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ID0119905600

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    Vokabeln: 6
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    5. Herr: 1
    6. Bundeswirtschaftsminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 199. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952 8519 199. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Weickert 8520A Geschäftliche Mitteilungen 8520B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 8520C Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) 8520C Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) 8520C Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten 8520C Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . . 8520C Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) 8520C Kleine Anfrage Nr. 246 der Fraktion der CDU/CSU betr. Materialversorgung des Handwerks und gewerblichen Mittelstandes (Nrn. 3132, 3197 der Drucksachen) 8520C Kleine Anfrage Nr. 245 der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium (Nrn. 3131, 3207 der Drucksachen) . . . 8520D Änderungen der Tagesordnung 8520D Zur Geschäftsordnung — Frage der Behandlung der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Schäfer . 8521C, 8527B Stücklen (CSU) 8520D, 8560A Mellies (SPD) 8521A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuergesetzgebung (Nr. 3130 der Drucksachen) 8521C Schmücker (CDU). Anfragender . . 8521C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8524D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Altersversorgung des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen) . . 8527B Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender 8527C Storch, Bundesminister für Arbeit 8528D, 8530A, 8533A Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8529C Freidhof (SPD) 8530D Dirscherl (FDP) 8531D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Ausschußüberweisung des Antrags Nr. 3106 8534A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen) . . . 8534B Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller 8534B Günther (CDU), Antragsteller . . . 8535C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8537A Storch, Bundesminister für Arbeit . 8537B Eickhoff (DP) 8537D Dirscherl (FDP) 8539C Hoecker (SPD) 8540D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Schmücker (CDU) 8543A Wirths (FDP) 8543B Kalbfell (SPD) 8543D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8545A Ausschußüberweisungen 8546C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen; Umdruck Nr. 470) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen) . 8546D Mensing (CDU), Antragsteller . . . 8547A Schuler (CDU), Antragsteller . . . . 8549A Dr. Nölting (SPD) 8550A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirt- schaft 8552B Frau Lockmann (SPD) 8553C Paul (Düsseldorf) (KPD) 8554C Hoecker (SPD) 8556D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8558B Dirscherl (FDP) 8558C Schmücker (CDU) 85590 Ausschußüberweisungen 8560A Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Stücklen (CSU) 8560A Weiterberatung vertagt 8560C Nächste Sitzung 8560C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
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    Rede von Dr. Erik Nölting


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Begriff der Handwerksförderung sollte nach Auffassung meiner Freunde breiter gefaßt und umfassender gedacht werden, als es der Antrag Drucksache Nr. 3137 der CDU/CSU vorsieht. Weil Herr Kollege Schmücker entgegen den Warnungen und Empfehlungen seines Kollegen Stücklen heute gleich bei Punkt 1 der Tagesordnung sich so elegant über die Hürde zur Generaldebatte hinweggesetzt hat und weil andere Sturmgesellen ihm nachgefolgt sind, möge auch mir gestattet sein, einige allgemeine Bemerkungen zu machen, die durchaus zur Sache gehören und sogar mit diesem Punkt zusammenhängen.
    Wir sind gewillt, meine Damen und Herren, einem zeitgemäßen, leistungsstarken und aufgeschlossenen Handwerk jedwede geeignete Förderung zukommen zu lassen, was natürlich nicht die Verpflichtung einschließen kann, daß soziale, technische oder betriebswirtschaftliche Rückständigkeit konserviert wird.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wir begrüßen es, daß der Schutt der Vorurteile heute allgemein und in allen Lagern aus dem Wege geräumt ist, daß niemand mehr, wie es noch um die Jahrhundertwende der Fall war, das Handwerk auf die Invaliden- oder Absterbeliste setzt, wie es noch Professor S o m b a r t tat, der mit elegischer Apathie erklärte: An allem Kleingewerbe nagt der Wurm. Unsere Sympathie gilt dem Handwerk gleichermaßen aus wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gründen. Das Handwerk übt nicht nur wirtschaftlich eine anderweitig gar . nicht ersetzbare Funktion aus, vor allem in der Welt der Güter, die noch Persönlichkeitsaroma an sich tragen und sich für Großserienherstellung, Normierung und Typisierung nicht eignen, sondern es nimmt auch eine wertvolle und ausgleichende Brückenstellung in den sozialen Spannungen unserer Zeit ein.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir schätzen seine soziale Durchlässigkeit und die sozialen Aufstiegschancen, die es auch noch heute gewährt.
    Hart an die soziale Bedeutung grenzt die kulturelle. Das Handwerk ist Träger alter Geschmackskultur, es weiß, wofern es seine Aufgabe begreift, Niveau zu wahren, den Sinn für Gediegenheit und Materialechtheit wachzuhalten. Und es soll ihm nicht vergessen sein, daß es vor allem am Beginn der industriellen Ara der gräßlichen Geschmacksverwilderung erfolgreich entgegengewirkt hat. Gesunde Durchblutung, die dem Handwerk not tut und die es bewahrt vor einem engstirnigen und engherzigen Zünftlertum, das einst seinen Ruf verdorben hat, ist keineswegs identisch mit hemmungsloser Überflutung, die zwangsläufig zum Leistungsabfall führen müßte. Deshalb haben wir uns schon immer zum Befähigungsnachweis bekannt, der die Ausübung des Handwerksberufes und vor allem die Anleitung von Lehrlingen von der Ablegung der Meisterprüfung abhängig macht.
    Aber, meine Damen und Herren, das Handwerk braucht auch eine größere Geborgenheit. Es gedeiht nicht im kapitalistischen Wildwest,

    (Rufe rechts: Aha!)

    es bedarf eines Ordnungsrahmens — jawohl, meine Herren! —, sagen wir, wenn Sie das lieber hören: eines Mindestmaßes an Ordnung im Wirtschaftsablauf. Dann aber entsteht die Frage — und die Regierungsparteien sollten sich diese Frage vorlegen —, ob eine vernünftige Handwerkspolitik überhaupt als legales Kind der derzeitigen allgemeinen Wirtschaftspolitik angesprochen werden kann, ob sich das liberale Entfesselungs- und das soziale Schutzprinzip zusammenreimen lassen und ob die Anträge, die uns hier vorliegen, nicht etwa doch einen Seitensprung der von Ihnen so heiß propagierten Marktwirtschaft bedeuten. Sind doch gewisse planende und lenkende Eingriffe des Staates hier am allerwenigsten zu entbehren. Im Grunde bedeutet diese Serie — ich will nicht sagen: „Inflation", um nicht wieder böses Blut zu machen — oder Flut von Anfragen und Anträgen, wie sie hier vorliegen, doch nichts anderes als besorgte Kritik an den Prinzipien Ihrer Marktwirtschaft und des bisherigen wirtschaftspolitischen Kurses.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Diese Anträge nehmen sich propagandistisch gut aus. Aber der Herr Kollege Schmücker war es ja, der heute bereits sagte: Dem Mittelstand ist nicht damit gedient, daß man für ihn Propaganda macht, vielmehr geht es um die reale Sicherung seiner Existenzgrundlagen. Man sollte sich, meine Damen und Herren, von allem fernhalten, was nach bloßer „Optik" oder, wenn wir Fremdwörter vermeiden wollen, nach bevorstehendem Wahlkampf schmeckt. Warum sagt man das eigentlich alles so lautstark vom Balkon? Die Regierungsparteien hätten doch die Möglichkeit, den Ministern, die ihre Parteifreunde sind, das alles soviel wirksamer ins Ohr zu flüstern!

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Das Parlament gehört wohl nur Ihnen?! — Weiterer Zuruf von der Mitte: Wir sind nun einmal nicht für Flüsterpropaganda!)

    — Diesmal vielleicht nicht!
    Im September vergangenen Jahres hat der Handwerksrat des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks der Bundesregierung ein Memorandum übermittelt, das heute schon mehrfach erwähnt wurde und in dem die speziellen Bedrängnisse des Handwerks unter folgenden Stichworten zusammengefaßt sind. Das Handwerk leidet — so heißt


    (Dr. Nölting)

    es — unter mangelnder Kaufkraft weiter Bevölkerungskreise für handwerkliche Qualitätserzeugnisse und — daraus resultierend — unter einer unbefriedigenden Entwicklung seines Auftragsbestandes.
    Das greift aber doch über in die allgemeine Wirtschaftspolitik! Das Handwerk sollte niemals vergessen: Lohn von heute ist Kaufkraft von morgen, und ohne ausreichende Massenkaufkraft droht auch dem Handwerk Einsturzgefahr.

    (Beifall bei der SPD. — Zustimmung in der Mitte.)

    Als zweiter Beschwerdepunkt wird dann Materialmangel aufgeführt, insbesondere bei Walzwerksprodukten und bei anderen Eisenmaterialien, Mangel an Stab-, Form- und Profileisen, an Schwarzblechen und an Feinblechen. Das ganze eisenverarbeitende Handwerk ist notleidend, es geht aber hier um die Mindestversorgung von 150 000 Betrieben. Die auf die Eisenlenkungs-Verordnung gesetzten Hoffnungen auf eine Entspannung der Versorgungslage haben sich nicht erfüllt. Mein Fraktionsfreund Kalbfell hat schon darauf hingewiesen, daß Beton- und Moniereisen auf dem Wege des normalen Bezuges überhaupt nicht mehr zu beschaffen sind, während der Schwarzhandel den Handwerksbetrieben auch ausgesprochene Mangelware — darunter nicht zuletzt Kohle — zu wucherischen Überpreisen liefert. Bei manchen Handwerksbetrieben hat die offizielle Zuteilung an Kohle, wie die Handwerkspresse gemeldet hat, im vergangenen Winter nur fünf bis sechs Zentner ausgemacht, und im günstigsten Falle sind 30 % des vom Handwerk angemeldeten Mindestbedarfs geliefert worden. Wenn wir dennoch halbwegs mit einem blauen Auge davongekommen sind, so liegt das einerseits an der milden Witterung, andererseits aber vor allem daran, daß viel mehr Kohle „schwarz" beschafft worden ist, als der Herr Bundeswirtschaftsminister „weiß" hat zuteilen können.
    Als nächste Sorge wird die Schere zwischen erzielbaren Preisen und Materialpreisen genannt. Noch im letzten Quartal 1951 haben, wie aus dem Bericht des Wirtschaftsministeriums hervorgeht, die Holzpreise — ich zitiere wörtlich — „ungewöhnlich stark" angezogen und damit das gesamte holzverarbeitende Handwerk unter Druck gesetzt. Aber es werden auch Preissteigerungen für zahlreiche andere Roh- und Hilfsstoffe gemeldet, darunter Eisen und Stahl, ferner Felle und Häute. Selbstverständlich hat die Aufhebung des Mieterschutzes für gewerbliche Räume das Handwerk schwer betroffen. Denn hier ist jeder Sinn für Maßhalten vielfach völlig verlorengegangen, werden doch Mieterhöhungen weit über 25 bis 35 % gemeldet, die vom Handwerk ohne Preisabwälzung nicht verkraftet werden können, was sich dann notwendigerweise auf die Beschäftigungs- und Auftragslage auswirkt. So reißt eine uneinheitliche Wirtschaftspolitik auf der einen Seite wieder ein, was auf der anderen zusammengeflickt wurde.
    Des weiteren beklagt man sich über hohe, zum Teil blockierte und nicht realisierbare Außenstände, über Kreditnot, Liquiditätssorgen und zunehmende Insolvenzen. Auch das stammt zum guten Teil aus der Abfallkiste der heutigen Wirtschaftspolitik! Der viel beklagten Verschlechterung der Zahlungsmoral liegt eine Zahlungsunfähigkeit weiter Schichten zugrunde, die in schwerste Notlagen geraten sind. D a s ist die Wurzel des Borgunwesens. Es ist zuzugeben, daß das Handwerk bei
    seiner gegenwärtigen Situation nicht als Finanzier seines Kunden auftreten kann. Unter Kreditnot leidet namentlich der kleinere Betrieb, der die Bedingungen nicht erfüllen kann, insbesondere eine bankmäßige Besicherung vielfach nicht aufzubringen vermag und deshalb leer ausgeht. Er verlangt Kleinkredite zu tragbaren Zinsen, und man sollte es sich sehr überlegen, Herr Wirtschaftsminister, ob man den Zins freigeben will, nicht zuletzt mit Rücksicht auf das Handwerk, das billigen Kredit braucht zur Beschaffung von Roh- und Werkstoffen, um dem Nachholbedarf und dem Investitionsbedarf zu genügen. Aber der Handwerker muß diese Kredite auch vielfach als laufende Betriebsmittel einsetzen. Besonders sind es Flüchtlingshandwerker und solche, die durch Kriegsschäden schwer betroffen sind, die der kreditmäßigen Stützung bedürfen. Immer mehr muß das Handwerk zu der ihm nicht nur wegen der hohen Wechselspesen unsympathischen Methode der Finanzierung durch Wechsel übergehen.
    Die Kredite aus der Existenzaufbauhilfe sind rege nachgefragt, aber sie sind nur unzureichend vorhanden. Hingegen sind die aus der Soforthilfe bereitgestellten Mittel zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen nur wenig in Anspruch genommen worden. Den einzigen Lichtblick stellen die für das exportorientierte Handwerk aus den STEG-Geldern bereitgestellten Kredite in Höhe von 6,5 Millionen DM dar; 5 Millionen DM wurden über den Sparkassensektor abgewickelt und 1,5 Millionen DM über den Sektor der Volksbanken. Das mit 25 Millionen DM ausgestattete Hilfsprogramm für die von der Bundesregierung anerkannten Sanierungsgebiete ist nur sehr zögernd angelaufen und hat noch zu keinerlei Breitenwirkung geführt. Dabei hat namentlich das ländliche Handwerk in wirtschaftsschwachen Gebieten nicht nur mit Schwierigkeiten, es hat teilweise direkt um seinen Bestand zu kämpfen.
    Was die handwerkliche Förderung 'im engen Sinne dieses Antrages anlangt, sollte auch auf der Bundesebene begriffen werden, daß man an einer Leistungssteigerung höchlichst interessiert ist, und man sollte dem Rechnung tragen, nicht durch platonische Sympathieerklärungen, sondern durch Bereitstellung ausreichender Mittel. 300 000 DM im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums sind ein völlig ungenügender Posten, wobei ich darauf hinweisen darf, daß allein das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Etat für die einzelnen Haushaltsjahre und so auch für das kommende Haushaltsjahr 350 000 DM für diesen Zweck vorsieht. Man sollte meinen, auch wenn es sich nur um die geistige Aufrüstung handelt, könnte man etwas spendier- und bewilligungsfreudiger sein.
    Diese Mittel sind natürlich nicht für einen einzelnen Betrieb gedacht, sondern sie sind für Gemeinschaftseinrichtungen und Gemeinschaftszwecke anzusetzen, insbesondere im Rahmen der Nachwuchs- und Erwachsenenförderung, teils um zusätzliche Schulungseinrichtungen zu schaffen, teils um die vorhandenen besser zu inventarisieren. Ich darf ein praktisches Beispiel geben: Zur Heranbildung von Schweißern und zur Ausfüllung von Lücken in der Schweißtechnik, insbesondere in der Technik des Kunststoffschweißens, hat der Westdeutsche Kammertag unter Hilfestellung des Landes Nordrhein-Westfalen einen D-Zug-Wagen zu einer Lehrwerkstätte ausgebaut, die nun auf dem Schienenwege an die zentralen Schwerpunkte der einzelnen Kammerbezirke herahgebracht wird.


    (Dr. Nölting)

    Dieser Schweißerlehrzug läuft seit dreiviertel Jahren, wird sehr stark frequentiert und hat sich gut bewährt. Es werden dort achttägige Lehrgänge durchgeführt.
    Aber, meine Damen und Herren, um zur grundsätzlichen Linie zurückzuführen und damit abzuschließen: Wir sind, wie ich eingangs sagte, zwar nicht gewillt, dem Handwerk besondere Sicherheitsbezirke und Einkommenspfründe auf Kosten der Allgemeinheit zuzuschanzen, was ja gerade die wertvollen und wachstumskräftigen Teile des Handwerks auch gar nicht verlangen; aber wir sind bereit, die Schaffenden im Handwerk vom Drucke der kapitalistischen Willkürherrschaft und der monopolistischen Ausbeutung zu befreien,

    (Oho!-Rufe bei den Regierungsparteien)

    sie herauszuführen aus einer Unfreiheit, wo ihnen Preise, Rohstoffe, Produktions- und Lieferbedingungen entweder von einem anarchischen Markt oder von der Brutalität kapitalistischer Machthaber diktiert werden. Wie wir keine Bauern wollen im Nachtrab der Großgrundbesitzer, so wollen wir keine Kleingewerbetreibenden an der Deichsel der großkapitalistischen Fuhrherren.

    (Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Der moderne zeitgenössische Sozialismus ist längst bündnisfähig geworden auch für die alten und neuen Mittelschichten. Wir streben an einen höheren Lebensstandard auf breitester Grundlage, der auch dem Handwerk Entfaltungsraum verbürgt. Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist die beste und wirksamste Form positiver Handwerksförderung.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, in eine wirtschaftspolitische Diskussion mit meinem Herrn Vorredner einzutreten, um so mehr, als das Handwerk ja aus eigener Überlegung entscheiden kann, welche Wirtschaftspolitik seinem Wohl besser dient,

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien)

    die sozialistische oder die von uns vertretene „kapitalistische Ausbeutung".

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Im übrigen bieten ja im Augenblick gerade internationale Vergleiche ein besonders gutes Anschauungsmaterial, welche Wirtschaftspolitik zu besseren Erfolgen führt.
    Ich komme zu der Beantwortung der Anfrage unter Punkt 8 der Tagesordnung betreffend Förderung des Handwerks. Das handwerk hat sowohl hinsichtlich seiner absoluten Betriebs- und Beschäftigtenzahl als auch hinsichtlich der Betriebs- und Beschäftigungsdichte, d. h. der Betriebs- und Beschäftigtenzahl je 1000 Einwohner; eine bemerkenswerte Stabilität gezeigt. Darüber hinaus ist die Beschäftigtenzahl je Betriebseinheit laufend gestiegen, und in noch größerem Maße hat die installierte Maschinenleistung je Betrieb laufend zugenommen. Dies kann als Beweis dafür gelten, daß das Handwerk auch in der modernen Wirtschaft lebensfähig ist und sich der allgemeinen technischen Entwicklung anzupassen vermag. Es kann
    indessen nicht geleugnet werden, daß der allgemeine Technisierungs- und Verfeinerungsprozeß mit einer bislang nicht gekannten Geschwindigkeit fortgeschritten ist und bewußt vom Handwerklichen fort zum Ingenieurmäßigen hin strebt. Daraus ergeben sich zunehmende Schwierigkeiten für das Handwerk, sich gegenüber der industriellen Produktion zu behaupten oder ihr zu folgen, deren Behebung durch großangelegte Förderungsmaßmen aus drei Erwägungen notwendig erscheint.
    Erstens: Sehr viele technische Leistungen können gerade von den mittleren und kleineren Betrieben besonders wirtschaftlich durchgeführt werden. Zweitens: Auch die industrielle Produktion bedarf zur Wartung und Unterhaltung sowohl ihrer Fertigungseinrichtungen als auch ihrer Erzeugnisse eines technisch hochstehenden Handwerks. Drittens: Im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung der Gesamtwirtschaft ist auch eine möglichst breite und leistungsfähige Schicht von mittleren und kleineren Unternehmern anzustreben, die als ausgleichender Faktor in wirtschafts-, sozial- und staatspolitischer Hinsicht wirken soll. Dies gilt vor allem, wenn von einseitig technischen, betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen getragene Überlegungen zu einer Geringschätzung der kleingewerblichen Betriebsform und zum Denken in großwirtschaftlichen, industriellen Gedankengängen verleiten könnten.
    Gewerbeförderung gehört zwar in erster Linie zum Zuständigkeitsbereich der Länder. Trotzdem wird die Bereitstellung von Bundesmitteln zur Durchführung von Förderungsmaßnahmen für das Handwerk gerechtfertigt und geboten sein, wenn diese Maßnahmen entweder wegen der Größe oder der Allgemeingültigkeit des Anliegens über das dem einzelnen Land zumutbare Maß der finanziellen Hilfeleistung hinausgehen oder von vornherein als bundeswichtig angesprochen werden müssen. Durch den Bund können infolgedessen folgende Gewerbeförderungsmaßnahmen finanziell unterstützt werden:
    1. Förderungsmaßnahmen, die das Handwerk in seiner Gesamtheit oder in wesentlichen Teilen mit neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen oder mit dem gegenwärtigen Stand der Technik in Übereinstimmung bringen sollen,
    2. Maßnahmen mit dem Ziel, die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Forschungsarbeit an die einzelnen Handwerksbetriebe heranzutragen, durch Gewerbeförderungsanstalten, Gewerbeförderungsstellen und ähnliche Einrichtungen, durch bundeswirtschaftliche Fachschulen und sonstige Einrichtungen der zentralen Innungsverbände, durch Einbeziehung des Handwerks in die Arbeit des Rationalisierungskuratoriums der deutschen Wirtschaft,
    3. Maßnahmen zur Ertüchtigung des handwerklichen Nachwuchses im Sinne einer echten Begabtenförderung,
    4. Maßnahmen, die geeignet sind, durch Förderung des Wettbewerbs auf Ausstellungen und Messen eine allgemeine Leistungssteigerung im Handwerk selbst und gegenüber den industriellen Erzeugnissen herbeizuführen,
    5. Hilfsmaßnahmen für Handwerke, in denen sich strukturelle Notstände abzuzeichnen beginnen, die durch die technische und wirtschaftliche Entwicklung bedingt sind,
    6. Maßnahmen zur planmäßigen Einschaltung des Handwerks in den Export.


    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard)

    Eine von der Unterabteilung Handwerk vorgenommene Überprüfung des für alle diese Maßnahmen erforderlichen, aus Bundesmitteln zu deckenden zusätzlichen Geldbedarfs hat ergeben, daß einschließlich der Exportförderung ein Gesamtbedarf in Höhe von etwa 6 Millionen DM jährlich erforderlich sein wird. Der Antrag der CDU/CSU verdient deshalb nachdrückliche Unterstützung.
    Zu dem Punkt 11, betreffend Kreditversorgung des Handwerks, habe ich folgendes auszuführen:
    Erstens: Die Kreditversorgung des Handwerks hat das Bundeswirtschaftsministerium bei allen Kreditaktionen mit zentral steuerbaren Kapitalmitteln in Betracht gezogen. Bei denjenigen Kreditmaßnahmen, die eine Berücksichtigung der Handwerkswirtschaft zuließen, sind jeweils in besonderen Verwendungsbestimmungen die Kredithergaben an das Handwerk gefördert worden. Es wird nicht verkannt, daß bei ,der Verwendung der ERP-Gegenwertmittel dem Handwerk lediglich kleine Beträge zugeflossen sind. Das ist allein auf die bindenden Vorschriften bei der Verteilung dieser Gelder zurückzuführen, welche ERP-Gegenwertmittel für bestimmte, fest umrissene Engpaß-faktoren der Volkswirtschaft festlegten und daher eine andere Verteilung ausschlossen. Bei einem Teilbetrag von 25 Millionen DM aus der letzten Freigabe von ERP-Mitteln für Vertriebenenbetriebe ist das Handwerk entsprechend den Richtlinien der Vertriebenenbank berücksichtigt worden.
    Zweitens: Demgegenüber sind dem Handwerk aus anderen Kreditquellen erhebliche Beträge zugeflossen. Diese setzen sich im einzelnen wie folgt zusammen. Durch bzw. über ,die Kreditanstalt für Wiederaufbau wurden 85,91 Millionen DM zur Verfügung gestellt, aus Kreditaktionen zugunsten des Exporthandwerks 3,4 Millionen DM, durch das Hauptamt für Soforthilfe bereitgestellt Existenzaufbauhilfe für das Handwerk aus insgesamt 34 769 Betrieben mit dem Stand vom 30. September 1951 von 107,7 Millionen, über die Industriekreditbank bereitgestellt aus Arbeitsbeschaffungsprogramm 1950 mindestens 6 Millionen, weitere Kreditgewährung aus STEG-Aktion 6,5 Millionen und aus dem Sanierungsprogramm bisher 3,35 Millionen, insgesamt 212,86 Millionen DM.
    Die in obiger Aufstellung noch nicht enthaltene Gemeinschaftshilfe zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen dürfte einen relativ hohen Betrag erreichen, der der Handwerkswirtschaft zusätzlich zufließen soll. Darüber hinaus ist es gelungen, die Beteiligung des Handwerks an der Kreditaktion zur Schaffung von Lehrlingsplätzen nunmehr zu verwirklichen. In Verhandlungen meines Hauses mit den Hauptinstituten und dem Bundesrechnungshof ist hierfür ein Betrag von 2 Millionen DM freigestellt worden, der kurzfristig, und zwar noch bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres, zur Verfügung stehen wird,
    Drittens: Bei der Gewährung kurzfristiger Kredite ist das Handwerk, wie aus einem Schreiben des Herrn Präsidenten des Zentralbankrates der Bank deutscher Länder hervorgeht, gegenüber den übrigen Wirtschaftsbereichen keinesfalls benachteiligt worden. Es wird im Gegenteil darauf hingewiesen, daß den gewerblichen Kreditgenossenschaften, einem wichtigen Sektor für die Gewährung sogenannter Kleinkredite, bei der Bank deutscher Länder eine höhere Refinanzierungsquote eingeräumt wurde als allen übrigen Bankinstituten. Daraus ergibt sich, ,daß auch auf dem Gebiete der kurzfristigen Kredite, die von mir nicht unmittelbar beeinflußt werden, eine Benachteiligung des Handwerks nicht gegeben ist.
    Viertens. Viper die bisherigen Maßnahmen hinaus ist das Bundeswirtschaftsministerium, wie aus dem Beispiel der Beteiligung des Handwerks an der Kreditaktion zur Schaffung von Lehrlingsplätzen ersichtlich, laufend bemüht, eine angemessene Berücksichtigung des Handwerks und des Kleingewerbes bei der Kreditgewährung, insbesondere bei der Vergabe langfristiger Investitionskredite, sicherzustellen. Mit einem Schreiben wurde dem Herrn Präsidenten des Zentralverbands des deutschen Handwerks der derzeitige Stand und die Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums über die Behandlung der Handwerkswirtschaft im Rahmen der Kreditgewährung mitgeteilt. Es ist beabsichtigt, auch künftig den berechtigten Belangen des Handwerks so weit wie irgend möglich Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung bleibt auch weiterhin bemüht, die Handwerkswirtschaft entsprechend ihrer Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft bei allen Kreditaktionen mit zentral steuerbaren Kapitalmarktmitteln zu beteiligen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)