Rede von
Dr.
Ludwig
Preller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eines feststellen: die Diskussion ist zum Teil um materielle Fragen geführt worden, wie die künftige soziale Sicherung zu regeln sei. Ich habe in meinen Ausführungen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das, was ich als Auffassung der Sozialdemokratie hier dargetan habe, eine der Auffassungen ist, die möglich sind. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß die Kommission die Aufgabe haben solle, die Fragen zu prüfen, die wir angeschnitten haben und die, wie wir wissen, von Ihnen als Regierungsmehrheit zum Teil anders beurteilt werden. Insofern sind alle Spekulationen, die hier über die Frage der Versicherung, der Versorgung und der Fürsorge angestellt worden sind, >völlig müßig. Insbesondere haben wir uns — das möchte ich Herrn Atzenroth sagen — über das System der Selbstverwaltung in der Versorgung im einzelnen nicht ausgesprochen; das blieb den Herren der Regierungskoalition vorbehalten. Ich habe im Gegenteil gesagt: die Frage der Versicherung, Versorgung oder Fürsorge ist eine Zweckmäßigkeits-und keine Grundsatzfrage; wir müssen uns darüber unterhalten. Insofern glaube ich, daß der Beirat, den die Fraktionen der Regierungsmehrheit vorgeschlagen haben, bedauerlicherweise mit einer festgefaßten Richtschnur zu arbeiten haben wird; denn hier steht, der Beirat habe „unter klarer Abgrenzung der Versicherung von Versorgung und Fürsorge" zu arbeiten. Ich stelle fest, daß der Antrag der Sozialdemokratie keinerlei Richtschnur enthält, daß er im Gegenteil daran festgehalten hat, daß das Urteil einer unabhängigen Kommission hier das Nötige festzustellen habe. Insofern kann ich den Ausführungen verschiedener Redner nicht folgen, die sagen, eine solche Kommission könne keinen
Wert haben. Ich glaube im Gegenteil, daß der Beirat beim Bundesarbeitsministerium, mit einer bestimmten Richtschnur errichtet und unter der Führung des Bundesarbeitsministers stehend, von vornherein mit Direktiven zu arbeiten hat. Aus diesem Grunde kann hier von Unabhängigkeit keine Rede sein.
Was wir wollten, war eine unabhängige Kommission. Nur eine solche Kommission kann das leisten, was in anderen Ländern solche Kommissionen in Wahrheit geleistet haben. Was hier über die schwedischen Kommissionen gesagt worden ist, hält der Nachprüfung nicht stand; das möchte ich ausdrücklich hier feststellen. Im Gegenteil, Schweden sowohl als England haben mit solchen sogenannten Royal Commissions die besten Erfahrungen gemacht. Wir bedauern es, daß der erste Versuch im Bundestag, mit einer unabhängigen Kommission in einer Frage, die Tausende und Millionen von Menschen draußen interessiert, zu einem Ergebnis zu kommen, durch den Antrag der Regierungsparteien praktisch zunichte gemacht worden ist.