich folgendes auszuführen:
Erstens: Die Kreditversorgung des Handwerks hat das Bundeswirtschaftsministerium bei allen Kreditaktionen mit zentral steuerbaren Kapitalmitteln in Betracht gezogen. Bei denjenigen Kreditmaßnahmen, die eine Berücksichtigung der Handwerkswirtschaft zuließen, sind jeweils in besonderen Verwendungsbestimmungen die Kredithergaben an das Handwerk gefördert worden. Es wird nicht verkannt, daß bei ,der Verwendung der ERP-Gegenwertmittel dem Handwerk lediglich kleine Beträge zugeflossen sind. Das ist allein auf die bindenden Vorschriften bei der Verteilung dieser Gelder zurückzuführen, welche ERP-Gegenwertmittel für bestimmte, fest umrissene Engpaß-faktoren der Volkswirtschaft festlegten und daher eine andere Verteilung ausschlossen. Bei einem Teilbetrag von 25 Millionen DM aus der letzten Freigabe von ERP-Mitteln für Vertriebenenbetriebe ist das Handwerk entsprechend den Richtlinien der Vertriebenenbank berücksichtigt worden.
Zweitens: Demgegenüber sind dem Handwerk aus anderen Kreditquellen erhebliche Beträge zugeflossen. Diese setzen sich im einzelnen wie folgt zusammen. Durch bzw. über ,die Kreditanstalt für Wiederaufbau wurden 85,91 Millionen DM zur Verfügung gestellt, aus Kreditaktionen zugunsten des Exporthandwerks 3,4 Millionen DM, durch das Hauptamt für Soforthilfe bereitgestellt Existenzaufbauhilfe für das Handwerk aus insgesamt 34 769 Betrieben mit dem Stand vom 30. September 1951 von 107,7 Millionen, über die Industriekreditbank bereitgestellt aus Arbeitsbeschaffungsprogramm 1950 mindestens 6 Millionen, weitere Kreditgewährung aus STEG-Aktion 6,5 Millionen und aus dem Sanierungsprogramm bisher 3,35 Millionen, insgesamt 212,86 Millionen DM.
Die in obiger Aufstellung noch nicht enthaltene Gemeinschaftshilfe zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen dürfte einen relativ hohen Betrag erreichen, der der Handwerkswirtschaft zusätzlich zufließen soll. Darüber hinaus ist es gelungen, die Beteiligung des Handwerks an der Kreditaktion zur Schaffung von Lehrlingsplätzen nunmehr zu verwirklichen. In Verhandlungen meines Hauses mit den Hauptinstituten und dem Bundesrechnungshof ist hierfür ein Betrag von 2 Millionen DM freigestellt worden, der kurzfristig, und zwar noch bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres, zur Verfügung stehen wird,
Drittens: Bei der Gewährung kurzfristiger Kredite ist das Handwerk, wie aus einem Schreiben des Herrn Präsidenten des Zentralbankrates der Bank deutscher Länder hervorgeht, gegenüber den übrigen Wirtschaftsbereichen keinesfalls benachteiligt worden. Es wird im Gegenteil darauf hingewiesen, daß den gewerblichen Kreditgenossenschaften, einem wichtigen Sektor für die Gewährung sogenannter Kleinkredite, bei der Bank deutscher Länder eine höhere Refinanzierungsquote eingeräumt wurde als allen übrigen Bankinstituten. Daraus ergibt sich, ,daß auch auf dem Gebiete der kurzfristigen Kredite, die von mir nicht unmittelbar beeinflußt werden, eine Benachteiligung des Handwerks nicht gegeben ist.
Viertens. Viper die bisherigen Maßnahmen hinaus ist das Bundeswirtschaftsministerium, wie aus dem Beispiel der Beteiligung des Handwerks an der Kreditaktion zur Schaffung von Lehrlingsplätzen ersichtlich, laufend bemüht, eine angemessene Berücksichtigung des Handwerks und des Kleingewerbes bei der Kreditgewährung, insbesondere bei der Vergabe langfristiger Investitionskredite, sicherzustellen. Mit einem Schreiben wurde dem Herrn Präsidenten des Zentralverbands des deutschen Handwerks der derzeitige Stand und die Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums über die Behandlung der Handwerkswirtschaft im Rahmen der Kreditgewährung mitgeteilt. Es ist beabsichtigt, auch künftig den berechtigten Belangen des Handwerks so weit wie irgend möglich Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung bleibt auch weiterhin bemüht, die Handwerkswirtschaft entsprechend ihrer Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft bei allen Kreditaktionen mit zentral steuerbaren Kapitalmarktmitteln zu beteiligen.