Rede:
ID0119303500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 5
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Justizminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 14. Februar 1952 8285 193. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Februar 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8286A Änderungen der Tagesordnung 8286B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Soziale Studienkommission (Nr. 3024 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 8286B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Novelle zur Krankenversicherung der Rentner (Nr. 3039 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 8286B Erste Beratung des von den Abg. Bausch, Dr. Wuermeling u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verbot der Spielbanken (Nr. 2996 der Drucksachen) 8286B Frau Dr. Weber (Essen) (CDU), Antragstellerin 8286D Bausch (CDU), Antragsteller . . . 8288A, 8295C, 8296A Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 8291A Graf von Spreti (CSU) 8291B Ewers (DP) 8292C Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 8293C Seuffert (SPD) 8293D, 8296A Frau Dr. Mulert (FDP) 8295C Ausschußüberweisung 8296B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Aufhebung_ der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz und Vorlage eines Gesetzes zur Regelung von Miet- und Pachtverhältnissen für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Nr. 3044 [neu] der Drucksachen) 8296B Jacobi (SPD), Antragsteller . . . . 8296C, 8302B, 8307D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 8298A, 8305D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8299B Huth (CDU) 8301B Ewers (DP) 8304D Paul (Düsseldorf) (KPD) '8306B Loritz (Fraktionslos) 8307B Lücke (CDU) 8308B Ausschußüberweisung 8308B Zweite und dritte 'Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (Nr. 2573 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) (Nr. 3043 der Drucksachen) 8308C Dr. Hammer (FDP), Berichterstatter 8308C Abstimmungen . . 8310B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Nr. 2526 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 3040 der Drucksachen) 8286B, 8310C Schill (CDU), Berichterstatter . . . 8310D Abstimmungen 8311B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 3072 der Drucksachen) 8311D Dr. Reif (FDP), Antragsteller . . . 8311D Beschlußfassung 8312A Beratung des 'Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung des Offenbarungseides gegen den Abg. Freiherrn von Aretin gemäß Schreiben der Rechtsanwälte Maiborg und von Puttkamer, Bad Münder (Deister), vom 31. Dezember 1951 (Nr. 3092 der Drucksachen) . . . . 8312B Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 8312B Beschlußfassung 8312C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 7. Januar 1952 (Nr. 3093 der Drucksachen) 8312C Ewers (DP), Berichterstatter . . . 8312D Beschlußfassung 8313B Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Einrichtung eines Bundesbeirats für das Erziehungs- und Bildungswesen beim Bundesinnenministerium (Nr 3038 der Drucksachen) 8313B Dr. Luchtenberg (FDP), Antragsteller 8313B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 8315D Dr. Kleindinst (CSU) 8316B Dr. Edert (CDU-Gast) 8317B Dr.-Ing. Decker (FU) 8318D Farke (DP) 8319B Hennig (SPD) 8319D Gaul (FDP) 8320D Ausschußüberweisung 8322A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 436) 8322C Beschlußfassung 8322C Beratung der Übersicht Nr. 49 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 439) 8322C Beschlußfassung 8322C Nächste Sitzung 8322C Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der beiden Verordnungen, die durch den Antrag der SPD angeschnitten ist, hat unsere Fraktion vor eine sehr ernste Entscheidung gestellt. Ich möchte vorausschicken, es unterliegt keinem Zweifel, daß das Mietrecht bisher von dem angestrebten Fernziel einer freien Marktwirtschaft weit entfernt ist, daß die Preisbindung der Miete an alte Gesetze dazu geführt hat, daß der Grundeigentümer mehr und mehr zum Steuereinnehmer wurde und daß die Mieter zum Teil von dem Kapital ihres Vermieters zehrten. Daher ist von vielen Seiten, auch hier im Hause, eine Auflockerung der Zwangswirtschaft seit Jahr und Tag gewünscht oder gar gefordert worden. Das alles ist durchaus unstreitig.
    Daß man aber dann das Entsprechende durch eine Verordnung durchgeführt hat, zu der man sich ermächtigt geglaubt hat — ich weiß es nicht, vielleicht auch ermächtigt war —, ich sage es offen, hat auch meine Fraktion überrascht. Denn immerhin handelt es sich bei der Aufhebung des Mieterschutzgesetzes für die Raumbewirtschaftung doch um einen sehr tiefen Eingriff in unser gesamtes Rechtssystem. Schließlich sind es nicht nur einige Ladenbesitzer, es ist der gesamte Stand der freien Berufe, der auf solche Raumbewirtschaftung angewiesen ist. Daß es den Ärzten und den Anwälten in verschiedenen Bezirken sehr schlecht geht und


    (Ewers)

    sie, wenn sie vor solchen Mietforderungen stehen, die Herr Kollege Jacobi hier vorgelesen hat, ihre Bude dicht machen können, darüber sollte man sich in allen Ministerien klar sein. Es handelt sich also hier um den Mittelstand des Grundbesitzes, dem geholfen werden soll, und die weitesten Schichten des gesamten Mittelstandes, die auf der anderen Seite dem Grundbesitzer durch höhere Mieten helfen sollen. Daß das nun durch die Verordnung so geschehen ist, daß das heute schwarz, morgen weiß gemacht wird, indem man von einer völlig gebundenen — rechtlich und preiswirtschaftlich gebundenen — Wirtschaft plötzlich zur freiesten aller Manchesterwirtschaften übergeht, nämlich ohne jede Preisbindung und mit völliger Kündigungsfreiheit, wie seit 1918 nicht mehr, das hat uns überrascht.
    Aber ich muß ehrlich gestehen, die Überraschung geht weiter, wenn -wir erfahren, daß das der „Gesamtkonzeption" des Ministeriums gar nicht entspricht. Man wollte ja gar nicht so weit gehen; man meinte nur, man könnte nach der Auslegung des Grundgesetzes nur so weit gehen. Man wollte dagegen durch andere gesetzliche Methoden einen sanften Übergang herbeiführen, aber dazu brauchte man uns als Gesetzgeber. Da muß ich schon bitten, daß man uns über den „Gesamtkomplex" bemüht. Was jetzt — wir schreiben den 14. Februar 1952 — erreicht wird, ist, daß wir mit dem uns noch gar nicht vorliegenden neuen Gesetz — das den in der Tat höchst bemerkenswerten Titel führt „Gesetz zur Ergänzung der Vorschriften über die Aufhebung . . ."; „Gesetz zur Aufhebung" wäre es richtig zu betiteln — in einen ungeheuren Zeitdruck kommen, wenn wir es bis zum 1. April verabschieden sollen. Daß ein Gesetz, das dem Bundestag am 14. Februar noch nicht vorliegt, nicht bis zum 1. April verabschiedet werden kann, wenn schon zwischen Bundesrat und Bundesregierung in den wichtigsten Fragen verschiedene Meinungen obwalten und wenn dabei politische Grundsatzfragen erster Ordnung eine Rolle spielen, sollte meines Erachtens allen Ministerien klar sein.
    Wir haben uns deshalb darüber zu beschweren, daß man diese Rechtsänderung auf einem wesentlichen, für weiteste Volkskreise selbständiger Existenzen entscheidenden Rechtsgebiet durch eine Verordnung — nicht „bei Nacht und Nebel", aber, ich sage es offen — wie Ziethen aus dem Busch herbeiführt. Das ist zu beanstanden. Wie kommen wir heraus? Die Frage der Grundgesetzgemäßheit können wir hier nicht entscheiden. Wir sind hier kein Gericht. Wir können sie auch nicht prüfen; beide Seiten, der Herr Justizminister sowohl wie Herr Jacobi haben vorgetragen, sie könnten diese Frage nur anschneiden. Weil es eine Frage. ist, die uns immerhin interessieren sollte, beantrage ich namens meiner Fraktion, den Antrag dem Rechts- und Verfassungsausschuß zu überweisen, wobei ich zugebe, daß dieser Ausschuß überlastet ist. Aber ohne die Überweisung geht es gar nicht.
    Zum Schluß noch eines. Herr Justizminister, Sie haben ein Wort rein materiellen Rechts gesagt, das mich geradezu erschreckt hat. Nach Ihrer Meinung sind die heute ausgesprochenen Kündigungen bei den alten Raummietverhältnissen schon zum 1. April wirksam. Das halte ich für grundfalsch, und ich bitte, es doch zu prüfen, damit nicht etwa von hier aus für die gesamten Gerichte autoritär eine Meinung vertreten wird, die meines Erachtens bestimmt nicht zutrifft. Der § 2 Abs. 1 sagt, daß alle raumbewirtschafteten Grundstücke aus den Vorschriften des ersten Abschnitts des Mieterschutzgesetzes herausgenommen werden. In diesen Vorschriften steht, daß der Vermieter keinerlei Mietverträge kündigen kann. Man kann nur Mietaufhebungsklagen erheben, die nach dem Gesetz begründet sind. Man kann jedoch nicht kündigen. Wenn aber in Abs. 2 vom § 2 steht, daß Abs. 1 für die alten Mietverhältnisse erst mit Wirkung vom 1. April an gilt, dann folgt doch daraus zwangsläufig, daß man nicht schon vor dem 1. April kündigen kann; bis dahin kann man eben nur Mietaufhebungsklagen erheben. Ich bitte, das klarzustellen, daß in der Tat, wenn wirklich heute schon zum 1. April rechtswirksam gekündigt sein sollte, uns in unserer heutigen Not gar nichts anderes übrig bleibt, als die Verordnung aufzuheben. Das sage ich ganz offen. Bisher hat man angenommen, man könne das erstemal nach dem Zeitpunkt kündigen, wo das Mieterschutzgesetz für diese Räume nicht mehr gilt. Hat man heute schon rechtswirksam gekündigt, so prophezeie ich hiermit, daß wir unter der Herrschaft dieser Verordnung den Gekündigten mit dem neuen Gesetz nicht helfen werden; denn so schnell können wir auf keinen Fall hier im Bundestag arbeiten, wie uns hier — ich sage es ganz offen — ohne Not zugemutet wird. Für mich jedenfalls hängt die Frage, ob ich die Ausschußüberweisung beantragen soll oder ob ich meiner Fraktion dringend ans Herz legen muß, aus Rechtsgründen dem Antrag der SPD zuzustimmen, in erster Linie davon ab, wie diese Rechtsfrage hier autoritär geklärt wird.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Justizminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Thomas Dehler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Absicht, die Rechtsfragen zu vertiefen; aber angesichts des Bedenkens, das Herr Kollege Ewers soeben erhoben hat, möchte ich darauf hinweisen, daß § 52 b des Mieterschutzgesetzes dieses Problem klärt, daß auf Grund einer Kündigung, die zwischen der Verkündung einer Verordnung, wie wir sie hier haben, und ihrem Inkrafttreten erfolgt, die Herausgabe des Mietraums frühestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung verlangt werden kann. Also zum Verwundern kein Anlaß!
    Leider ist in der Diskussion das, was ich über unser vorbereitetes Gesetz gesagt habe, nicht beachtet worden, auch nicht von dem Herrn Abgeordneten Jacobi. Alles, was die „Kölnische Rundschau" in völliger Verkennung der Dinge gesagt hat, bricht sich ja an diesem Gesetz, das von Anfang an — ich kann es Ihnen nur nochmals sagen — vom Kabinett beschlossen worden war

    (Zuruf des Abg. Mellies)

    und das jetzt schon vom Bundesrat verabschiedet worden ist.

    (Zuruf des Abg. Jacobi.)

    Den Wünschen des Bundesrates hat das Bundeskabinett in seiner Sitzung am Dienstag Rechnung getragen. Nun habe ich in der Weiterleitung der Vorschläge des Bundesrats mit unserem Entwurf vorgesehen, daß wir für alle Fälle die Bestimmungen meiner Verordnung in das Gesetz einbauen. Ich gebe Ihnen durchaus zu, Herr Kollege Jacobi, daß in der Frage, ob wirklich eine Ermächtigung des Bundeskabinetts besteht, Zweifel auftreten können, ob die Ermächtigung — —

    (Lebhafte Zurufe von der SPD.)



    (Bundesjustizminister Dr. Dehler)

    Das ist keine einfache Frage, aber wir wollen uns darüber nicht ereifern.

    (Abg. Mellies: Warum denn ein Vierteljahr vorher der Erlaß, Herr Minister?)

    — Es war und ist unsere Annahme, daß wir dazu berechtigt sind. Man muß ja eine Rechtsauffassung haben und man muß auch den Mut haben, von den Ermächtigungen, die ein Gesetz gibt, Gebrauch zu machen.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD und der KPD.)

    — Aber bitte, wir halten doch die wirtschaftliche Entscheidung, die wir getroffen haben, für richtig; und wenn wir rechtlich gedeckt sind, dann wären wir eine, na, nicht verantwortungsbewußte Regierung, wenn wir von der Ermächtigung, die uns das Gesetz gibt, keinen Gebrauch machen würden.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Mellies.)

    Noch einmal: das Gesetz, das wir Ihnen vorlegen, gibt die Möglichkeit für den Mieter, den Widerruf der Kündigung zu verlangen, wenn mit dieser Kündigung eine erhebliche wirtschaftliche Benachteiligung verbunden ist. Wir geben dem Gericht die Möglichkeit, unter der Voraussetzung, daß sich der Mieter zu einer angemessenen Erhöhung der Miete für den Geschäftsraum einverstanden erklärt, die Kündigung für unwirksam zu erklären. Als angemessene Miete erachten wir die ortsübliche Miete. Alle die Fälle, die die „Kölnische Rundschau" anführt, können sich in der Praxis also gar nicht ereignen.

    (Zurufe von. der SPD.)

    Nun geben wir ein weiteres Ventil, indem wir sagen: wenn nach der Ortsübung Zweifel über die Angemessenheit bestehen, kann durch eine Übergangsbestimmung die Kostenmiete als die ange- messen Miete bezeichnet werden.
    Darf ich mir einen Vorschlag erlauben: Ich habe Ihnen gesagt, das Ergänzungsgesetz sei bereits auf dem Wege zu Ihnen. In dem Begleitschreiben zu diesem Gesetz wird, um alle rechtlichen und formal-rechtlichen Bedenken aus der Welt zu schaffen, vorsorglich vorgeschlagen, die Verordnung in das Gesetz hineinzuarbeiten. Dadurch werden also sowohl der Rechtsausschuß als auch der Wohnungsausschuß Gelegenheit haben, auch diese Fragen materiell und materiell-rechtlich zu überdenken. Ich glaube, daß es sich aus diesem Grunde erübrigt, die Dinge jetzt zu vertiefen, und daß die Anregung des Herrn Abgeordneten Jacobi, diesen Antrag dem Ausschuß zu überweisen, wohl zweckmäßig ist.