Rede von
Alfred
Loritz
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(Fraktionslos)
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Meine Damen und Herren! Wenn es die Regierung darauf angelegt hätte, auf dem Gebiet des Wohnungswesens möglichst Verwirrung zu schaffen und Prozesse am laufenden Band zu züchten, dann hätte sie es nicht anders machen können, als sie es hier tatsächlich getan hat! — Diese Verordnung der Regierung, die nach meinem und nach dem Dafürhalten vieler anderer Juristen rechtsunwirksam ist, ist nichts anderes geworden als eine, na, sagen wir mal, „Arbeitsbeschaffung" für Rechtsanwälte, Gerichte und Schlichtungsausschüsse in allergrößtem Umfang.
Wirtschaftlich gesehen, ist sie katastrophal. Sie bringt weder den Hausbesitzern in ihrer Gesamtheit noch den Mietern etwas, was ihnen von Vorteil sein könnte. Vorteile aus dieser Verordnung zieht eine relativ sehr kleine Gruppe von Hausbesitzern in ganz bestimmten Geschäftslagen. Der Großteil der Hausbesitzer bekommt durch diese Verordnung nichts oder so gut wie gar nichts.
Wie sich diese Verordnung zu Ungunsten der Mieter auswirkt, das haben bereits Vorredner gesagt; ich brauche deshalb nicht länger darauf zurückzukommen. Es ist sehr falsch, wenn die Regierungsvertreter heute die Sache zu bagatellisieren versuchen. Vielleicht wird die Zahl der Kündigungen noch viel höher ansteigen, als man das heute schon bemerken kann, wenn die Rechtsunsicherheit, die heute im ganzen Land herrscht und die viele Hausbesitzer auch veranlaßt, doch noch keine Kündigungen auszusprechen, sich ändert. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen: ich kenne die Verhältnisse z. B. in München sehr genau; dort sind in einigen Geschäftsstraßen heute bereits Kündigungen in einem Umfange erfolgt, daß ich es nicht verstehen kann, wie man hier herkommen und sagen kann, es sei nur in ganz geringem Umfang von Kündigungen Gebrauch gemacht worden.
Darf ich Ihnen vielleicht als Jurist zu der Verordnung noch eines sagen: Es ist sehr merkwürdig, daß hier den Mietern auferlegt wird, den Prozeß in Gang zu bringen, sich einen Rechtsanwalt zu nehmen, Kosten usw. auf sich zu nehmen, wenn der Hausbesitzer eine Mieterhöhung will. Es ist ein juristisch völlig unhaltbarer Weg, Herr Justizminister, daß Sie hier dem Mieter zumuten, zu klagen, nicht etwa dem Hausbesitzer, wenn dieser eine Erhöhung für notwendig findet. Der Hausbesitzer schreibt lediglich einen Brief mit einem Formblatt, und dann hat der Mieter die ganze Last des Prozesses und der Unkosten auf sich liegen.
Meine Damen und Herren, es gibt nur ein en Weg, dem Hausbesitzer zu helfen, ohne die Wirtschaft kaputt zu machen: die ungeheure Steuerlast, die auf dem Hausbesitz ruht, muß herabgesetzt werden. Dann ist es dem Hausbesitzer möglich, mehr Reparaturen in den Häusern machen zu lassen und damit dem Handwerk mehr Arbeit zu geben, als er sich das heute leisten kann. Der Weg aber, den die Regierung gewählt hat, ist der Weg, Prozesse am laufenden Band zu züchten. Es ist der Weg, eine Rechtsunsicherheit zu schaffen, die für einen Juristen und auch für einen Volkswirtschaftler einfach untragbar ist. Es ist der Weg der konfusen Wirtschaftspolitik, den diese Regierung geht, seit sie im Amt ist, und der nicht etwa erst von gestern herrührt: eine völlig falsche Wirtschaftskonzeption in toto. Das hier ist nur ein Teilausschnitt dieser falschen Planung, die die Regierung Adenauer macht, seit sie am Ruder ist, und die zum Ruin der Volkswirtschaft im ganzen führen muß.
Lassen Sie mich nur einen Schlußsatz noch sagen: Herabsetzung der Steuern, die auf dem Hausbesitzer ruhen — das ist der einzige richtige und gangbare Weg, um Hausbesitzer u n d Mieter volkswirtschaftlich nicht zu schädigen und zu ruinieren.