Rede von
Otto
Niebergall
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können dem Bericht und dem Antrag des Haushaltsausschusses nicht unsere Zustimmung geben. Auch die Bevölkerung der betroffenen Gebiete wird sich mit dem Bericht und dem Antrag des Ausschusses nicht zufrieden geben. Der Beschluß des Ausschusses beruht auf wahrheitswidrigen Angaben der Oberfinanzdirektion Koblenz und der Landesregierung Rheinland-Pfalz.
Was sind die Tatsachen? Seit drei Jahren kämpfen die Menschen der betroffenen Gemeinden um eine Entschädigung für ihr für militärische Zwecke beschlagnahmtes Gelände. Seit dieser Zeit ist die D-Mark bekanntlich in ihrem Wert erheblich gefallen. Die zuständigen Stellen, die für die Auszahlung der Gelder verantwortlich sind, haben bisher die Zinsen für dieses Geld, das ihnen gar nicht gehört, eingesteckt. Deshalb sind die Menschen dort in dreifacher Hinsicht getroffen. Einmal ist ihr Land beschlagnahmt, zum andern haben sie drei Jahre warten müssen, bis ein bestimmter Teil ausgezahlt wurde, und drittens haben sie für ihr eigenes Geld, das ihnen zustand, die Zinsen verloren. Erst auf Grund unseres Antrages vom 23. November 1951 und auf Grund der fortgesetzten Proteste der Sportler und der Bauern der Gemeinden wurde jetzt im Januar ein Teil — ein Teil! — des Geldes, und zwar für die Gemeinden Miesau, Kübelberg, Elschbach in Höhe von 139 000 DM gezahlt. Aussteht noch eine Summe von 86 000 DM für die betroffenen Gemeinden Miesau, Kübelberg, Etschbach usw. Wenn sich die Bevölkerung dagegen nicht wehrt, wird es sich mit der Restzahlung genau so wie mit der ersten Zahlung verhalten: man wird jahrelang warten müssen.
Nicht anders verhält es sich mit dem Bericht hinsichtlich der Gemeinden Sembach, Neukirchen-
Mehlingen. Auch dort wurde die Bevölkerung durch die Beschlagnahme von Wiesen, Äckern und Obstbauanlagen für militärische Zwecke schwer geschädigt; es wurde ihr dadurch schweres Leid zugefügt. Auch in dieser Angelegenheit wurde von der Oberfinanzdirektion Koblenz ein wahrheitswidriger Bericht gegeben. Ausgezahlt wurden bisher nur die Vergütungen für Aufwuchsschäden. Diese Entschädigungen, die man für die Aufwuchsschäden gezahlt hat, sind aber gemessen an dem Schaden, den die Gemeinden und die Bevölkerung dort erlitten haben, nur ein Bettelpfennig. Insgesamt wurden den drei Gemeinden 265 000 DM gezahlt. Bis zur Stunde wurde aber noch kein Pfennig
vergütet für die Schäden an Straßen, den Häuserschaden, Kanalisationsschäden und Landschaden, d. h. den Schaden für das Land, das man den Bauern weggenommen hat. Dabei zieht man aber den Menschen für dieses beschlagnahmte Land laufend die Steuern ab.
Wir haben mit unserem Antrag hinsichtlich Miesau, Sembach und hinsichtlich der übrigen Gemeinden keine Teilzahlung gefordert, sondern eine restlose Auszahlung der Vergütungen für die Schäden. Wir beantragen daher die Ablehnung des Berichts und der Anträge des Ausschusses. Wir fordern die Betroffenen auf, sich mit allen Mitteln gegen diese Maßnahmen zur Wehr zu setzen.