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    Deutscher Bundestag — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 14. Februar 1952 8285 193. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Februar 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8286A Änderungen der Tagesordnung 8286B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Soziale Studienkommission (Nr. 3024 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 8286B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Novelle zur Krankenversicherung der Rentner (Nr. 3039 der Drucksachen): Beratung abgesetzt 8286B Erste Beratung des von den Abg. Bausch, Dr. Wuermeling u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verbot der Spielbanken (Nr. 2996 der Drucksachen) 8286B Frau Dr. Weber (Essen) (CDU), Antragstellerin 8286D Bausch (CDU), Antragsteller . . . 8288A, 8295C, 8296A Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 8291A Graf von Spreti (CSU) 8291B Ewers (DP) 8292C Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 8293C Seuffert (SPD) 8293D, 8296A Frau Dr. Mulert (FDP) 8295C Ausschußüberweisung 8296B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Aufhebung_ der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz und Vorlage eines Gesetzes zur Regelung von Miet- und Pachtverhältnissen für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Nr. 3044 [neu] der Drucksachen) 8296B Jacobi (SPD), Antragsteller . . . . 8296C, 8302B, 8307D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 8298A, 8305D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8299B Huth (CDU) 8301B Ewers (DP) 8304D Paul (Düsseldorf) (KPD) '8306B Loritz (Fraktionslos) 8307B Lücke (CDU) 8308B Ausschußüberweisung 8308B Zweite und dritte 'Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (Nr. 2573 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) (Nr. 3043 der Drucksachen) 8308C Dr. Hammer (FDP), Berichterstatter 8308C Abstimmungen . . 8310B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Nr. 2526 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 3040 der Drucksachen) 8286B, 8310C Schill (CDU), Berichterstatter . . . 8310D Abstimmungen 8311B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 3072 der Drucksachen) 8311D Dr. Reif (FDP), Antragsteller . . . 8311D Beschlußfassung 8312A Beratung des 'Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Haft zwecks Erzwingung des Offenbarungseides gegen den Abg. Freiherrn von Aretin gemäß Schreiben der Rechtsanwälte Maiborg und von Puttkamer, Bad Münder (Deister), vom 31. Dezember 1951 (Nr. 3092 der Drucksachen) . . . . 8312B Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 8312B Beschlußfassung 8312C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 7. Januar 1952 (Nr. 3093 der Drucksachen) 8312C Ewers (DP), Berichterstatter . . . 8312D Beschlußfassung 8313B Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Einrichtung eines Bundesbeirats für das Erziehungs- und Bildungswesen beim Bundesinnenministerium (Nr 3038 der Drucksachen) 8313B Dr. Luchtenberg (FDP), Antragsteller 8313B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 8315D Dr. Kleindinst (CSU) 8316B Dr. Edert (CDU-Gast) 8317B Dr.-Ing. Decker (FU) 8318D Farke (DP) 8319B Hennig (SPD) 8319D Gaul (FDP) 8320D Ausschußüberweisung 8322A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 436) 8322C Beschlußfassung 8322C Beratung der Übersicht Nr. 49 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 439) 8322C Beschlußfassung 8322C Nächste Sitzung 8322C Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aufgabe des Bundesministers für Wirtschaft beschränkt sich darauf, zu dem Teil des Antrags Stellung zu nehmen, der sich mit der Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 befaßt. Der Antrag der Fraktion der SPD geht dahin, diese Verordnung außer Kraft zu setzen und für das Gebiet der Miete oder Pacht für Geschäftsraum und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke eine Neuregelung im Gesetzeswege zu veranlassen. Demzufolge würde nach der Auffassung der Antragsteller auf alle anderen Maßnahmen der Verordnung PR Nr. 71/51 zu verzichten sein.
    Das Bundeskabinett hat sich nach langen eingehenden Beratungen bereits am 13. November 1951 zu den Preismaßnahmen der Verordnung PR
    Nr. 71/51 entschlossen, weil eine Verbesserung der Ertragslage des Hausbesitzes unbedingt erforderlich erschien. Aus dem gleichen Grunde ist zur selben Zeit eine allgemeine Mieterhöhung im Ausmaß von 10 % mit Wirkung vom 1. April 1952 beschlossen worden; diese Verordnung wird in den nächsten Tagen Bundesrat und Bundestag zur Zustimmung vorgelegt werden.
    Bei der Verordnung PR Nr. 71/51 hat die Bundesregierung die Frage, ob diese Maßnahmen von grundlegender Bedeutung für den gesamten Preisstand, insbesondere die Lebenshaltung, seien, vor Erlaß der Verordnung eingehend geprüft. Da sie diese Frage, wie ich noch näher darlegen werde, verneinen mußte, hat sie im Rahmen der ihr zustehenden rechtlichen Möglichkeiten von dem Verordnungsweg Gebrauch gemacht.
    Als Voraussetzung dafür, daß eine preisrechtliche Maßnahme nach § 1 des Preisgesetzes früher der Zustimmung des Länderrats bedurfte und jetzt auch der Zustimmung des Bundesrats bedarf, genügt nicht jede Einwirkung auf den Preisstand oder die Lebenshaltung; vielmehr kommen nur Maßnahmen von grundlegender Bedeutung für den gesamten Preisstand, insbesondere die Lebenshaltung, in Betracht. Von einer grundlegenden Bedeutung der Verordnung Nr. 71/51 in diesem Sinne kann aber nach Ansicht der Bundesregierung keine Rede sein. Die Verordnung besteht zu einem wesentlichen Teil lediglich aus Maßnahmen zur Vereinfachung des Mietpreisrechts; insbesondere hat die Verordnung zu einem beträchtlichen Teil ohne wesentliche sachliche Änderung lediglich Verwaltungsvorschriften in die Form einer Rechtsverordnung überführt. Daß diese Teile der Verordnung in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts selbst dann nicht rechtsunwirksam sein würden, wenn im übrigen die Auffassung des Bundesrats zuträfe, ist in dem Beschluß des Bundesrats vom 18. Januar 1952 außer acht gelassen worden. In diesem Zusammenhang verweise ich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 unter Nr. 17.
    Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Verordnung Nr. 71/51 stelle ich folgendes fest. Die Bundesregierung geht in Übereinstimmung mit der Auffassung des Rechtsausschusses des Bundestags zu § 1 des Preisgesetzes davon aus, daß nur die im Zeitpunkt des Erlasses einer Verordnung voraussehbaren Auswirkungen bei der Entscheidung über die Zustimmungsbedürftigkeit berücksichtigt werden können. Andererseits müssen aber nach Ansicht der Bundesregierung auch alle in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt werden. Soweit die Verordnung Nr. 71/51 die Freigabe der Geschäfträume betrifft, können ihre Auswirkungen nur unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung dem Bundesrat inzwischen zugeleiteten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung der Vorschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes bei Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken beurteilt werden, weil der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisfreigabe mit der Freistellung vom Mieterschutz am 1. April 1952 und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zusammenfällt. Zweck dieses Gesetzentwurfs ist es zwar, durch eine Anhebung der vielfach unverhältnismäßig niedrigen Altbaumieten die Ertragslage des Althausbesitzes zu verbessern und gleichzeitig die durch die Unterschiede des Mietpreisniveaus entstandenen Ungleichheiten der Wettbewerbsbedingungen zu beseitigen. Der Gesetzentwurf hat aber auch — und zwar in erster


    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard)

    Linie — zum Ziel, die Mieter vor ungerechtfertigten Mieterhöhungen zu schützen und eine die Volkswirtschaft belastende Mietpreissteigerung zu verhindern. Deshalb läßt er Mietpreiserhöhungen lediglich bis zu einer ortsüblichen Höhe zu und sieht für die Übergangszeit eine Kostenmiete vor, die sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes hält. Ohne Berücksichtigung des Inhalts dieses Gesetzentwurfs können also die Auswirkungen der Verordnung Nr. 71/51 nicht zutreffend beurteilt, geschweige denn die Voraussetzungen einer Zustimmungsbedürftigkeit bejaht werden.
    Auswirkungen der Freigabe der Mietpreise für Geschäftsräume auf den allgemeinen Preisstand können sich bei preisgebundenen Gütern überhaupt nicht ergeben. Ebensowenig werden die Preise der Grundstoffe, der Verkehrsleistungen und der Leistungen der freien Berufe betroffen. Sind bisher Umsatzmieten oder -pachten vereinbart gewesen, z. B. bei Gaststätten, Bahnhofsgeschäften oder Tankstellen, so treten kaum Auswirkungen ein. Überdies hatten die Preisbehörden das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Vergangenheit bereits auf die Wohnungsmiete verlagert, so daß bei Geschäftsräumen aller Art häufig schon bisher unkontrollierte Mieterhöhungen vorlagen. Auch darf bei preisfreien Gütern der Anteil und damit das Gewicht der Mietausgaben an den gesamten Geschäftsunkosten nicht überschätzt werden. Daß einzelne überhöhte Forderungen von Vermietern nicht als symptomatisch für die Entwicklung angesehen werden können, zeigt die erste Übersicht über die beanspruchten Mieterhöhungen in Bayern mit durchschnittlich 25 %. Auswirkungen für den gesamten Preisstand können daher auch nicht vorliegen.
    Soweit es sich um die Mieten für Geschäftsräume handelt, die durch Neubau oder Wiederherstellung beschädigter Gebäude in der letzten Zeit neu gewonnen wurden, hat sich der Mieter auch regelmäßig durch langfristige Mietverträge gesichert, so daß Mieterhöhungen durch eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht eintreten können. Liegen aber Mietverhältnisse über Geschäftsräume in Altbauten vor, die durch den Zeitablauf der früheren Mietverträge kurzfristig kündbar sind, so wird der Marktpreis bei preisfreien Waren schon deswegen durch eine Mieterhöhung nicht berührt, weil Geschäfte derselben Branche in Neubauten mit wesentlich höherem Mietniveau geführt werden, ohne daß dies in dem Preisstand der verkauften Waren seinen Ausdruck gefunden hätte. Ich glaube auch nicht, daß irgendein deutscher Staatsbürger bei der Deckung seines Bedarfs in ein Geschäft mit Altmiete geht, weil er glaubt, dort billiger kaufen zu können.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Auch mittelbar können daher breite Verbraucherkreise durch die Mietpreisfreigabe für Geschäftsräume nicht betroffen werden. Wo bisher schon, wie z. B. in Gebieten ohne Kriegsschäden oder in einzelnen Branchen, wie z. B. Filmtheater, eine ausgeglichene Marktlage für Geschäftsraum vorlag, werden sich mit Gewißheit stärkere Erhöhungen von Geschäftsraummieten nicht ergeben. Aber auch in den von Kriegsschäden betroffenen Gebieten hat die Errichtung behelfsmäßiger Ladenlokale teilweise zu einer völligen Befriedigung des Bedarfs geführt.
    Die Freigabe der Übernachtungspreise kann ebenfalls nur partielle Auswirkungen zur Folge haben, da die Preisüberwachung auf diesem Gebiet schon bisher nicht in demselben Umfang wie bei Wohnraummieten gehandhabt wurde und auch zahlreichen Erhöhungsanträgen von den Preisbehörden stattgegeben worden ist. Die Entwicklung der Neubautätigkeit hat auch dazu geführt, daß die Verluste an Übernachtungsraum durch Kriegsschäden in der Zwischenzeit nahezu ausgeglichen wurden. Eine echte, preiserhöhende Tendenzen auslösende Mangellage an Übernachtungsraum liegt daher nur noch in wenigen Städten vor. Auswirkungen auf den gesamten Preisstand und die Lebenshaltung der breiten Massen der Bevölkerung im Sinne des § 3 des Verlängerungsgesetzes zum Preisgesetz vom 21. Januar 1950 sind tatsächlich nicht gegeben. Überhöhten Forderungen könnte übrigens auf diesem Gebiet auch mit den Mitteln des Wirtschaftsstrafrechts begegnet werden.
    Der Gesichtspunkt, daß durch die Einführung eines Untermietzuschlags auch Kreise von sozial Schutzbedürftigen betroffen werden, könnte, selbst wenn er zuträfe, die Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht berühren, weil feststeht, daß es sich dabei nur um partielle Auswirkungen handeln kann. Richtig ist zwar, daß der Untermietzuschlag von 5 °/o der anteiligen Leerraummiete bei gesetzlicher Untermiete eine Erhöhung der Untermiete zur Folge hat. Diese Erhöhung ist aber so geringfügig, daß sie die in § 3 des Gesetzes vom 21. Januar 1950 vorausgesetzte Bedeutung keinesfalls haben kann. Die durchschnittliche monatliche Leerraummiete in Mittelwohnungen des Althausbesitzes schwankt in Großstädten zwischen 6,60 DM und 13,20 DM pro Raum. Es handelt sich also auch nur um eine monatliche Mehrbelastung zwischen 33 und 66 D-Pf pro Raum. Bei Neubauwohnungen liegt zwar eine höhere monatliche Mehrbelastung, aber nicht über das Doppelte dieser Beträge vor.
    Im übrigen wird der Untermietzuschlag von 5 % bei der gesetzlichen Untermiete nur in den Ausnahmefällen zugelassen, in denen ein Untermieter mit seiner Familie in den untervermieteten Räumen einen selbständigen Haushalt führt. Da nach den Ermittlungen der Bundesregierung schon vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 71/51 die weitaus überwiegende Zahl aller Untermietverhältnisse als frei vereinbart gelten konnte, wird nur ein Bruchteil der Untermieter durch diesen Untermietzuschlag wirtschaftlich belastet. Der Aufwand für die Wohnungsmiete bleibt überdies bei Untervermietung, wie sich aus der Natur der Untermietverhältnisse ergibt, regelmäßig hinter dem gewöhnlichen Mietaufwand für eine selbständige Wohnung zurück. Eine irgendwie erhebliche Auswirkung auf das Preisgefüge oder die Lebenshaltungskosten kann sich um so weniger ergeben, als der gerade von Flüchtlingen in Anspruch genommene bäuerliche Wohnraum auf dem Lande nicht der Verordnung Nr. 71/51 unterliegt.
    In den Fällen, in denen bei frei vereinbarter Untermiete der Hauptmieter 20 % der anteiligen Leerraummiete an den Hausbesitzer abführen muß, ergibt sich eine Belastung für den Untermieter überhaupt nicht. Es handelt sich vielmehr lediglich darum, einen Teil des von dem Hauptmieter entgegen den bisher gültigen Preisvorschriften erzielten Übergewinns dem Hausbesitzer zugute kommen zu lassen. Dadurch, daß -eine gewisse Zahl von Hauptmietern durch einen verhältnismäßig geringfügigen Betrag belastet wird und den Hausbesitzern dieser Betrag zufließt, können unmöglich irgendwelche Auswirkungen auf den Preisstand und die Lebenshaltung eintreten; um, so weniger


    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard)

    kann davon die Rede, daß diese Maßnahme von grundlegender Bedeutung für den Preisstand sei. Abgesehen davon kann der Hauptmieter die Abführung des Untermietzuschlags jederzeit dadurch abwenden, daß er sich seinerseits auf die gesetzliche Untermiete beruft.
    Wenn nach den Ergebnissen der letzten Wohnraumzählung im Bundesgebiet 3 Millionen Haushalte ohne selbständige Wohnung sind, so kann hieraus nicht gefolgert werden, daß die Betreffenden sämtlich zur Untermiete wohnen, da bei der Erfassung der Haushaltungen auch alle diejenigen Haushaltungen mitgezählt worden sind, die in eine andere Wohnung, z. B. bei Aufnahme der verheirateten Tochter in die Wohnung der Eltern, mit aufgenommen wurden. Daraus ergeben sich tatsächlich noch geringere als die dargelegten Auswirkungen der Vorschriften über Untermietzuschläge.
    Wie meine Ausführungen ergeben, haben alle Maßnahmen, die durch die Verordnung Nr. 71/51 auf dem Gebiete der Raummiete getroffen worden sind, keine grundlegende Bedeutnug für den gesamten Preisstand, insbesondere die Lebenshaltung. Diese Maßnahmen betreffen auch jeweils verschiedene Personengruppen. Sie sind also auch in ihrer Gesamtheit nicht von grundlegender Bedeutung für die Lebenshaltung.
    Ich beantrage daher namens der Bundesregierung, den Antrag der Fraktion der SPD abzulehnen. Für das Gebiet der Geschäftsraummieten wird die durch den Antrag gewünschte Begrenzung von Erhöhungen im übrigen schon durch das jetzt dem Bundestag zugeleitete Gesetz zur Ergänzung der Vorschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes bei Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken erreicht.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Aussprache im Rahmen der Redezeit von 90 Minuten. Das Wort hat der Abgeordnete Huth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eugen Huth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen der beiden Herren Minister kann ich mich ziemlich kurz fassen, da sie das Wesentliche, was ich selbst hätte vorbringen können, schon gesagt haben.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Der Herr Abgeordnete Jacobi hat soeben von den sogenannten Nacht-und-Nebel-Erlassen gesprochen. Ich bedaure so, ihm in dieser Hinsicht nicht folgen zu können; denn mir ist nicht bekannt, und ich kann es aus der Verordnung nicht ersehen, was auf Nacht- und Nebelerlasse schließen ließe. Wer sich etwas mit der Materie vertraut gemacht hat, wird die Verordnungen schon ganz klar erkennen.
    Interessant ist, daß im Bundesrat z. B. die Fachausschüsse sich f ü r die Verordnungen ausgesprochen haben, während sich die Politiker dagegen ausgesprochen haben.

    (Hört! Hört! bei der CDU. — Zuruf von der SPD: Welche denn, Herr Huth?)

    — Ich nehme an, der Ausschuß für Wiederaufbau
    und Wohnungswesen des Bundesrats, Herr Kollege!
    Wenn ich ganz kurz zu den Verordnungen Stellung nehme, dann, glaube ich, ist der tiefste Anlaß darin zu suchen, daß der Haus- und Grundbesitz bekanntlich einen Tiefstand erreicht hat. Wenn es uns nicht so gehen soll, wie es zur Zeit in Frankreich der Fall ist, daß im Jahr mehr Altbauwohnungen verfallen? als Neubauwohnungen erstellt werden, dann ist es dringend erforderlich, daß wir in dieser Beziehung zu einer Lockerung des Gefüges kommen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Man sagt immer, der Hausbesitz setze sich nur aus Kapitalisten zusammen, und die hätten das nicht nötig.

    (Zuruf von der SPD: Sagt keiner!)

    Ich glaube, daß diese These längst überholt ist,. Ich will im Augenblick auch auf diese Dinge nicht näher eingehen, weil sich bei den kommenden Debatten Gelegenheit dazu gibt.

    (Abg. Albers: Die Zahlen bitte!)

    — Die Zahlen kann ich Ihnen bekanntgeben, die im Augenblick festgestellt sind. Von 3,1 Millionen befragten Hausbesitzern haben 2,95 Millionen ihre Berufszugehörigkeit angegeben. Es verteilen sich hiernach bei Mehr-Familienhäusern von 100 Hausbesitzern auf selbständige Erwerbstätige 35,2 %, auf Beamte und Angestellte 10 %, auf Arbeiter 13,3 %, auf Pensionäre und Rentner 25,8 %, auf sonstige Berufslose 15,7 %.
    Etwas anders ist die Schichtung bei Einfamilienhäusern. Hier entfallen auf selbständige Erwerbstätige 33,7 %, auf Beamte und Angestellte 10,1 %, auf Arbeiter 24,3 %, auf Pensionäre und Rentner 23,2 % und auf sonstige Berufslose 8,7 %.
    Diese Wohnraumversorgung dient also durchweg den mittelständischen Schichten, die im Hausbesitz Ersparnisse zur Sicherung der eigenen Wohnung und Betriebsstätte angelegt haben und sich mit dieser Kapitalanlage in weitem Umfange eine Altersrente für den Lebensabend bzw. eine zusätzliche Versorgung zur Sozialversicherung sichern wollten.
    Wenn derartige Verordnungen herauskommen — ich brauche auf die Dinge nicht näher einzugehen —, dann ist es nichts Neues, daß sich immer Stimmen dagegen erheben. Ich habe mich derselben Mühe unterzogen wie der Herr Präsident, der vor wenigen Tagen hier erklärte, es lohne sich, in alten Protokollen zu forschen. Ich habe das also auch getan. Am kommenden Samstag haben wir einen denkwürdigen Tag; denn am 16. Februar des Jahres 1927 wurde die gleiche Verordnung, die von der Bundesregierung im November vorigen Jahres erlassen worden ist, durch die damalige Regierung erlassen. Der damalige preußische Wohlfahrtsminister Hirtsiefer war es, der in einer Rundfunkrede erklärte, eine solche Regelung sei dringend notwendig; ein Dutzend Jahre hätten es verhindert, daß eine den tatsächlichen Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechende Bewegung, ein natürlicher Ausgleich auf dem Markt der Geschäftsräume, stattfinden konnte.

    (Sehr richtig!)

    Interessant ist der Erlaß der thüringischen Regierung vom 5. April 1927. Man hat dort wörtlich gesagt:
    Daß ein Abbau der öffentlichen Bewirtschaftung des Wohn- und Gewerberaumes kommen muß, darüber bestehen irgendwelche Zweifel nicht mehr. Die Mietervereine werden allerdings von vornherein jeden Zeitpunkt als zu früh erklären, an dem nicht mindestens das Vorkriegsüberangebot an Wohn- und Geschäftsräumen normale und gesunde Verhältnisse auf dem Bau- ,und Wohnungsmarkt dauernd verhindern.


    (Huth)

    Wie sich die Verordnungen ausgewirkt haben, hat die mittelthüringische Industrie- und Handelskammer in Weimar am 7. Oktober 1927 bekanntgegeben. Es heißt dort:
    Die Herausnahme der gewerblichen Räume aus der Wohnungszwangswirtschaft hat in Thüringen — abgesehen von einigen Ausnahmefällen — im allgemeinen segensreich gewirkt.
    Man ist jetzt auch in der Bundesrepublik nicht untätig gewesen. Die Haus- und Grundbesitzervereine haben in Verbindung mit den Industrie- und Handelskammern sogenannte Gütestellen geschaffen, um die Schwierigkeiten, die an irgendeiner Stelle auftauchen werden, von vornherein zu beheben. Wenn es schon eine altbekannte Tatsache ist, daß man, wenn sich in einer Familie ein räudiges Schaf befindet, die ganze Familie damit belastet, dann dürfen wir nicht in denselben Fehler verfallen und, falls sich hie und da irgendwelche Auswüchse abzeichnen, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

    (Abg. Albers: Das räudige Schaf muß entlastet werden!)

    — Ja, das räudige 'Schaf muß entlastet werden. Das wird durch die neue Verordnung bzw. durch das Gesetz geschehen, das die Regierung herausbringt und dem wir demnächst unsere Zustimmung geben sollen.
    Ich habe mit den Herren von der Industrie- und Handelskammer, von den Einzelhandelsverbänden, von der Handwerkerschaft gesprochen, und alle haben mir einstimmig erklärt, daß sie höchstens mit Schwierigkeiten bei etwa 5 bis 8 % der anstehenden Fälle rechneten; in allen anderen Fällen, soweit es sich um die Freigabe der Gewerberaummieten handelt, werde es glatt gehen.

    (Zuruf des Abg. Jacobi.)

    Im übrigen möchte ich eins klar herausstellen: Es werden sehr viele Fälle auftauchen, in denen nicht der Vermieter der Schuldige ist, sondern irgendwelche Mietsinteressenten sich unkollegial verhalten und ihre Kollegen durch Überangebote auszumieten versuchen. Wir müssen diesen Dingen entgegentreten. Aber ich glaube, wenn wir das mit Ruhe tun und wenn wir die Verordnungen, die demnächst kommen werden, abwarten, dann werden wir der Dinge Herr werden.
    Namens meiner Fraktion darf ich Sie bitten, den Antrag der SPD zu Punkt 1 abzulehnen und Punkt 2 als erledigt zu betrachten, da die Regierung eine diesbezügliche Verordnung zur Behebung der Schwierigkeiten herausbringen wird.

    (Zuruf von der Mitte: Ein Gesetz!)

    — Natürlich, ein Gesetz!

    (Beifall in der Mitte.)