Rede von
Dr.
Paul
Bleiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die sozialdemokratische Fraktion kann sich der Argumentation des Herrn Staatssekretärs Hartmann nicht anschließen. Wir sind der Meinung, daß man die internationalen Verhandlungen, so wichtig sie auch sein mögen, nicht überschätzen soll.
Nach unseren Feststellungen spielen bei den internationalen Verhandlungen zwei Dinge eine Rolle, die man klar voneinander trennen muß. Es handelt sich einmal um die Eingangsabgabe von 10 DM und zweitens darum, daß neben diesen 10 DM für die in Deutschland bunkernden ausländischen Schiffe eine weitere Abgabe in Höhe von 10 DM für Frachtspesen der deutschen Verteilergesellschaften beansprucht wird. Nach unseren Informationen werden insbesondere die zweiten 10 DM von den Rheinuferstaaten bestritten. Ich bin der Meinung, daß diese Einfuhrabgabe nur von relativ untergeordneter Bedeutung ist. Ich habe in der Berichterstattung schon darauf hinweisen dürfen, daß nur ein relativ kleiner Teil der in Deutschland bunkernden ausländischen Schiffe — etwa 5 bis 7 % — Betriebsstoff an Bord nimmt. Selbst wenn man bei der Einfuhrabgabe etwas nachgeben müßte, ist der Ausfall nicht sehr erheblich.
Wesentlich größer aber ist die Gefahr, Herr Staatssekretär, wenn man die volle Ausführung des Mineralölgesetzes so lange hinausschiebt und die zu niedrige Betriebsbeihilfe so lange beibehält, daß dadurch der Wettbewerb immer mehr erschwert wird. Unsere deutsche Schiffahrt fährt heute zu höheren Brennstoffkosten .als die ausländische Konkurrenz. Wenn wir dadurch nicht mehr wettbewerbsfähig bleiben können, wenn eine Reihe von Linien stillgelegt werden muß und wenn wir später auf einen verstärkten Einsatz ausländischer Frachter angewiesen sind, dann wird der eintretende Devisenverlust sehr viel größer sein, als wenn wir uns heute mit einer niedrigen Eingangsabgabe zufrieden . geben. Ich glaube, daß wir die Wettbewerbsbedingungen etwas stärker berücksichtigen müßten. Wir können heute diesen Wettbewerb der ausländischen Frachter nur dadurch aushalten, daß in der Binnenschiffahrt sehr lange Arbeitszeiten an der Tagesordnung sind, daß man durch zwölf und vierzehn Stunden täglicher Arbeit die Nachteile ausgleichen muß, die unseren Reedern durch die höheren Treibstoffkosten entstehen.
Als weiteres Argument, das auch mein Herr Vorredner schon angeführt hat, darf ich anführen, daß man nicht nur von der Rheinschiffahrt ausgehen sollte. Denken Sie doch auch an die Weserschiffahrt und an die Elbeschiffahrt, die ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden, nur weil die Beschlüsse des Bundestages vom 26. Mai des vergangenen Jahres immer noch nicht voll ausgeführt worden sind.
Zum Schluß noch ein Hinweis. Unsere Frachterflotte ist relativ veraltet. Wir können erst allmählich wieder modernisieren. Ich glaube, wir treiben eine sehr schlechte Wirtschafts- und eine sehr schlechte Finanzpolitik, wenn wir auf der einen Seite kleinere Devisenbeträge aus der Eingangsabgabe einnehmen, auf der anderen Seite aber sehr große Devisenbeträge durch Inanspruchnahme fremder Dienste wieder ausgeben.
Aus diesen vielerlei Gründen wirtschaftlicher Vernunft, insbesondere aber angesichts der Tatsache, daß wir in der Fahrgastschiffahrt laufend
in größere Schwierigkeiten kommen, wie auch Herr Kollege Rademacher ausgeführt hat, lehnen wir eine Vertagung ab. Sie würde in der Fahrgastschiffahrt eine Verdreifachung der Brennstoffkosten bedeuten. In Konsequenz dieser Verteuerung werden entweder diese Linien völlig stillgelegt, oder man muß, wenn man sie nicht stillegt, die Tarife erhöhen. In beiden Fällen werden die Berufstätigen den vollen Nachteil zu tragen haben. Deshalb bitten wir das Hohe Haus, heute schon dem interfraktionellen Antrag Nr. 3090 seine Zustimmung zu geben.