Rede:
ID0119901200

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 14
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 199. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952 8519 199. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Weickert 8520A Geschäftliche Mitteilungen 8520B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 8520C Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) 8520C Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) 8520C Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten 8520C Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . . 8520C Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) 8520C Kleine Anfrage Nr. 246 der Fraktion der CDU/CSU betr. Materialversorgung des Handwerks und gewerblichen Mittelstandes (Nrn. 3132, 3197 der Drucksachen) 8520C Kleine Anfrage Nr. 245 der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium (Nrn. 3131, 3207 der Drucksachen) . . . 8520D Änderungen der Tagesordnung 8520D Zur Geschäftsordnung — Frage der Behandlung der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Schäfer . 8521C, 8527B Stücklen (CSU) 8520D, 8560A Mellies (SPD) 8521A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuergesetzgebung (Nr. 3130 der Drucksachen) 8521C Schmücker (CDU). Anfragender . . 8521C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8524D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Altersversorgung des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen) . . 8527B Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender 8527C Storch, Bundesminister für Arbeit 8528D, 8530A, 8533A Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8529C Freidhof (SPD) 8530D Dirscherl (FDP) 8531D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Ausschußüberweisung des Antrags Nr. 3106 8534A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen) . . . 8534B Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller 8534B Günther (CDU), Antragsteller . . . 8535C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8537A Storch, Bundesminister für Arbeit . 8537B Eickhoff (DP) 8537D Dirscherl (FDP) 8539C Hoecker (SPD) 8540D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Schmücker (CDU) 8543A Wirths (FDP) 8543B Kalbfell (SPD) 8543D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8545A Ausschußüberweisungen 8546C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen; Umdruck Nr. 470) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen) . 8546D Mensing (CDU), Antragsteller . . . 8547A Schuler (CDU), Antragsteller . . . . 8549A Dr. Nölting (SPD) 8550A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirt- schaft 8552B Frau Lockmann (SPD) 8553C Paul (Düsseldorf) (KPD) 8554C Hoecker (SPD) 8556D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8558B Dirscherl (FDP) 8558C Schmücker (CDU) 85590 Ausschußüberweisungen 8560A Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Stücklen (CSU) 8560A Weiterberatung vertagt 8560C Nächste Sitzung 8560C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Die Anfrage ist damit beantwortet. Ich frage das Haus, ob eine Besprechung der Interpellation gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Infolgedessen ist der Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
    Wir kommen zur Beratung der Punkte 1, 3 und folgende. Nun war vorhin die Geschäftsordnungsdebatte. Inzwischen ist mir mitgeteilt worden, daß zwischen den großen Fraktionen eine Vereinbarung getroffen ist, die Debatte folgendermaßen aufzugliedern: zunächst die Punkte 1 und 3 zusammen zu besprechen, dann wieder zusammen die Punkte 6, 9 und 10, die Punkte 8 und 11 und 5 und 7 und zuletzt den Punkt 4, so daß wir also die Debatte in fünf Abschnitten führen könnten. Ich nehme an, daß, nachdem die entsprechenden Vereinbarungen getroffen sind, das Haus dieser Regelung zustimmt.

    (Zuruf rechts: Je eine Stunde!)

    — Nein, es bleibt dann bei der festgesetzten Redezeit. Es ist Sache des Hauses und der Sprecher, sich bei der Beratung der einzelnen Punkte innerhalb der Redezeit entsprechend zu verhalten. Wir können das alles doch nicht bis ins Detail regeln. Ich glaube, wir können so verfahren.
    Dann kann ich also zunächst den Punkt 1 der Tagesordnung aufrufen:
    Beratung der großen Anfrage der Fraktion
    der CDU/CSU betreffend Altersversorgung
    des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen).
    Gleichzeitig rufe ich Punkt 3 der Tagesordnung auf:
    Beratung des Antrags der Fraktion der Föderalistischen Union (BP-Z) betreffend Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen).
    Wer begründet?

    (Zuruf des Abg. Becker [Pirmasens].)

    — Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage hat Herr Abgeordneter Becker.
    Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn heute in diesem Hohen Hause gewissermaßen der Tag des deutschen Handwerks stattfindet, dann ist es erklärlich, daß ein so wichtiger Punkt in der Handwerkspolitik wie die Altersversorgung hier mit behandelt werden muß. Durch die große Anfrage meiner Fraktion in Drucksache Nr. 3129 soll die als dringend erforderlich angesehene beschleunigte Reform des Gesetzes über die Altersversorgung des deutschen Handwerks vom 21. Dezember 1938 angestrebt werden.
    Es vergeht kaum eine Zusammenkunft oder eine Versammlung der Handwerker, wo nicht das Kapitel Altersversorgung Gegenstand der Behandlung, aber auch Gegenstand der Kritik ist und Änderungen dieses Gesetzes immer wieder gefordert werden. Ich darf daran erinnern, daß schon am 20. Juli 1949 der bizonale Wirtschaftsrat die damalige Verwaltung für Arbeit durch einstimmigen Beschluß aufgefordert hat, ein Reformgesetz zur Altersversorgung vorzulegen. Ich darf Ihnen diesen einstimmigen Beschluß einmal bekanntgeben. Er lautet:
    In Anpassung an die wirtschaftliche und soziale Lage des selbständigen Handwerks und im Hinblick auf eine freiheitliche Entwicklung in allen Lebensbereichen muß auch der Zwang bei der Altersversorgung des Handwerks wesentlich gelockert werden.
    Ich möchte feststellen, daß diese damalige Begründung des bizonalen Wirtschaftsrats wirklich sehr gut war.
    Auch der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 17. Januar 1951 folgenden einstimmigen Beschluß gefaßt:
    Die Bundesregierung wird ersucht, spätestens bis zum 31. März 1951 im Sinne einer weitgehenden Auflockerung der Versicherungspflicht einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk vom 21. Dezember 1938 vorzulegen.
    Meine Damen und Herren! Die Tendenz des Gesetzes vom 21. Dezember 1938, nämlich die Sicherung der Altersversorgung auch für die Angehörigen des Handwerks, wird von der übergroßen Mehrheit des Handwerks anerkannt, doch glauben wir sagen zu müssen, daß dieses Gesetz zu schematisch ist und auf die Verschiedenheiten innerhalb des Handwerks sowie auf die besondere Struktur des Handwerks nicht die genügende Rücksicht nimmt. Hunderttausende von Handwerkern haben es 1938 begrüßt, daß sie an die Sozialversicherung angeschlossen wurden und so wenigstens eine kleine Sicherung für ihre alten Tage haben. Viele hatten durch die Inflation ihr Vermögen verloren, das ihre Altersversorgung sicherstellen sollte. Ich möchte aber auch ausdrücklich betonen, daß ebenso viele Handwerksmeister — das liegt in der Struktur des Handwerks begründet — von jeher auf andere Art für ihr Alter vorgesorgt haben, und zwar durch Eigentumsbildung. Diese Möglich-


    (Becker [Pirmasens])

    keit sollte man ihnen dadurch wiedergeben, daß man die Handwerker, die über Eigentum von einem gewissen Wert verfügen — über die Summe selbst kann man verschiedener Meinung sein; aber darüber kann man sich verständigen —, von der Versicherungspflicht freistellt. Ich darf beispielsweise darauf hinweisen, daß wir immerhin auf dem Lande etwa 120 000 selbständige Handwerksbetriebe haben, deren Inhaber neben ihrem Handwerk mehr oder weniger auch noch etwas Landwirtschaft betreiben, also Grundbesitz und außerdem noch Hausbesitz haben. Ich glaube, daß hier schon eine annehmbare Altersversorgung vorliegt. Genau so gibt es aber auch in den Städten manche Handwerksmeister, die altrenommierte Geschäfte und dazu entsprechenden Haus- und Grundbesitz haben, so daß hier ebenfalls eine entsprechende Altersversorgung gewährleistet sein dürfte.
    Man sollte auch überlegen, ob man Handwerkern, die zur Erlangung von Eigentum gewisse Verpflichtungen eingehen, z. B. bei einer Bausparkasse mit Versicherungsablösung die dort gezahlten Beiträge anrechnen könnte. Eine doppelte Bezahlung von Beiträgen zur Bausparkasse und zur Angestelltenversicherung ist den jungen selbständigen Handwerkern meistens nur sehr schwer möglich. Wir sind der Meinung, daß der Erwerb von Eigentum in Verbindung mit einem Beruf immer noch die beste Sicherung für das Alter ist, und wir sollten froh sein, daß es noch viele Menschen gibt, die in eigener Verantwortung für ihre alten Tage vorsorgen und nicht auf die Hilfe und Fürsorge des Staates und seiner Einrichtungen angewiesen sein wollen.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Diese Menschen aus der gesetzlichen Haftung zu entlassen, sollte auch unser Anliegen sein; denn dadurch erziehen wir freie, verantwortungsvolle Bürger, was wiederum nur zum Vorteil des Staates sein kann.
    Eine gewisse Ungerechtigkeit sehen wir für diejenigen Handwerker, die etwa ein größeres Geschäft haben und dementsprechend auch höher dotiertes leitendes Personal beschäftigen. Diese Angestellten sind versicherungsfrei, wenn sie ein Einkommen haben, das über die Freigrenze hinausgeht, während der Handwerksmeister unbeschadet seines persönlichen Einkommens versicherungspflichtig ist. Dadurch werden Handwerker mit einem großen Geschäft allzuleicht verleitet, der handwerklichen Organisation mit ihrem Versicherungszwang den Rücken zu kehren und sich der Organisation der Industrie anzuschließen, bei der dieser Zwang zur Versicherung nicht besteht. Wir legen nun einmal Wert darauf, daß alle Handwerksbetriebe auch organisatorisch bei uns sind.
    In dem erwarteten Gesetz müßten unseres Erachtens auch zugunsten derjenigen Handwerker, die in den letzten Jahren aus den verschiedensten Gründen mit ihrer Versicherung in Schwierigkeiten geraten sind, großzügige Übergangsbestimmungen eingebaut werden. Wir sind ferner der Meinung, daß in diesem Gesetz die Invalidenversicherung ruhig mit eingeschaltet werden könnte und daß man dem Handwerker die Wahlfreiheit läßt, insbesondere dann, wenn er schon vorher als Lehrling oder Geselle jahrelang invalidenversicherungspflichtig gewesen ist und hier vielleicht schon die Anwartschaft erworben hat. Die Auflockerungsbestimmungen halten wir auch deshalb für notwendig, um die Strömungen im Handwerk, welche die völlige Abschaffung des Altersversorgungsgesetzes verlangen, nicht noch stärker werden zu lassen. Ein spezielles Handwerkergesetz aber, das von der Mehrheit des Handwerks abgelehnt werden würde, wäre nach unserer Ansicht psychologisch ein Fehlschlag.
    In diesem Zusammenhang darf ich noch auf einen Übelstand hinweisen, der in weiten Kreisen des Handwerks viel Unwillen erregt. Ich spreche von denjenigen, die seinerzeit auf Grund des Gesetzes über die Altersversorgung des Handwerks vom Jahre 1938 eine Lebensversicherung von wenigstens 5000 RM abgeschlossen haben. Die Auswertung der Handwerkszählung 1949 hat ergeben, daß etwa 350 000 Handwerker auf Grund des genannten Gesetzes damals eine Lebensversicherung abgeschlossen haben und nun, durch die Maßnahmen der Währungsreform geschädigt, mit Sorge an ihr Alter denken müssen. Viele von ihnen werden der Fürsorge anheimfallen, obwohl sie seinerzeit dem Gesetz Genüge getan haben. Wir hoffen aber, daß — wenn auch nicht im Rahmen dieses Gesetzes — doch baldigst auch in dieser Hinsicht von seiten der Regierung Maßnahmen erwogen und in die Tat umgesetzt werden, damit diesem Geschädigtenkreis, der unverdient in Not gerät, geholfen werden kann.
    Weitere Einzelheiten zu dem Gesetz können noch behandelt werden, wenn das Gesetz erst einmal vorliegt. Uns geht es heute in erster Linie darum, wann das Gesetz hier vorgelegt wird. Wir hörten, es sei nächstens fertig und könne dann dem Hause vorgelegt werden. Wir haben deshalb die Hoffnung, daß uns die Regierung heute eine befriedigende Antwort geben kann, und zwar sowohl in bezug auf die zeitliche Vorlage des Gesetzes als auch auf eine weitgehende Auflockerung der Versicherungspflicht in der Handwerker-Altersversorgung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zur Beantwortung der Großen Anfrage — Punkt 1 der Tagesordnung — hat der Herr Bundesarbeitsminister das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, daß durch die Große Anfrage, die heute zur Debatte steht, einmal Gelegenheit gegeben ist, zu einer Angelegenheit Stellung zu nehmen, die sowohl das Handwerk als auch die Regierung in den zwei letzten Jahren sehr stark beschäftigt hat. Wir haben es hier mit Anträgen zu einem Gesetz zu tun, das im Jahre 1938 von den Nationalsozialisten sehr überstürzt über die Bühne gebracht worden ist. Man hat dieses Gesetz ein „Gesetz zur Altersversorgung des deutschen Handwerks" genannt. Es war meines Erachtens zum großen Teil — soweit die Privatversicherungsabschlüsse in Frage kamen — ein Gesetz, welches mehr oder weniger, ebenso wie bei den Volkswagensparern, sogenannte überschüssige Kaufkraft absorbieren sollte. Das muß man klar sehen. Damals hat man gesagt: Der Handwerker kann seinen Schutz für das Alter einmal durch den Beitritt zur Angestelltenversicherung sicherstellen, oder er kann eine Lebensversicherung abschließen. Innerlich haben diese beiden Dinge beinahe gar nichts miteinander zu tun. Derjenige Handwerksmeister, der damals zur Angestelltenversicherung gegangen ist, wußte ganz genau, daß er, wenn er eine Anwartschaft von fünf Jahren erfüllt hat, nicht nur Rechtsansprüche auf eine laufende Rente nach der Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern auch dann hat, wenn er vor der Vollendung des


    (Bundesarbeitsminister Storch)

    65. Lebensjahres — wie es in der Angestelltenversicherung heißt — „berufsunfähig" wird. Darüber hinaus hatte dieser Handwerksmeister noch den Vorteil, daß er, wenn er von einer langwierigen Krankheit befallen wurde, die Heilverfahren der Angestelltenversicherung in Anspruch nehmen konnte.
    Ganz anders war es bei dem Mann, der zu der privaten Versicherungsgesellschaft, d. h. zu der Lebensversicherung ging. Er hatte einen Anspruch auf einen Geldbetrag, wenn er das 65. Lebensjahr erreichte. Seine Angehörigen hatten einen Rechtsanspruch auf denselben Geldbetrag, wenn der Mann vorzeitig verstarb. Aber für beide war nur eine ganz kleine Deckungssumme vorhanden, wenn der Mann vorzeitig arbeitsunfähig wurde. Er hatte dann nur in einer sogenannten stillgelegten Versicherung das sogenannte Deckungskapital, das. in dem Moment vorhanden war, in dem er auf Grund seiner Arbeitsunfähigkeit ,die Beitragszahlung einstellen mußte.
    Nun haben die Handwerker aus sich selbst heraus bis heute noch keine einheitliche Stellungnahme über die Versorgung des Handwerks zuwege gebracht. Das ist auch gar kein Wunder; sie könnten auf Grund ihrer Tätigkeit in ihrem eigenen Betrieb die volle Verantwortung für ihre Zukunft übernehmen. Diese Stellungnahme wurde in der Zeit, als hier die Bundesregierung gebildet wurde, sehr stark in den Vordergrund gerückt. In der Zwischenzeit haben sich aber in den handwerklichen Organisationen und vor allen Dingen in den Kreisen der Handwerker selbst sehr starke geistige Wandlungen vollzogen. Es gibt heute einen sehr großen Prozentsatz von Handwerkern, die sagen: „Eine Lebensversicherung, Hausbesitz oder ein größeres Geschäft ist sehr nett und schön und könnte mir eine Sicherung geben; was geschieht aber in dem Moment, in dem ich durch die wirtschaftlichen Verhältnisse einmal zahlungsunfähig werde? Dann stehe ich vor einem restlosen Nichts, und meine Familie auch." Genau so steht es, wenn man den Handwerkern die Fragen vorlegt: „Was geschieht mit dir, wenn du dich jetzt auf Grund der Ausweitung deines Geschäfts sehr stark finanziell engagiert hast und du krank und auf Grund deiner Krankheit nachher invalide oder, wie es in der Angestelltenversicherung heißt, berufsunfähig wirst? Dann stehst du doch auch vor dem Nichts!" Daher kommt es, daß sich heute in den Gesprächen mit den Handwerkern die Wandlungen klar zeigen.
    Alle diese Probleme müssen selbstverständlich erörtert werden, wenn man ein Gesetz zur Sicherstellung der Handwerker für das Alter behandelt. Wir haben in meinem Ministerium diese Erörterungen mit den Organisationen der Handwerker, mit den zuständigen Ressorts der anderen Ministerien und mit allen, die es gut mit dem Handwerk meinen, auch mit politischen Persönlichkeiten geführt und sind auf Grund dieser Besprechungen zu dem Abschluß einer Gesetzesvorlage gekommen. Dieses Gesetz ist in der vergangenen Woche mit meiner Unterschrift ans Kabinett gegangen. Ich nehme an, daß es innerhalb der nächsten 14 Tage im Kabinett verabschiedet und dann den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet wird. Seien wir uns aber völlig klar darüber, daß die Behandlung dieses Gesetzes hier in diesem Hohen Hause noch einige Kopfschmerzen machen wird. Die Damen und Herren, die sich in den zuständigen Ausschüssen mit den Dingen beschäftigen müssen,
    werden noch sehr schwierige Probleme zu behandeln haben, ehe das Gesetz endgültig verabschiedet werden kann. Ich glaube, es wäre unzweckmäßig, wenn ich jetzt in eine besondere Aussprache über den Inhalt des Gesetzes einträte, weil dieses Gesetz nach seiner Einbringung, spätestens in vier oder fünf Wochen, hier in seinem gesamten Umfange sowieso behandelt werden muß.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)