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ID0119506700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 195. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Februar 1952 8369 195. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. Februar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 8370D Autounfall des Abg. Bazille 8370D Mandatsniederlegung des unter dem Namen Dr. Franz Richter gewählten Abgeordneten Fritz Rössler 8370D Änderungen der Tagesordnung 8370D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fall Kemritz (Nr. 2531 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 8370D Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 3068 der Drucksachen) 8371A Ausschußüberweisung 8371A Erste Beratung des Entwurf eines Gesetzes über den Zollvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 20. Dezember 1951 (Nr. 3108 der Drucksachen; Umdruck Nr. 451) 8371A Ausschußüberweisung 8371B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Sander, Günther, Rademacher u. Gen. betr. Verbilligung von Dieselkraftstoff (Nrn. 3090, 2906 der Drucksachen; Umdruck Nr. 446) 8371B Dr. Bleiß (SPD): als Berichterstatter 8371B als Abgeordneter 8374C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 8372C Rademacher (FDP) 8373C Beschlußfassung 8375A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung des Offenbarungseides gegen den Abgeordneten Volkholz gemäß Schreiben der Rechtsanwältin Lammers, München, vom 4. Januar 1952 (Nr. 3119 der Drucksachen) . . 8375B Weickert (BHE-DG), Berichterstatter 8375B Beschlußfassung 8375C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 11. Januar 1952 und 6. Februar 1952 (Nr. 3120 der Drucksachen) 8375C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8375D Beschlußfassung 8376B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Soziale Studienkommission (Nr. 3024 der Drucksachen; Umdruck Nr. 455) 8376C Dr. Preller (SPD), Antragsteller . 8376C, 8392B Horn (CDU) 8380D Renner (KPD) 8383C Richter (Frankfurt) (SPD) 8385B Storch, Bundesminister für Arbeit 8386C Arndgen (CDU) 8388A Frau Kalinke (DP) 8388D Dr. Hammer (FDP) 8390B Dr. Atzenroth (FDP) 8391D Abstimmungen 8392C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kohlenförderung im Warndt (Nr. 3023 der Drucksachen) 8392D zur Sache: Dr. Mommer (SPD), Antragsteller . 8392D zur Geschäftsordnung: Dr. Krone (CDU) 8394C Renner (KPD) 8394D Ausschußüberweisung 8395A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über iden Antrag der Fraktion der KPD betr. Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nrn. 2836, 2541 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Französische Fremdenlegion (Nr. 2851 der Drucksachen) sowie der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Einstellung der Werbung von Deutschen für ausländischen Militärdienst (Nr. 2967 der Drucksachen) . . . 8395A Dr. von Merkatz (DP): als Berichterstatter 8395B als Abgeordneter 8405B Fisch (KPD), Antragsteller 8396D Storch, Bundesminister für Arbeit 8399B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 8400A Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 8400C Wehner (SPD) 8401B Höfler (CDU) 8404A Abstimmungen 8405D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nrn. 3056, 2577 der Drucksachen) 8405D Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 8406A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 8407B Erler (SPD) 8407C Müller (Frankfurt) (KPD) 8409D Stegner (FDP) 8411A Höfler (CDU) 8411D Abstimmungen 8411D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Regelung von irregulären Besatzungsschäden (Nrn. 3057, 2709 der Drucksachen; Umdruck Nr. 457) . . . 8412A Erler (SPD): als Berichterstatter 8412A als Abgeordneter 8413D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8413C Beschlußfassung 8413D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vertrag über das Kehler Ha-. fenabkommen (Nrn. 3058, 2727 der Drucksachen) 8414A Dr. Kopf (CDU): als Berichterstatter 8414A als Abgeordneter 8417D Maier (Freiburg) (SPD) 8416A Niebergall (KPD) 8417C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß)über den Antrag der Fraktion der DP betr. Durchsuchung deutscher Wohnungen durch Angehörige der in Deutschland stationierten westalliierten Armeen (Nrn. 3059, 2874 der Drucksachen) . . . 8418D Erler (SPD), Berichterstatter . . . 8418D Beschlußfassung 8419C Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 456) . 8371A, 8395A, 8405D, 8419C Beschlußfassung 8419C Nächste Sitzung 8419C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das Wort zur Begründung des Antrages unter Punkt 9 d der Tagesordnung hat der Abgeordnete Müller.

    (Abg. Höfler: Herr Müller, wie geht's Ihrem Namensvetter?)

    Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller: Ich habe Sie noch nie so geistreich gehört!
    Meine Damen und Herren! Der von der kommunistischen Fraktion eingebrachte Antrag

    (Zuruf von der Mitte: Fraktion?) fordert, daß der Bundestag die Regierung unverzüglich um die Vorlage eines Berichtes ersucht einmal über das Ergebnis der Verhandlungen mit der Hohen Kommission hinsichtlich der Einstellung der Werbung von Deutschen für fremdländischen Militärdienst und sodann über das Ergebnis der Beratungen und Verhandlungen hinsichtlich der Schließung der auf dem Boden der Bundesrepublik betriebenen Werbestellen.

    Der Bundestag hat sich mit dieser Frage schon mehr als einmal beschäftigt. Ich glaube, daß der bestehende Zustand nicht besser charakterisiert werden kann als mit der Überschrift einer Meldung der „Westfälischen Rundschau" vom 15. Oktober 1951, die lautet: „Reservedepot der Landsknechte". Auf die Frage, welches die Motive dafür gewesen sind; daß Deutsche angeworben werden konnten, möchte ich jetzt nicht näher eingehen, weil mein Freund Walter Fisch bereits auf die Not insbesondere der Jugend hingewiesen hat. Es ist auch wohl nicht von der Hand zu weisen, daß man diese Not und dieses Elend organisiert und damit die Voraussetzungen für die Tätigkeit dieser Werbezentralen schafft.

    (Abg. Dr. Hasemann: Da haben Sie recht, daß Sie das machen!)

    Dieselbe Zeitung stellt in der Einleitung zu diesem Artikel weiterhin fest:
    Fast überall in der Welt, wo die Spannungen
    der Nachkriegszeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen geführt haben, wird ein Teil der
    kämpfenden Truppen von Deutschen gebildet. Ich glaube, diese Feststellung, die bereits erhärtet wurde, signalisiert und charakterisiert einen ganz bestimmten Zustand, nämlich die Tatsache, daß das, was die ausländischen Mächte sich hier erlauben, nur durchgeführt werden kann in einem Land, das sie als Kolonialland betrachten. In einem Kolonialland usurpieren sie nicht nur die Bodenschätze, die Wirtschaft und machen sie sich dienstbar, nutzen und beuten sie aus, sondern ebensosehr die Menschen. Daraus resultiert die große Zahl derjenigen Deutschen, die in den verschiedensten Ländern der Kolonialherren zum Einsatz gekommen sind.
    Der Herr Arbeitsminister wollte vorhin Auskunft haben, ob es bei Arbeitsämtern solche Werbestellen gibt. Herr Arbeitsminister, ich ersuche Sie,

    (Abg. Renner: Der ist gar nicht interessiert!)

    bei dem Darmstädter Arbeitsamt nachzuprüfen, ob auf dem Zimmer 3 dieses Amtes nicht z. B. eine solche Werbestelle Anwerbungen für die holländische Fremdenlegion durchgeführt hat.

    (Abg. Höfler: Gibt's ja gar nicht!)

    Herr Arbeitsminister, vielleicht sind Ihnen auch die Berichte über Hamburg bekannt, wonach dort Werber für die Heere der arabischen Liga tätig sind.

    (Abg. Frau Dr. Gröwel: Wo denn?)



    (Müller [Frankfurt])

    Ich glaube, Herr Arbeitsminister, wenn Sie nur einigermaßen nachforschten, würden Sie diese Agenturen der Werbung für fremde Militärdienste überall feststellen können, offen oder versteckt.
    Wenn vorhin darauf hingewiesen wurde, daß auf Gründ von Beschlüssen die Werbung nicht verboten werden könne, so ist das auch ein weiterer Beweis für die so oft behauptete „Gleichberechtigung" der Bundesrepublik mit den anderen Ländern. Sie fragen nicht danach, wenn es darum geht, deutsche Menschen für ihre fremdländischen Dienste anzuwerben und ihr Leben und ihr Blut für den Profit in den Kolonialgebieten einzusetzen. Es ist typisch und charakteristisch — wir haben ja Gelegenheit gehabt, anläßlich einer früheren Debatte auf die Tätigkeit des Kaiser-Ministeriums in dieser Frage näher einzugehen, und vielleicht haben wir später noch Gelegenheit, das zu wiederholen —, daß einer der maßgebendsten Politiker des amerikanischen Senats erklärt hat: „Wir brauchen ja gerade den Deutschen als Kanonenfutter für die Politik des amerikanischen Krieges und der amerikanischen Kriegsvorbereitung." Das ist es, was der ganzen Methode und den Absichten, die damit verfolgt werden, zugrunde liegt.
    Meine Damen und Herren, wo überall solche geworbenen jungen Deutschen eingesetzt werden oder aber auch aus den Kriegsgefangenenlagern als ehemalige Kriegsgefangene, um dieser Hölle von Kriegsgefangenenlagern in den westlichen Ländern zu entgehen, sich melden,

    (Zurufe rechts und in der Mitte: In den westlichen? — Das ist der Gipfel der Frechheit! — Unverschämtheit! — Abg. Dr. Wuermeling: Sie irren sich in der Himmelsrichtung! — Abg. Dr. Hasemann: Ersticken Sie nicht daran?)

    das kommt z. B. auch in der Tatsache zum Ausdruck, daß deutsche Jugendliche und ehemalige Kriegsgefangene von den Amerikanern in Südkorea eingesetzt worden sind. Man hat damals versucht, wohlweislich in Erwartung der Feststellungen, die ja doch einmal getroffen werden mußten, zu behaupten, Deutsche würden auf seiten Nordkoreas im Kampf eingesetzt. Aber man konnte doch nicht der Feststellung der Tatsache entgehen, daß Deutsche in Südkorea von den Amerikanern in diesem Kampf, in diesem Krieg, in dieser Aggression gegen Nordkorea eingesetzt worden sind.
    Allein aus einem Werbegebiet werden durchschnittlich wöchentlich 170 Angeworbene für den ausländischen Militärdienst zur Verfügung gestellt
    und in diese Länder übergeführt. Ich glaube, das ist ein Zustand, der für einen Deutschen unerträglich ist, und ich glaube, daß der Bundestag die Verpflichtung hat, entsprechend unserem Antrage von der Regierung völlige Aufklärung zu verlangen mit dem Ziel, daß unter keinen Umständen mehr Deutsche für ausländische Militärdienste angeworben werden und daß alle Werbestellen und die Tätigkeit dieser Werber unter allen Umständen unterbunden werden.

    (Zuruf von der Mitte: Im Osten?)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Anträge sind eingebracht und begründet. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es besteht wohl nach dem, was bisher hier gesagt worden ist, Veranlassung, noch einmal in aller Deutlichkeit auf den Sinn des Berichtes
    einzugehen, den der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten erstattet hat und der die einstimmige Auffassung des Ausschusses zum Ausdruck bringt. Dieser Bericht ist das Resultat einer intensiven Befassung mit den traurigen Fällen, die der Anlaß zur ganzen Angelegenheit waren. Es hätte — das kann man hier mit aller Deutlichkeit sagen — nicht irgendeines Antrages der Kommunistischen Partei bedurft, um diese Sache überhaupt ins Rollen zu bringen, sondern den Anlaß zur Beschäftigung mit der ganzen Frage und mit diesem ganzen trüben Komplex gaben Berichte der zuständigen Stellen der Bundesregierung in Berlin, die mit aller Deutlichkeit auf Dinge aufmerksam machten, die dort geschehen sind.
    Wenn heute mit einer gewissen und großen Verspätung hier über einen Teil dieser Erörterungen im Ausschuß Bericht erstattet worden ist, so ist das nicht so zu verstehen, als wäre in der Zwischenzeit nichts geschehen. Ich will dem, was hier von Herrn Staatssekretär Hallstein dazu gesagt worden ist, nichts hinzufügen. Es ging bei diesem Beschluß darum, ein Maximum an Schutz für die in diesem Falle betroffenen Menschen zu erwirken, und es wird unsere Sache sein, dafür zu sorgen, daß die Regierung die Aufträge, die sie in dieser Beziehung entgegengenommen hat und die mit ihr zusammen erarbeitet und erörtert worden sind, auch ausführt. Sie bedarf dazu der Stütze dieses Hauses.
    Zweiter Punkt: Es geht darum, die Aktivität der Regierung zur Rettung der Gefährdeten zu fördern und zu stützen.
    Drittens liegt in diesem Bericht das Anliegen, daß wir Sicherungen dafür schaffen müssen, daß Berlin, der Boden der Viersektorenstadt Berlin, nicht eine negative Ausnahmestellung in diesen Fällen hat und daß Menschen in dieser Frage dort nicht schlechter gestellt sind als im übrigen Bundesgebiet.
    Das sind, konkret gesagt, die Anliegen dieses Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Sie sind laufend behandelt, mit Vertretern der Regierung erörtert worden, und ich will hier bei dieser Gelegenheit die Regierungsvertreter noch einmal daran erinnern, daß ich einige Male darauf aufmerksam gemacht habe, daß es im Sinne der Klärung dieses ganzen Komplexes liegen würde und daß darauf bestanden werden müsse, daß eine französische Denkschrift zur Frage der in diesem Falle verhafteten ehemaligen Legionäre durch eine Stellungnahme der Deutschen Bundesregierung beantwortet wird. Ich denke dabei an eine Stellungnahme auf diplomatischem Wege, die sich aber mit aller Deutlichkeit gegen Gedanken verwahrt, die uns durch eine französische Denkschrift unterschoben werden, wobei — an dieser Stelle sei es noch einmal betont — die Dinge so ausgelegt werden, als handle es sich bei dem französischen Kolonialkrieg in Indochina um einen Krieg des Westens gegen den Osten schlechthin und als sei es ein Verbrechen für Menschen, sich von dort zu entfernen, wie es die geflohenen Legionäre getan hätten. Die deutsche Regierung und die deutsche Öffentlichkeit können diese These nicht unwidersprochen hinnehmen; denn wir können doch unter keinen Umständen die Kolonialkriege anderer als eine Angelegenheit betrachten, für die wir diese Menschen, die das Unglück gehabt haben, nach Kriegsgefangenschaft und nach anderen schweren Erlebnissen in diese Legion zu kommen, opfern sollten. Das wollte ich bei dieser Gelegenheit noch einmal besonders angemerkt haben.


    (Wehner)

    Nun einige Worte zu der Untersuchung der Angelegenheit in Berlin selbst. Der Herr Berichterstatter hat darauf hingewiesen, daß die Berliner Polizei bzw. die bei dieser Gelegenheit eingesetzten Beamten keine Schuld treffe, weil sie sich im Rahmen bestehender Besatzungsbestimmungen korrekt verhalten hätten. Ich glaube, ich interpretiere das, was Sie berichtet haben, richtig. Das entspricht j a den Tatsachen. Aber da beginnt die Sache für den Bundestag erst interessant zu werden.
    Einiges zu den Ergebnissen dieser Untersuchung. Es steht fest, daß die verhafteten ehemaligen Legionäre von zuständigen und höchsten britischen Stellen die Versicherung erhalten haben, sie dürften sich im britischen Sektor ungefährdet aufhalten und brauchten nicht besorgt zu sein, daß sie verhaftet und ausgeliefert würden. Diese Versicherung ist auf eine Weise gebrochen worden, die man kaum schärfer als dadurch charakterisieren kann, daß man die Tatsache nennt. Es ist doch eine erschütternde Tatsache, daß die Mutter des einen, des am zweiten Tag Verhafteten unmittelbar dem am ersten Tag in ihrer Wohnung verhafteten Freund ihres Sohnes folgte, weil sie in ihrer Angst annahm, es handle sich um eine Aktion irgendwelcher ostsektoraler Stellen. Als sie dann zu der Stelle kam, die die Verhaftung angeordnet hatte, und sich danach erkundigte, ob auch ihr Sohn verhaftet werden solle, wurde ihr im Tage vor der Verhaftung ihres Sohnes feierlich versichert, daß keine Gefahr bestehe und daß die Verhaftung Müllers, der bei ihrem Sohn und bei ihr übernachtet bzw. provisorisch gewohnt hatte, auf ein Mißverständnis zurückzuführen sei. Also ist dieser zweite verhaftete ehemalige Legionär ganz bewußt getäuscht und in Sicherheit gewiegt worden. Man hat ihn am nächsten Morgen festgenommen, so wie man vorher seinen Freund Müller festgenommen hatte.
    Diese ganzen Aktionen sind auf Grund einer Kommandantura-Anordnung erfolgt, die, wie hier schon gesagt worden ist, aus dem Jahre 1949 stammt und in der nicht mehr und nicht weniger verlangt wird, als daß die Berliner Polizei für solche Aufträge zur Verfügung steht. Es heißt dort: Diese Polizei und ihre Dienste „unterliegen der allgemeinen Beaufsichtigung der Alliierten Kommandantura, und sämtliche Anordnungen, Direktiven und Anweisungen der Alliierten Kommandantura bzw. der Besatzungsmächte sind vorbehaltlos auszuführen". Damit kein Mißverständnis herrscht, sei erläuternd hinzugefügt, daß es sich keineswegs etwa so abspielt, daß eine alliierte Stelle dem Leiter der Berliner Polizei oder dem Berliner Polizeisenator erklärt: diese oder jene Anliegen auf Festnahme der und der Personen liegen vor, mit der und der Begründung, und dazu vielleicht sogar noch schriftliche Unterlagen liefert. Diese Bestimmung ist vielmehr so auszulegen und wird so ausgelegt, daß jeder einzelne Berliner Polizeibeamte — um es hier einmal sehr grob auszudrücken — sozusagen auf der Straße von jedem einzelnen Besatzungsorgan dazu angehalten werden kann, unmittelbar eine Festnahme mit durchzuführen. Ein solches Verhältnis ist unmöglich. Für die schnelle und strikte Änderung dieses Verhältnisses wollen wir gerade auf Grund der bitteren Fälle, die wir in Berlin erfahren haben, unsere Stimme erheben. Ich nenne das einen unmöglichen Zustand für die Berliner Polizei. Denn die Berliner Polizei läuft damit Gefahr, keine Berliner Polizei zu sein — sie kann es gar nicht sein —, wenn es darauf ankommt. Hier sind also Änderungen notwendig, die auf der entsprechenden politischen Ebene durchgesetzt werden müssen. Die Notwendigkeit solcher Änderungen sollte in diesem Zusammenhang offen angesprochen werden.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

    Ich möchte noch einiges zu dem Verlauf der Berliner Vorfälle sagen. Ich habe schon gesagt, daß es keine schriftliche Erklärung gibt. -Die Beamten, die dazu eingesetzt worden sind, sind in schwierige Situationen und in schwere Skrupel gestürzt worden, vor allen Dingen nachdem ihnen klargeworden ist, was es mit den Leuten auf sich hatte, die sie auf Grund irgendwelcher allgemeinen Anordnungen festzunehmen hatten. Ich muß betonen: bei den Besprechungen und bei dem Versuch, sich in Berlin selber ein genaues Bild zu machen, war besonders die Feststellung gravierend, daß an mehreren Stellen hohe und höchste britische Besatzungsoffiziere den sie befragenden deutschen Beamten bindend erklärt haben, alles sei in Ordnung, obwohl sie gegenüber den Verhafteten, bevor diese verhaftet waren, und gegenüber den Angehörigen - um es zu wiederholen — gegenteilige beruhigende Versicherungen abgegeben hatten. Wir haben leider keinerlei Bestimmungen, weder im internationalen Recht noch in dem seit Ende des Krieges entstehenden deutschen Recht, um diesem Spiel mit deutschen Menschenleben auf deutschem Boden unmittelbar und auf eine rechtliche Weise ein Ende zu machen. Es sei hier, obwohl man damit zunächst nichts ändert, ausgesprochen, daß es leider noch kein internationales Recht gibt, das die Ausnützung der Notlage des deutschen Volkes, dieses auseinandergesprengten Landes und der jungen deutschen Menschen unmöglich macht und das diese schützt.
    Hier wurde von den Konsequenzen sozialer Not gesprochen. Derjenige, der sich mit der Fremdenlegion befassen muß, weiß, wie hoch der Prozentsatz junger deutscher Menschen ist, die aus der sowjetischen Besatzungszone geflohen sind und den Weg in die Fremdenlegion suchen. Das sei hier ohne jede polemische Nebenabsicht gesagt; denn wir haben ja in diesem Zusammenhang, und wenn eine solche Feststellung gültig ist, alle einiges dazu zu tun, daß wir die sozialen Verhältnisse für diese aus Not, aus Angst, aus Verzweiflung, aus Furcht geflohenen jungen Menschen hier so erträglich zu machen versuchen, daß sie wieder Wurzel fassen. Es geht j a gar nicht in jedem Fall nur darum, daß es solche wären, die keine Arbeit gefunden hätten. Es ist natürlich in vielen Fällen auch so, daß es solche sind, die sich in normale Arbeitsverhältnisse kaum oder gar nicht hineinfinden können auf Grund dessen, was sie in den frühesten Jahren ihrer Jugend, in diesen letzten fünf, sechs Jahren an der Stelle erlebt haben, von der sie geflohen sind. Man könnte eine ganze Reihe von Einzelbeispielen dafür anführen. Das ist die eine Seite, zugleich eine Mahnung an uns.
    Dann kommt die andere Seite: es ist eine schlechte Sache, wenn hier mit solchem Nachdruck, wie das bei der antragstellenden Gruppe geschehen ist, Vorwürfe erhoben werden, obwohl doch nicht unbekannt ist, daß ein erheblicher Teil dieser jungen Menschen gerade den Zuständen entfliehen wollte, die er in der sowjetischen Besatzungszone erleben mußte. Hier wurde vom Redner der Gruppe der KPD in ziemlich bewegten Worten einiges erklärt. Nun, ich habe mitgelesen, während er das _hier vortrug. Es handelt sich hauptsächlich um


    (Wehner)

    einen Artikel aus der „Täglichen Rundschau" vom 30. August vergangenen Jahres, ohne daß die Quelle genannt wurde. Also auch das Pathos, das wir heute hier gehört haben, war aus der „Täglichen Rundschau" entliehen. Erlauben Sie, meine Damen und Herren, mir eine Feststellung: Wir verurteilen das, was die Leute, die jungen Menschen auf deutschem Boden und anderswo für die französische Fremdenlegion anwerben, mit diesen tun und womit sie sich an ihnen vergehen. Aber was nun auf der andern Seite in diesem Artikel der „Täglichen Rundschau" geschrieben worden ist, verschlimmert ja die Lage derer, um die diese ganze Untersuchung ging; denn ihnen ist hier nicht mehr und nicht weniger attestiert worden, als daß sie übergelaufen seien und sich der andern Seite angeschlossen hätten. Es gibt Aussagen einer Berliner Korrespondenz, wonach sie auf der andern Seite, nachdem sie gefangengenommen worden waren, für die „Internationale Brigade" geworben werden sollten und geworben worden seien. Nun, wir verteidigen diese jungen Menschen in jedem Fall gegen den Zugriff einer brutalen Militärjustiz. Aber das, was die Antragsteller hier gemacht haben, hat doch zunächst einmal die Lage dieser Menschen noch schlimmer gemacht, als sie an sich schon war.
    Wir wissen heute nicht, wieviele Deutsche in der Legion sind, und es wird schwer sein, gültige Zahlen zu bekommen. Es gibt Schätzungen, von denen man annehmen darf, daß sie annähernd ausreichen. Ich habe eine Menge Berichte von Fremdenlegionären zur Verfügung, die zu verschiedenen Zeiten nicht nur in Afrika und speziell auf Madagaskar, sondern vor allen Dingen auch in Indochina gewesen sind und von denen manche nach dramatischer Flucht haben entkommen können. Die Schätzungen dieser Menschen über den Anteil der Deutschen in der Legion bewegen sich zwischen 40 und 80 %. Aus den Berichten, die mir vorliegen, ersehe ich, daß ein sehr großer Teil dieser Deutschen nach besonders schlimmen Erlebnissen in der Kriegsgefangenschaft in die Legion geradezu hineingeflüchtet ist. Es ist bemerkenswert, daß nicht wenige derer, die in die Legion gekommen sind, zunächst in englischer, dann in amerikanischer und schließlich in französischer Gefangenschaft gewesen sind. Sie hatten also dies furchtbare Schicksal hinter sich, von einer Gewahrsams-macht in die Hände einer anderen überstellt zu werden und nicht zu wissen, wo man schließlich landen und wie man freikommen wird. Sie konnten es nicht mehr ertragen, und schließlich suchten sie sich unter den besonders schlechten Verhältnissen der Übergangszeit in den ersten Nachkriegsjahren oder im ersten Jahre nach dem Kriege den Lagerhöllen in Frankreich zu entziehen, indem sie Sich zur Fremdenlegion meldeten. Ich will das hier nicht ausmalen, aber ich will jedenfalls andeuten, daß dabei von den Werbern nicht zuletzt auch die Tatsache ausgenützt worden ist, daß viele dieser Kriegsgefangenen im ungewissen darüber waren, was in Deutschland überhaupt los war, was sie dort erwartete, ob man sie dort dafür bestrafen würde, daß sie bei der Wehrmacht oder bei der SS waren. Man hat insbesondere Jagd auf solche Beute aus der Waffen-SS usw. gemacht; man hat die Leute unter Druck gesetzt, indem man ihnen sagte, in Deutschland hätten sie überhaupt keine Möglichkeit mehr, ein normales Leben zu führen.
    Kürzlich sind auf Grund von Angaben in der französischen Kammer von einem belgischen Korrespondenten Zahlen ausgegeben worden. Ich will sie hier nicht wiederholen; sie sind vor kurzem im Pressedienst der Sozialdemokratischen Partei wiedergegeben worden. Es sind viele -zigtausende Deutsche, die in der Legion dienen müssen oder dienen und dort schon geblutet haben bzw. verbluten. In meiner Mappe befindet sich unter den Briefen eine Reihe von solchen aus Gefängnissen in Indochina und Nordafrika: Konflikte, in die die Menschen hineingeraten sind und die es ihnen wahrscheinlich für ihr ganzes Leben unmöglich machen werden, wieder ein normales Leben zu führen.
    Ich will also noch einmal feststellen: wir haben weder ein internationales Recht, um diesem Zustand auf unserem Boden schnell ein Ende bereiten zu können, noch haben wir — darauf wurde hier hingewiesen — die Möglichkeit, die früher das deutsche Strafgesetzbuch mit dem § 141 und später 141 a gegeben hatte, denn diese Paragraphen sind durch Kontrollratsgesetz aufgehoben worden. Aber_ der Bericht des Ausschusses will darauf hinaus, daß man gegen die Werbebüros auf deutschem Boden etwas unternimmt, und zwar Effektives, Drastisches unternimmt.
    Ein Wort noch zu der Frage der Minderjährigen. Es geht dabei immer um die berühmte Auslegung: wann ist einer im Sinne der französischen Bestimmungen minderjahrig? Wenn ich vorhin den Vorwurf erhoben habe, daß die kommunistischen Antragsteller die Lage derer, für die sie sich angeblich hier eingesetzt haben, verschlimmert hagen, indem sie in ihren Publikationen diese Leute als zur Vietmin-Armee übergelaufen und in internationale Brigaden oder annliches eingetreten bezeichnet haben oder bezeichnen haben lassen, nun, so trifft in bezug auf diese leidige Streitigkeit über die Minderjährigen auch ein ahnlicher Vorwurf zu. Sie wissen, daß nach dem französischen Recht schon der Achtzehnjährige berechtigt sein soll, einen so schwerwiegenden Vertrag zu unterzeichnen, und daß die französischen Behörden sich weigern, unseren Begriff der Minderjährigkeit — bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres — anzuerkennen, — was uns allerdings — und das möchte ich an dieser Stelle auch der Regierung noch einmal sagen — nicht hindern darf, fortzufahren in unserem Eintreten speziell für die Minderjährigen. Wir dürfen uns hier nicht einfach der französischen Auffassung von der 18-Jahres-Grenze in der Praxis beugen. Aber die Antragsteller, von denen ich sprach, haben ja in ihrer Art und Weise das Problem der Achtzehnjährigen und der Minderjährigkeit auch so gelöst, daß die französische Seite sich darauf berufen kann: nun, die sind ja, soweit sie in der sowjetischen Besatzungszone waren, sowieso schon mündig, die sind gar nicht mehr minderjährig, — eine Sache, die dem gesamtdeutschen Standpunkt in dieser Beziehung zur Durchsetzung menschlicher Forderungen gewiß nicht förderlich sein kann.
    Was ich in dem Zusammenhang noch anmelden will, ist — was man mit Begründung wohl annehmen muß —, daß ein Teil der Werbetätigkeit und der Sonderausgaben bei der Werbetätigkeit auf deutschem Boden aus Besatzungskosten gespeist wird. Es gibt darüber Unterlagen, die möglicherweise bei weiterer Beratung in dem Ausschuß noch einmal ernsthaft erörtert werden müssen.
    Ein Kapitel sei hier am Schluß noch erwähnt. Es ist nicht Ihre Sache und es ist nicht unsere Sache, hier im einzelnen das Leben der Deutschen in der Legion zu behandeln. Aber in allen Berich-


    (Wehner)

    ten., die mir vorliegen — und sie stammen aus einem genügend weit gefaßten Zeitraum von genügend verschiedenen Menschen und sind genügend ernsthaft geprüft, so daß man sagen kann, es ist ein Querschnitt —, in all diesen Berichten wird in. jedem Falle Schreckliches an Einzelheiten über Strafen und Strafexerzieren im Zusammenhang mit mißglückten Fluchtversuchen und mit Versuchen, sich gegen Mißhandlungen zu wehren, mitgeteilt. Es ist schlecht, wenn über solche Dinge wie dieses barbarische Strafexerzieren erst öffentlich gesprochen werden muß. Es wäre besser, es genügte, auf diese brutale Methode hinzuweisen. Ich befürchte nur, es wird wohl nicht der Hinweis genügen; es wird dafür gesorgt werden müssen, daß man sich moralisch davon distanziert.
    Es geht also darum, daß die begonnene Tätigkeit der Regierung zum Schutz der unmittelbar gefährdeten Menschen und zum Schutz eines ziemlich weit zu steckenden Kreises gefährdeter junger Menschen effektiv weiter entwickelt wird. Es geht dabei auch noch um das Sonderanliegen, daß das, was wir erreichen müssen, durch die Vorstellungen der Bundesregierung auch auf Berlin ausgedehnt wird. Denn Berlin darf kein Tummelplatz für Ereignisse sein wie die, die den Ausgangspunkt dieser Untersuchungen gebildet haben.

    (Beifall bei der SPD.)