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ID0119503200

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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Kalinke.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 195. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Februar 1952 8369 195. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. Februar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 8370D Autounfall des Abg. Bazille 8370D Mandatsniederlegung des unter dem Namen Dr. Franz Richter gewählten Abgeordneten Fritz Rössler 8370D Änderungen der Tagesordnung 8370D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fall Kemritz (Nr. 2531 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 8370D Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 3068 der Drucksachen) 8371A Ausschußüberweisung 8371A Erste Beratung des Entwurf eines Gesetzes über den Zollvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 20. Dezember 1951 (Nr. 3108 der Drucksachen; Umdruck Nr. 451) 8371A Ausschußüberweisung 8371B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Sander, Günther, Rademacher u. Gen. betr. Verbilligung von Dieselkraftstoff (Nrn. 3090, 2906 der Drucksachen; Umdruck Nr. 446) 8371B Dr. Bleiß (SPD): als Berichterstatter 8371B als Abgeordneter 8374C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 8372C Rademacher (FDP) 8373C Beschlußfassung 8375A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung des Offenbarungseides gegen den Abgeordneten Volkholz gemäß Schreiben der Rechtsanwältin Lammers, München, vom 4. Januar 1952 (Nr. 3119 der Drucksachen) . . 8375B Weickert (BHE-DG), Berichterstatter 8375B Beschlußfassung 8375C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 11. Januar 1952 und 6. Februar 1952 (Nr. 3120 der Drucksachen) 8375C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8375D Beschlußfassung 8376B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Soziale Studienkommission (Nr. 3024 der Drucksachen; Umdruck Nr. 455) 8376C Dr. Preller (SPD), Antragsteller . 8376C, 8392B Horn (CDU) 8380D Renner (KPD) 8383C Richter (Frankfurt) (SPD) 8385B Storch, Bundesminister für Arbeit 8386C Arndgen (CDU) 8388A Frau Kalinke (DP) 8388D Dr. Hammer (FDP) 8390B Dr. Atzenroth (FDP) 8391D Abstimmungen 8392C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kohlenförderung im Warndt (Nr. 3023 der Drucksachen) 8392D zur Sache: Dr. Mommer (SPD), Antragsteller . 8392D zur Geschäftsordnung: Dr. Krone (CDU) 8394C Renner (KPD) 8394D Ausschußüberweisung 8395A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über iden Antrag der Fraktion der KPD betr. Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion usw. (Nrn. 2836, 2541 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Französische Fremdenlegion (Nr. 2851 der Drucksachen) sowie der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Einstellung der Werbung von Deutschen für ausländischen Militärdienst (Nr. 2967 der Drucksachen) . . . 8395A Dr. von Merkatz (DP): als Berichterstatter 8395B als Abgeordneter 8405B Fisch (KPD), Antragsteller 8396D Storch, Bundesminister für Arbeit 8399B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 8400A Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 8400C Wehner (SPD) 8401B Höfler (CDU) 8404A Abstimmungen 8405D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nrn. 3056, 2577 der Drucksachen) 8405D Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 8406A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 8407B Erler (SPD) 8407C Müller (Frankfurt) (KPD) 8409D Stegner (FDP) 8411A Höfler (CDU) 8411D Abstimmungen 8411D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Regelung von irregulären Besatzungsschäden (Nrn. 3057, 2709 der Drucksachen; Umdruck Nr. 457) . . . 8412A Erler (SPD): als Berichterstatter 8412A als Abgeordneter 8413D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8413C Beschlußfassung 8413D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vertrag über das Kehler Ha-. fenabkommen (Nrn. 3058, 2727 der Drucksachen) 8414A Dr. Kopf (CDU): als Berichterstatter 8414A als Abgeordneter 8417D Maier (Freiburg) (SPD) 8416A Niebergall (KPD) 8417C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß)über den Antrag der Fraktion der DP betr. Durchsuchung deutscher Wohnungen durch Angehörige der in Deutschland stationierten westalliierten Armeen (Nrn. 3059, 2874 der Drucksachen) . . . 8418D Erler (SPD), Berichterstatter . . . 8418D Beschlußfassung 8419C Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 456) . 8371A, 8395A, 8405D, 8419C Beschlußfassung 8419C Nächste Sitzung 8419C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Josef Arndgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Fraktionsfreund, der Herr Abgeordnete Horn, hat schon darauf hingewiesen, daß mit den Regierungsparteien auch die CDU-Fraktion

    (Zuruf von der SPD: Ist das keine Regierungspartei?)

    — sogar die tragende, Kollege! — dem Grundsatz einer Studienkommission zustimmt. Wenn aber der Herr Professor Preller in seinen Ausführungen Richtlinien für die Arbeiten dieser Kommission geben zu müssen glaubt, bin ich der Meinung, daß er bei der Kennzeichnung dieser Richtlinien nicht logisch gewesen ist, oder er ist vor den letzten Wirkungen dieser Logik zurückgeschreckt. Das Kernstück seiner Ausführungen war die Beseitigung der Bordschwellen zwischen Versicherung, Versorgung und Fürsorge. Wenn Sie diesen Gedankengang logisch durchgedacht hätten, Herr Kollege Preller, hätten Sie sagen müssen: Auch Beseitigung der Bordschwellen zwischen Pension usw. Das wäre die letzte Konsequenz Ihres Gedankenganges gewesen.

    (Abg. Frau Kalinke: Sehr richtig!)

    Vor dieser letzten Konsequenz, Herr Professor Preller, sind Sie zurückgeschreckt, vielleicht aus der Erkenntnis, daß es in unserem Gemeinschaftsleben nun doch nicht möglich ist, allen Notfällen, allen Dingen, die sich ereignen, von einer großen Versorgungsanstalt aus gerecht zu werden. Wenn schon eine Bordschwelle zwischen Pension, Versicherung und den weiteren sozialen Einrichtungen notwendig erscheint, sind, meine ich, auch Bordschwellen zwischen den anderen Versicherungs-
    und Versorgungseinrichtungen erforderlich. Ich bin der Meinung, daß von idem Sektor aus, in dem jemand tätig gewesen ist, in dem seine Notlage entstanden ist, in Notfällen auch eingegriffen werden muß. Wenn man die Dinge so sieht, erscheint es sinnvoll, daß derjenige, der irgendwie im freien Wirtschaftsleben tätig gewesen ist, seine sozialen Leistungen in Fällen der Not auch durch eine Versicherung erhält, die von diesem Wirtschaftszweig getragen wird.

    (Zuruf rechts: Jawohl!) Wenn jemand im Dienste des Staates und namentlich im Dienste des Staates mit der Waffe in der Hand versorgungsberechtigt geworden ist, dann hat er gegenüber diesem Staat ein Anrecht auf Versorgung. Für denjenigen, der sonst aus allgemeinen Gründen notleidend geworden ist, hat die Gemeinschaft, in der er lebt, zu sorgen. Daher bin ich, wie ich schon eingangs gesagt habe, der Meinung, daß, wenn die Konsequenzen nicht bis ins letzte gezogen werden und die SPD-Fraktion an der Forderung festhält, daß die eine Bordschwelle bleibt — nach ihrer Meinung sicher aus sinnvollen Gründen —, auch die gleichen sinnvollen Gründe für die anderen Bordschwellen gegeben sind.

    Der Herr Kollege Richter hat klarzumachen versucht, daß die Unmenge von Paragraphen, die dieses gesamte Versorgungs-, Unterstützungs- und soziale Leistungswerk — sei es Versicherung, sei es Versorgung, sei es Fürsorge — ausmachen, vereinfacht werden müsse. Ich bin mit dem Kollegen Richter darin einig, daß man an die Beseitigung des Gestrüpps gehen muß, das in den letzten Jahrzehnten um all diese Gesetze herumgerankt wurde. Hier halte ich mit dem Kollegen Richter eine Studienkommission für notwendig, die all diese Dinge überprüft. Ich bin dabei der Meinung, daß es ohne Beseitigung der Systeme, die wir nun haben, möglich ist, idas gesamte soziale Leistungswerk einfacher und auch verständlicher zu gestalten, aber nicht in dem Sinne, daß Bewährtes um eines Experiments willen zerschlagen wird, dessen Wirkungen nicht zu übersehen sind.

    (Abg. Richter: Das haben Sie doch nicht vor!) — Herr Kollege Richter, ich denke nicht daran, meine Hand zu bieten für ein Experiment sozialer Sicherheit wie in England oder Frankreich, für Systeme, die sich heute in diesen Ländern in einer Krise befinden. Wir wissen noch nicht, was aus diesen Systemen wird. Dann halte ich lieber an dem fest, was sich bei uns durch Jahrzehnte bewährt hat.


    (Beifall in der Mitte.)

    Der Herr Kollege Richter hat gebeten, die beiden Anträge. dem Ausschuß zu überweisen. Ich bin gegenteiliger Auffassung. Was hier von der SPD-Fraktion verlangt wird, haben wir in Deutschland schon einmal in etwas abgewandelter Form gehabt. Ich erinnere nur an den Enquête-Ausschuß in den Jahren vor 1933, der doch etwas Ähnliches war. Was hat dieser Enquête-Ausschuß zutage gefördert? Material für eine Reihe von Doktorarbeiten! Wenn wir hier eine Studienkommission einsetzen, muß sie mehr erbringen als Material für Doktorarbeiten, mehr als Material für Broschüren und auch mehr als Material für Zeitungsartikel. Eine solche Studienkommission muß praktische Ergebnisse bringen, die im Dienste unserer notleidenden Menschen verwandt werden können.
    Ich bin von meinen Parteifreunden beauftragt, das Hohe Haus zu bitten, über die Anträge hier direkt abzustimmen und sie nicht dem Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.

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    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In der ausführlichen Begründung des Antrags der sozialdemokratischen Fraktion ist Herr Professor Preller auf sehr viele Probleme eingegangen. Vieles davon hat wenig Neues ge-


    (Frau Kalinke)

    bracht, man kann sagen, kaum Neues, und ist kaum wert, außer im Kreis von Fachleuten bis ins einzelne diskutiert zu werden. Herr Professor Preller hat aber — und insofern muß ich dem Herrn Abgeordneten Richter antworten — die Zielrichtung angegeben und Grundsatzfragen aufgeworfen, die nicht nur technische Fragen sind, für das, was er mit dieser Sozialen Studienkommission als Ergebnis der Forschungen, als Endziel erreichen möchte. Meine Freunde sind dankbar dafür, daß der Sprecher der Regierungsparteien, der Abgeordnete Horn, gegenüber den von Herrn Professor Preller herausgestellten Grundsatzfragen ebenso klar die Grundsätze der Regierungsparteien dargelegt hat.
    Herr Kollege Preller hat zu Beginn seiner Begründung des sozialdemokratischen Antrags davon gesprochen, daß die deutsche Sozialversicherung eine fortschrittliche Leistung war. Ich meine, sie ist es noch. Man könnte von ihr in Umbildung des klassischen Begriffs, den Klopstock in einer seiner schönsten Oden von der deutschen Sprache geprägt hat, wahrhaft sagen: „daß keine, welche lebt, sich mit Deutschlands Sozialversicherung in einen wohledlen Wettstreit wagen dürfe. Sie ist, damit ich kurz mit ihrer Kraft es sage, an mannigfacher Uranlage, an immer neuer und doch deutscher Wandlung reich."

    (Zurufe links.)

    — Ja, ich habe die Klopstockschen Oden einmal gut gelernt, und ich glaube, daß es sehr nützlich ist, aus der deutschen Literatur wie aus der deutschen Geschichte manches zu behalten, weil man daraus vieles lernen kann.

    (Erneute Zurufe links.)

    Sie, meine Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, die Sie „von der Wurzel her etwas Neues" schaffen wollten, haben mir leider heute nicht die Freude gemacht, neue Gedanken zu bringen, die die Grundlage einer solchen Schöpfung von der Wurzel 'her sein könnten. Sie haben zwar alle möglichen Dinge diskutiert, die in der Geschichte der deutschen Sozialversicherung seit 70 Jahren bekannt sind, Probleme, die seit ebenso langer Zeit diskutiert werden, Fragen, die zum Teil vielleicht Fragen der Zweckmäßigkeit sind, andere, die sicherlich Fragen einer zwangsläufigen Entwicklung sind. Aber Sie haben — ich habe es schon eingangs gesagt — nichts Neues gebracht. Denn der Schrei nach der Staatsbürgerversorgung, der Schrei nach der totalen Beseitigung der Bordschwellen — mein Kollege Arndgen hat es schon gesagt — ist durchaus nichts Neues. Es handelt sich auch nicht, wie Sie gesagt haben, Herr Professor Preller, um eine Zweckmäßigkeitsfrage und ebenfalls nicht, wie gestern Herr Schellenberg gesagt hat, um eine Frage der Technik, sondern um eine Frage sehr ernsthafter Erfahrung, nämlich darum, daß es einen Unterschied gibt zwischen dem, dem ein Mensch sich selbst verantwortlich verpflichtet fühlt, und dem, was der Staat für alle seine Bürger zu tun verpflichtet ist.
    Mit Rücksicht auf die Kürze der uns zur Verfügung stehenden Zeit — im Gegensatz zur Länge der Begründung — kann ich nur auf ein Teilgebiet dessen eingehen, was Herr Professor Preller hier ausgeführt hat. Er befindet sich in Gemeinschaft mit seinem Kollegen Auerbach vom Bundesrat, der das in den sozialdemokratischen Diskussionen bei der Empfehlung dieses Antrags als Grundlage des künftigen Wahlkampfes und der grundsätzlichen politischen Auseinandersetzung unter den Wählern etwas deutlicher ausgedrückt hat. Er hat gesagt, die Trennung von Versicherung, Versorgung und Fürsorge sei eine historische Begebenheit oder gar eine Spielerei. Nun, wir haben in Deutschland heute, besser als 1945 im Zonenbeirat und im Länderrat, die Möglichkeit, uns ein ganz eindeutiges Bild darüber zu machen, was Spielereien, was Experimente und was sehr ernsthafte Versuche sind. Experimente dieser Art sind nur geeignet, den Restbestand eines Volkes, das mit seinen sozialen Problemen so schwer ringt, und damit uns alle unter Umständen in die größten finanziellen Schwierigkeiten zu bringen.
    Ich möchte nur mit wenigen Sätzen an das Ergebnis in der französischen Zone erinnern. Die damalige Zwangs- und Einheitsversicherung, beschert von den Freunden des Herrn Renner über die französische Militärregierung, hat weder die Leistungen erhöht, noch die Verwaltungskosten gesenkt, noch die Versicherten in irgendeiner Weise glücklicher gemacht.

    (Sehr wahr! rechts.)

    Das Experiment der Versicherungsanstalt Berlins — nicht von Ihnen (nach links), sondern von der sowjetischen Militärregierung beschert, aber von Ihnen verteidigt — hat uns unerhörte Mittel gekostet.

    (Zuruf von der SPD: Sagen Sie das mal in Berlin!)

    Wir hier im Bundesgebiet sind auch heute noch bereit, um der Berliner willen, nicht um Ihres Experimentes willen, den Berlinern zu helfen, nicht aber der VAB.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    — Ja, ich muß es auch hier wiederholen: wir identifizieren die Bürger Berlins nicht mit der Sozialdemokratischen Partei!

    (Beifall rechts. — Anhaltende Zurufe links.) Das Experiment im Saarland, das unseren deutschen Menschen im Saarland aufgezwungen wird, zwingt sie heute in denselben Abwehrkampf, den deutsche Männer und Frauen in der französischen Zone einmal führen mußten.


    (Sehr richtig! rechts.)

    Dort haben die Parlamente gegen das Experiment entschieden.
    Lassen Sie mich nun etwas zu den Beispielen sagen, die Sie und Ihre Freunde immer anzuführen pflegen. Sie wollten diese Soziale Studienkommission in die skandinavischen Länder schicken. Meine Herren von der Opposition, in den skandinavischen Ländern, besonders in Schweden, das Sie uns so empfehlen, gibt es noch keine Krankenversicherung, 'die Sie studieren könnten, und die deutsche Sozialversicherung, wird dort noch für lange Zeit ein Fernziel sein.
    Was England betrifft, so möchte ich Ihnen dazu nur folgendes sagen. Sie wissen selbst, daß im britischen Haushalt für den nationalen Gesundheitsdienst im Jahre 1951 die Summe von 411 Millionen Pfund ausgegeben wurde gegenüber der im Jahre 1946 veranschlagten Summe von 146 Millionen Pfund. Aber der Mann, den Sie so oft zitiren und mit 'dem zu diskutieren auch ich das Vergnügen hatte, Lord Beveridge, hat in einem seiner neuesten Bücher jenes bemerkenswerte Wort von der Gefahr der Staatsbürgerversorgung und der Notwendigkeit der Freiheit aller seiner Bürger gesprochen, die Verantwortung selbst zu tragen, weil die Demokratie die freiwillige Einsatzbereitschaft


    (Frau Kalinke)

    erhalten muß, um ihr eigenes Gesetz, die Freiheit, zu bewahren.
    In Frankreich ist neulich das Kabinett gestürzt worden, nicht zuletzt wegen der finanziellen Schwierigkeiten durch den Sozialetat. Ich habe nur noch eine Minute Redezeit. Wenn mir die Zeit dafür zur Verfügung stünde, wäre es sehr reizvoll, Ihnen etwas aus der Sozialdebatte in Frankreich zu zitieren, aus jener Debatte in Frankreich, in der es darum ging, ob sich ein Volk wie die Franzosen ein solches Maß von Sozialexperimenten heute noch leisten kann. Aber ich möchte einem Mann das Wort geben, dem französischen Schöpfer dieser Einheitsversicherung, Herrn Laroque, der schon vor Jahren, nicht erst heute, gesagt hat, daß die soziale Sicherheit an sich kein Ziel sein kann, daß am Ende der Mensch steht. Herr Laroque beliebte seinerzeit an das Wort von Montesquieu zu erinnern, das ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren möchte:
    Die Freiheit besteht in der Sicherheit jeden Bürgers und in seinem Bewußtsein, daß er sie besitzt.
    Aber, welcher Art Freiheit würde sich das Individuum noch erfreuen, wenn es sich nach und nach all seiner Verantwortlichkeiten zu Lasten der Gemeinschaft entledigen würde? Jede Gesellschaft, die die eigene Anstrengung der Person durch den Paternalismus des Staates ersetzt, ist einem langsamen Tode geweiht. Die Inkas in Peru hatten eine totale Planung der Bedürfnisse und aller Arbeiten durchgeführt, ehe sie mit ihrer Zivilisation untergingen, und die römischen Kaiser begannen 'einmal, Lebensmittel umsonst an das Volk zu verteilen. Das war der geschichtliche Zeitpunkt, als ihr Weltreich bald dem Ende entgegenging.
    Meine Freunde sind nicht der Auffassung, daß Experimente dieser Art auf dem Rücken unseres so geschlagenen Volkes exerziert werden sollten. Meine Freunde glauben, daß die Studienkommission im Arbeitsministerium wertvolle Beiträge zu einer fortschrittlichen Entwicklung unserer klassischen Sozialversicherung und zu einer Anpassung an ihre Bedürfnisse in der Gegenwart wie in der Zukunft leisten wird; Deshalb bitten wir Sie: Stimmen Sie dem Antrag der Regierungsparteien zu!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)