Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie sich doch die Methoden der heute herrschenden Kreise mit den Methoden Hitlers decken, wenn es um die Geldbeschaffung geht!
Hieß es doch damals „Eisernes Sparen", „Volkswagensparen", — zum Schaden von Hunderttausenden kleiner Menschen! Aber ich bin davon überzeugt: wenn sie damals auch noch dem Rattenfängergesang gefolgt sind, heute weiß unser Volk, wofür Geld beschafft werden soll! Ich bin überzeugt, daß unsere Jugend auf diesen neuen Dreh des „Jugendsparens" nicht mehr hereinfällt. Die Jugend begreift nur zu gut, daß sie sparen soll, damit die hier herrschenden Kreise ihren neuen Krieg vorbereiten und finanzieren können.
Und darauf fällt die Jugend bestimmt nicht mehr herein.
Aber man muß doch auch einmal ein Wort von der Möglichkeit der Jugend, zu sparen, sagen.
Am vergangenen Sonntag hat in Dortmund der Reichsbund der Kriegsbeschädigten eine Protestkundgebung gegen die Pläne der Bundesregierung auf Abbau der Renten durchgeführt. Dort hat eine Hinterbliebene gesprochen. Sie hat gesprochen von der Not der Kinder der Kriegerwitwen, der Not der Kriegerwaisen. Sie hat einen charakteristischen Satz gesprochen, als sie sagte: Unsere schulentlassenen Kinderehen, die müssen heute schon bemüht sein, als Ersatz für den Vater, für den Ernährer der Familie, einzuspringen, den uns der Krieg genommen hat. — Und da stellen Sie sich hier hin und wagen zu sagen, daß ja — —
— Nein, sie liegen in Massengräbern, in den Massengräbern, zu denen Sie neue schaffen wollen,
Herr Mende,
Sie Jugendverführer!
Wie sieht es denn mit dem Einkommen der Jugend aus? Diese Hinterbliebene hat gesagt, daß für die Jugend der Kriegsgefallenen keine Lehrstellen zu bekommen sind in diesem wunderbaren sozialen Staat, — „so sozial wie irgend möglich"!
So liegen die Dinge!
Betrachten Sie doch einmal die Lage der Jugend, die anfängt, ins Erwerbsleben einzutreten! Machen Sie doch einmal klar, wie ein Jugendlicher sparen soll, der in der Lehre steht und außer seinem Kostgeld überhaupt keine Entschädigung bekommt! Wie sieht es denn bei der arbeitslosen Jugend aus? 13 Wochen Alu niedrigster Satz und dann heraus aus der Fürsorge; und dann beginnt der Leidensweg der deutschen Jugend, wie er hier im Westen üblich ist! Oder wie sieht es bei den Landarbeiterjugendlöhnen aus? 15 bis 20 Pfennig pro Stunde bei unbegrenzter Arbeitszeit! Und da wagen Sie sich hier hinzustellen und zu erzählen, dieser Ihr Plan solle der Jugend helfen, eine Familie zu gründen. er solle dem Aufbau der Ehe dienen? Was Sie wollen, das werden wir der Jugend klarmachen, und die Jugend wird uns begreifen. Was Sie mit diesem neuen Dreh wollen, ist nichts anderes, als das Geld zu beschaffen für Ihre Aufrüstung, für die Schwerindustrie,
für die Industrie, die durch Ihren dreckigen geplanten Krieg Geld verdienen soll!